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Kapitel 9

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Kapitel 9

Die Sonne brannte, und von Minute zu Minute schien es noch heißer zu werden, als liefen sie in einem gigantischen Ofen, bei dem eine riesenhafte Köchin alle paar Minuten die Temperatur höher drehte. Glaubte sie vielleicht, dass das Mahl, das sie durchgaren wollte, nur so richtig schmackhaft wurde?

Der Schweiß lief ihnen in Strömen, und das Laufen wurde immer schwerer. Sie hatten kein Wasser dabei (Wie denn auch? Ihr Aufbruch war mehr als überstürzt gewesen) und hatten seit Stunden nichts mehr gegessen. Dennoch mussten sie weiter. Auch wenn sie immer öfter vor Schwäche stolperten.

Oxo schob sie regelrecht vor sich her. Er trieb sie wie ein Bauer seinen Ochsen mitsamt Pflug. Er hatte schon vieles gelernt in der kurzen Zeit, die er existierte. Aber wie sich Erschöpfung, Mattheit und Müdigkeit anfühlten, davon wusste er nichts. Darum drängelte er die Fünf so. Er konnte nicht nachfühlen, wie es ihnen ging.

Mittlerweile hatten sie die Hälfte des Weges geschafft, und er fragte sich, warum die Energiezellen noch immer nicht explodiert waren. Die Kühlung hätte doch nie so lange standhalten können …

Vor ihm hechelte Nicole wie ein Hund in der Mittagshitze; jetzt stolperte sie und fiel hin. Sie versuchte nicht einmal, sich mit den Händen abzufangen, sie fiel einfach um. Direkt auf ihr Gesicht.

„Wir brauchen … eine Pause“, sagte Marcel. Seine Stimme war ein einziges Hecheln.

„Ja, verdammt!“, stimmte Robin zu. Seit sie die Erde verlassen hatten, hatte er sich das Fluchen angewöhnt.

„Heilige Scheiße, ja!“, sagte auch Mike mit matter Stimme. „Ich kippe gleich aus den Latschen!“

Oxo drehte sich um und schätzte die Entfernung, die sie bereits zwischen sich und das Raumschiff gebracht hatten. Dann überlegte er einen Augenblick und sagte mit fester, aber seltsam teilnahmsloser Stimme, „Nein, das können wir nicht. Wir sind noch zu nah dran. Wir müssen weiter. Das reicht noch lange nicht.“

Robin drehte sich der Kopf. Ihm war schwindelig, er war müde, ausgebrannt, desorientiert – und allmählich wurde er wütend. Was sollte das alles? Warum rannten sie wie die Bescheuerten in dieser sengenden Hitze? Waren sie denn wirklich immer noch nicht weit genug entfernt? Was, wenn die Energiezellen gar nicht explodierten? Rannten sie dann solange, bis sie alle einen Hitzschlag bekamen? Wenn wirklich die Gefahr bestand, dass sie explodierten, hätten sie es doch längst getan, oder?

„Okay“, begann er und lief trotz seiner müden, schweren Beine auf Oxo zu. „Wir sind kaputt! Deine saublöden Dinger gehen sowieso nicht hoch, und außerdem brauchen wir jetzt eine Pause.“ Und dann, er hatte ungefähr den halben Weg zwischen sich und Oxo geschafft, ließ er sich einfach fallen. Er plumpste auf den Hosenboden, saß da im Schneidersitz, verschränkte die Arme vor der Brust, sah Oxo trotzig an und sagte: „Ich jedenfalls bewege mich kein Stück weiter. Ich mache jetzt Pause! Basta!“

„Genau“, begann auch Mike den Aufstand zu proben. Auch er machte einen Schritt nach vorn und ließ sich neben seinen Freund nieder. „Wir brauchen eine Pause! Wir können keinen Schritt mehr gehen!“

„Die Jungs haben recht“, mischte sich jetzt auch Nicole ein, flach atmend.

In Oxos Speicher begann es zu arbeiten (das war der Grund, warum die Entwicklung der Androiden so lange gedauert hatte: Sie sollten nicht nur ihre gespeicherten Eingaben runterbeten, sondern durch Abwägen von Chancen und Risiken abschätzen, was möglich war und was nicht. Darauf war es den Erbauern angekommen.). Er überlegte (Konnte man das so sagen? Konnte man „überlegen“ sagen? Ja, wahrscheinlich schon. Schließlich beanspruchte er seine Speichereinheit, um zu einem Ergebnis zu kommen. Es konnte so oder so ausfallen. Es lag ganz bei ihm. Oh ja, das ließ sich getrost als überlegen bezeichnen.). Und dabei schwankte er hin und her.

Zum einen war da immer noch die nicht ganz unwichtige Sache mit den Energiezellen. Nach wie vor war er der Überzeugung, dass sie bald hochgehen würden. Eigentlich war das längst überfällig. Er begrüßte jede Sekunde, jede Minute, die es sich verzögerte. Jeder Schritt, den sie weg vom Raumschiff schafften, brachte sie den Bergen näher. Er drehte sich noch einmal um und wog die Entfernung ab. Dann zog er die Energiezellen in Erwägung, von denen er glaubte, dass sie noch im Schiff waren und überschlug es im Kopf. Schon nach wenigen Augenblicken kam er zu einem Ergebnis. Er legte es beiseite und rechnete von vorn, doch diesmal setzte er die Anzahl der Energiezellen an, von denen er wusste, dass sie noch an Bord waren. Die beiden Ergebnisse verglich er miteinander, und siehe da…

„Es reicht nicht. Wir müssen weiter“, sagte er schließlich. Die ganze Rechnerei hatte nur wenig länger gedauert als ein Wimpernschlag. Die Sache war für ihn klar. Für eine Pause gab es keine Zeit. Was er jedoch nicht mit einkalkuliert hatte, war die angeborene Sturheit der Kinder, denn sie waren ja Menschen. Diese war so tief greifend und endgültig, dass alles, „Es reicht nicht, wir müssen weiter“, nichts nützte. Es war keinen Fliegenschiss wert. So einfach war das.

„Wir müssen weiter!“

Er blickte zum Raumschiff zurück, das jetzt schon einige Kilometer hinter ihnen lag. Die Sonne spiegelte sich in seiner Außenhaut. Von hier aus konnte er den Schaden nicht sehen, aber er wusste, er war da.

„Und du bist dir ganz sicher, dass sie explodieren?“, schaltete sich jetzt Jenni ein. Ihre Stimme klang noch erschöpfter als die der anderen, und sie fühlte sich auch so: In ihren Muskeln zuckten dumpfe Schmerzen, ihr Kopf schmerzte von der Hitze, vom grellen Sonnenlicht, und dazu hatte sie Durst, brennenden Durst.

Oxo sah sie einen Moment lang an, seine Augen bohrten sich tief in ihre. Sie merkte, dass er seine Augen nicht zusammendrücken musste. Ihm schien das grelle Sonnenlicht nichts auszumachen.

Einige Sekunden stand Oxo einfach nur da und sah Jenni an. Er brauchte ein bisschen, um über ihre Frage nachzudenken. Seine Speichereinheit arbeitete auf Hochtouren. Er rechnete und rechnete …

„Er weiß es also nicht!“, kam es da plötzlich von Robin, der immer noch im Schneidersitz hockte und provozierend nach oben blickte. Seine Rechte lag schützend über den Augen, und seine Stimme klang angriffslustig. „Er weiß es …“

Genau in diesem Augenblick ertönte ein dumpfer Knall.

Erschrocken drehten sich alle um, auch Oxo. Und sie alle sahen, wie sich ein riesiger Feuerball dort ausbreitete, wo eben noch das Raumschiff im Sand gesteckt hatte. Luft rauschte von hinten an ihnen vorbei und wurde zu einem heftigen Wind, der bis zum Sturm anschwoll. Die Luft wurde von der Explosion angesaugt. Sie hatten noch nie einen Tornado gesehen, aber in dieser Sekunde glaubten sie, dass es sich so anfühlen musste. Ihre Kleider flatterten wie Herbstlaub, das Haar der Mädchen stand waagerecht in der Luft, und das Rauschen und Toben des Sturms war fast unerträglich.

Als der Sog nachließ, bewegte sich eine riesige Feuerwand auf sie zu. Sie breitete sich nach oben und in alle Richtungen aus und bestand nur aus Feuer. Gelbe, rote und blaue Flammen rasten mit atemberaubender Geschwindigkeit in den Himmel, über den Boden und kamen mit jeder Sekunde näher.

Jenni und Nicole kreischten. Mike und Robin, noch immer im Schneidersitz im Wüstensand, starrten der Feuerhölle stumm entgegen, die Münder überrascht aufgerissen. Marcel war kreidebleich, seine Augen schreckensweit. Er war der einzige, dem ein Kommentar gelang: „Scheiße.“

Auch Oxo hatte das flammende Inferno gesehen. Doch sein Blick ging jetzt nicht mehr dorthin. Direkt nach dem ohrenbetäubenden Knall und der Feuersäule hatte er damit begonnen, die Chancen und Möglichkeiten abzuwägen. Er rechnete schneller als jeder irdische Computer. Er nahm sich alles vor, bedachte alles, rechnete, überschlug, schätzte, analysierte die Umgebung und bezog das, was er sah, in seine Überlegungen mit ein. Seine Gedanken hetzten wie ein gejagtes Wild durch seinen Speicher. Er rechnete und rechnete. Doch ihm wollte einfach nichts einfallen. Sollte es hier enden? Sollte alles umsonst gewesen sein?

Da tat Oxo etwas, was selbst seine Erbauer überrascht hätte. Obwohl er auf keine Lösung kam, die ein Überleben garantierte, begann er intuitiv zu handeln. Vielleicht war es auch so etwas wie schlichter Überlebenswille? Keine hundert Schritt von ihnen entfernt glänzten Dünen in der Sonne. Da die Feuersäule immer höher stieg, hatten auch sie einen goldroten Farbton angenommen. Wenn er über den Scheitelpunkt der Düne blickte, konnte er sehen, dass sich hinter ihr noch viele weitere erstreckten. Das war die Chance – oder zumindest das, was in seiner Speichereinheit grell zu blinken begonnen hatte.

„Da hin!“ Seine Hand deutete zu den Dünen.

Marcel, Nicole und Jenni waren schon unterwegs, da war die zweite Silbe noch nicht verklungen. Nur Mike und Robin brauchten etwas länger, sie mussten sich ja erst aus dem Schneidersitz hochreißen. Als Letzter flüchtete Oxo vor der Flammenwand.

Die Kinder rannten und schrieen wie am Spieß. Die Müdigkeit, die sie eben in den Sitzstreik getrieben hatte, war verschwunden. Sie legten ein Tempo vor, dass man meinen mochte, ihre Füße berührten nicht einmal mehr den Boden, und ihre Schreie wurden lauter und lauter. Aber von hinter ihnen kam ein weitaus lauteres Geräusch: ein Donnergrollen, ein Rumoren, Reißen und Fauchen. Oxo war der einzige, der sich kurz umdrehte.

„Schneller!“ Er musste schreien, sonst wäre er nicht gegen den Lärm angekommen.

Die Flammenwand kam immer näher. Sie hatte sich hoch in den Himmel gehoben, aber ebenso schnell breitete sie sich in der Ebene aus. Es sah nicht gut aus.

„Schneller! Schneller!“, mahnte er. Seine Stimme klang ruhig, aber die Kinder bemerkten es gar nicht. Ihre Angst trieb sie ohnehin schneller und schneller voran. Sie schrieen, stöhnten und hechelten so laut, dass selbst die Feuerwand kaum noch zu hören war. Als wollten sie mit ihrer eigenen Stimme gegen das Inferno ankämpfen.

Oxo war der erste, der die Hitze hinter sich spürte. Schon so nah? Noch einmal drehte er sich um und erschrak. Die Feuerwand war unglaublich schnell; sie musste zehnmal schneller sein als sie.

Nur noch ein paar Schritte bis zum Fuß der Düne!

Die ganze Zeit über arbeitete es in seinem Speicher. Er rechnete und analysierte. Sie waren weiter gekommen, als er befürchtet hatte, aber lange nicht so weit, wie es möglich gewesen wäre. Noch schneller! Noch schneller! Noch schneller! Noch schneller!

Die Hitze nahm zu. Oxo spürte zwar keinen Schmerz, seine Sensoren übermittelten ihm aber sehr wohl die Anwesenheit von Hitze. Er wusste genau, dass sie dicht hinter ihm war und schnell aufholte. Nur noch wenige Momente, und sie würde ihm mit gierigem Appetit verschlingen …

Oxo drehte sich jetzt nicht mehr um. Seine Gedanken (wenn man sie denn so nennen wollte) liefen ganz rational. Seine Sensoren zeigten immer stärkere Hitze an. Nur noch ein paar Schritte. Sie hatten es tatsächlich bis hierher geschafft, aber es schien umsonst gewesen zu sein. Nicoles und Jennis Schreie verrieten, dass sie genau das dachten. Sie waren wie von Sinnen auf die Düne zugerast, ohne zu wissen, warum und weshalb. Einfach nur, weil Oxo es ihnen befohlen hatte. Jetzt waren sie kaum noch einen Steinwurf entfernt. Wie würde es weitergehen? Das Schreien lenkte wenigstens davon ab, dass sie es nicht wussten.

Dann, als Oxo meinte, dass es an der Zeit war, beschleunigte er seine Schritte so sehr, dass er augenblicklich die vor sich her rennenden Kinder erreichte. Er packte sie alle, einer nach dem anderen, als würde er alle fünf umarmen. Er schlang seine Arme um ihre Taillen, hob sie an und erstürmte die Düne; dabei benutzte er seinen Rücken als Schutzschirm.

Die Hitze war inzwischen so stark, dass die Sensoren auf seinem Rücken durchschmorten. Seine Füße rasten die Düne hinauf, und unter ihm spritzte der Sand wie Wasser unter einem Motorboot. Jetzt schaffte Oxo mehr als ein Dutzend Schritte in einer Sekunde. Doch die Kleidung auf seinem Körper begann erst zu schwelen und dann zu qualmen …

Auf der anderen Seite ging es die Düne in noch größerem Tempo herunter. Noch immer hielt Oxo die Kinder mit seinen Armen umschlungen, aber ihre Füße rieben jetzt über den Sand. Seine Energie ließ langsam nach. Am tiefsten Punkt, da, wo bereits die nächste Düne anzusteigen begann, ließ er sie los.

Wie Murmeln purzelten sie über den Boden. Sie waren von der Beschleunigung und dem abrupten Abbremsen so geschockt, dass sie sich nirgendwo halten konnten und mit dem Gesicht in den Sand stürzten oder auf den Rücken fielen und wie Käfer strampelten.

Auf dem Scheitel der Düne wälzte sich jetzt die Feuerwalze heran, so schnell, dass sich das Feuer nach oben ausbreitete und der Steigung der Düne auch dann folgte, als diese längst verschwunden war.

„Nur noch wenige Sekunden“, sagte Oxo, während sein Blick nach oben wanderte. Keine dreißig Meter über ihren Köpfen war der Himmel eine gigantische Feuerwalze. Er drehte den Kopf um hundertachtzig Grad und sah wieder zu Boden. Die Kinder sahen es nicht. Sie blickten voller Angst und Panik auf die rötlichgelbe Feuersbrunst über ihren Köpfen.

„Nah zusammen!“, befahl er, „hinlegen! In den Sand!“

Seit das Feuer den Himmel füllte, waren kaum zwei Sekunden verstrichen. Nicole und Jenni schrieen noch immer, auch Marcel hatte zu jammern begonnen. Es dauerte trotzdem viel zu lange, bis sie alle im Sand lagen.

Dann sprang Oxo mit einem Satz auf die fünf zu. Doch sein Sprung wurde auf halbem Weg gebremst. Er wurde langsamer, und dann begann um sie alle herum die Luft zu flirren.

Oxo hatte ein Kraftfeld errichtet. Ob es dem Feuersturm standzuhalten vermochte? Er wusste es nicht. Explosionen von Energiezellen entwickelten eine solche Wucht, dass er das nicht mit Gewissheit sagen konnte. Doch er rechnete sich Chancen aus. Sie waren weit weg vom Herd der Explosion und befanden sich im Tal der Düne, sodass das Feuer sie nur abgeschwächt erreichen konnte … wer weiß? Vielleicht hatten sie wirklich eine Chance?

Und dann kamen die ersten Flammen zu ihnen. Dann tobte das Feuer wie ein Orkan.

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