Читать книгу eXtRaVaGant * Mond oder Sonne - Leona Efuna - Страница 18

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[06]

Telefongespräch

»Sing mal was von Britney Spears, Curtis. I’m Not a Girl, Not Yet a Woman!« Ein kehliges Lachen ertönt.

»Was träumst du nachts, du Idiot?« Jetzt ertönen zwei Lachen.

»Paige schläft noch!« Das ist die Stimme von Marie.

»Echt?!« Meine Tür wird aufgerissen und ich hebe verschlafen meinen Kopf.

»Jetzt ist sie wach«, sagt Damian und lässt meine Tür wieder zufallen.

Ich sinke zurück in mein Kissen. Curtis hat heute Nacht bei Damian geschlafen, wahrscheinlich arbeiten sie an einer neuen Songidee.

Schritte vor meinem Zimmer, die Tür geht auf, Schritte auf dem Teppich, der Schalter meiner Nachttischlampe. Marie setzt sich auf mein Bett. Sie ist ein bisschen kleiner als Damian, hat aber auch eine schmale Figur und die gleichen ehrlichen Augen. »Guten Morgen, Paige. Ich dachte, wir könnten ein bisschen miteinander quatschen.« Sie lächelt mich an.

Ich nicke, streiche mir die Haare hinters Ohr und setze mich auf.

»Ich hoffe, dir hat der ganze Trubel gestern nichts ausgemacht.« Marie sieht mich entschuldigend an, woraufhin ich schnell den Kopf schüttle.

»Nein, nein, im Gegenteil. Ich fand es unglaublich toll.« Ich kann mein Grinsen nicht verbergen, als ich daran denke, wie die Menge den Chorus mitgeschrien hat und Damian, Sascha und Curtis auf der Bühne herumgehüpft sind.

»Du magst ihre Musik?«, fragt sie neugierig und mein Grinsen verrutscht ein wenig. »Ja, schon«, sage ich neutral und versuche gleichzeitig, die lauten Gedanken in meinem Kopf mit meiner Stimme zu über­tönen.

»Julien hat erzählt, dass du wunderbar Klavier spielen kannst. Wir haben im Keller einen Flügel stehen, wenn du magst, können wir runtergehen.« In meinem Kopf beginnen die Alarmglocken zu läuten.

»Ich hab aufgehört«, antworte ich und gebe mir mental eine Backpfeife.

»Ach so.« Marie zupft verlegen an ihrer Momjeans herum und prompt habe ich ein schlechtes Gewissen.

Sie gibt sich so viel Mühe und du machst alles kaputt.

Nach ein paar Sekunden, in denen ich die Stimme in meinem Kopf zum Verstummen gebracht habe, stehe ich schließlich auf und laufe quer durch das neonlilafarbene Zimmer zu meinem Kleiderschrank. Wenn ich mich auf Zehenspitzen stelle, komme ich an das oberste Fach mit dem Karton ran, den Robyn damals in der kleinen Luke in meinem Boston-Zimmer verstaut hat.

Der Karton ist ziemlich schwer, weshalb ich ihn direkt neben dem Schrank auf den Boden stellen muss.

Mein Herz klopft unglaublich schnell, als ich das Klebeband von der braunen Pappe entferne.

In diesem Karton könnte ich mich blind zurechtfinden. Ganz unten liegen die Songtexte, Geheimbotschaften aus dem Unterricht und Kritzeleien. Rechts und links haben Robyn und ich unzählige Fotos reingesteckt, manche davon in Bilderrahmen, andere als Polaroids. Ganz oben liegen einige DVDs, auf denen sich Videodateien von unseren Auftritten, Partys und Sequenzen, in denen wir uns gegenseitig gefilmt haben, befinden.

Ich nehme meine Lieblings-DVD heraus und starre die Worte in Robyns Handschrift darauf an.

15. sommer in boston

Sie hat schon immer alles in Kleinbuchstaben geschrieben und damit alle unsere Lehrer zur Weißglut getrieben. Sie findet die hübscher als Großbuchstaben und möchte alle ihre Worte und Buchstaben auf einer Ebene haben.

Und sie wollte schon immer alles etwas anders machen als alle anderen.

Wer hätte gedacht, dass das euer letzter Sommer sein würde?

Ich versuche mit aller Macht, mein Unterbewusstsein zum Schweigen zu bringen, damit ich nicht vor Marie anfange zu heulen.

»Ich … hier, kannst du dir anschauen.« Meine Unterlippe beginnt zu zittern, als ich Marie die silbern spiegelnde DVD hinhalte.

»Danke.« Maries hellgrüne Augen strahlen mich an, als sie die Worte mit schwarzem Edding gelesen hat.

»Paige? Dein Handypasswort!« Curtis hämmert gegen die verriegelte Badtür.

Ich lasse vor Schreck meine Bürste ins Waschbecken fallen.

»Moment, Moment. Bist du an meinem Handy!?«

»Nee, ich tu nur so.«

Ich sehe sein Augenverdrehen bildlich vor mir, als ich hastig meine Haare zu Ende kämme, den Haarreif aufsetze und mich fertig anziehe, bevor ich eilig den Schlüssel im Schloss einmal herumdrehe, um die Tür aufzubekommen.

»Curtis?!«, rufe ich.

»Rescht«, nuschelt Damian, deutet von mir aus gesehen nach links und putzt sich weiterhin seelenruhig die Zähne.

Ich laufe zu Damians Zimmer und hämmere gegen die verschlossene Tür vor mir. »Curtis?!«

Keine Antwort. Ich seufze.

»Was?«, kommt es nach ein paar Sekunden zurück.

Die Tür wird mit Schwung aufgerissen und ich kippe nach vorne. Curtis geht mit Blick auf mein Handy einen Schritt zur Seite und ich falle mit den Armen rudernd auf den Boden.

Der Typ mit den schwarzen Haaren dreht sich zu mir um und sieht mich verwirrt an. Nachdem er sich wieder umdreht, ohne mich zu fragen, ob irgendwas passiert ist, verdrehe ich meine Augen.

Ich stehe auf und stelle mich vor Curtis. Als ich nach meinem Handy greifen will, zieht er es schnell genug weg und hält es mit gerunzelter Stirn nach oben, dass ich es nicht zu fassen bekomme.

Ich funkle ihn böse an. Er macht ein paar schnelle Schritte nach links und quetscht sich dann neben mir durch die Tür. Langsam und vorsichtig setzt er einen Fuß hinter den anderen, um noch mehr Abstand zwischen uns zu bringen, und rennt dann in den Flur.

»Bleib SOFORT stehen!«, kreische ich.

Daraufhin wedelt er nur mit meinem Handy in der Luft herum und ich sehe ihn genervt an.

Aus Damians Zimmer tönt Rapmusik. Er sitzt breitbeinig auf seinem Bett und mustert Curtis und mich belustigt, während er im Takt zur Musik wippt.

»Warum sollte ich, Schneewittchen?«, ruft Curtis zurück und läuft ins Wohnzimmer. Curtis rennt übers Sofa und dann wieder aus dem Wohnzimmer raus. Im Flur brauche ich eine kurze Verschnaufpause und lehne mich an die Wand.

»… hab ihn gestern gesehen, Bristol. Hier in Brooklyn.« Als ich Maries Stimme aus der Küche höre, stelle ich mich hinter die angelehnte Tür. Mein Blick liegt auf Curtis, der gerade die Treppe nach oben in Damians Zimmer rennt und die Tür hinter sich zuwirft.

»… er will, dass ich dafür sorge, dass Curtis aus der Öffentlichkeit rausgehalten wird.«

Ich luge vorsichtig durch den Türspalt. Marie läuft mit dem Handy am Ohr in der Küche auf und ab. Ihr Gesicht ist leichenblass. »Und er will die Behörden aus dem ganzen Zeug raushalten. Du weißt ja, was in der Vergangenheit alles passiert ist.«

Ich stelle mich noch näher an die Tür und versuche, keine Geräusche zu machen. Mein Herz klopft unglaublich schnell.

Als ich Damians näherkommende Schritte höre, bringe ich schnell etwas Abstand zwischen mich und die Tür.

Damian läuft mit seinem Lautsprecher die Treppe runter. Marie kommt aus der Küche, steckt ihr Handy in die Hosentasche und ich sehe ihr an, dass sie geweint hat. Da sie sich an einem Lächeln probiert und verstohlen mit dem Handrücken über ihre Wangen fährt, denke ich, es ist ihr lieber, wenn ich sie nicht darauf anspreche.

Langsam bin ich mir nicht mehr so sicher, ob es eine gute Idee war, ihr die DVD zu geben, da sie offensichtlich genug eigene Probleme hat.

50 Cent tönt aus Damians Lautsprecher, ich glaube, der Song heißt I’m The Man. Ich husche in die Küche und schnappe mir einen Apfel vom Obstteller.

Curtis kommt hinter mir in den Raum und rümpft die Nase. »Auf Äpfel reagiere ich allergisch.« Ich ziehe eine Augenbraue hoch und beiße dann demonstrativ in den Apfel, nur um mich dann extralaut schmatzend auf einen Küchenstuhl fallen zu lassen.

Mir ist klar, dass Curtis keine Allergie gegen Äpfel hat, genau so wenig wie eine gegen Kerne in Melonen.

»Da steht irgendwas von fünf Minuten gesperrt.« Curtis legt mir mein Handy auf den Tisch und grinst dümmlich.

»Was läuft bei dir eigentlich falsch?« Ich schnappe mir schnell mein Handy und lege es auf die Theke.

»Alles. Und bei dir?« Curtis grinst und verlässt den Raum.

eXtRaVaGant * Mond oder Sonne

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