Читать книгу eXtRaVaGant * Mond oder Sonne - Leona Efuna - Страница 17
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Infinity
Ich lehne meine Stirn gegen die kühle Scheibe. Draußen ist es dunkel, die Straßenlaternen leuchten matt. Für einen kurzen Moment schließe ich meine Augen.
»Wie lange noch?«, quengelt Damian irgendwann und trommelt mit den Händen auf seinen Oberschenkeln.
»Noch eine Stunde«, sagt Jules und biegt ab. »Okay, Spaß. Wir sind da.«
♫
Seit geschlagenen zehn Minuten stehe ich jetzt schon neben Damian und Jules an der Bar und versuche mich nicht von irgendwelchen Menschen zerquetschen zu lassen.
»Gehen wir?«, fragt Curtis mich.
»Wohin?« Ich sehe ihn verwirrt an und Curtis lacht leise.
»Nach oben auf den Balkon.«
Als ich, benebelt von Curtis’ Zimtgeruch, neben ihm durch die Menge ins Obergeschoss laufe, befürchte ich fast, gleich die zynischen Schreie meiner inneren Stimme zu hören zu bekommen.
Aber nichts dergleichen passiert und mir fällt wieder ein, dass ja anscheinend nur Curtis’ bloße Erscheinung notwendig ist, um die Geister meines Unterbewusstseins zu vertreiben.
Ich fröstle leicht, als ich mich hinter ihm in die kalte Nachtluft begebe.
Wir schweigen und schauen in den schwarzen Himmel, in dem ein paar Punkte leuchten.
»Schon komisch, wenn man weiß, dass in ein paar Tagen nichts mehr so sein wird, wie es einmal war. Entweder wir fallen oder wir fliegen«, meint Curtis leise und dreht sich mit dem Rücken zum Geländer.
»Sie werden dich verehren«, murmle ich.
»Meinst du?«, fragt er und sieht mir in die Augen.
»Ja.«
Curtis lacht und streicht sich die Haare aus dem Gesicht.
»Wann spielt ihr?«
»In fünfunddreißig Minuten.«
Ich weiß aus einem Gespräch von heute Mittag, dass sie eine halbe Stunde vor einem Auftritt alle vier zusammen in einen geschlossenen Raum gehen, um zusammen aufgeregt zu sein, das ist eine Art Tradition.
»Noch fünf Minuten, bis du runter musst«, meine ich und er nickt so langsam, dass ich mir denke, es mir nur eingebildet zu haben.
»Damian hat erzählt, dass Marie vor zwei Jahren mit euch hierher gezogen ist.« Ich hoffe, er versteht den Wink. Als Damian mir von eXtRaVaGant erzählte, bohrte sich dieser Satz ganz besonders in mein Gedächtnis.
Curtis dreht sich zu mir. »Falls du über meine Eltern reden willst, ich hab keine.«
♫
Noch zwei Minuten bis zum Auftritt. Curtis beißt sich nervös auf der Unterlippe herum und Damian sieht immer wieder besorgt zur Tür.
Noch eine Minute bis zum Auftritt. Wir stehen auf und laufen hinter die Bühne. Plötzlich bleibt Curtis stehen. Er stellt sich direkt vor mich, hebt langsam seine Arme und zieht mir dann vorsichtig den Haarreif vom Kopf, um ihn sich selbst aufzusetzen.
Dann zwinkert er mir zu und läuft lachend auf die Bühne.
Perplex sehe ich ihm hinterher und fange ebenfalls an zu grinsen.
Damian und Sascha hängen sich ihre Instrumente um und Curtis schraubt den Mikrofonhalter hoch. Obwohl ich hinter der Bühne stehe, sehe ich, dass seine Hände zittern.
Das Licht geht aus, dann Scheinwerfer auf die vier Jungs. Kreischende Mädchenstimmen. Ich lächle, als Damian und Sascha zum Intro einsetzen. Dann startet Jules. Leidenschaftlich schlägt er in die Drums, dann aufs Becken. Eine bekannte, mitreißende Melodie entsteht.
Das Publikum bebt.
Curtis kommt auf die Bühne. Er dreht sich um und zwinkert mir zu. Sein Einsatz. Ich bekomme Gänsehaut. Seine Stimme geht mir durch und durch. Ich höre mit klopfendem Herzen zu.
eXtRaVaGant – Infinity
Erste Strophe
What I learned at the age of ten:
press your hand against your mouth,
and nobody will hear you cry again.
Now I’m older,
things have gotten colder.
You know, darling,
it’s always a hard evening.
Chorus
Smothering
in the thoughts of you.
The memories will guide me through.
The lines, they are my therapy,
seen the past in my dreams.
My screams will be lost in infinity.
I’d be satisfied there, too.
Zweite Strophe
What I want is never what I get.
People are toxic monsters
that I will never understand.
Now I’m older,
things have gotten colder.
You know, darling,
it’s always a hard evening.
Chorus
Smothering
in the thoughts of you.
The memories will guide me through.
The lines, they are my therapy,
seen the past in my dreams.
My screams will be lost in infinity.
I’d be satisfied there, too.
Bridge
Please don’t
leave me alone,
infinity will
take my soul.
Please don’t leave
the house tonight.
Chorus
Smothering
in the thoughts of you.
The memories will guide me through.
The lines, they are my therapy,
seen the past in my dreams.
My screams will be lost in infinity.
I’d be satisfied there, too.
Outro
Please don’t
leave me alone,
infinity will
take my soul.
Please don’t leave
the house tonight.
Please don’t leave me alone.
Curtis strahlt: Sein Wesen nimmt anscheinend nicht nur mich ein, sondern jeden in dieser Halle. Sie alle starren ihn an. Und wenn nicht ihn, dann die anderen drei. Damian wird quasi mit Blicken ausgezogen. Curtis geht auf der Bühne voll ab und wenn er einen neuen Song und dessen Geschichte ankündigt, ist es totenstill. Jeder will seine Stimme hören. Ein paar Menschen versuchen die Bühne zu stürmen. Die Jungs gehen cool damit um. Max stellt sich hinter mich, neben ihm zwei Securitys.
Ich weiß, dass heute etwas anders ist, und das, ohne ihre früheren Auftritte zu kennen.
Nach den drei Songs lassen die Menschen sie nicht gehen.
»Zugabe« wird geschrien, gerufen, gebrüllt. Aus drei Songs werden fünf. Curtis macht noch Promo für ihr Album, dann verschwinden die Jungs von der Bühne. Die Menge wird unruhig. Ich sehe für einen Moment zu Max, der gehetzt hin und her läuft. Im nächsten Moment ist das Geschrei riesig. Viele Menschen stürmen auf die Bühne und rennen geradewegs auf Curtis und Damian zu, bevor die Securityleute sie aufhalten können.
Die Jungs gelangen irgendwie hinter die Bühne, anschließend werden wir an der Menge vorbei aus der Halle gebracht.
Ich laufe neben Jules, Curtis und Damian sind ganz vorne. Die Jungs bekommen zahlreiche Autogrammanfragen.
Als wir die Halle verlassen, kommt ein großes Auto vor uns zum Stehen, wir steigen eilig ein. Der Fahrer bahnt sich einen Weg durch die Menschenmasse. Um uns herum blitzen die Handykameras.
»Das war krass!«, findet Damian als Erster seine Stimme wieder, sein deutscher Akzent ist stärker als sonst.
»Die eine wollte, dass ich auf ihrem BH unterschreibe«, lacht Sascha und wir stimmen alle mit ein. Max sitzt neben uns, telefoniert durchgängig, es geht um Interviewanfragen fürs Fernsehen und Zeitungen. Es ist kurz nach zehn, als wir am Studio aussteigen.
Max kündigt an, dass die Jungs jetzt gleich ein Interview für die New York Times führen werden. Curtis’ Augen funkeln.
♫
Das Haus ist still. Alles ist still. Ich krame die Schreibmaschine hervor und krabble in mein Bett.
Meine Finger gleiten schwerelos über die Tasten, als ich Robyn berichte, was in den letzten Stunden passiert ist.
Brooklyn, New York
04. Januar
Robyn,
als ich Jules Freeman, den Drummer von eXtRaVaGant, gestern zum ersten Mal gesehen habe, sind mir als Erstes seine Cornrows aufgefallen. Seine Haare haben genau den gleichen Blauton wie deine.
Vor meinem inneren Auge laufen Flashbacks von dir ab, wie du dich mit deinen blauen Haaren im Schnee gedreht und laut gelacht hast.
Ich saß in einem Zimmer mit einem Aquarium, in dem orangefarbene Fische herumschwammen. Auf dem Glas war dieser schnörkelige Schriftzug der New York Times. Irgendwann habe ich meinen Stuhl genommen und ihn direkt vor das Glas geschoben, damit ich hineinschauen konnte.
Die Tür zum Nebenraum, durch die Damian, Curtis, Sascha und Jules mit diesen Zeitungsleuten anderthalb Stunden zuvor verschwunden waren, wurde wieder geöffnet. Curtis hat dann erzählt, dass Infinity seit ihrem Auftritt als Vorband auf Platz acht in den Online-Charts ist.
Das hat sich richtig in den sozialen Medien verbreitet, Robyn.
Damian hat sich dann, immer noch völlig überwältigt und fassungslos, auf den Boden gesetzt und von dort aus das Aquarium mit den Fischen angestarrt.
Ich freue mich so unglaublich für die Jungs.
Das ist ihr Traum und sie werden ihn leben.
Eigentlich will ich dir noch so unendlich viel mehr erzählen. Aber es ist 01:44 Uhr und ich kann meine Augen nicht länger offen halten.
Goodbye
Paige