Читать книгу Galaxy Kids 1 - Lars Burkart - Страница 9

Kapitel 7

Оглавление

Kapitel 7

Nur langsam verschwammen die Traumbilder; zäh wie Morgennebel lösten sie sich auf. An jedem noch so kleinen Vorsprung krallten sie sich fest, als wollten sie dem Tageslicht nicht weichen. Doch je stärker die Sonne wurde, umso schwächer wurde der Nebel. Die Bilder stürzten übereinander, ergaben schon lange keinen Sinn mehr und lösten sich immer mehr auf …

Nicole wollte ihren Traum nicht aufgeben. Sie wusste, sie schlief, und alles, was sie sah, war nur ein Traum. Dennoch mochte sie ihn nicht enden lassen. Doch er stürzte immer schneller in sich zusammen. Die Farbe wich aus ihm, und seine Konturen verschwammen. Schon jetzt war es nur noch ein schwarzweißer Fleck, sich immer weiter auflösend.

„Nein“, sagte sie, ohne zu wissen, ob sie das tatsächlich gesagt oder nur geträumt hatte. Ihre eigene Stimme kam ihr merkwürdig vor, dumpf und schwach, gar nicht so wie sie es in Erinnerung hatte.

„Nein“, kam es noch einmal von ihr. Diesmal war sie davon überzeugt, es gesagt zu haben.

Sie begann zu frieren. Ihr Körper wurde kalt, als wäre sie in einen zugefrorenen Teich gebrochen und kämpfte gegen eisiges Wasser. Ihr war kalt bis auf die Knochen, als bestünde sie nur aus Eis. Ihre Muskeln zitterten; sie wusste nicht, ob es eine Reaktion auf die Kälte war oder etwas anderes. Vielleicht wollten ihre Muskeln durch das Zittern nur Wärme produzieren, vielleicht geschah es aber auch aus einem anderen Grund.

Langsam wurde ihr Schlaf flacher. Sie spürte ihren Körper. Das Zittern ihrer Muskeln hatte offenbar dazu beigetragen, dass das Leben in sie zurückkehrte, ihre Augen juckten und zwickten. Wenn sie blinzelte, glaubte sie in einen Tunnel zu blicken, an dessen Ende ein helles Licht glomm. Sie blinzelte immer schneller. Das Jucken und Zwicken nahm zu, als würde durch das Licht noch das letzte bisschen Feuchtigkeit aus ihren Augäpfeln gezogen. Mit jedem Blinzeln schien das Licht näher zukommen.

Dann plötzlich war es direkt vor ihr. Und es war tausendmal heller als am Tunnelende.

Was sie sah, verwirrte sie. Es war, als blickte sie durch eine transparente Fläche, wie eine Glasscheibe, allerdings war die Fläche kaum zu ahnen. Sie sah sie nur, weil sie wusste, dass sie da war. Kurz fragte sie sich, woher sie das wusste, als sie merkte, dass die Fläche direkt über ihr war.

Sie blinzelte erneut, doch das Bild änderte sich nicht: Sie schaute von unten her durch die transparente Fläche. Inzwischen war sie wacher geworden, sodass sie sich zu fragen begann, warum sie so etwas sah. Sie ahnte längst, dass sich dieses Erwachen anderes gestaltete, als sie es gewohnt war. Aber warum? Und da begriff sie es endlich. Es hatte eine Weile gedauert, jetzt war alles wieder da: Die Außerirdischen. Ihr Anliegen. Das Raumschiff. Aber auch die Gefahr, in der sie gewesen waren. Die Schlafkammern. Und dass sie sich in eine davon gelegt hatte, um ihr zu entrinnen. Das alles stürzte auf sein ein wie eine Lawine über eine unvorsichtige Skifahrerin, die trotz aller Warnhinweise die sichere Loipe verlassen hat.

Als sich die transparente Fläche über sie zu bewegen begann, war sie hellwach. Sie sah nicht, dass sie sich bewegte. Sie spürte nur, wie ein Schwall Luft sie umwehte. Die Luft war keineswegs frisch, im Gegenteil, sie roch nach Rauch und verbraucht. Endlich war die Glasfläche soweit verschwunden, dass sie sich aufrichten konnte. Ihre Muskeln wollten ihr den Dienst verweigern, doch sie biss die Zähne zusammen und zwang sich, den Oberkörper aufzurichten. Nur langsam gelang es ihr, aber als sie endlich aufrecht saß, wünschte sie sich, sie hätte nicht so verbissen gekämpft.

Zuerst konnte sie nicht begreifen, was sie sah. Vielleicht hätte sie einfach liegen bleiben sollen? Was sie sah, kam einer Katastrophe gleich. Jetzt wusste sie, warum es hier so verbrannt roch. Es sah aus, als hätte bis eben noch ein infernalisches Feuer getobt. Sämtliche Decken, Wände und Türen waren geschmolzen. Auf dem Boden hatten sich kürbisgroße Blasen gebildet. Die Wände waren verschwunden, sodass es keine Abgrenzungen zu den anderen Räumen mehr gab. Sie konnte über mehrere Ebenen sehen. Und sie konnte auch sehen, wie Robin, Mike, Jenni und Marcel auf sie zukamen. Die vier waren also schon auf. Sie wichen den Blasen auf dem Boden aus und kamen zielstrebig näher. Auch Oxo war bei ihnen. Wie hatte er dieses Inferno überleben können?

„Endlich bist du wach“, sagte Jenni, gleich darauf waren auch die anderen bei ihr. Ihre Gesichter waren sorgenvoll.

„Was ist los?“, wollte sie wissen.

„Wir sind abgestürzt.“

„Was?“, spie Nicole aus, als hätte sie etwas Schlechtes gegessen.

„Wir sind abgestürzt.“

In ihrem Gesicht wechselten Entsetzen, Fassungslosigkeit, Schock, Panik und Begreifen einander ab, und ihre Augen weiteten sich.

„Wie …?“, weiter kam sie nicht. Die Sprache kam ihr abhanden, als hätte sie sie plötzlich verlernt. Langsam wanderte ihr Blick in die Augen der anderen. Sie erhoffte sich, aus ihnen etwas zu erfahren. Vielleicht entpuppte sich alles ja als ein großer Witz? Vielleicht wollten sie sie nur verschaukeln? Aber ihre Augen sagten ihr, dass es sich nicht um einen schlechten Scherz handelte.

Wie zur Bestätigung trat Oxo an sie heran, blickte ihr in die Augen und sagte, „wir müssen hier raus!“

„Was ist mit Yxynon?“, wollte Marcel wissen. Erst jetzt dachte er an den Piloten. Doch Oxo schüttelte nur langsam den Kopf.

„Was … was soll das heißen“, spie er Oxo ins Gesicht.

„Er hat es nicht geschafft.“

Marcels Augen weiteten sich, sodass selbst Nicoles Augen dagegen klein wirkten. Was sollte das heißen? Was sollte das Gerede? Er war sein Freund! Er musste es geschafft haben!

Jenni ging einen Schritt auf Marcel zu und legte ihm einen Arm um die Schultern. Doch Marcel machte einen Satz nach vorn und stieß sie weg.

„Nein!“, spuckte er aus.

„Wir müssen hier raus“, gab Robin zu bedenken.

„Ich will zu ihm! Ich will ins Cockpit! Vielleicht lebt er ja noch!“

„Vergiss es!“, entgegnete Robin im Befehlston. „Wir machen jetzt, dass wir hier rauskommen! Du hast doch gehört, was Oxo gesagt hat!“ Seine Stimme überraschte alle. Sie klang ungewöhnlich hart und dominant, wie die Stimme eines Generals, der vor seiner Truppe spricht und von allen blinden Gehorsam verlangt.

„Ich … wir können doch nicht … wir müssen doch wenigstens nach ihm sehen!“ Marcels Blick wanderte zu Nicole, die sich eben anschickte, aus ihrer Schlafkammer zu klettern. „Vielleicht lebt er ja noch … vielleicht ist er nur verletzt und braucht unsere Hilfe!“ Jetzt trat Nicole auf ihn zu und legte ihm ihrerseits den Arm auf die Schulter. Diesmal sprang er nicht beiseite, sondern ließ es geschehen.

„Robin hat recht. Wir müssen hier raus“, flüsterte sie leise.

Da brach es schließlich aus Marcel heraus. Er weinte bitterlich um seinen neuen Freund, mit dem er viel zu wenig Zeit hatte verbringen können und von dem er sich noch nicht einmal verabschiedet hatte.

Doch für seine Trauer war jetzt keine Zeit. Sie mussten aus dem verdammten Wrack raus, das einmal ein Raumschiff gewesen war. Seit einiger Zeit schon loderten wieder die Flammen. Doch diesmal würden sie nicht mehr gelöscht werden. Sie würden brennen, bis ihre Nahrung aufgebraucht war. Bis alles Brennbare innerhalb des Schiffs von ihrem Hunger aufgezehrt war …

Robin ängstigte sich vor diesen Gedanken. Er wusste gar nicht, warum er sie dachte. Und schon gar nicht, warum er wusste, dass noch vor wenigen Minuten hier schon einmal Flammen getobt hatten, die aber durch ein brillantes Flugmanöver gelöscht worden waren. Wieso wusste er davon? Schließlich hatten er und die anderen Kinder in den Schlafkammern gelegen. Unwillkürlich erinnerte er sich an all die nächtlichen Gewitter, die er verschlafen hatte. Er hatte sie nie bemerkt und sich morgens auf dem Weg zu Schule dann immer über die nassen Straßen gewundert, über umgestürzte Bäume, Strommasten und abgedeckte Dächer. Also … warum wusste er so genau Bescheid?

Auch die anderen Kinder dachten darüber nach. Auch sie hatten das Gefühl, dass der Absturz nicht unbemerkt an ihnen vorbeigegangen war. Diese Gedanken fesselten sie so sehr, dass sie einen Augenblick lang sogar vergaßen, dass sie immer dieses gefährliche Schiff verlassen mussten …

Ausgerechnet Oxo brachte sie darauf zurück.

„Wir müssen hier raus! So schnell wie möglich! Es gibt noch so viele Energiezellen in dem Schiff, dass wir soweit wie möglich von ihnen entfernt sein sollten, wenn sie explodieren. Und sie werden explodieren!“

Hindernisse gab es wenige. Entweder hatte das Feuer sie verbrannt oder sie waren durch das Loch im Rumpf ins Vakuum des Alls gesaugt worden. Sie brauchten dennoch lange, denn das Schiff war groß.

Die Energiezellen …

Oxo kam nicht umhin, sich Sorgen zu machen. Er war der einzige, der um die Energie wusste, die sich noch in ihnen befand. Die Zerstörungsgewalt, wenn sie explodierten. Es waren wahre Wunderdinger, diese Energiezellen – man konnte mit ihnen riesige Raumschiffe auf phantastische Geschwindigkeiten beschleunigen, aber wie alle Medaillen hatten auch sie zwei Seiten: Wenn sie nicht mehr gekühlt wurden (durch ein System, das mindestens ebenso komplex war wie die Zellen selbst) liefen sie schnell heiß und explodierten in einem Feuerball. Selbst wenn sie leer und verbraucht waren, ging noch eine erhebliche Gefahr von ihnen aus. Oh ja, die erste Explosion war schon schlimm gewesen, denn immerhin hatte sie den Absturz zur Folge. Aber die zweite würde ungleich schrecklicher und vernichtender ausfallen …

„Wir müssen schneller werden!“, mahnte Oxo, als sie endlich das nächstgelegene Schott erreicht hatten.

„Noch … schneller?“, hechelte Mike. Er und Robin waren die sportlichsten der Truppe; bei ihnen hatte sich bislang nur der Atem beschleunigt. Bei Nicole sah es ähnlich aus. Bei Marcel und Jenni allerdings war es anders: Sie schwitzten wie die Ackergäule. Und sie hechelten so, dass sie nicht einmal mehr stammeln konnten. Sie standen zwar noch aufrecht, aber mussten ihre Oberkörper abstützen, indem sie die Hände auf die Schenkel stemmten. Dabei machten sie einen Buckel, bei dem jede Katze neidisch geworden wäre.

„Ja, noch schneller“, entgegnete Oxo unbeeindruckt. Er wirkte weder erschöpft von der Anstrengung noch schien er sie überhaupt zu empfinden. Wie war das möglich?

Eben begann er die nächste Luke zu öffnen, ergriff das Rad, das sie verschloss. Augenblicklich rieben in ihrem Inneren Räder aneinander und schienen sich ineinander zu verbeißen. Es klang wie morsches Holz, das aufeinander geschlagen wurde, aber nicht zerbrechen wollte. Es sah aus, als müsste Oxo seine ganze Kraft aufbringen. Wie in Zeitlupe drehte er an dem Rad, und Millimeter um Millimeter bewegte es sich. Dennoch zeigte sein Gesicht keine Zeichen von Anstrengung. Es war weder rot noch wirkte es müde; selbst Schweiß floss nicht. Nicht einmal seine Muskeln traten hervor.

Mike, der neben ihm stand und ihn dabei beobachtete, wie er langsam die Luke aufstemmte, fragte sich, warum das so war. Warum schwitzt der Kerl nicht? Warum arbeiteten seine Muskeln, ohne dass man es sehen konnte? Und wie hatte er überhaupt dieses alles vernichtende Feuer überleben können? Er glaubte nicht, dass die Anatomie der Außerirdischen so beschaffen war, dass sie zu alledem fähig wären. Wem dem so wäre, wozu bräuchten sie dann sie? Dann wäre doch alles in bester Ordnung! Sie wären unverwundbar und könnten nicht verletzt werden …

In diesem Moment schwang die Luke auf und warme, frische Luft strömte herein. Erst jetzt merkten sie, wie abgestanden und verbraucht sie im Inneren des Schiffs gewesen war. Das Feuer hatte viel Sauerstoff verzehrt und nur stinkende, giftige Abgase hinterlassen.

„Los jetzt! Raus hier!“ Oxo deutete mit einem Kopfnicken auf Jenni und Nicole. Seine Hände umpackten noch immer das Rad, mit dem er die Luke öffnete. „Ihr beiden zuerst!“

Jenni und Nicole beeilten sich, nach draußen zu kommen, und gleich nach ihnen folgte Marcel. Anschließend waren Mike und Robin an der Reihe. Auch sie vergeudeten keine Zeit. Die Drohung mit den möglicherweise explodierenden Energiezellen hatte Wunder bewirkt. Wenn das geschah, wollten sie weit weg sein.

Nach fast drei Wochen im Raumschiff wirkte die Sonne wie ein Glutofen. Die Kinder kamen sich vor wie Ameisen unter einer Lupe, die von grausamen Teenagern verbrannt wurden. Es war sengend heiß und so hell, dass sie, obwohl sie die Unterarme an die Stirn pressten, die Augen zusammendrücken mussten. Alle fünf waren hilflos der Sonne ausgeliefert. Nur nicht Oxo. Er hatte keine Probleme. Er konnte ohne Schwierigkeiten in die Sonne sehen. Ihm machte das alles nichts aus. Und während die Kinder sich nicht an die neue Umgebung gewöhnen konnten (geschweige denn wussten, wo sie waren!), war er schon wieder hellwach und konzentriert.

„Wir müssen weiter! Seht ihr die Berge da hinten?“

Sie hoben den Kopf, doch wegen der grellen Sonne sahen sie nur graue Schatten. Weder sahen sie die Konturen der Berge noch, wie weit sie entfernt waren. Wie weit mussten sie gehen? Und würden sie dort sicher sein?

„Da müssen wir hin!“, fuhr Oxo unbeirrt fort.

Galaxy Kids 1

Подняться наверх