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Prolog

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Die Zikaden zirpten unaufhörlich in den Bäumen und erfüllten die schwüle Luft des Sommerabends mit Geräuschen. Die Kühle der Limonadenflasche in seiner Handfläche war die einzige Erleichterung von der klebrigen Sommerhitze, als Grant sich in den hölzernen Gartenstuhl zurücklehnte. Er beobachtete, wie die blassen Beine der kleinen Lucky unter ihrem blassgelben Kleid hervorlugten. Ihre braunen Haare wehten hinter ihr her, als sie den Rand des glänzenden Teiches umrundete.

Mit erhobener Faust rief Lucky: »Ich habe die böse Medusa besiegt! Ich, Perseus, werde dich jetzt retten, oh meine liebste Andromeda!«

»Bist du sicher, dass die Geburtsurkunde echt ist?«, fragte Grant, nippte an seinem Bier und wischte sich den Schweiß von der Oberlippe. Er fuhr sich mit einer Hand durch sein verschwitztes dunkles Haar und dann über seine ebenso dunkle Brustbehaarung, während er sich mit nacktem Oberkörper sonnte. Seine kakifarbenen Shorts klebten in der Abendhitze an seinen Beinen.

»Ja, ich bin sicher, du Trottel«, antwortete Leo, drehte ein Minzblatt in seiner Hand und schnupperte ab und zu daran. Er trug ein weißes T-Shirt und abgeschnittene Jeansshorts. Seine weizenfarbenen Haare hatte er sich locker aus der Stirn gestrichen.

»Sie sieht nicht aus, als wäre sie fünf Jahre alt, und diese Vorliebe für griechische Mythen ist…«

»Frühreif, ich weiß.« Seine grauen Augen funkelten, als Leo ihn angrinste.

Grant rümpfte die Nase. »Äh, ja, nein, ich wollte eher sagen seltsam.«

»Ihr Leben ist im Moment ziemlich außer Kontrolle«, sagte Leo. »Die Mythen sind auch chaotisch, aber sie haben ihre eigene Art von Gerechtigkeit. Medusas Kopf verwandelt das Seeungeheuer in Stein, Andromeda und Perseus sind glücklich miteinander.«

»Zeus kann seine Hose nicht anbehalten.«

Leo lachte. »Stimmt. Aber ich glaube, sie braucht die Mythen gerade jetzt.«

»Sie braucht die Sesamstraße.«

Leo rollte liebenswert mit den Augen. »Komm schon, du liebst es.«

Grant zuckte mit den Schultern. Das tat er. Er liebte es, Lucky zu den Schwesternstationen zu bringen und zu beobachten, wie sich ihre Gesichter innerhalb von zehn Sekunden von erfreut zu verwirrt wandelten. Er liebte es, ihre kleine Hand in seiner zu spüren und zu sehen, wie sie lächelte, wenn sie ihn sah. Und am meisten liebte er, dass ihr Vater ein wenig gesünder aussah, wenn Lucky in der Nähe war.

Zehn Monate waren vergangen, seit er Leo erneut zum ersten Mal gesehen hatte, und sechs Monate, seit er dies tun konnte, als wäre es ein normaler Teil seines Lebens, der nicht verschwinden würde. Sechs Monate, in denen Lucky am Tisch Malen-nach-Zahlen-Bilder malte und Biologiefragen rief, während Grant und Leo in der Küche Salat schnippelten. Die besten sechs Monate seines Lebens.

»Was isst ein Gehirn, Dr. Grant?«, hatte Lucky am Freitag zuvor gefragt.

»Kein Junkfood«, hatte Leo gesagt. »So viel kann ich dir sagen.«

Grant erzählte von Glukose und Lucky nickte und sagte schließlich: »Also isst es doch Zucker. In Wackelpudding ist Zucker.«

»Das ist was anderes«, beeilte sich Leo klarzustellen. »Sag es ihr, Grant.«

Grant seufzte. »Mein Gehirn, von dem wir alle wissen, dass es das beste Gehirn im ganzen Bundesstaat ist, geschweige denn im ganzen Raum…«

»Warum nicht gleich im ganzen Land?« Leo grinste.

»Ich habe diese Bescheidenheit ausprobiert, von der du mir immer erzählst.«

»Und du bist gescheitert.«

»Weil es eine Lüge ist! Das beweist meinen Standpunkt! Bescheidenheit ist nur eine Lüge, damit sich andere besser fühlen, weil sie Verlierer sind.«

Leo lachte und schüttelte den Kopf über Grant.

Grant räusperte sich und fuhr fort: »Also, Lucky, wie ich schon sagte, das größte Gehirn im ganzen Land liebt es, den Zucker aus Wackelpudding zu essen.«

»Oh, Grant«, schimpfte Leo.

»Vor allem roter Wackelpudding. Egal, ob Erdbeere oder Kirsche, Hauptsache, er hat diese zusätzlichen bewusstseins- und stimmungsverändernden Substanzen im Farbstoff. Du kennst doch den Farbstoff, der aus zerquetschten giftigen Käfern und Kohleabfällen hergestellt wird? Ja, das ist es, was mein Gehirn mag.«

Leo hatte ihm einen Schlag auf den Arm verpasst, und es machte Grant immer noch glücklich, an das Lächeln zu denken, das Leo unter seiner gespielten Wut zu verbergen versucht hatte.

Das war vor drei Tagen, und jetzt spielte Lucky am Wasser am Rande des Teichs, schlug in die Luft und tötete unsichtbare Monster. Leo hatte wahrscheinlich recht, dass sie sich besser fühlte, wenn sie in ihrer Fantasie etwas zerstörte, während sie in ihrem wirklichen Leben das, was ihr am meisten Angst machte, nicht töten konnte.

»Woran denkst du gerade?«, fragte Leo und warf die Minze nach ihm. »Du siehst unglücklich aus.«

»An morgen«, sagte Grant. »Muresan ist ein arroganter Idiot, der in der Highschool in Chemie gerade mal eine Eins minus bekommen hat. Warum sie ihn mit einem Skalpell in die Nähe von Menschen lassen, weiß ich nicht, und warum du zulässt, dass er dich damit –«

»Du hast dir seine Highschool-Zeugnisse angesehen? Ist das legal? Wie hast du das überhaupt geschafft?«

»Sheriff Memaw teilt meine Bedenken«, sagte Grant.

»Ist es eine gute Idee, den Glauben des Patienten an die Kompetenz seines Chirurgen auf diese Weise zu untergraben?«

Grant öffnete und schloss ein paarmal den Mund, bevor er sagte: »Es ist noch nicht zu spät, einen besseren Arzt einzufliegen.«

»Muresan ist sehr gut darin, Grant. Er hat schon Dutzende von Nierentransplantationen durchgeführt.« Leo beugte sich vor und lehnte seinen Kopf an Grants Schulter. »Wenn wir uns schon Sorgen machen, dann darüber, ob meine Schwester wieder abspringt. Mom sagt, dass sie sich dieses Mal verpflichtet hat, aber ich weiß es nicht. Es ist eine große Sache, eine Niere wegzugeben. Ich bin sicher, sie hat Angst.«

»Oh, bitte. Schließlich kümmerst du dich um ihren…« Grant konnte sich gerade noch davon abhalten, Bastard zu sagen, nur für den Fall, dass Lucky ihn hören konnte. »Du ziehst Lucky auf, und ich würde sagen, das ist sie dir schuldig. Wenn sie sich aufregt, weil man ihr in die Seite schneidet und eine hübsche kleine Narbe hinterlässt…«

»Sie ist immer noch meine kleine Schwester.«

»Ja, aber sie ist kein Kind mehr.« Grant zeigte auf Lucky, die gerade Stöcke ins Wasser warf. »Das? Das ist ein Kind. Und sie braucht dich, weil ihre verzogene Mutter seit ihrem 17. Lebensjahr nicht ein einziges Mal das Richtige für sie getan hat, also nimm bitte keine Rücksicht auf Hannahs Gefühle.«

»Dr. Anderson, wer hätte gedacht, dass Sie so eigensinnig sind?«

Grant sagte: »Jeder.«

»Ich sollte wahrscheinlich beleidigt sein.«

»Warum?«

Leo rollte mit den Augen. »Egal. Ich habe keine Lust, es dir heute Abend zu erklären. Ich würde lieber über andere Dinge nachdenken. Zum Beispiel, wie schön es sein wird, wenn ich mich besser fühle. Ich wollte dir schon lange ein paar Dinge zeigen«, sagte Leo und wackelte anzüglich mit den Augenbrauen.

»Ja, klar«, sagte Grant. »Wohl eher andersherum.«

»Wie ich schon sagte, es wird nett werden.«

»Ich bin nicht immer nett.«

»Ach was.« Leo lachte. »Du bist schlimmer als ein Fünfjähriger, wenn es darum geht, zu teilen, gut zu essen, zu schlafen und generell den sozialen Anstand zu wahren.«

»Ich muss die Konkurrenz schlagen«, sagte Grant und nickte in Luckys Richtung. »Ich kann sie doch nicht gewinnen lassen, oder? Was für ein Vorbild wäre ich dann?«

»Irgendwie glaube ich, du verstehst das alles falsch.« Leo lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »So gern ich auch ewig hier draußen bleiben würde, um Lucky zu beobachten und den Tag ausklingen zu lassen, ich werde müde.«

Grant sagte nichts. Der Schweiß auf seinem Körper fühlte sich plötzlich kalt an. Morgen früh würde Dr. Ken Muresan Leo aufschneiden und die Niere, die sie Hannah im angrenzenden Operationssaal entnommen hatten, direkt in Leos rechte Seite einsetzen, direkt über seiner nicht funktionierenden rechten Niere. Dann würden sie ihn zunähen und eine frische neue Narbe auf Leos rechter Seite hinterlassen, die zu der auf seiner Brust passen würde.

»Ich habe Angst«, sagte Leo.

»Dir wird nichts passieren«, sagte Grant.

»Wenn mir etwas zustößt, sollst du wissen, dass Curtis rechtlich gesehen immer noch ihr anderer Elternteil ist. Er hat aber versprochen, auf seine Rechte zu verzichten und meiner Mutter zu erlauben, Lucky zu adoptieren.«

»Leo«, sagte Grant und hob eine Hand, weil er das nicht hören konnte. Er konnte nicht darüber nachdenken.

»Hör einfach zu, okay? Ich habe meiner Mutter gesagt, dass ich dich in ihrem Leben haben möchte. Okay? Versprich mir, dass du für Lucky da sein wirst, wenn mir etwas zustößt. Egal, was passiert.«

Grant starrte Leo an und er hatte das Gefühl, Leos Gehirn zu sehen, die verdrehte, aufregende graue Masse, in der die Person steckte, die Grant liebte. »Ich gebe dir mein Wort.«

Leo lehnte sich wieder in seinem Stuhl zurück. »Danke.«

Grant starrte auf Leos Gesicht, auf den Übergang zwischen Hals und Kiefer und auf seine langen Wimpern, die langsam blinzelten.

Dann kam Lucky mit schlammverschmierten Händen auf sie zu, hielt sie dramatisch hoch und sagte: »Raus, verdammter Fleck! Raus, sage ich!«

Grant sah Leo an, der lächelte und sagte: »Okay, seltsam ist vielleicht das richtige Wort.«

Stay Lucky

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