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Echte Golfer fahren links

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In einer bestimmten Bevölkerungsstatistik liegen Golfer vorn. Es gibt nirgendwo mehr Exzentriker.

Nehmen wir Heiner zum Beispiel, ein Mitglied in meinem Klub. Er hat immer nur ein einziges Eisen in der Tasche, ein Eisen sieben. Damit spielt er die ganze Runde durch. Überdies ist er nie ohne seinen Schäferhund auf dem Platz unterwegs. Der Schäferhund findet seine Bälle auch im Gebüsch.

Oder nehmen wir Carl, ebenfalls Mitglied in meinem Klub. Ich habe ihn noch nie ohne Zigarre gesehen. Er raucht Zigarre auf dem Platz, er raucht Zigarre auf der Klubhausterrasse, er raucht während des Essens und er raucht Zigarre – kein Witz – auch unter der Dusche. Dazu streckt den linken Arm weit von sich.

Ich könnte eine Menge weiterer Beispiele aufzählen, beschränke mich aber auf Manuela. Sie spielt nur als Leopardin. Das Leopardenmuster geht von Haarband bis Golfschuh, inklusive Gürtel mit einem Leopardenkopf. Manchmal ist das Leopardenmuster klassisch schwarz-gelb, manchmal auch rosa-blau.

Heiner, Carl und Manuela, denkt nun der Nichtgolfer, haben einen Knall. Ich sage, nein, das sind typische Golfer. In keiner anderen Sportart gibt es so viele Exzentriker.

Ich habe außer Golf in meinem Leben einige Sportarten wettkampfmäßig und in Klubs betrieben, Fußball etwa, dann Handball, Tennis, Leichtathletik, Skeleton, Schwimmen und Ski. Ich habe nirgendwo und nicht im Entferntesten so viele sympathische Verrückte angetroffen wie beim Golf.

Ich könnte noch Reto aufführen, der zwischen zwei Loch jeweils seine kurzfristigen Börsenaufträge an seinen Broker durchtelefonierte. An einem Golfnachmittag, sagt er, habe er mal eine halbe Million verloren. Erwähnenswert wäre auch Lukas, der ehemalige Offizier, der langsam erblindet und pro Jahr 180 Turniere spielt.

Warum zieht Golf ungewöhnliche Typen dermaßen an? Es liegt zuerst einmal an der Übungsanlage selbst. Seien wir ehrlich: Im Grunde ist es schon reichlich bizarr, mit irgendwelchen Metallteilen einen Gummiball quer durch die Natur zu schubsen und ihn am Schluß in ein Loch im Erdreich zu versenken. Da muss man erst mal drauf kommen. Das allein schon fasziniert eher extravagante Naturen.

Dann ist Golf zu Recht elitär. Elitär heißt nicht, dass sich hier eine gesellschaftliche Oberschicht treffen würde. Elitär heißt vielmehr, dass man auf dem Platz jenes Gut investieren muss, von dem alle zuwenig haben, nämlich Zeit. Man trifft sich vor der Runde zu einem Aperitif, spielt dann vier bis fünf Stunden, trifft sich erneut zum Aperitif, geht gemeinsam essen und macht ein, zwei schöne Flaschen auf. Dann folgen die Zigarren – außer bei Carl, da waren sie schon vorher dabei.

Ein seltsamer Sport, gelebt in einem speziellen Ambiente sozialer Netzwerke. Es ist klar, dass dies eher unkonventionelle Typen anzieht. Echte Golfer sind selten 08/15. Im übertragenen Sinne könnte man sagen: Echte Golfer fahren links.

Noch kurz zu meinem persönlichen Fall: Ich spiele mit einem gewöhnlichen Schlägerset, ich habe keinen Schäferhund dabei, ich bin kein Kettenraucher von Zigarren, ich verkleide mich nicht als Leopard und rufe auf dem Platz meinen Broker nicht dauernd an. Ich bin völlig normal.

Besser gesagt: Ich bin völlig abnormal.

Echte Golfer fahren links

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