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Kapitel 6 · wieder Schokolade

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Die Klinik war von der Gilde inzwischen wieder freigegeben. In einer der Toiletten fand man einen Arztkittel und eine Spritze. Doch von der mysteriösen Ärztin fehlte jede Spur.

Alice und Art kamen gerade aus dem Büro von Dr. Müller, der ihnen die Ergebnisse der Pathologie mitgeteilt hatte.

Alice schnäuzte sich in ein altes Papiertaschenbuch, Art hatte seinen Arm um Ihre Schulter gelegt.

»Wieder Theobromin. In einer Dosis, die selbst Menschen getötet hätte. Ausgerechnet Viviane. Sie war die Seele der Wandler im Norden. Alle achteten sie.«

Art nickte grimmig.

»Ich schwöre, dass ich den Mörder von Viviane finden und zur Rechenschaft ziehen werde! Viviane hatte Wissen über das Bearn, das dem Mörder gefährlich werden konnte. Deshalb musste sie sterben.«

Alice begann wieder zu weinen. Art versuchte sie mit einem Scherz aufzuheitern.

»Diese verfluchte Schokolade! Was ist das für ein Wesen, das so etwas tut? Willy Wonka?«

Alice hatte keine Nerven für Arts Scherz und zischte ihn unwirsch an.

»Wir müssen hier weg! Lass uns nach Hause fahren. Weißt du denn endlich, wo du dein Exemplar vom Bearn hast?«

»Ja, ich kann mich wieder erinnern. Es wurde mir nicht geklaut. Du wirst es mir nicht glauben, aber das Bearn ist in deinem Zimmer versteckt.«

Alice sah Art fassungslos an.

»Deine Bude haben sie sicher schon untersucht. Wenn die von uns als Paar wissen, dann werden sie sicher als nächstes ... oh Nein!«

Alice fummelte panisch an ihrem Handy herum. Doch sie konnte Bobby noch immer nicht erreichen. Art versuchte sie zu beruhigen, was ihm aber nicht gelang.

Der Rückweg mit den Öffentlichen war zu lang. Alice hatte inzwischen die Gilde wegen Bobby informiert. Die Gilde schickte sofort ein Einsatzkommando in Alices Wohnung. Ein Fahrer der Gilde holte sie am Krankenhaus ab und brachte sie ebenfalls in die Friedensallee.

Sie kamen sogar noch vor der Gilde an. Angespannt schlichen sie die Stufen zu der Hüter-WG hoch, als Art Alice plötzlich zurückhielt. Vorsichtig schnupperte er.

»Katzen! Der gleiche Geruch wie bei Viviane!«

Alice erschrak und es entfuhr ihr panisch »Bobby!«

Alice riss sich von Art los uns stürmte die Treppe hoch. Art schüttelte den Kopf und rannte ihr nach. Die Tür zur WG stand etwas offen. Alice stand zitternd davor als Art sie einholte. Art schnupperte und legte seine Hand auf ihre Schulter.

»Jemand ist noch hier!«

Art knurrte und Alice konnte sehen, wie sich ein paar Haare in seinem Nacken sträubten. Langsam stieß Art die Türe auf. Vorsichtig traten sie ein. Etwas Hartes knirschte gläsern unter Arts Schuh. Sachte bückte er sich und hob den Gegenstand auf. Schockiert sah er die zerbrochene rote Brille in seiner Hand. Das Gestell war Blutverschmiert. Alice unterdrückte einen Schrei. In der Wohnung bot sich ihnen ein Bild des Grauens. Bobby lag merkwürdig verdreht neben dem Küchentisch. Unter ihrem leblosen Körper hatte sich ein blutroter See gebildet. Lons Körper lag nur wenig davon entfernt und wurde ebenfalls von der roten Lache umspült. Alice wollte auf die beiden Körper zustürmen, doch Art hielt sie auf.

»Sei leise! Hier ist noch jemand!«, flüsterte Art.

Sanft schob er Alice zurück zur Eingangstür und schlich vorsichtig zur Tür von Alices Zimmer. Sachte drückte er die Türklinke herunter und gab der Tür einen Schubs. Mit einem Knarren schwang die Tür zurück und der kleine Kater mit dem kaputten Ohr sprang aus Vivianes Wohnung hervor. Flink flutschte er durch Arts Beine und an Alice vorbei nach draußen. Alice sammelte sich nach einer Schrecksekunde und rannte zu Bobby. Mit tränenüberströmten Gesicht versuchte sie bei Bobby ein Lebenszeichen zu finden, doch vergebens. Lon zeigte, dass noch ein wenig Leben in ihm steckte und zitterte kaum merklich mit den Pfoten. Rasch wickelte Art den Hund in eine Decke, die auf dem Sofa lag, und trug ihn in Alices Zimmer, wo er ihn auf das Bett legte. Dann zog er Alice von Bobby weg und verfrachtete sie ebenfalls in das Zimmer. Er nahm sie fest in seine Arme und drückte sie an sich. Alice verfiel in ein bitteres Schluchzen. Die Zeit, bis die Gilde eintraf kam Art wie eine Ewigkeit vor. Die Wohnung war ein Chaos und Alices Zimmer sah ebenfalls verwüstet aus. Art hoffte, dass sein Bearn noch in Sicherheit war. Lon knurrte leise, als das Einsatzkommando der Gilde eintraf. Das Team bestand aus 5 Personen in einem unscheinbaren Handwerker-Outfit. Blaue Overalls. Die Aufschrift an ihren Jacken erklärte sie zu »Rohrreinigungsservice Rüter«. Ein Mann Mitte Vierzig mit tiefschwarzen Haaren, leichtem Bauchansatz und einer Stimme, der eine Rohrreinigung ebenfalls gutgetan hätte, gab ein paar knappe Befehle und die Gruppe teilte sich auf. Die einzige Frau in dem Team nickte Art zu und meinte knapp, sie sei Ärztin. Dann schlüpfte sie an Art vorbei und kümmerte sich um Alice. Die anderen Vier kümmerten sich inzwischen um den Tatort. In ihren Werkzeugkästen befand sich modernstes Gerät. Der Mann mit dem Bauchansatz kam zu Art.

»Rüter! Sondereinsatzkommando der Hüter-Gilde Hamburg-Holstein.« stellte er sich vor.

»Ihr bleibt vorerst hier im Schlafzimmer. Wenn wir fertig sind, müsst ihr schnell von hier weggebracht werden. Ihr schwebt in großer Gefahr. Wir organisieren gerade eine Schutzunterkunft außerhalb Hamburgs!«

»Kann ich vorher noch in meine Bude fahren?«

wollte Art wissen.

»Tut mir leid. Eine Explosion hat das ganze Gebäude zerstört. Ein weiteres Hüter-Team ist gerade dabei, es wie einen Gasunfall aussehen zu lassen. Immerhin gab es hier zwei tote Unwandelbare und einen toten Wandler wie es aussieht.«

Art stöhnte kurz auf. Er kannte die Opfer gut. Seine Vermieterin, eine nette alte Dame, sein Nachbar, ein kauziger alter Professor für Literatur und sein Mitbewohner Snoopy, ein sehr guter alter Freund.

Er reichte Art einen Stoffbeutel.

»Da drin sind neue Papiere, Handys, Kreditkarten und Bargeld. Mehr erkläre ich Euch, sobald wir hier fertig sind.«

Mit dem Daumen deutete er in Richtung der armen Bobby, drehte auf dem Absatz um und zog die Zimmertür vor Arts Nase zu.

Während Art irritiert in den Beutel starrte, sah sich die Ärztin inzwischen Lon an.

»Er wird schon wieder. Er hat nur einen Schlag auf den Kopf bekommen. Ich spritze ihm etwas zur Stabilisierung.«

Mit flinken Händen verpasste sie dem Retriever eine Spritze, der kurz aufjaulte, und verließ das Zimmer.

»Ich komme später wieder.«

Art setzte sich zu Alice und Lon auf das Bett und legte seine Hand auf den Kopf des Golden Retrievers. Alice hatte sich inzwischen etwas beruhigt.

Art setzte ein künstliches Lächeln auf.

»Lon wird wieder. Er war nur KO geschlagen worden.«

»Puh, da bin ich froh. Und Bobby?«, fragte Alice mit zitternder Stimme, sie befürchtete die Antwort zu kennen.

Art schüttelte nur den Kopf und Alice wusste, was das bedeutete. Gefasst schluckte sie, holte tief Luft und sprang aus dem Bett auf. Sie holte eine Reisetasche unter ihrem Schrank hervor und bestückte ihn wahllos mit herumliegenden Kleidungsstücken. Als Alice kurz im Bad verschwand, trat Art vor ihr Buchregal. Hier hatte der graue Kater noch nicht gewütet. Offenbar wurde er von Art und Alice vorher gestört. Gezielt griff Art nach »Kalix« und holte es erleichtert heraus. Behutsam schlug er das Buch auf. Doch statt des Romans sah er auf alte vergilbte Seiten mit Runen. Zärtlich streichelte er über seine Ausgabe des Bearn, klappte es zu und verstaute es in seiner Jacke. Kurz darauf kam Alice aus dem Bad, was Lon mit einem zahmen Bellen kommentierte.

»Kann losgehen. Je schneller wir hier wegkommen umso besser!«

Art nickte ihr nur zu, trat zur Tür und wollte gerade öffnen, als Lon leise zu knurren anfing. Art stutzte und schrak von der Tür zurück.

»Was ist los?«, wollte Alice wissen.

»Ich rieche wieder Katzen!«

Die Werwölfe vom Oberland

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