Читать книгу Der Bullerbü-Komplex - Lars Mandelkow - Страница 7
ОглавлениеMeine Tochter lacht immer noch über dieses Buch. Ein Buch für Familien, die sich anstrengen, es gut zu machen. Ein Buch mit der Botschaft »Es muss nicht immer Bullerbü sein«. Meine Tochter meint, ich solle mir mal überlegen, wie der kleinen Text »Über den Autor« wohl wirken mag: »Lars Mandelkow lebt mit seiner Frau und den vier blonden Kindern zurzeit in Norwegen. Sie wohnen dort in einem schönen Haus mit Blick über den Fjord. Lars fährt mit dem Fahrrad zur Arbeit, in der Freizeit tuckern sie gern mit ihrem alten Holzboot durch die Schärenküste …« Meine Tochter meint, viel dicker kann man Bullerbü gar nicht auftragen und ich solle vielleicht lieber einen Ratgeber für Auswanderer schreiben.
Ich murmele Erklärungen: Das mit Norwegen war ja gar nicht zuallererst meine Idee, das hat sich mehr so ergeben. Und wir sind ja auch nicht endgültig ausgewandert. Nach einer langen Zeit als selbstständiger Psychologe bin ich sehr froh über meine Arbeit als Hochschuldozent. Und auch diese Arbeit hat sich eher zufällig gefunden, wenn man denn an Zufälle glauben will. Und das Haus am Fjord haben wir genommen, weil es kein anderes gab. Na ja, und das Boot …
Aber eigentlich hat meine Tochter recht. Es sieht manchmal schon sehr nach Bullerbü aus. Auch vorher, als wir mit unseren Freunden in einem gemeinsamen Haus auf dem Land in Schleswig-Holstein gewohnt haben: Sieben Kinder liefen dort durch den Garten, wir kochten abwechselnd Mittagessen und teilten uns ein Auto. Es sah oft nach Bullerbü aus. Aber es fühlte sich nicht immer so an. Unsicherheiten, Erschöpfung, Halbfertiges waren von außen nicht so leicht erkennbar. Das Bullerbü-Bild überstrahlte schnell das andere, das wahre.
Ich schreibe dieses Buch mindestens zur Hälfte also auch für mich, so wie jede Therapiestunde, die ich gebe, auch immer eine Frage nach mir selbst ist, und jede Predigt, die ich halte, auch eine Botschaft an mich selbst enthält. Ich schreibe nicht als einer, der endgültig Bescheid weiß. Eher als einer, der den Erwartungsdruck und die Macht der inneren Bilder kennt. Der weiß, dass die eigenen Kräfte nicht so grenzenlos sind wie die eigenen Wünsche. Aber auch als einer, der glaubt, dass das Mögliche schöner ist als das Perfekte. Und dass man auch ruhig mal was versuchen darf. Zum Beispiel, ein Buch zu schreiben.1