Читать книгу Wenn zwei sich streiten, freut sich Brigitte - Käthe Lachmann - Страница 13
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»Sag mal, ich dachte eigentlich, eine Sitzung dauert eine Stunde?« Andreas streichelte seiner Angebeteten vorsichtig übers Haar, während er mit der anderen Hand sein Eis löffelte. Sie saßen im Eiscafé unweit von Brigittes Praxis.
»Ich dachte auch so einiges«, erwiderte Jennifer. »Ich fand die Frau irgendwie … komisch. Unser Erstgespräch, in dem wir uns kennengelernt haben, fand ich noch richtig gut. Sie war sehr sympathisch, wirkte einfühlsam und so, als habe sie ein echtes Interesse an unserem Anliegen. Heute dagegen kam sie mir etwas fahrig vor, oberflächlich und fast, ja, ich möchte sagen, inkompetent. Das, was mir bei unserem ersten Aufeinandertreffen sympathisch erschien, hielt ich heute für vollkommene Unfähigkeit …«
Andreas staunte einmal mehr darüber, wie gewählt sich Jennifer ausdrücken konnte. Und nicht nur das, sie hatte in Worte gefasst, was er genauso empfunden hatte, nur niemals so hätte formulieren können.
»Ja, geht mir genauso. Aber wir sollten ihr auf jeden Fall noch eine Chance geben, was meinst du?«
»Natürlich. Wir bleiben erst mal bei ihr. Habe ich dir eigentlich schon gesagt, dass ich die Idee einer Paartherapie richtig, richtig toll finde? Ich meine, so lernen wir uns doch gleich viel intensiver kennen! Und das ist es, was ich möchte. Ich will alles über dich wissen. Du faszinierst mich.«
Sie nahm seine Hand und küsste sie, und er erschauerte. Sie hatte einen kleinen goldenen Ring um die grüne Iris ihrer Augen und ihr Parfum duftete nach frischer Wäsche. Er wollte am liebsten sofort über sie herfallen, sie war so sexy mit ihren langen schlanken Beinen und dem appetitlichen Dekolleté. Aber durfte er sie jetzt einfach so küssen? Oder war das zu früh? Sie hatten sich bisher nur auf die Wange geküsst, er wollte es ruhig angehen lassen, und sie hatten sich ja auch erst ein paarmal gesehen. Frau Brettschneider hatte ja auch gesagt, sie sollten sich Zeit lassen. Vielleicht sollten sie sogar mit ihr besprechen, wann es zu körperlichem Kontakt kommen sollte? Oder sollte er sich zunächst mit Jennifer beraten, ob sie das in der nächsten Therapiestunde thematisieren wollten? Es war gewiss der Partnerschaft zuträglich, wenn man nichts überstürzte. Schließlich hatten die Beziehungen, in denen er recht schnell mit den Frauen im Bett gelandet war, nicht sonderlich lange gehalten.
Aber diese Augen … Und dieser Duft. Und ihr Mund. Er konnte nicht anders, als ihr permanent auf die Lippen zu starren. Bestimmt fühlten sie sich wunderbar an, weich und prall. Wie ihre Brüste. Er stellte sich vor, wie er sie sanft in den Händen wog und an ihren Brustwarzen saugte. Wieso wunderte er sich jetzt über seine Erektion? Wenn, dann mussten sie das bald mit Frau Brettschneider besprechen. Sehr bald. Er konnte ihr nämlich nicht mehr lange widerstehen.
Wahrscheinlich ging es ihr ähnlich, denn plötzlich legte sie ihre rechte Hand um seinen Kopf, zog ihn zu sich und küsste ihn. Erst sanft, dann öffnete sie seine Lippen und suchte vorsichtig seine Zunge. Er erwiderte ihren Kuss leidenschaftlich, bevor er seinen Kopf unvermittelt zurückzog: »Jennifer … Geht das nicht zu schnell? Ich meine, ist das o. k., dass wir das jetzt ohne Frau Brettschneider machen?«
Jennifer lachte: »Also, ich möchte sie gerade ungern dabeihaben …«
»Ich meine«, Andreas versuchte, einen klaren Kopf zu bekommen, er war regelrecht benebelt von ihrem Kuss, »müssten wir das nicht mit unserer Therapeutin absprechen, wenn wir in die nächste Stufe unserer, nun ja, es ist nun mal eine, ›Beziehung‹ übergehen? Hat sie uns nicht geraten, nichts zu überstürzen?«
Statt zu antworten, küsste sie ihn abermals, diesmal noch drängender als zuvor, und er flippte fast aus vor Lust, er wollte ihr auf der Stelle die Klamotten vom Leib reißen.
»Du bist so sinnlich«, stöhnte er, als sie kurz Luft holten, »hör bitte auf!« Seine Körpersprache sagte jedoch etwas anderes. »Frau Brettschneider …«, stöhnte er, aber Jennifer unterbrach ihn: »Ich bin nicht Frau Brettschneider. Hast du etwa erotische Phantasien mit unserer Therapeutin? Das werde ich dir austreiben …«
Sie fuhr fort, ihn zu küssen, und begann langsam mit der einen Hand auf seinem Oberschenkel nach oben zu wandern.
»Jennifer …«, stöhnte er.
»Ja, das ist richtig. Das bin ich.« Sie leckte sanft seine Lippen, zog ihren Kopf dann ganz zurück, nur um im nächsten Moment seinen Mund mit ihrer Zunge vollständig zu erkunden.
»Lass uns zu mir gehen. Jetzt«, flüsterte sie.
»Nein, lieber nicht. Wir müssen das erst besprechen.«
Obwohl er nichts so sehr wollte wie diese Frau, sagte eine kleine Stimme in seinem Kopf, dass es besser war, zu warten. Vielleicht. Die Beule in seiner Hose war ganz offensichtlich anderer Meinung. Aber er wollte stark sein. Dieses Mal sollten ihn nicht die niederen Instinkte leiten. Er war Edward, das war Bella, und sie war noch nicht verwandelt.
»Es ist wirklich besser für alle Beteiligten, wenn wir damit noch warten.« Seine Stimme klang rau vor Lust, und er fühlte sich halb heldenhaft und halb trottelig. Mein Gott, sie wollten es doch beide. Sehr. Seit sie sich zum ersten Mal gesehen hatten.
»Du bist so vernünftig ...«, seufzte sie und ließ von ihm ab. Sein Herz schlug wie nach einer Stunde Spinning bei Alex. Und von Alex hieß es, er habe schon Marines trainiert.
Andreas küsste sie auf die Stirn und versuchte, an etwas anderes zu denken als an die Sexbombe an seiner Seite. Er musste noch Klassenarbeiten korrigieren. Hoffentlich war der Schnitt nicht wieder so miserabel wie beim letzten Mal.
Langsam gelang es ihm tatsächlich, sich weltlicheren Dingen zuzuwenden als dem himmlischen Körper dieser Traumfrau. Wenn die Arbeiten diesmal schon wieder so schlecht ausfielen, lag es an ihm. Dann hatte er schlecht gearbeitet.
»Wo bist du mit deinen Gedanken?«
Oh, diese Frage schon so früh. Er hatte das nie gemocht, dieses »Was denkst du gerade?«, denn meistens waren die Frauen mit der Antwort nicht zufrieden. Vielleicht sollte er ihr gleich mitteilen, dass er die Frage nicht leiden konnte?
»Jennifer, was möchtest du lieber: dass ich lüge oder dass ich dich enttäusche?«
Sie lachte: »Enttäusch mich!«
»Ich dachte daran, dass ich noch Arbeiten korrigieren muss.« Und dass ich die Frage nicht mag, dachte er bei sich, aber laut sagte er: »Ich habe mich gezwungen, das zu denken, weil ich mich nach deinen Küssen erden musste. Und ablenken von deiner Sexiness. Du bist so heiß. Ich muss korrigieren. Also, nach Hause. Wir telefonieren!«
Sie schüttete sich aus vor Lachen. »Und du bist so süß! Und nicht minder heiß! Ich werde von dir träumen heute Nacht. Und es wird nicht jugendfrei sein.«
»O. k. Ich denke, das dürfen wir. Auch ohne mit Frau Brettschneider gesprochen zu haben.«
Er meinte das nur halb im Spaß. Denn es war ihm mit ihr sehr ernst.