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E 1. Ego

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Ego oder Ich werden hier synonym und für die Bezeichnung der separaten und individuellen menschlichen Identität verwendet. Diese hat ihren Ursprung in der Identifikation mit dem Denken, oder präziser dem ununterbrochenen Gedankenfluss, den Assoziationen, Wertungen und Erinnerungen, welche unaufhörlich den Geist – oder Mind – beschäftigen.

Diese Vorstellung ist wohl ein vorrangig männlich geprägtes Bild, denn Léonard – und sicherlich nicht nur er allein – erfährt Frauen als überwiegend gefühlsgeprägt, sodass er bei ihnen eher vom stetigen Gefühlsstrom als dem Ursprung des Egos ausgeht.

Ego ist beispielsweise das, was den Widerstand der oder des Lesenden gegen das soeben Gelesene auslöst. Ego kann nicht akzeptieren, Ego ist die andere Meinung, Ego ist das »I am what I am« der PR- und Medienagenturen, Ego ist das Image, das man von sich vorzeigen möchte, Ego ist immer um Einzigartigkeit, um Größe und um Ansehen bemüht. Ego siegt, Ego verliert. Nur Ego kann Fehler machen.

Das Erkennen des Egos und die absolute Notwendigkeit seiner Auflösung sind in vielen neoreligiösen Bewegungen das zentrale Anliegen. Psychologisch wird dieser Prozess häufig als Übergang vom Ego zum Selbst beschrieben, ohne allerdings einen Hinweis auf die dazu unabdingbare Transzendierung des rationalen Bewusstseins zu geben. Obwohl das Wesen des Egos dem Verstand durchaus zugänglich ist, kann das Verstehen keine Hilfe dabei sein, da der Verstand ja selbst Teil des Egos ist. Noch weniger kann der Verstand das Selbst erfassen, weil dieses Selbst nur jenseits des menschlichen Verstandes vorstellbar wäre. Léonard möchte anmerken, dass es völlig ausreichend ist, das Ego zu erkennen und damit aufzulösen. Das Konstrukt des Selbst würde schlicht und ergreifend zum nächsten Hindernis, zumal es jenseits des Egos keine weitere Suche gibt.

Nutzt der Lesende das Gelesene, um sein Ego zu erkennen und durch geeignete Praxis aufzulösen, entsteht Bewusstsein in dem Umfang, wie die Übermacht des Egos entfällt. Das Bewusstsein, das schon immer da war und immer da ist, kann aber vom Ego nicht erkannt werden. Alle wirksamen spirituellen Wege führen – um mit Gebser zu sprechen{30} – in das Arationale, denn Mystik erscheint nur jenseits des Rationalen, jenseits von Ego.

Mystik im Alltag

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