Читать книгу Das Tal der Elefanten - Lauren St John - Страница 8

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Am Tag nach Gwyn Thomas’ Abflug gab Sampson, ein älterer Wildhüter, um 6 Uhr früh per Funk durch, er sei während seines Patrouillengangs durch das Reservat auf einen Büffel gestoßen, der wegen einer Viruserkrankung sofort behandelt werden müsse. Ohne Medizin würde er verenden, meinte er.

Martine hörte von ihrem Zimmer aus das Knacken und Rauschen des Funkgeräts und ging rasch in die Küche hinunter, um herauszufinden, was los war. Ben saß frisch geduscht bei Kaffee und Toast mit Sardellenpaste am Frühstückstisch. Im Gegensatz zu Martine, die, ganz und gar kein Morgenmensch, in ihrem zerknitterten Schlafanzug und mit verwuscheltem Haar dastand und reichlich verschlafen dreinblickte, wirkte Ben so wach und munter, als könne ihn keine Herausforderung aus der Bahn werfen.

«Sampson hat an der Nordgrenze des Reservats einen verletzten Büffel aufgespürt», sagte er zu Martine. «Kommst du mit? Wir können deine Hilfe gebrauchen.»

Adrenalin schoss durch Martines Venen. Nichts weckte sie schneller als die Nachricht, dass ein Tier Hilfe brauchte. Trotz Bens Protesten nahm sie ein paar hastige Schlucke aus seiner Kaffeetasse und klaute ihm den letzten Toast vom Teller. «Ich bin gleich wieder da», sagte sie und stürmte die Treppe hoch, um den Überlebensbeutel zu holen, den sie immer mitnahm, wenn sie wegging – egal wohin –, stieg in ihre Jeans, streifte ein blaues Sweatshirt über und stürzte aus dem Haus.

Dabei hätte sie sich gar nicht beeilen müssen. Tendai und Ben warteten nicht ungeduldig auf sie, sondern steckten mit ihren Köpfen unter der Motorhaube des Jeeps und fachsimpelten über Dinge wie Zündkerzen und Einspritzpumpen.

«Diese alte Dame kurvt durch das Reservat, seit ich vor zwanzig Jahren bei deinem Großvater angefangen habe. Ich musste sie zwar immer wieder zusammenflicken, aber im Allgemeinen hat sie wirklich gute Dienste geleistet», sagte Tendai. «Gestern Abend war noch alles in bester Ordnung. Ich habe keine Ahnung, warum sie jetzt plötzlich streikt.»

Als sie gerade dabei waren, die Batterie zu testen, kam Reuben James in einem brandneuen Landrover mit offenem Verdeck forsch auf den Hof gefahren.

«Perfektes Timing», murmelte Ben vor sich hin.

Reuben James stieg aus dem Fahrzeug. Er trug ein blütenweißes Hemd und maßgeschneiderte Khakihosen. Seine Glatze glänzte in der Sonne. Er sah aus wie ein typischer Safariparkbesitzer. «Gibt’s Ärger im Paradies», fragte er, während er lässig auf sie zuging.

Er streckte Tendai die Hand entgegen. «Hallo, ich bin Reuben James. Und Sie sind bestimmt der berühmte Wildhüter von Sawubona. Ich habe von Ihnen gehört, als ich vor ein paar Jahren mit Henry Thomas im Geschäft war. Aber Sie waren damals auf einem Kurs, glaube ich. Sind sie nicht auch Fährtenleser?»

Ohne eine Antwort abzuwarten, wandte er sich demonstrativ ab und lächelte zu Martine herunter: «Und wir treffen uns schon wieder?»

Martine wünschte, sie könnte ihm ein faules Ei an den Kopf werfen, damit ihm das arrogante, selbstzufriedene Lächeln verging. «Leider ja», sagte sie.

Reuben James lachte: «Leider? Aber nicht doch, Martine. Ich bin sicher, dass wir noch beste Freunde werden.»

Tendai presste die Lippen zusammen. Doch von Martines Unhöflichkeit verunsichert, bemühte er sich seinerseits, etwas mehr Freundlichkeit an den Tag zu legen.

«Ja, Sir, ich bin Wildhüter auf Sawubona. Leider will mein Jeep heute früh nicht anspringen. Ich muss in der Werkstatt anrufen, doch die macht erst um acht auf. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn wir uns nicht dringend um einen kranken Büffel kümmern müssten.»

«Ein kranker Büffel?» James deutete mit einem Arm auf seinen goldglänzenden Landrover. «Bitte, nehmen Sie mein Fahrzeug. Es steht Ihnen zur freien Verfügung.»

Sie blickten ihn alle verdutzt an. Martine fragte sich, was wohl der Haken an der Sache sein mochte.

«Äh, danke für Ihr freundliches Angebot, Mr. James», brachte Tendai hervor, «aber das ist wirklich nicht nötig. Ich kann einen Freund anrufen, der uns aus der Patsche hilft.»

Das ließ Reuben James nicht gelten. «Ich beharre darauf. Es wäre mir ein Vergnügen. Mein Fahrer ist bereit. Lurk, fahren Sie die guten Leute zu diesem bedauernswerten Geschöpf im Reservat. Sie sollen sich die Zeit nehmen, die sie benötigen. Ich muss mich hier durch einen Papierberg kämpfen und werde bestimmt damit beschäftigt sein, bis Sie zurückkommen.»

Dann deutete er auf den Jeep. «Und wenn Sie erlauben, wird sich in der Zwischenzeit einer meiner Mechaniker den Motor ihres Fahrzeugs ansehen.»

Ehe sie auch nur versuchen konnten, einen Einwand zu formulieren, hatte er sie in den nach Leder riechenden Landrover gedrängt und selbst eine Tür nach der anderen geschlossen, als wäre er – und nicht Lurk – der Fahrer.

Als sie davonfuhren, wagte Martine, die mit Ben im Fond des Wagens saß, einen Blick zurück. Reuben James stand vor dem Haus und winkte ihnen hinterher, so wie es Gwyn Thomas normalerweise tat.

Innerlich kochend dachte Martine: Es fühlt sich an, als wäre er schon eingezogen. Zwei Tage, nachdem er die Bombe platzen ließ, tut er so, als sei er schon der Besitzer von Sawubona.

Und dann fügte in ihrem Inneren eine leise Stimme hinzu: Und von Jemmy.


Kaum waren sie außer Sichtweite des Hauses, wich auch schon das falsche Lächeln von den Lippen des Fahrers, wie der Mond, der plötzlich hinter einer Wolke verschwindet. Er steuerte den Wagen verdrossen und schweigsam über die Straße. Und als Tendai ihm eine Frage zum Landrover stellte, gab er vor, sie nicht gehört zu haben.

Sie fuhren über die grün-goldene Steppe von Sawubona, am See vorbei und auf das Hochplateau. Als sie in die Nähe des Berges kamen, der den Eingang zum Geheimen Tal verbarg, spürte Martine einen stechenden Schmerz in ihrem Herzen. Seit Monaten war sie nicht mehr im Refugium der weißen Giraffe gewesen. Tief im Tal war eine Höhle, von der nur Martine und Grace wussten, abgesehen natürlich von den San, den alten Buschmännern, die vor Jahrhunderten ihre Lebensgeschichten in mystischen Gemälden auf den Felswänden festgehalten hatten.

Aus Gründen, von denen Martine nicht einmal den Hauch einer Ahnung hatte, schienen sie mit ihren Malereien auch Teile von Martines Schicksal vorausgesagt zu haben. Sie hatte eigentlich nie so richtig gewusst, wie sie die prophetischen Bilder der San in jenem Teil der Höhle, die sie Gedächtnishalle nannten, deuten sollte, bis es schon zu spät war und sie bereits über Bord in die von Haifischen wimmelnde See gestürzt oder mit einem verwundeten Leoparden in einer Höhle eingeschlossen war.

«Erst Zeit und Erfahrung werden dich lehren, zu sehen diese Bilder mit den richtigen Augen», hatte Grace ihr immer wieder gesagt.

Als sich Martine einmal darüber beklagte, dass es ungerecht sei, sein eigenes Schicksal auf einer Wandmalerei sehen zu müssen, ohne es beeinflussen zu können, hatte ihr Grace gesagt, gerade das sei der springende Punkt. Wenn Menschen ihre Zukunft sehen könnten, würden sie sich nur die angenehmen Seiten herauspicken. «Sie würden die wichtigen Dinge dieser Welt nicht lernen und verstehen, weil es oft sind die schwierigen Dinge.»

Meistens musste ihr Martine recht geben. Viele ihrer schmerzhaften Erlebnisse hatten ihr direkt oder indirekt die unvergesslichsten Erfahrungen ihres Lebens beschert. Doch selbst Grace würde zugeben, dass der Verlust von Jemmy und allen anderen Tieren, die ihr in Sawubona ans Herz gewachsen waren, nicht zu den Erfahrungen des Lebens gehörten, die man unbedingt durchmachen musste. Darin konnte man doch nichts Positives sehen.

Im Vorbeifahren warf Martine einen verstohlenen Blick auf den knorrigen Baum, der den Eingang zu Jemmys Refugium verdeckte. Sobald sie konnte, würde sie sich in die Gedächtnishalle schleichen, um zu sehen, ob die San-Buschmänner etwas darüber zu sagen hatten, dass sich Reuben James Sawubona aneignen wollte. In weniger als einem Monat würde sie ihren zwölften Geburtstag feiern. Bestimmt hatte sie jetzt ausreichend Zeit und Erfahrung, um sich von den Höhlenwänden ihre eigene Zukunft weissagen zu lassen.

Der Landrover verlangsamte seine Fahrt. Sampson trat aus einer Baumgruppe hervor.

«Parken Sie bitte dort drüben, Lurk», sagte Tendai und deutete auf den Rand einer in den Busch geschlagenen Lichtung. Lurk leistete seiner Anweisung murrend Folge.

«Aus Sicherheitsgründen sollten Sie besser im Fahrzeug bleiben», riet ihm Tendai. «Wir haben mit Ihrem Boss schon Probleme genug. Und wir können jetzt keine Klage von ihm gebrauchen, weil Sie von einem unserer Tiere einen Kratzer abbekommen.»

Lurk tat, als habe er nichts gehört. Er öffnete die Fahrertür und sprang heraus. Dann lehnte er sich gegen den Landrover und zündete sich eine Zigarette an.

Die Blicke von Tendai und Martine trafen sich. Tendai zuckte mit den Schultern, kletterte mit dem Erste-Hilfe-Koffer für Tiere aus dem Fahrzeug und sprach Sampson in Zulu an. Sampson war ein hagerer, verhutzelter Mann, dem Martine mindestens hundert Jahre gab. «Passt auf!», sagte er zu Martine und Ben, als diese langsam auf die Baumgruppe zugingen.

«Keine Bange», beruhigte ihn Martine. Neben Löwe, Leopard, Elefant und Nashorn gehörte der Büffel zu den Großen Fünf Afrikas, und er war eines der gefährlichsten von diesen Tieren. Manche Touristen erachteten das ganze Gerede von der Gefährlichkeit der Büffel, die wie sympathische, übergroße Kühe mit geschwungenen Hörnern wirkten, als völlig übertrieben. Doch wer diesem Irrglauben verfiel, musste ihn meist mit dem Leben bezahlen.

Dieser Büffel jedoch stellte für niemanden eine Gefahr dar. Er war ein junger Einzelgänger, der wahrscheinlich aus der Herde ausgestoßen worden war, weil er Streit gesucht hatte. Von Streitlust war keine Spur mehr übrig. Er lag auf der Seite, aus seinen triefenden Augen sprachen Fieber und panische Angst. Während sie ihn betrachteten, stöhnte er tief, als würde das Leben aus ihm entweichen.

Martines Augen wurden tränennass. Sie konnte Tiere nicht leiden sehen.

«Schnell, Tendai!», rief sie, aber Tendai und Sampson schienen in einen Streit mit dem Fahrer verwickelt zu sein, weil dieser seine Zigarette nicht löschen wollte. Plötzlich warf er sie achtlos weg. Funken stoben, und ein trockener Busch am Rande der Lichtung drohte Feuer zu fangen. Sampson riss sich das Hemd vom Leib und drosch auf den Busch ein. Tendai spurtete zum Landrover, um Wasser zu holen, und brüllte Lurk über die Schulter an.

Martine schob die Lippen des Büffels auseinander. Das Zahnfleisch des jungen Tiers war beinahe weiß, was sie als sicheres Zeichen dafür deutete, dass der Bulle nicht mehr lange zu leben hatte.

«Martine!», drängte Ben sie, «du musst unbedingt etwas tun.» Wie Tendai und Gwyn Thomas wusste er, dass Martine eine Gabe hatte, Tiere zu heilen, die er allerdings nicht so richtig verstand. Außerdem wusste er, dass sie einen Überlebensbeutel mit allerlei Wundermitteln dabeihatte. Wenn sie sich in Trance versetzte, konnte sie diese heilbringend einsetzen. «Ich schau’ auch nicht hin, wenn das hilft.»

Er wollte sich eben abwenden, als Martine ihn anstieß. «Halt», sagte sie. «Ich brauche dich. Du musst deine Hände gegen sein Herz pressen.»

Dann kramte sie ein Fläschchen aus dem Beutel. Als sie es öffnete, entwich ihm ein ekliger Geruch von Froschschleim, Schimmel und Schweißsocken, sodass Ben husten musste.

«Hey, was ist denn das?», fragte er naserümpfend. «Du sollst den Büffel retten, nicht vergiften.»

Martine ignorierte ihn. Stattdessen goss sie die grüne Flüssigkeit in das Maul des Büffels, der gerade so weit zum Leben erweckt wurde, dass er wieder schnauben und husten konnte, dabei jedoch noch kraftloser als zuvor wirkte. Martine legte ihre Hände behutsam auf den Kopf des Bullen, strich mit den Fingern sanft über seine Nase, seine rauen, scharfen Hörner, die massiven Kieferknochen, die harten Nackenmuskeln. Dann schloss sie die Augen.

Die Zeit verstrich. Martine hätte nicht sagen können, ob zwei Sekunden oder zwei Stunden vergangen waren. Ihre Hände wurden immer wärmer und schließlich so heiß, dass es sie nicht erstaunt hätte, wenn Rauch aus ihnen aufgestiegen wäre. Die Stimmen der Alten dröhnten in ihrem Kopf und führten ihre Finger. Der Rhythmus der Trommeln hallte in ihrer Brust wider. Sie sah große Giraffenherden und Männer in Lendenschürzen, mit Speeren bewaffnet und …

«Martine! Pass auf!»

Der Büffel rappelte sich plötzlich auf und begann, seine ausladenden Hörner zu schwenken. Martine sah ihm wie benommen zu. Schon kam Tendai – Gewehr im Anschlag – vom Landrover herbeigeeilt; Ben stellte sich schützend vor Martine und setzte sich damit selbst größter Gefahr aus.

Doch letztlich waren weder das Gewehr noch Bens Mut nötig. Der Büffel warf seinen Kopf mehrmals hin und her, um seine Benommenheit abzuschütteln, schnaubte und stampfte dann langsam durch die Bäume davon.

Als Tendai bei ihnen war, schloss er sie beide erleichtert in die Arme. «Ich habe euch doch gesagt, ihr sollt vorsichtig sein. Büffel sind so unberechenbar. Der hier hat sogar Sampson glauben gemacht, er würde gleich sterben. Und Sampson hat beinahe ein Jahrhundert Erfahrung! Das nächste Mal bleibt ihr ganz schön bei mir.»

«Versprochen», sagte Martine, «aber ich denke nicht, dass der Büffel uns wehtun wollte.»

Sie mied den Blickkontakt mit Ben, aber aus den Augenwinkeln sah sie, dass er sehr mitgenommen war. Sie wollte gerade etwas sagen, um ihn abzulenken, als der Fahrer auf sie zukam.

«Lurk, ich habe Ihnen gesagt, Sie sollen im Landrover bleiben – es ist zu gefährlich», sagte Tendai gereizt.

Lurk funkelte ihn wütend an. «Von Ihnen nehme ich keine Befehle entgegen.»

Tendai rollte mit den Augen. «Das war kein Befehl, sondern ein Sicherheitsratschlag. Aber ich glaube mittlerweile, dass wir nicht Sie vor den Tieren, sondern die Tiere vor Ihnen in Sicherheit bringen müssen. Sie haben fast den Busch in Brand gesteckt.»

Lurk sagte nichts. Stattdessen starrte er entgeistert über Tendais Schulter und zischte mit unterdrückter Stimme: «Elefant! Verrückter Elefant!»

«Das ist kein Elefant», sagte Tendai, der seine Geduld mit Lurk zu verlieren schien. «Das ist ein Büffel. Und verrückt ist er auch nicht. Er fühlt sich einfach nicht so gut.»

«Tendai», sagte Ben leise. «Er hat recht.»

Eine Elefantenkuh, groß wie ein Affenbrotbaum, stand im Schatten der Bäume und schwenkte bedrohlich die Ohren. Als sie dann auch noch ohrenbetäubend trompetete, war klar, dass sie gleich angreifen würde.

Lurk riss Tendais Gewehr an sich.

«Sind sie wahnsinnig?», schrie Tendai und versuchte, ihm das Gewehr wieder zu entreißen. «Wollen Sie, dass wir alle draufgehen? Das ist kein Gewehr für einen Elefanten. Für die Kuh würde sich der Schuss höchstens wie ein Bienenstich anfühlen und sie sehr, sehr stark reizen.»

Lurk entsicherte die Waffe und nahm den Elefanten ins Visier.

Doch Tendai packte ihn am Handgelenk und drückte so fest zu, dass Lurk sich vor Schmerzen wand und das Gewehr fallen ließ. «Schluss jetzt damit, oder ich knalle Sie eigenhändig ab. Wir bewegen uns jetzt alle ruhig zum Landrover zurück. Wenn der Elefant uns angreift, müsst ihr davonlaufen, aber im Zickzack, um das Tier zu verwirren. Seid ihr bereit? Also los!»

Sie hatten nur ein paar wenige Schritte zurückgelegt, als Lurk in Panik verfiel und in Richtung des Landrover davonspurtete. Bisher hatte Martine Elefanten nur um ein Wasserloch stehen oder etwas schwerfällig herumtraben sehen. Umso erstaunter war sie, als die Elefantenkuh wie ein startendes Rennpferd aus dem Wäldchen geschossen kam und dem Fahrer hinterhergaloppierte. Sie hatte ihn im Nu eingeholt. Es schien klar, dass sie ihn zu Tode trampeln würde, bevor er das Fahrzeug erreichen konnte. Er hatte völlig vergessen, dass er im Zickzackkurs laufen musste.

Tendai hatte seine Arme um Ben und Martine geschlungen. Fassungslos und entsetzt verfolgten sie zu dritt die Szene. «Jacke ausziehen, Lurk!», rief der Wildhüter. «Jacke ausziehen und fallen lassen.»

Die Elefantenkuh kam dem Fahrer immer näher. Unter ihren enormen Füßen gab die Erde nach. Ein paar Sekunden noch, und Lurk würde von dem Dickhäuter zu blutigem Brei geschlagen.

«Die Jacke», kreischte Tendai. «Jacke ausziehen!»

Irgendwie schienen die Worte in Lurks versteinerte Gehirnwindungen vorzudringen. Im Laufen schälte er sich aus seiner Jacke und schleuderte sie zu Boden. Die Elefantenkuh blieb verdutzt stehen. Sie blickte von Lurk zu dem zerknitterten roten Knäuel am Boden. Einen Moment lang sah es aus, als würde sie die Verfolgungsjagd wieder aufnehmen, doch als Sampson den Motor des Landrover startete, besann sie sich auf den einfacheren Weg und stürzte sich auf die Jacke. Staubwolken stiegen auf, als sie mit den Füßen auf der Jacke herumstampfte und -trampelte, sie in die Höhe warf, um sogleich wieder auf sie einzudreschen.

Endlich kam Lurk beim Fahrzeug an, riss die Tür auf und warf sich schluchzend hinein. Sampson preschte, noch bevor er richtig im Sitz saß, in Richtung von Tendai, Martine und Ben davon. Diese warfen sich blitzschnell in das Fahrzeuginnere und knallten die Türen hinter sich zu. Während Sampson das Gaspedal durchdrückte und den Landrover mit aufheulendem Motor vom tobenden Elefanten weg auf den Fahrweg steuerte, hörte Martine im Hintergrund das wütende Trompeten der Elefantenkuh.


Das Tal der Elefanten

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