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1.4 Das L2 Status Factor Modell
ОглавлениеL2 Status Factor ModellBardelBardel, Camilla & FalkFalk, Ylva (2007) gehen in einer Studie der Frage nach, ob der Einfluss der L1 und der L2 tatsächlich kumulativkumulativ oder (typologischTypologie) selektivselektiv ist oder aber, ob der L2 im L3-Erwerbsprozess eine Sonderstellung zukommt, weil sie auf ähnliche Weise wie die L3 erworben wird.
Die analysierten Drittsprachen in der Studie sind SchwedischSchwedisch und NiederländischNiederländisch. Das syntaktischesyntaktisch Phänomen ist die NegationNegation; in beiden Drittsprachen steht die Negationspartikel postverbal, eine typische Eigenschaft von Verb-Zweit- bzw. V2-SprachenV2-Sprache. Das bedeutet, dass die Negationspartikel dem finitenfinit Verb (das mit dem Subjekt hinsichtlich Person und Numerus kongruiert) folgt, welches strukturell die Position nach der ersten KonstituenteKonstituente (zusammengehörige Wortgruppe, vgl. 5.1.1.2) besetzt. Die Studie unterscheidet nun zwei Lernergruppen: Eine, bei der die L1 eine V2-SpracheV2-Sprache (Niederländisch, Schwedisch), die L2 aber keine V2-SpracheV2-Sprache (Englisch) ist, und eine zweite, bei der die L1 keine V2-Sprache (Englisch, UngarischUngarisch, ItalienischItalienisch, AlbanischAlbanisch), wohl aber die L2 eine V2-SpracheV2-Sprache (Deutsch, Niederländisch) ist. Die Studie befasst sich mit solchen Probanden, die die Drittsprache auf Anfängerniveau lernen.
Die Unterschiede zwischen den Sprachen hinsichtlich der Position der NegationNegation sollen am Beispiel von SchwedischSchwedisch und Deutsch, V2-SprachenV2-Sprache, und dem Italienischen, einer Nicht-V2-Sprache, illustriert werden. Die nachfolgenden Sätze sind Übersetzungen voneinander und stammen alle aus der Arbeit von BardelBardel, Camilla & FalkFalk, Ylva (2007). Das Negationsadverb ist kursiv hervorgehoben.
14. | Ginger pratar inte |
15. | Ungerska är inte svårt |
16. | Ginger har inte pratat |
17. | Ginger spricht nicht |
18. | Ungarisch ist nicht schwierig |
19. | Ginger hat nicht gesprochen |
20. | Ginger non parla |
21. | L'ungherese non è difficile |
22. | Ginger non ha parlato |
Es wird deutlich, dass in V2-SprachenV2-Sprache die Satznegation postverbal steht, in Nicht-V2-Sprachen steht das Negationsadverb nicht an dieser Position. Die SprachkonstellationSprachkonstellation erlaubt es nun, aus den Erwerbsdaten herauszulesen, ob die L1 oder die L2 den Erwerb der NegationNegation in einer Drittsprache beeinflusst, da die Drittsprachen immer V2-SprachenV2-Sprache waren und sich die L1 und die L2 in dieser Hinsicht und somit auch hinsichtlich der Position der Negation systematisch voneinander unterscheiden.
Wäre CEMCumulative Enhancement Modell das gültige Modell, so sollten alle Lerner ohne Probleme die postverbalepostverbal Positionierung der NegationNegation im Schwedischen bzw. Niederländischen lernen, da entweder die L1 oder die L2 der Lerner eine V2-SpracheV2-Sprache darstellt und dieses Wissen in die L3 übertragen werden könnte. Die Gruppen verhalten sich aber nicht einheitlich, was dem CEM widerspricht.
Wäre allein die L1 für den DrittspracherwerbDrittspracherwerb relevant, so würden wir vorhersagen, dass die Gruppe mit einer V2-SpracheV2-Sprache als L1 höhere Akkuratheitswerte in der L3 erlangt als die Lernergruppe mit einer Nicht-V2-Sprache. Dies ist nicht der Fall, d.h. die Ergebnisse zeigen, dass Lerner im Bereich der NegationNegation nicht auf ihre L1 zurückgreifen.
Wäre allein die L2 für den DrittspracherwerbDrittspracherwerb relevant, so würden wir erwarten, dass die Probanden, die Deutsch oder NiederländischNiederländisch als L2 erworben haben, die NegationNegation im Schwedischen bzw. Niederländischen mit höherer Akkuratheit lernen als die Gruppe, die eine Nicht-V2-Sprache als L2 gelernt hat. Dies entspricht den Beobachtungen in der Studie. Mit anderen Worten: Die L2 bestimmt den Erwerbsverlauf in der L3. Handelt es sich um eine V2-SpracheV2-Sprache, so wird sie als Steigbügel für die L3 genutzt. Ist die L2 eine Nicht-V2-Sprache, machen die Lerner beim Drittspracherwerb Fehler bei der Positionierung der Negation, welche sich aus den grammatischen Charakteristika der L2 ergeben. Genauer finden die Verfasser bei den Probanden, die Englisch als L2 gelernt haben, eine Tendenz mit thematischenthematisch (oder lexikalischenlexikalisch) Verben die präverbalepräverbal und mit nicht-thematischen Verben (tempusbildenden Auxiliarverbentempusbildendes Auxiliarverben und KopulaverbenKopula) die postverbale Negation in ihrer L3 (SchwedischSchwedisch bzw. Niederländisch) zu bevorzugen. Das Englische macht mit Hinblick auf die Platzierung der Negation einen Unterschied zwischen thematischenthematisch (unterstrichen) und nicht-thematischen (fett) Verben.
23. | Ginger does not speak |
24. | Hungarian is not complicated |
25. | Ginger has not spoken |
Diese Grammatik findet man tendenziell auch bei den Lernern wieder, d.h. sie produzieren die folgenden Satznegationen beispielsweise im Niederländischen. Die nachfolgenden Beispiele sind konstruiert.
26. | *Ginger niet spreekt |
27. | Hongaars is niet moeilijk |
28. | Ginger heeft niet gesproken |
Zu betonen ist, dass „none of the learners in the EN [English, N.M.] group systematically transfers the placement of negation of his or her L1, although the L1 shares the V2 rule with the L3“ (FalkFalk, Ylva & BardelBardel, Camilla 2007:479). Der Transfer aus der L1 hätte in der Drittsprache zu einem zielsprachlichen Ergebnis geführt. Trotzdem kommt er nicht zustande. Zusammenfassend darf also behauptet werden, dass
the L2 status factor is stronger than the typology factor in L3 acquisition: the typological proximity between L1 and L3 is not enough for the EN [English, N.M.] group to resort to L1 transfer. Instead, the results clearly point to positive transfer of the placement of negation/V2 from L2 to L3 in the D/G [DutchNiederländisch/German, N.M.] group. (BardelBardel, Camilla & FalkFalk, Ylva 2007:480)
Das L2 Status Factor ModellL2 Status Factor Modell besagt demnach, dass die L2 im DrittspracherwerbDrittspracherwerb wie ein Filter fungiert, der den Zugriff auf die L1 blockiert. Im frühkindlichen Trilinguismus haben nun alle drei Sprachen denselben Status. Dennoch werden sie oftmals zu einem unterschiedlichen Grad beherrscht. Sehr vorsichtig dürfen wir auf der Basis von L2 Status Factor vermuten, dass sich trilingual aufwachsende Kinder für den Erwerb bestimmter grammatischer Bereiche mit derjenigen Sprache behelfen, die vergleichbar gut/schlecht beherrscht wird.