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Kisangani; Demokratische Republik Kongo

Louis Mbwôl Mpasi wischte sich zum wiederholten Mal an diesem Tag den Schweiß von der Stirn. Er war nicht der Typ, der schnell krank wurde. Der Kongolese war mit einem Meter neunzig eine stattliche Erscheinung, ein Umstand, der ihm bei seinem Job als Wachmann der African Guards nicht selten zum Vorteil gereichte. Heute wirkte der Hüne wie ein Häufchen Elend. Er fühlte sich wie nach einer heftigen Schlägerei. Der ganze Körper schmerzte und jede Bewegung bereitete ihm unglaubliche Qualen. Dabei musste er eigentlich zum Dienst. Doch er schaffte es kaum, sich die schwarze Uniformbluse mit dem Löwen auf dem Ärmel überzustreifen. Mühsam arbeitete er sich vom Bett hoch und stand schwankend in dem kleinen Zimmer, das er sich mit einem Kollegen teilte.

Zum Glück musste seine Familie ihn nicht so sehen. Eltern und Geschwister lebten in einem Dorf, mehrere Autostunden von Kisangani entfernt. Er arbeitete seit fünf Jahren hier in der Stadt für den ursprünglich in Kenia ansässigen Sicherheitsdienst und war jeden Tag erneut dankbar dafür. Anders als in vielen dubiosen Unternehmen dieser Branche herrschte hier keine Korruption und es wurde niemand eingestellt, der eine kriminelle Vergangenheit hatte oder vorher in einer der vielen privaten Milizen diverser Warlords tätig gewesen war. Die African Guards waren militärisch strukturiert und rekrutierten bevorzugt ehemalige Soldaten und Polizisten. Das Auswahlverfahren war streng, nur wenige Bewerber bekamen am Ende die schwarze Uniform überreicht. Und anders als bei den allermeisten Wachdiensten, wo die Angestellten für eine lächerliche Bezahlung auf einem weißen Kunststoffstuhl vor einer Tür saßen, fuhren die neueingestellten Guards zunächst einmal für vier Wochen in ein Ausbildungscamp. Dort wurden sie von ehemaligen Offizieren des Militärs und anderen Spezialisten so gründlich geschult, wie es in der kurzen Zeit möglich war. Sie erhielten Unterricht in Waffenkunde, Nahkampf und allem, was man als Wachmann können musste, aber auch Recht oder Sozialkunde standen auf dem Stundenplan. Am Ende der Ausbildung bekamen die Rekruten von General Awenu, dem Boss der Guards, ihre Schulterstücken und das Abzeichen überreicht, dass er seitdem mit Stolz an seinem Hemdkragen trug. Im Frühjahr hatte er sogar den Zulassungstest für eine Spezialausbildung bestanden und reiste mit dem Ziel nach Nairobi, ein Mitglied der Sondereinheit „Black Lions“ zu werden. Die ersten Wochen verliefen, auch wenn es körperlich ungeheuer anstrengend war, ziemlich erfolgreich. Doch dann verletzte er sich bei einem Fallschirmsprung so heftig am Knie, dass er schweren Herzens die Ausbildung abbrechen und nach Kisangani zurückkehren musste.

Mpasi hatte inzwischen den Rang eines Sergeants und führte ein Team von fünf Wachleuten.Er und seine Männer bewachten einen Gebäudekomplex, in dem eine Pharmafirma ein Labor betrieb. Der Dienst war relativ angenehm, wenn man davon absah, dass auf dem Gelände seit einigen Wochen immer wieder Käfige mit Affen angeliefert wurden, die rund um die Uhr einen Höllenlärm veranstalteten. Die Tiere wurden in einem eigens dafür neu errichteten Gebäude gehalten, in dem sie offenbar nach einiger Zeit auch getötet und verbrannt wurden. Jedenfalls hatten Mpasi und seine Männer noch nicht herausbekommen, wo die vielen Tiere abgeblieben waren, die jeden dritten eines Monats durch das Tor gefahren wurden. Allerdings war ihm vor etwa zwei Wochen eines dieser Viecher bei einem Kontrollgang durch die nicht gesperrten Teile des Labors über den Weg gelaufen. Es hatte ihn einige Mühe gekostet, den Ausreißer einzufangen. Das verängstigte Tier hatte gekratzt und gebissen und Mpasi hatte einige Mühe, einen Wissenschaftler zu finden, dem er es schließlich übergeben konnte. Vor allem eine Wunde an der Hand hatte ihn zwei Wochen lang behindert, aber Louis Mpasi war nicht empfindlich. So klebte er sich jeden Tag ein neues Pflaster auf die Stelle, in die die messerscharfen Zähne in die Haut eingedrungen waren und versah weiter seinen Dienst.

Ein Hustenanfall schüttelte ihn gerade in dem Augenblick, als eine junge Ärztin an ihm vorbeiging. Sie blieb stehen und schaute zu ihm auf.

„Haben Sie das schon lange?“

Mpasi blickte sie verständnislos an.

„Was meinen Sie?“

„Den Husten. Wie lange geht das schon so?“

Der Wachmann hob die Schultern.

„Ein paar Tage. Ist aber nicht schlimm. Ich nehme Tabletten und trinke Tee. Dann geht es.“

Die junge Frau schüttelte den Kopf.

„Nein, das reicht nicht. Kommen Sie mit!“

Mpasi deutete auf die Tür.

„Aber ich kann jetzt nicht…“

„Lassen Sie sich von einem Ihrer Leute ablösen und folgen Sie mir. Das ist kein Spaß und auch keine Bitte von mir, sondern eine dringende Aufforderung.“

Der baumlange Afrikaner hob die Hände.

„Einen Moment!“

Er stiefelte schwerfällig vor die Tür und besprach sich kurz mit seinem Kollegen. Die junge Frau wartete ungeduldig, bis er zurückkehrte.

„Es ist wirklich nicht schlimm. Nur ein wenig Husten. Deshalb müssen Sie sich keine Umstände machen. Es gibt doch bestimmt auch so genug zu tun.“

Sie blickte wieder streng zu ihm auf. Auf dem Weg zu seinem Gesicht streifte ihr Blick das Namensschild auf seiner Brust.

„Sie müssen unbedingt untersucht werden. Sehen Sie, Louis,“ sie sprach ihn das erste Mal mit seinem Vornamen an, „wir forschen hier an einem Impfstoff gegen eine neuartige Krankheit. Und die beginnt mit genau solchen Symptomen, wie Sie sie gerade haben. Husten und Fieber. Möglicherweise haben Sie sich irgendwo hier im Gebäude angesteckt.“

Mpasi blieb stehen.

„Die Affen!“

„Was ist mit den Affen?“

„Ich habe vor ein paar Tagen einen eingefangen, der abhauen wollte. Dabei wurde ich gekratzt und gebissen.“

Die Ärztin bekam große Augen.

„Und das haben Sie niemandem gemeldet?“

Er schüttelte den Kopf.

„Ich habe ihn eingefangen und einem Ihrer Kollegen übergeben. Der hat ihn dann wieder eingesperrt.“

Sie packte ihn am Arm.

„Dann haben wir jetzt ein richtiges Problem. Kommen Sie schnell!“

Der Brookman-Plan

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