Читать книгу Der Brookman-Plan - Leo M. Friedrich - Страница 14
ОглавлениеPekan; Malaysia
Mazen Fayad sah nicht so aus, wie sich die meisten Menschen einen islamistischen Kämpfer vorstellen. Sein Kopf war beinahe kahl geschoren, der schwarze Bart modisch gestutzt und die Augen versteckte er hinter einer großen Sonnenbrille. So ähnelte er mehr einem neureichen Jüngling aus den Golfstaaten der, ohne selbst arbeiten zu müssen, die Ölmillionen seines Vaters verprasste. Und dies war auch die Legende, unter der er in dem Luxushotel im malaysischen Regenwald eingecheckt hatte. Niemand ahnte, dass es sich bei dem immer höflich auftretenden zweiunddreißigjährigen um den Kommandeur einer der grausamsten Einheiten des angeblich besiegten islamischen Staates handelte.
Mit seiner knapp einhundert Mann starken Truppe zog er kreuz und quer durch die vom IS eroberten Gebiete in Syrien und dem Irak. Seine Männer löschten ohne Gnade die Bevölkerung ganzer Dörfer aus, die nach ihrer Ansicht nicht fest genug im Glauben waren oder sich einfach weigerten, ihre Steuern an die neuen Herrscher in Rakka zu entrichten. Weiterhin machten sie Jagd auf versprengte kurdische, syrische oder irakische Einheiten, die einmal gestellt, bis auf den letzten Mann vernichtet wurden. Besonders grausam wütete die kleine Truppe beim Überfall auf einen jesidischen Flüchtlingstreck. Die Männer wurden aussortiert und an Ort und Stelle am Straßenrand erschossen, die Frauen verschleppte man in die nächste Stadt und verkaufte sie als Sklavinnen, nachdem man die jüngeren von ihnen rücksichtslos vergewaltigt hatte. Auch sonst sorgte Mazen Fayad dafür, dass seine Männer bei Laune blieben. Sie wurden gut bezahlt, durften regelmäßig ihre Familien sehen, und bekamen einen Anteil an der Beute, die sie auf ihren Raubzügen regelmäßig machten.
In Schwierigkeiten kam Fayads Einheit erst nach zwei Jahren, als sich ein russisches Speznas-Kommando an ihre Fersen heftete. Putins Krieger bewiesen schnell, dass sie härter und besser ausgebildet waren als die zusammengewürfelte Islamistentruppe. Bereits beim ersten Aufeinandertreffen verlor Fayad fünfzehn Männer. Der Rest konnte sich mit einem Konvoi von Toyota Pick-ups in panischer Flucht nach Nordsyrien retten. Doch auf dem Weg dorthin wurden sie hartnäckig von russischen Kampfjets und zwei Hubschraubern attackiert, was wieder mehrere islamistische Kämpfer das Leben kostete. Fayad beschloss, sich mit dem Rest seiner Truppe in die Türkei durchzuschlagen. Doch wenige Kilometer vor der Grenze gerieten sie in den Hinterhalt eines kurdischen Bataillons in der Nähe des kleinen Dorfes Nabi Sadi. Die Kurden griffen die geschwächte Truppe mit unglaublicher Entschlossenheit an und drängten die Islamisten in einer Schlucht gegen eine Felswand, die niemand ohne entsprechende Ausrüstung erklimmen konnte. Die überlebenden fünfzig Männer hoben die Hände und ergaben sich. Lediglich Mazen Fayad, dem klar war, welches Schicksal ihm blühte, wenn man herausfand, wer er war, gelang es, sich noch vor Ende des Gefechtes im Stall eines Bauerngehöftes zu verkriechen und dort abzuwarten. Erst in der Nacht wagte er sich wieder hervor, tötete mit einem Messer die Familie des Bauern und machte sich mit deren Auto auf den Weg in die nahe Türkei. In der Dunkelheit gelang es ihm ohne Probleme, die nur schwach gesicherte Grenze zu passieren. Gleich nach seinem Übertritt zückte er ein Satellitentelefon und rief die einzige Nummer im westlichen Ausland an, die er in das Gerät eingespeichert hatte. Zwölf Stunden später stieg er auf dem Luftwaffenstützpunkt Diyarbakir in einen Privatjet ohne Hoheitskennzeichen, der nach dem Start sofort in Richtung Osten abdrehte und am dunklen Nachthimmel verschwand.
Obwohl auch Malaysia ein islamisch geprägtes Land war, nahm es Mazen Fayad mit den Regeln hier nicht so genau. Er bestellte sich an der Bar einen Cocktail und steuerte dann einen Liegestuhl am Pool an, um den Anblick einiger Australierinnen zu genießen die, nur mit knappen Bikinis bekleidet, im Wasser planschten.
„Verbietet der Koran nicht den Genuss von Alkohol?“
Ein drahtiger Weißer mit einer Dose Pepsi in der Hand ließ sich auf den freien Platz neben ihm fallen. Fayad zuckte einen Moment zusammen und wagte dann einen Blick hinüber.
„Tom Burlington! Ich dachte, Sie wären im Ruhestand. Machen Sie hier Urlaub oder ist dieses Zusammentreffen gar nicht so zufällig?“
„Mazen, mein Freund, ich bin tatsächlich im Ruhestand. Aber ich bin der einzige Mensch auf der Welt, der weiß, wo man Sie erreicht. Deshalb bin ich, sozusagen ehrenamtlich, hierher gereist.“
„Um mich zu treffen?“
Burlington gönnte sich einen Schluck Cola, bevor er antwortete.
„Genau. Um Ihren Urlaub zu beenden und Ihnen ein geschäftliches Angebot zu machen.“
„Das muss schon gut sein. Ich lebe ganz angenehm von dem, was Onkel Sam mir bezahlt.“ Tom Burlington setzte langsam die Coladose auf den Boden.
„Onkel Sam möchte aber nun eine kleine Gegenleistung dafür, dass er Ihren Arsch gerettet hat und Sie seit einem halben Jahr hier auf seine Kosten ein Luxusleben führen.“
„Okay. Und die bestände worin?“
„Schon besser, Mazen. Sie sollen in Europa ein wenig für Unruhe sorgen. Nichts Großes, ein Anschlag hier, ein paar Tote da. Nur, um den Laden mal ein wenig aufzumischen.“
„Moment mal Burlington! Das verlangt die CIA von mir?“
Der Amerikaner lachte.
„Um Gottes willen! Nicht die Agency. Sie wissen doch, ich bin im Ruhestand. Es gibt da so eine Art… nennen wir es mal eine private Initiative. Deswegen wird der Job auch wesentlich besser bezahlt als ein Regierungsauftrag. Und sie bekommen eine erstklassige Ausrüstung.“
„Vor allem brauche ich dafür ein paar entschlossene Männer.“
„Keine Sorge, Mazen. Auch darum kümmern wir uns. Momentan sitzt der Rest Ihres Teams in einem kurdischen Knast irgendwo in Nordsyrien. Früher war das eine Kaserne, die Kurden haben dann einfach ein paar Rollen Stacheldraht darum gezogen und schon war das Camp fertig.“
„Und meine Leute können dort ohne Probleme ausbrechen?“
„Aktuell natürlich nicht. Sie werden ziemlich scharf bewacht und nach allem, was Ihre Truppe angestellt hat, können Sie sich vorstellen, dass den Wachen der Finger ziemlich lose am Abzug sitzt. Aber ich verrate Ihnen was. In ein paar Tagen wird sich die Lage dort radikal ändern. Die Türken planen einen Einmarsch in die kurdischen Gebiete. Das heißt, der Krieg geht wieder richtig los. Und unsere kurdischen Freunde haben dann ganz andere Sorgen, als irgendwelche Islamisten zu bewachen. Dann rücken da ein paar gute Leute an, die nicht viele Fragen stellen. Die holen Ihre Männer raus und bringen Sie in Sicherheit. Sie kriegen zwanzig von Ihren Leuten für den Job. Machen Sie mir eine Liste. Vorzugsweise Männer mit speziellen Fähigkeiten, also Sprengstoffexperten, Scharfschützen und so weiter.“
„Was passiert mit den anderen?“
„Die kriegen einen Batzen Geld in die Hand gedrückt und müssen sehen, wo sie bleiben.“
„Okay. Und wie geht es weiter?“
„Wir haben einen Stützpunkt für Sie vorbereitet. Ein verlassener russischer Militärstützpunkt im Südosten von Polen. Ein völlig abgelegenes Gebiet irgendwo in den Bergen. Hat aber den Vorteil, dass Sie bereits in Europa sind und nicht mehr an den Grenzen kontrolliert werden. Ihre Männer können sich also völlig frei bewegen.“
„Klingt gut. Und was ist finanziell für uns drin?“
„Sie kriegen nach Abschluss der Mission zwei Millionen Dollar, Ihre Leute jeder eine halbe. Zuzüglich freier Kost, Logis und Spesen.“
„Ist nicht viel für so einen riskanten Job.“
„Die Alternative wäre, dass Ihre Jungs dort in Syrien verrotten und Sie selbst immer von Onkel Sams Wohlwollen abhängig sind. Und der kann sehr schnell umschlagen, wie Sie sich denken können.“