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1.5 Drei Sprachen von Geburt an

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Auch beim TrilinguismusTrilinguismus muss man sich die Frage stellen, ob alle Sprachen gleichwertig sind oder aber ob es Unterschiede gibt. Wenn man zeigen kann, dass bestimmte Eigenschaften den Zugriff auf Sprachwissen aus einer der drei Sprachen begünstigen, dann wäre ein vom Bilinguismus abweichendes Modell vonnöten.

Mit drei Sprachen können Kinder in diversen Umfeldern aufwachsen. Im Folgenden sollen die von HoffmannHoffmann, Charlotte (2001) genannten UmfelderSprecherziehungsmethode vorgestellt werden. Dabei wird zwischen den Muttersprachen der Eltern (bezeichnet als Elternsprache) und den Sprachen unterschieden, die das Kind aus der Umgebung erwirbt (wie die Umgebungssprache(n)Umgebungssprache, also die LandesspracheLandessprache(n), und die Sprache(n) im institutionellenInstitution Kontext).

 Umfeld 1: Zwei Sprachen zu Hause, eine weitere Sprache in der Umgebung (BarnesBarnes, Julia 2011, ChevalierChevalier, Sarah 2015, KazzaziKazzazi, Kerstin 2011, MontanariMontanari, Simona 2009a, b, 2010, 2011, QuayQuay, Suzanne 2001, 2008, 2011b)

 Umfeld 2: Zwei Sprachen zu Hause, eine weitere Sprache im institutionellenInstitution Kontext

 Umfeld 3: Zwei Sprachen in der Umgebung, eine weitere Sprache in der Familie

 Umfeld 4: Drei Sprachen in der Umgebung

Die in der vorliegenden Studie untersuchten Kinder sind entweder in einer rein monolingualen (Spanien, Deutschland, Frankreich) oder in einer bilingualen (Spanien) Umgebung aufgewachsen. Bei keinem der Kinder waren alle drei Sprachen in der Umgebung präsent.

Das erste Umfeld wird von ArnbergArnberg, Lenore (1987) untersucht und ist in der Literatur das häufigste. ArnbergArnberg, Lenore (1987) beschreibt eine Familie in Schweden, in der die Mutter FinnischFinnisch und der Vater KurdischKurdisch mit den Kindern (Alter: vier und sechs Jahre) spricht. Die FamilienspracheFamiliensprache, also die Sprache, welche gewählt wird, wenn die Eltern zusammen sind, ist das Schwedische. Es ist gleichzeitig auch die Umgebungssprache. HardingHarding, Edith & RileyRiley, Philip (2003:115ff.) berichten über eine in Frankreich ansässige bilinguale (Französisch-Deutsch) Familie, die für fünf Jahre nach Brasilien umzieht, wo beide Kinder (Alter bei Interview durch die Eltern: zwei und vier Jahre) geboren werden. Beide Fälle beschreibt HoffmannHoffmann, Charlotte (2001:4) als Beispiele für „transient trilingualism“, da den Kindern eine Sprache im Laufe ihrer Entwicklung „verlorengeht“. Dies ist entweder deshalb der Fall, weil ein Elternteil von der Familie entfernt arbeitet und somit auch seine Muttersprache nicht präsent ist oder weil die Familie die UmgebungsspracheUmgebungssprache wechselt, welche nicht von den Eltern muttersprachlich unterstützt wird.

HoffmannHoffmann, Charlotte (1985, 1991) untersucht zwei trilingual aufwachsende Kinder über einen Zeitraum von sieben Jahren. Die involvierten Sprachen sind Spanisch (Sprache des Vaters und FamilienspracheFamiliensprache), Deutsch (Sprache der Mutter) und Englisch (UmgebungsspracheUmgebungssprache). Deutsch und Spanisch sind die zwei Sprachen zu Hause, das Englische ist die Umgebungssprache und wird erst ab einem Alter von zwei Jahren erworben. OksaarOksaar, Els (1977) berichtet über den Erwerb der Sprachen EstnischEstnisch, SchwedischSchwedisch und Deutsch. Der Erwerb der dritten Sprache (Deutsch) begann im Alter von zirka vier Jahren, also zu einem Zeitpunkt, zu dem der Spracherwerb in den beiden Erstsprachen weit fortgeschritten war. HelotHelot, Christine (1988) untersucht zwei Familien mit je zwei Kindern (13;2/8;7 und 9;0/7;0 Jahre, Altersangabe in Jahr;Monat) in Dublin, welche Französisch (Sprache der Mutter), Englisch und IrischIrisch (Sprachen des Vaters) erwerben. Beide Familien sehen die dreisprachige Erziehung ihrer Kinder als gelungen an, wobei ganz besonders eine Familie bezüglich des erforderlichen Aufwandes einer trilingualen Erziehung ihrer Kinder die Auffassung vertrat, dass „raising children trilingually does not command any particular effort once the choice has been made, based on valid motives, such as the desire to pass on one’s own language to one’s children“ (HelotHelot, Christine 1988:284). Die Studien stehen für die weit verbreitete Ansicht, dass die Sprachkompetenz der Kinder abhängig davon ist, wie die Sprachen im kindlichen Umfeld gebraucht werden. Sie enthalten wenige Informationen zur grammatischen Entwicklung (vgl. auch HoffmannHoffmann, Charlotte 1992). Viele der in der Literatur genannten Kinder sind nach de Houwerde Houwer, Annick (1990) nicht simultansimultan trilingual, da die dritte Sprache nicht bereits von Geburt an im kindlichen Umfeld vorhanden war. Wie schon bei den anderen genannten Studien zeigen die diskutierten Beispiele der Kinder zwei Sprachen in Interaktion, nicht alle drei. Hier tut sich ein Forschungsschwerpunkt auf, der im Zusammenhang mit bilingualen Kindern oft diskutiert wird, nämlich bis wann es sich um Erstspracherwerb handelt bzw. ab wann vom Zweitspracherwerb auszugehen ist.

MontanariMontanari, Simona (2013) berichtet über ein mit den drei Sprachen TagalogTagalog (Sprache der Mutter), Spanisch (Sprache des Vaters) und Englisch (Umgebungssprache und Sprache der neun Jahre älteren Schwester) aufwachsendes Kind (Kathryn) in Los Angeles. Die Datenbasis setzt sich aus Tagebuchaufzeichnungen und 16 neunzigminütigen Sprachaufnahmen (spontane Interaktion) im Alter von zirka 1;4 bis 2;1 zusammen. Sie analysiert die lexikalischelexikalisch, phonologischephonologisch und syntaktischesyntaktisch Entwicklung des Mädchens und kommt zu dem Ergebnis, dass sehr wenige Beeinflussungen stattfinden, die Sprachen also von Beginn an getrennt werden. Zu diesem Ergebnis kommt auch ChevalierChevalier, Sarah (2015), die zwei dreisprachige Kinder (Englisch, Französisch, SchweizerdeutschSchweizerdeutsch) in der Schweiz untersucht, jeweils in einsprachiger (deutscher bzw. französischer) Umgebung. Die Studie von KazzaziKazzazi, Kerstin (2011) über zwei mit FarsiFarsi (Sprache des Vaters), Deutsch (eine der Sprachen der bilingualen Mutter, die sie aber in der Interaktion mit ihren Kindern kaum benutzt, vgl. Kazzazi 2011:68) und Englisch (die andere Sprache der Mutter, die sie in der Interaktion mit ihren Kindern gebraucht) in Deutschland aufwachsende Kinder darf ebenso als Beleg für eine sehr frühe Sprachentrennung interpretiert werden. HoffmannHoffmann, Charlotte & WiddicombeWiddicombe, Susan (1999) untersuchen einen von Geburt an trilingual aufwachsenden Jungen (Englisch-ItalienischItalienisch-Französisch) im Alter von 4;4 und stellen fest, dass gemischtsprachliche Äußerungen mit allen drei Sprachen sehr selten sind (vgl. WiddicombeWiddicombe, Susan 1997). Von 174 Mischungen mit der BasisspracheBasissprache Englisch (Sprache der Mutter) und den Sprachen Französisch (UmgebungsspracheUmgebungssprache) oder Italienisch (Sprache des Vaters) enthalten nur 12 Beispiele Sprachmaterial aus allen drei Sprachen, z. B.: I’m going to leave some ATTREZZI to to to RÉPARER LA MAISON (vgl. HoffmannHoffmann, Charlotte 1999:20).

Mit Blick auf die grammatische Entwicklung ist MontanarisMontanari, Simona Studie weltweit die ausführlichste, weshalb sie hier genauer vorgestellt werden soll. MontanariMontanari, Simona (2010, 2013) geht der Frage nach, ob die trilinguale Kathryn bereits in den ersten Aufnahmen über drei getrennte Lexika verfügt. Hierzu werden die ÜbersetzungsäquivalenteÜbersetzungsäquivalent in einem Zeitraum von 1;4 bis 2;0 angesehen. Diese Methode ist aus der Bilinguismusforschung hinreichend bekannt und beispielsweise bei VolterraVolterra, Virginia & TaeschnerTaeschner, Traute (1978) und HolowkaHolowka, Siobhan, Brosseau-LapréBrosseau-Lapré, Françoise & PetittoPetitto, Laura-Ann (2002) nachzulesen (vgl. DeucharDeuchar, Margaret & QuayQuay, Suzanne 2000:53). Übersetzungsäquivalente sind bei Mehrsprachigen, was Synonyme bei Einsprachigen darstellen. Im Durchschnitt hatten 26,4% von Kathryns Wörtern im Zeitraum von 1;4 bis 2;0 ein phonetisch distinktes Übersetzungsäquivalent in einer ihrer Sprachen (auch Dublette genannt, z.B. frío/maginaw „kalt“) oder in ihren beiden Sprachen (auch Triplette genannt, z.B. perro/aso/dog „Hund“). Die durchschnittliche Anzahl von DublettenDublette bzw. TriplettenTriplette unter den ersten 50 Wörtern betrug 28, also ein Drittel. Hiermit ist die von GeneseeGenesee, Fred & NicoladisNicoladis, Elena (2009) genannte Anzahl von 20 %-25% an ÜbersetzungsäquivalentenÜbersetzungsäquivalent als Evidenz für die Differenzierung von mehreren Lexika erreicht und es darf ab dem Alter von 1;6/1;7 bei Kathryn von einer Trennung der Lexika ausgegangen werden. In diesem Zusammenhang muss allerdings erwähnt werden, dass die ersten TriplettenTriplette erst ab einem Alter von 1;7 auftraten und insgesamt bis 2;0 nur 10 solcher TriplettenTriplette verzeichnet wurden. Die geringe Anzahl an TriplettenTriplette wird damit begründet, dass der Wortschatz des Tagalog zu 40 % aus englischen und spanischen Lehnwörtern besteht. MontanariMontanari, Simona kommt auf der Basis von Kathryns Erwerbsdaten zu dem Schluss, dass Evidenz für die Trennung von drei Lexika von Beginn an vorhanden ist: „productive trilingualism might be more easily attained when cognate languages are at play because lexical development in one language might bootstrap lexical development in the other“ (MontanariMontanari, Simona 2013:73).

Separate Lexika implizieren nicht notwendigerweise separate phonologischephonologisch Systeme. Aus diesem Grund geht MontanariMontanari, Simona (2013) der Frage nach, ob bei Kathryn die phonologischenphonologisch Systeme getrennt vorliegen. Sie kommt auch für diese zu dem Ergebnis, dass eine Trennung von Beginn an beobachtet werden kann (MontanariMontanari, Simona 2013:68).

Zur Ermittlung der sprachspezifischen Wortstellung hat MontanariMontanari, Simona (2013) die Mehrwortäußerungen von Kathryn im Alter von 1;7 bis 2;1 genauer betrachtet. TagalogTagalog ist eine Sprache, in der das Prädikat satzinitial steht. Englisch ist SVO geordnet, das Spanische variiert zwischen SVO und VOS in Abhängigkeit vom Informationsgehalt der einzelnen Konstituenten (vgl. 2.3.2.2)Konstituente. Obwohl die absolute Anzahl an analysierbaren Kombinationen gering ist, kann MontanariMontanari, Simona einen Unterschied zwischen Tagalog und Englisch aufzeigen. Sowohl Kathryn als auch der interagierende Erwachsene verwenden im Tagalog fast ausschließlich Mehrwortäußerungen, bei denen das Prädikat am Anfang steht. Im EnglischenEnglisch dominiert sowohl beim Kind als auch beim Erwachsenen die Abfolge Argument-Prädikat. Im Spanischen finden sich – wie erwartet – sowohl beim Kind als auch beim Erwachsenen beide Abfolgen, Prädikat-Argument und Argument-Prädikat. „These results confirm that Kathryn was displaying different ordering patterns depending on the language in which she was interacting and following input-dependent preferences“ (MontanariMontanari, Simona 2013:69).

MontanariMontanari, Simona (2013) untersucht ferner, inwieweit es Kathryn gelingt, ihre SprachwahlSprachwahl der des Interaktionspartners anzupassen. QuayQuay, Suzanne (2001, 2008), die über einen mit drei Sprachen (JapanischJapanisch, Englisch, Deutsch) aufwachsenden Jungen in Japan und ein mit ChinesischChinesisch, Japanisch und Englisch aufwachsendes Mädchen in Japan berichtet, und ChevalierChevalier, Sarah (2015) zeigen, dass es trilingual aufwachsenden Kindern schwer fällt, die schwache Spracheschwache Sprache zu gebrauchen, wenn diese von ihnen verlangt wird. Die Sprachwahl von Kathryn untersucht MontanariMontanari, Simona im Alter von 1;9-1;11 anhand von Sprachmaterial von insgesamt sechs Stunden, das sie in simultaner Interaktion mit der tagalogsprachigen Mutter, dem spanischsprachigen Vater bzw. der spanischsprachigen Großmutter und einer englischsprachigen Person zeigt. Hierfür wurden Kathryns einsprachige und gemischte Äußerungen analysiert. Bei den gemischten Äußerungen (meistens wurde ein Wort gemischt) wurde anhand von Vokabellisten geprüft, ob Kathryn aufgrund einer lexikalischen Lückelexikalische Lücke ihre Sprachen gemischt hat. In einem weiteren Schritt wurden die Gesprächsstrategien der Erwachsenen als Reaktionen auf Kathryns Mischungen untersucht. Hierbei war von Interesse, ob sich die Interaktionspartner als Reaktion auf die kindliche Mischung monolingual, bilingual oder trilingual verhalten haben. Das generelle Ergebnis ist hier, dass Kathryn in der Tat mehr TagalogTagalog als Englisch bzw. Spanisch mit der tagalogsprachigen Person verwendet; genauso für die anderen beiden Sprachen. Immerhin waren 80 % aller Wortmischungen im EnglischenEnglisch und Tagalog durch das Fehlen eines ÜbersetzungsäquivalentsÜbersetzungsäquivalent bedingt. Im Spanischen betrug die Anzahl nur 60 %, weshalb auch andere Faktoren für die SprachmischungenSprachmischung verantwortlich sein müssen als das Fehlen von Äquivalenten. Während die Erwachsenen SprachmischungenSprachmischung im Tagalog und EnglischenEnglisch eher sanktionierten, verhielten sich die spanischsprachigen Erwachsenen positiv hinsichtlich der SprachmischungenSprachmischung und tolerierten sie nicht nur, sondern förderten sie sogar, indem sie selbst vom Spanischen ins Englische wechselten: „the Spanish-speaking interlocutors repeatedly showed comprehension and appreciation of her English utterances, involuntarily suggesting to her that her mixes were not only being understood but they were appropriate“ (MontanariMontanari, Simona 2013: 71). Abschließend darf mit Hinblick auf die SprachwahlSprachwahl geschlussfolgert werden, dass diese bei Kathryn bereits mit unter zwei Jahren in Abhängigkeit vom Interaktionspartner erfolgt und dass SprachmischungenSprachmischung oft, aber nicht nur Vokabellücken als Grund haben.

Beim Umfeld 2 „Zwei Sprachen zu Hause, eine weitere Sprache im institutionellenInstitution Kontext“ handelt es sich im weiteren Sinne um simultansimultan bilinguale Kinder, die bereits während ihrer Kindheit eine dritte Sprache erwerben. In diesen Studien geht es um den Erwerb einer dritten Sprache im institutionellenInstitution Kontext und die Beantwortung der Forschungsfrage, ob es bilingualen Kindern leichter fällt, eine dritte Sprache zu lernen, als Kindern, die einsprachig in die Institution kommen. Diese Forschungsrichtung ist in den letzten zehn Jahren regelrecht explodiert. Im Gegensatz zu den longitudinallongitudinal (über mehrere Untersuchungszeitpunkte) angelegten Studien des Umfelds 1 werden im Bereich des kindlichen DrittspracherwerbsDrittspracherwerb oft QuerschnittsstudienQuerschnittsstudie angelegt und es wird experimentell gearbeitet (vgl. Kap. 2.1). In den allermeisten Fällen ist die dritte Sprache das Englische. Kenntnisse in mehr als zwei Sprachen haben in den letzten Jahren ebenso die Zweitspracherwerbsforschung (den Erwerb einer Zweitsprache im Erwachsenenalter) beeinflusst. Während in früheren Arbeiten die Tatsache oft unberücksichtigt blieb, dass Lerner neben ihrer Erst- und der (in der Studie untersuchten) Zweitsprache weitere Zweit- bzw. Fremdsprachen (meist das Englische) im institutionellenInstitution Kontext erworben haben und sich Zweitsprachen beim Erwerb gegenseitig beeinflussen, erfährt in neueren Arbeiten durch Ausdrücke wie die erste, zweite, dritte etc. Zweitsprache dieser Umstand besondere Berücksichtigung.

ValenciaValencia, Jose & CenozCenoz, Jasone (1992) betrachten den Erwerb des EnglischenEnglisch im schulischen Kontext im Baskenland. Sie können die Hypothese verifizieren, dass der Bilinguismus einen positiven Effekt auf den Erwerb der dritten Sprache Englisch im schulischen Kontext hat. Der positive Effekt des Bilinguismus wird über die soziale Motivation vermittelt, welche mit Hilfe von vier Kriterien erfasst wird („attitude towards learning, effort, residence in an English-speaking country, and English tuition outside school“ HoffmannHoffmann, Charlotte 2001:8). HoffmannHoffmann, Charlotte (2001:8f.) folgert: „ValenciaValencia, Jose and CenozCenoz, Jasone’s research goes beyond what had previously been done in, for instance, the Canadian context. They develop a structural model with the three latent variables, bilingualism, motivation, and achievement, which shows a causal path linking bilingualism through social motivation with achievement in English“.

Für Kinder, die im Umfeld 3 (vgl. BarnesBarnes, Julia 2006, 2011 zu Studien im Baskenland, HelotHelot, Christine 1988 zu Studien von Familien in Dublin und MurrellMurrell, Martin 1966 zu Studien in Finnland, ab dem Alter von 2;2 des untersuchten Kindes in England) oder gar im Umfeld 4 aufwachsen, besteht ein erheblicher Forschungsbedarf. Studien wie die von ChevalierChevalier, Sarah (2015) sind zwar in der Schweiz entstanden, jedoch im deutschsprachigen bzw. französischsprachigen Teil. Es bleibt unklar, wie die jeweils anderen Sprachen im Umfeld der untersuchten Kinder außerhalb der Familie eine Rolle spielen (vgl. auch ManevaManeva, Blagovesta 2004 zu Kanada, im Besonderen Montreal, und GadlerGadler, Hanspeter & MikešMikeš, Melanie 1986 zu ehemals Jugoslawien). Die meisten Studien wurden in Deutschland (KazzaziKazzazi, Kerstin 2011, BraunBraun, Andreas & ClineCline, Tony 2010, 2014 (hier nicht die Kinder, sondern die Eltern)), England/USA (DavidiakDavidiak, Elena 2010, DewaeleDewaele, Jean-Marc 2000, 2007, EdwardsEdwards, Malcolm & DewaeleDewaele, Jean-Marc 2007, HoffmannHoffmann, Charlotte 1985, Ivir-AshworthIvir-Ashworth, Ksenija Corinna 2011, MontanariMontanari, Simona 2009a,b, 2010, 2013, StavansStavans, Anat 1992, 2001, StavansStavans, Anat & SwisherSwisher, Virginia 2006, WangWang, Xiao-lei 2008), Frankreich (HoffmannHoffmann, Charlotte & WiddicombeWiddicombe, Susan 1999), Israel (FaingoldFaingold, Eduardo 1999, 2000) und Japan (QuayQuay, Suzanne 2001, 2008) durchgeführt. BarnesBarnes, Julia (2011) untersucht die Qualität des InputsInput im EnglischenEnglisch eines trilingualen Kindes (BaskischBaskisch durch den Vater und die Umgebung, Spanisch durch die Umgebung und durch den Babysitter, Englisch durch die Mutter, FamilienspracheFamiliensprache ist das Englische). Die Aufnahmen finden alle zwei Wochen für eine Stunde (Videoaufnahmen) über einen Zeitraum von 18 Monaten, 1;11-3;6, in natürlicher Umgebung statt. In BarnesBarnes, Julia (2011) werden Sprachaufnahmen zwischen 2;9,22 (Jahr;Monat,Tag) und 3;4,7 ausgewählt. Die Hauptfragestellung ist, ob das Englische des trilingualen Kindes den englischen Input widerspiegelt, und ob dieser Input ausreicht, um die Sozialisierung des Kindes in dieser Sprache zu erreichen (BarnesBarnes, Julia 2011:46). Der Erwerb grammatischer Eigenschaften steht nicht im Vordergrund.

Die wenigsten Studien zum Erwerb dreier Muttersprachen beschäftigen sich mit grammatischen Aspekten. Hier gibt es erheblichen Forschungsbedarf. Die meisten Untersuchungen betreffen den Sprachgebrauch und arbeiten Faktoren heraus, die eine ausgewogene Dreisprachigkeit begünstigen (ChevalierChevalier, Sarah 2015). Zu diesen zählen neben Diskursstrategien von Erwachsenen, die dem Kind signalisieren, dass eine bestimmte Sprache in der Konversation gewünscht ist, auch die InputmengeInput, die Existenz unterschiedlicher Interaktionspartner und somit die Möglichkeit vonseiten des Kindes, mit mehr als nur einer Person in der Nicht-UmgebungsspracheNicht-Umgebungssprache zu kommunizieren (vgl. Kap. 4). GrosjeanGrosjean, François (1992) entwickelt für bilinguale Personen den sogenannten monolingualen und bilingualen SprachmodusSprachmodus. In der Interaktion mit monolingualen Personen muss die bilinguale Person die nicht-gewünschte Sprache unterdrücken, wobei hier die Annahme ist, dass die nicht-gewünschte Sprache niemals vollständig deaktiviert wird. Mit bilingualen Personen, im bilingualen Sprachmodus, sind beide Sprachen aktiviert. HoffmannHoffmann, Charlotte (2001:12) stellt die berechtigte Frage, wie dieses zwei-dimensionale Modell auf die dreisprachige Fähigkeit übertragen werden kann: „It is difficult to see how this linear, two-dimensional model could be employed to explain the trilingual’s ability to move between one, two or three codes – unless of course it was converted into a three-dimensional one; but the difficulty would be how to bring in the activation/deactivation of one or more languages.“ HoffmannHoffmann, Charlotte (2001) überträgt Grosjeans Modell auf den trilingualen Fall und fügt dem monolingualen und bilingualen Sprachmodus einen trilingualen Modus hinzu. Eine trilinguale Person könnte sich somit mit den Sprachen A, B und C im monolingualen Sprachmodus befinden. Die drei möglichen bilingualen Modi sind A+B, B+C, C+A. Der trilinguale Modus würde bedeuten, dass alle drei Sprachen A, B und C gleichermaßen aktiviert sind. Wie bereits erwähnt, weist die Literatur nur sehr selten Beispiele für den trilingualen Sprachmodus auf, vor allem wenn sich eine SprachdominanzSprachdominanz herausgebildet hat. Trilinguale wurden in der Literatur bisher vor allem in monolingualen und bilingualen Sprachmodi beobachtet.

Die Untersuchung von trilingualen Kindern stellt eine besondere Herausforderung dar. Im Kapitel 2 wollen wir die Methoden vorstellen, die dazu dienen, Sprachdaten von trilingualen Kindern zu erheben.

Frühkindlicher Trilinguismus

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