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VI

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„Morgen.“

„Morgen meine Süße.“

„Wie kann man früh morgens nur schon so gut drauf sein!“

„Na ja, warum nicht. Sind ja nicht alle Leute so morgenmuffelig wie meine Tochter.“

„Erzähl schon, wie war eure Versammlung gestern.“

Kati Welldorf holt die Kaffeekanne auf den Tisch, zieht den Gürtel ihres Bademantels fester und setzt sich auf Ihren Platz neben dem Herd.

„Organisatorisch ist alles gut gelaufen. Und es waren sehr viele Kollegen gekommen.“

„Halt, warte noch mit dem erzählen, ich will mithören.“

„Oh, der Herr des Hauses ist auch schon auf.“

„Morgen mal erst meine beiden Mädels.“

Der 'Herr des Hauses' gibt seinen beiden 'Mädels' einen Kuss auf die Wange und setzt sich auf seinen Platz seiner Frau gegenüber.

„Darf ich jetzt weiter reden?“

Mit einer übertriebenen Handbewegung erteilt Dirk Welldorf seiner Frau das Wort.

„Du bist auch schon wieder so unanständig gut gelaunt.“

„Hört, hört unser Morgenmuffel.“

„Das hatten wir heute schon.“

Kati und Dirk lächeln sich über den Tisch hinweg an.

„Wo ist Kevin eigentlich?“

„Der muss heute erst zur dritten Stunde, lass ihn mal ausschlafen. Kann ich jetzt endlich weiter reden oder interessiert euch das in Wirklichkeit gar nicht.“

Kati erzählt wie lebhaft die gestrige Diskussion bei der Betriebsversammlung gelaufen ist. Und dass durch die problematische Situation die Belegschaft näher zusammengerückt ist. Nicht ohne Stolz auch davon, dass sie von einer Journalistin interviewt wurde.

„Und was hast du gesagt?“ fragen Vater und Tochter wie aus einem Munde.

„Was soll ich schon gesagt haben? Die Wahrheit natürlich. Dass die Geschäfte eigentlich gut gehen, trotz der Wirtschaftskrise, dass wir nicht einsehen können, dass unser Laden kurz vor der Pleite stehen soll.“

Sie wiederholt was in Kollegenkreisen schon länger die Runde macht, dass nämlich das Kaufhaus schlecht gemanagt wird. Dass sich, seit der neue Manager, erst vor einem halben Jahr eingestellt und mit vielen Vorschusslorbeeren bekränzt, die Situation weiter verschlechtert hat. Dass die meisten Angestellten des Hauses große Angst haben, ihre Arbeit doch noch zu verlieren.

„Einige Kollegen, besonders die mit Kindern, müssen doch jetzt schon aufstocken.“

„Was bitteschön ist aufstocken?“ fragt Jasmin während sie sich Kaffee nachgießt.

„Wenn du so wenig verdienst, dass du weniger hast als ein Hartz IV-Empfänger bekommt, kannst du zusätzlich zu deinem Lohn noch Grundsicherung für Berufstätige beim Jobcenter beantragen. Also nur soviel bis du auf den Hartz IV Satz kommst.“

„Ach das. Aber warum gehen die Leute denn dann überhaupt noch arbeiten? Dann könnten sie doch gleich Hartz IV nehmen und sich 'nen schönes Leben machen.“

„Jetzt hör aber mal auf“, mischt sich Vater Dirk ein, „was sind denn das für Reden. Wo hast du die denn her?“

„So Leute wie der Herr 'Sabberdon' behaupten doch aber genau das, dass sich nämlich die Hartz IV Empfänger ein schönes Leben auf Kosten der Allgemeinheit machen und zu faul sind zum arbeiten und zu dumm noch obendrein.“

„Ich weiß, aber solche abartigen Sprüche muss sich unsere Tochter nicht zu eigen machen“, Vater Dirks Ton wird schärfer.

„Gemach, gemach Papa, lass mal nicht den Gewerkschafter mit dir durchgehen.“

„Nicht streiten ihr zwei. Das ist ganz schön demütigend, zum Jobcenter gehen zu müssen und Hilfe beantragen zu müssen. Die empfangen einen da nicht gerade mit offenen Armen. Frag mal jemanden, der einen solchen Antrag gestellt hat, Jasmin. Bevor die einen Cent herausrücken, tun sie gerade so als sei es ihr privates Portemonnaie, aus dem sie das Geld nehmen müssen. Aber davon abgesehen, machen die meisten von uns ihren Job doch auch gern.“

„Und wie oft schimpfst du auf die Arbeit oder darauf, dass dir die Füße weh tun und wie oft stöhnst du, dass du lieber mehr Zeit für dich hättest? Und dann auch jetzt noch der Betriebsrat.“

Kati gibt das unumwunden zu, aber erklärt ihrer Tochter auch, dass ihr die Arbeit trotz alledem fast immer Spaß macht. Die Zusammenarbeit mit den Kollegen oder wenn freundliche Kunden sich für die Beratung bedanken.

„Ja, und auch der Betriebsrat.“

Die Anerkennung tue gut. Nur leider erlebe sie davon im beruflichen Alltag zu wenig.

„Ach du meine Güte, guckt nur mal auf die Uhr. Ihr müsst beide los.“

Kati reicht ihrem Mann die Thermoskanne und die Schnitten für die Arbeit.

„Nimmst du nichts mit Jasmin?“

Ein Apfel reiche ihr bis Mittag. Zum Mittagessen sei sie mit Franzi und Marcel bei Anton eingeladen, weil sie dann für die Abi-Deutschklausur lernen wollen. Antons Mutter sorge schon dafür, dass sie nicht hungern müssten. Kati schüttelt leicht den Kopf und Jasmin verzieht das Gesicht. Sie wollen jetzt beide keine Diskussion über ihre unterschiedlichen Ansichten zu ausreichenden Mahlzeiten. Katis ständige Sorge, dass die hübsche und ehrgeizige Tochter mehr an ihre schlanke Taille denkt als an gesunde Ernährung, nervt die 18-Jährige. Andererseits ist Kati stolz auf ihre Große. Die klaren grauen Augen hat sie vom Vater geerbt, das dunkelblonde Haar mit dem leichten Goldton, das die Tochter im Gegensatz zu ihr lang trägt, kommt von ihr. Und sie wird das Abitur ohne Probleme schaffen und sich hoffentlich ihren Traum von einem gut bezahlten Job als Informatikerin erfüllen können. Die Chance studieren zu können, war Kati selbst nicht vergönnt gewesen. In dem Ort, in dem sie aufgewachsen war, gab es nur eine Schule und niemand wäre auf die Idee gekommen, sein Kind in die nächste Stadt zum Gymnasium zu schicken.

„Du holst mich heute Abend von der Arbeit ab, ja?“ wendet sich Kati an ihren Mann.

In diesen Tagen

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