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Macht der Vereinsvorsitzenden – Macht der Mitglieder

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Nehmen wir das Beispiel der Jahreshauptversammlung eines Vereins. Die Vereinsvorsitzende nimmt einen besonderen Platz ein, zum Beispiel am Kopf eines Tisches, oder vielleicht auch zentral auf einer Bühne in einem großen Saal. Sie muss bestimmte Tagesordnungspunkte abwickeln, zum Beispiel die Moderation der Sitzung, die Vorstellung des Rechenschaftsberichts des Vorstands oder die Ehrung verdienter Mitglieder.

Eines Tages gibt die Vorsitzende ihr Amt ab. Ab diesem Moment nimmt sie einen Platz mitten unter den anderen Mitgliedern ein. Würde sie bei der nächsten Jahreshauptversammlung beginnen, die Sitzung zu moderieren, wäre das eine erhebliche Störung. Womöglich würde die Sitzung in Chaos ausbrechen und in der Folge die Gerichte beschäftigen. Anstatt den Rechenschaftsbericht vorzutragen, hat die Ex-Vorsitzende nun eine völlig andere Aufgabe: Sie gibt ihre Stimme ab, um den neuen Vorstand rechtsgültig zu entlasten oder ihm die Entlastung zu verweigern. Diese Zuständigkeit hatte sie nicht, als sie noch selbst Vorsitzende war. Mehr noch: Sie durfte gar nicht über die Entlastung des Vorstands abstimmen.

Je nach Kontext handeln Menschen also in unterschiedlichen Rollen. Die Beispiele der Eltern und der Vereinsvorsitzenden zeigen, dass solche Rollen durch besondere Aufgaben oder Zuständigkeiten gekennzeichnet sind. Damit sind Pflichten und Rechte verbunden, anders gesagt: Verantwortung und Macht. Damit gehen aber auch andere Optionen verloren: Eltern dürfen ihre Kinder nicht einfach unbeaufsichtigt oder unversorgt lassen, um stattdessen die Freiheit der eigenen Lebensgestaltung zu genießen, sie dürfen ihre eigenen Kinder nicht vernachlässigen, sie dürfen sie auch nicht heiraten. Die Vereinsvorsitzende muss für das Vereinsgebaren rechtlich geradestehen, sie muss fast jederzeit erreichbar sein und notwendige Unterschriften fristgemäß leisten. Verantwortung und Macht bedeuten also immer auch den Verlust von Freiheiten. In dem Moment, in dem auf der Jahreshauptversammlung die Entlastung des Vorstands ansteht, geht die Macht und die Verantwortung schlagartig auf die anderen Vereinsmitglieder über. Die Vorsitzende ist jetzt machtlos, sie hat kein Stimmrecht und ist dem Urteil der versammelten Mitglieder unterworfen.

Wer macht was im Gottesdienst?

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