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Der Krieg der Götter

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Einige Asen sahen Odins Blutmischen mit den Joten als Zeichen der Schwäche. Sie waren nicht alleine in dieser Ansicht. Das andere Göttergeschlecht, die Wanen, nahmen die Gelegenheit wahr und bereiteten sich auf einen Konflikt gegen die Asen vor. Sie schickten die wunderschöne Freya, um die Asen zu korrumpieren. Die Wanin nutzte Seidr, eine mysteriöse Magie, um Unmengen an Gold zu kreieren und die Asen goldgierig zu machen. Sie becircte den Allvater mit ihrer Schönheit und ihrem Charme und zog ihn in ihren Bann. Er vernachlässigte seine Beziehung zu Jörd, um mit der Wanin Tag und Nacht zu verbringen.

Freya unterschätzte jedoch wie schwer Gier den Verstand der Götter einnehmen würde. Die Asen verlangten mehr und mehr Gold und als Freya ihre Gier nicht befriedigen wollte—und konnte, da es nur ein Zauber war—, drohten sie mit ihrem Leben und verbrannten sie letztlich.

Vergeblich.

Sie stand aus der Asche des Pfahls auf, an den sie gebunden war. Dreimal stand sie im Feuer und dreimal lebte sie erneut, bevor sie flüchten, ihren Falkenmantel anziehen und nach Wanenheim fliehen konnte.

Darauf sammelten die Asen sich zu einem Rat und beschlossen das weitere Vorgehen gegen die Wanen. Die eine Hälfte der Asen bestanden auf die Versprechungen Freyas: Sie wollten Gold; so viel Gold, dass sie ihre Häuser damit einkleiden konnten; sie stimmte somit für eine Plünderung Wanenheims. Die andere Hälfte besann sich ihrer Vernunft: Die Wanen wären von ebenbürtiger Stärke und ein Kampf gegen sie würde niemals enden. Odin war sich ebenfalls unschlüssig und suchte den Rat bei seinem Freund Mimir. Er ging von einem Ast Yggdrasils zu dessen Stamm und rutschte hinunter zu Mimirs Brunnen. Das Wasser darin sollte einem mit Weisheit überströmen, weshalb Mimir, der täglich daraus trank, so Weise war. Als er dort ankam, sah er den Joten mit einem schwarzen Horn Wasser aus dem Brunneneimer schöpfen. Der Brunnen sah gewöhnlich aus, der Ring errichtet aus Steinbrocken. „Mimir“, sprach Odin, „ich benötige deinen Rat. Die Asen sind zwiegespalten: Einige sehnen sich nach einer Plünderung Wanenheims, die anderen wollen den Frieden beibehalten.“

„Und du suchst nun die richtige Entscheidung, Odin?“ sagte Mimir in seiner ruhigen Stimme, golden blitzten seine Zähne. Er stoß den Eimer am Brunnenrand hinunter. Eine Weile verging, aber nie hallte der Aufprall auf das Wasser aus dem Brunnen heraus. Mimir hielt Odin davon ab, in den Brunnen zu blicken. Der Jote strich mit einer Hand über seinen langen Bart, die andere legte er an das enorme Horn an seiner Hüfte auf. „Ich bin keine Norne, mein Freund. Ich vermag es nicht zu sagen, welche Entscheidung den Asen besser kommt. In der Tat: Die Entscheidung mag schon längst gefallen sein. Nur weil wir nicht hören wie das Wasser platscht, heißt nicht, dass der Eimer nicht bereits hinuntergeworfen wurde. Es bedeutet lediglich, dass der Brunnen tief ist, dass es dauert, bevor wir die Folgen meines hinunterschubsen des Eimers erkennen können.“

„Oder der Brunnen ist leer“, entgegnete Odin.

„Was würdest du für die Wahrheit opfern?“ grinste Mimir hinab auf den Gott—der Jote war ein Kopf größer als der Ase.

Odin zögerte und gewichtete seine Antwort überlegt: „Mein Auge.“

„Nur eines? Nun gut, deine Entscheidung…Welches wird es sein?“ Sein Grinsen verlies Mimirs Mund, als er Odin ein Messer in die Hand legte. Odin drückte die Klinge an sein blaues Auge, dann entschied er sich jedoch, dass rechte, rote Auge zu entfernen. Blutverschmiert legte er die sehende Kugel in Mimirs Hand. Dieser schmiss das Auge in den Brunnen.

Der Eimer platschte auf Wasser auf. „Nur zu, mein Freund. Zieh es hoch und ergötze dich an der Erleuchtung“, sprach Mimir sanft und trat beiseite. Odin schaute hinein und der Eimer schwamm an der Oberfläche, die er problemlos ohne auszustrecken berühren konnte. Er sah sein Auge nirgends noch Spuren von Blut. Er zog den Eimer voll klarem Wasser hoch. Ein Einäugiger starrte in der verschwommenen Oberfläche auf Odin. Er tränkte seine Hände hinein und das Wasser mischte sich mit dem Blut an seinen Händen und färbte sich zinnoberrot. Er schöpfte und trank einen Schluck. Er merkte nichts Außergewöhnliches. Er leerte den Eimer bis zum Boden, doch nichts geschah. Er warf den Eimer wieder hinab in den Brunnen und er platschte beinahe umgehend auf. Abermals zog er ihn hinauf und leerte ihn.

Nichts.

„Was soll das, Mimir? Ich habe mein Auge geopfert!“

„Du hast das Auge eines Joten geopfert, nicht deins. Du hattest dich falsch entschieden.“ Odin hob voll Zorn seinen Speer Gungnir und stieß die Spitze gegen Mimirs Brust, doch stoppte, bevor er ihn berührte. Er verstand nun. Er verstand nun Mimirs Worte: Die Entscheidung war schon längst gefallen. Er kehrte dem Joten den Rücken und ging zum Stamm des Weltenbaums. „Endlich hat das Wasser dich erleuchtet“, rief Mimir ihm hinterher, während er mit dem Eimer aus dem Brunnen schöpfte.

Odin kletterte zurück nach Asgard und wurde von seinem Sohn Thor und Loki begrüßt, die eifrig auf seine Ankunft gewartet hatten. „Was wirst du nun tun, Vater?“ fragte der kleine Thor—Jahrzehnte vergingen, bevor Asen sichtbar älter wurden; Loki befiel dasselbe Schicksal, seit Odin ihm sein Blut schenkte.

Odin lief wortlos an ihnen vorbei und zum Strand im Osten, von dem Wanenheim zu erblicken war. Er hob Gungnir und schmiss den Speer hinüber, der einen Wanen aufspießte und umgehend tötete. „ODIN IST GOTT ALLER GÖTTER“ schrie Odin. Der erste Krieg zwischen Wanen und Asen begann.

Der Krieg war erschöpfend für beide Seiten ohne einen klaren Sieger hervorzuheben. Die Verluste trafen Odin besonders: Er verlor seine Brüder Vili und Ve, und Jord, die Mutter Thors. Die Asen und Wanen besannen sich nach einer Waffenruhe, einem Frieden. Beide Seiten gaben der anderen Geiseln, um den Waffenstillstand zu gewähren. Die Wanen übergaben ihren König Njörd und seine zwei Kinder Frey und Freya, die an Odin vermählt wurde; man erhoffte sich einen währenden Frieden von ihrer Ehe. Die Asen gaben als Zeichen der Versöhnung Odins Speer, Gungnir, und zwei entbehrliche Geiseln: Hönir, einem hübschen Schwätzer, und Mimir, dem Odin seine Opferung des Auges nicht verziehen hatte.

Die Wanen achteten Mimir nicht, da er zum Stamm der Joten angehörte. Hönir hingegen erwies sich als hervorragender Berater. Sie ahnten jedoch nicht, dass er nur die Worte Mimirs nachsprach wie ein Schwätzer es nun mal tat.

Ein Jahr verging in Frieden. Die Wanen in Asgard lebten friedlich mit den Asen. Freya gebar Odin einen Sohn, den sie auf den Krieg anspielend Hermod nannten—Die Rage des Krieges. Er würde seinem Vater in Statur und Gesicht so ähneln, dass man ihn manchmal für den kleinen Odin hielt.

Derweil in Wanenheim missfiel der Rat Hönirs den Göttern dort stets mehr. Er antwortete ihnen auf ihre Nachfragen letztlich stets ehrlich mit: „Fragt jemand anderes.“ Sie wurden zornig, dass die Asen sie getäuscht und für das mächtige Haus des Njörds solch lausige Geiseln erhalten hätten. Sie behielten den Asen Hönir am Leben, um ihn eventuell gegen Frey auszutauschen, und köpften stattdessen Mimir. An Gungnir gebunden schmissen sie seinen Kopf nach Asgard, wie es Odin damals zum Start des ersten Krieges tat. Odin wusste von Freya, dass sie ihren Körper bei den Verbrennungen durch Seidr verwandelt hatte und bat sie nun, Mimirs Körper wiederherzustellen. Sie hatte es oft versucht, doch schaffte es nicht. Ihr gelang es nur dem kahlen Kopf, der mit Gungnir nach Asgard kam, Leben einzuhauchen. „Du Narr“, schimpfte Mimir Odin an, „Hönir, der Schwätzer, hat nun den zweiten Krieg ausgelöst.“

„Dann hab ich alles, was ich wollte“, grinste der Einäugige.

Der zweite Götterkrieg war eher vorbei als es beim ersten der Fall war. Mit dem Fehlen der Familie Njörds waren die Wanen schwächer als die Asen. Sie einigten sich bald auf einen endgültigen Frieden. Keine Geiseln wurden diesmal ausgetauscht. Stattdessen brachte Idun den Anführern und Mächtigsten der beiden Götterrassen ihre gesammelten Beeren. Die zerkauten Früchte wurden dann in einen Kelch gespuckt. Saga füllte den goldenen Behälter mit Wasser aus ihrem Bach in Sökkwabeck, dann rührte Freya die Lösung unter Einwirkung von Seidr. Das Kind einer Asenmutter und eines Wanenvaters wurde auserkoren, den Kelch auszutrinken und als Botschafter zwischen den beiden Göttergeschlechtern zu dienen. Die magische Kraft, die in den Zutaten innewohnte, brachte eine unerreichte Intelligenz im ausgewählten Jungen. Ehrlich und ergiebig konsultierte Kvasir sowohl Asen als auch Wanen mit seinem vermögenden Wissen und seiner geschickten Zunge. So endete der Krieg der Götter und dank Kvasir hielt ihr Frieden.

Ragnarök

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