Читать книгу Blackwood - Lena Knodt - Страница 13

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Kapitel 7

Jack liebte seine Schwester, wirklich. Er hatte zweiundzwanzig Jahre Zeit gehabt, ihre Attitüden kennenzulernen und mit ihren Eigenheiten klarzukommen. Lively hatte viel für ihn getan. Mehr als einmal hatte sie den Hals für ihn hingehalten, besonders in der Zeit im Kinderheim.

Aber manchmal konnte er sie nicht ausstehen. Das waren noch nicht einmal die Momente, in denen sie dieses gefährliche Glitzern in den Augen hatte, nein. Es waren die Momente, in denen sie schwieg. Ihm jede Kommunikation versagte und einfach vor sich hin starrte, ohne den Versuch zu unternehmen, sich ihm mitzuteilen.

Er wusste, dass sie ihm nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte. Dass es Informationen in dieser Akte gab, die sie ihm vorenthalten hatte. Er hatte nichts gesagt, weil er diese zwei Tage einfach nur hinter sich bringen wollte. Er wollte nach Hause zurück, jedenfalls redete er sich das die ganze Zeit ein. Das Lächeln um die Lippen seiner Schwester sagte ihm aber, dass die Wahrscheinlichkeit sehr gering war, dass sie von dieser ganzen Sache ablassen würde. Ein Teil von ihm war froh darüber und wollte auch wissen, was es mit der ganzen Heimlichtuerei, den ganzen Andeutungen auf sich hatte. Aber er hatte Angst, es zu bereuen, wenn sie hierblieben.

Mit einem Seufzen zog er ihren halbleeren und inzwischen eiskalten Teller Suppe zu sich und stellte die Schale in seine eigene. Wäre er nicht so satt gewesen, hätte er sie leer gegessen. Zwar nagten sie nicht am Hungertuch, Geld im Überfluss hatten sie aber auch nicht.

Lively schaute weiter auf die Tischplatte und reagierte nicht, als er sich erhob.

»Lass uns gehen.«

Sie nickte nur abwesend und tat es ihm nach. Als sie den Mantel über ihre Schultern streifte, warf sie einen langen Blick über die Schulter zu den drei Männern, die kurz nach ihnen die Wirtschaft betreten hatten. Als Außensteher hatte man beinah denken können, dass sie an einem von ihnen interessiert war, aber Jack wusste es besser: Lively heckte irgendetwas aus und es hatte mit diesen Männern zu tun.

Jack ging zum Tresen und legte den Betrag für die zwei Teller Suppe auf das Holz. Der Wirt wischte das Geld in seine Hand und zählte es sogleich nach.

»Entschuldigung, erlauben Sie noch eine Frage?«

Der ältere Mann brummte.

»Vermieten Sie Zimmer?«

»Ich dachte, ihr seid Reisende.« Ah, scheinbar besaß er doch eine Zunge.

»Auch Reisende müssen irgendwann mal ausruhen.«

Lively gesellte sich neben ihn und trommelte mit den Fingern nervös auf den Tresen.

»Hören Sie«, begann Jack noch einmal »Geben Sie uns nun ein Zimmer für eine Nacht oder sollen wir uns etwas anderes suchen?«

Der Wirt hob eine Augenbraue. »Eine Nacht?«

Jack nickte und zwang sich, nicht die Augen zu verdrehen.

Immer noch missmutig dreinblickend kramte der Wirt unter der Theke einen Schlüssel hervor und drückte ihn Jack in die Hand. Er nannte den Preis und Jack bezahlte sofort. Mit Schrecken stellte er fest, dass sich das Geld in seiner Börse zusehends dem Ende zuneigte.

»Die Treppe hoch und dann rechts«, brummte der Wirt.

Jack warf Lively einen auffordernden Blick zu, aber sie bemerkte ihn nicht. Sie beobachtete noch immer die drei Männer.

»Liv?«

Seine Schwester schreckte auf und folgte ihm.

Die Treppe in den zweiten Stock war steil und an einigen Stellen so morsch, dass sich Jack zu Sicherheit zu beiden Seiten mit den Händen absicherte.

Oben gab es nur drei Zimmer, die alle verschlossen waren. Da weder der Schlüssel, noch die Zimmer mit Nummern ausgestattet waren, musste Jack die Schlösser durchprobieren. In das zweite glitt der Schlüssel ohne Widerstand und sie betraten eine kleine Kammer.

Es gab nur ein Bett und einen winzigen Nachttisch.

»Hübsch«, sagte Lively trocken.

»Hast du eine andere Idee, wo wir heute die Nacht verbringen sollen? Immer her mit deinen Vorschlägen«, entgegnete Jack genervt. Er stellte seine Tasche ab und ließ sich auf das Bett sinken. Lively nahm neben ihm platz, ohne ihn anzuschauen.

Schweigend starrten sie einige Sekunden lang auf die löchrigen Holzdielen.

»Was war das eben?«

»Was?«, entgegnete Lively.

»Diese drei Männer. Du hast sie angestarrt, als wolltest du sie zum Frühstück verspeisen.«

Seine Schwester lachte freudlos auf.

»Was war los?«

Lively antwortete ihm zunächst nicht. Als Jack das Schweigen schon selbst wieder brechen wollte, sah sie ihn von der Seite an.

»Ich war nicht ehrlich zu dir, was die Akte anbelangt.«

»Was du nicht sagst.« Jack schaute zu ihr. Wider seines Erwartens zog sie nicht die Mappe heraus, um ihm ihr Versäumnis zu zeigen, sondern verschränkte die Hände auf dem Schoß, Finger für Finger.

»Als unser Geburtsort war nicht Westingate vermerkt, sondern ein Ort namens Whitefir.«

Fassungslos starrte Jack sie an. »Und was tun wir dann hier? Sollten wir dann nicht lieber in unserem Geburtsort suchen?«

Lively schüttelt langsam den Kopf. »Ich war in einer Bücherei. Es gibt keine Ortschaft mit dem Namen Whitefir hier in der Nähe, wahrscheinlich in ganz England nicht. Der Archivar meinte zu mir, dass als Geburtsort auch ein Anwesen genannt werden kann, wenn die Kinder denn vor Ort zur Welt gekommen waren. Da unsere Unterlagen ja wohl auf Millas spärlichen Angaben beruhen, kam mir das relativ wahrscheinlich vor.«

»Aber hast du hier irgendetwas gesehen, das wie ein Anwesen aussieht? Der Ort ist doch relativ leicht zu überblicken.«

Nun umspielte ein kleines Lächeln Livelys Lippen, das sich weiter ausbreitete, bis sie ihre Zähne zu einem breiten Grinsen entblößte. »Der rechte Mann. Er kam mir gleich anders als die anderen vor. Gehobener.« Sie drehte sich zu Jack um und verengte die Augen. »Und wie der Zufall es will, wohnt er mit seiner Schwester in einem Anwesen namens Whitefir-Mansion. Es liegt im Wald.«

Jack schwieg. Hatte sie den Mann abgefangen, als sie draußen gewesen war? Oder hatte sie ihn nur belauscht? Er traute ihr beides zu.

»Dort müssen wir hin«, flüsterte sie und umfasste seinen Arm. »Dort sind wir geboren.«

Jack schaute hinab auf die Hand seiner Schwester, die feingliedrigen Finger. »Und wieso? Haben unsere Eltern dort gearbeitet?«

Sie zuckte mit den Schultern. »Ich habe keine Ahnung, Jacky. Aber es ist höchste Zeit, genau das herauszufinden.« Sie strich noch einmal über seinen Unterarm und erhob sich dann schwungvoll.

Jack verdrehte die Augen und stöhnte auf. »Jetzt?«

»Jetzt. Schließlich haben wir nur zwei Tage.«

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