Читать книгу Herz oder Hirn - Lillith Korn - Страница 7

SARAH

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Die Haut hing ihm wie ein Lappen von der Stirn und versperrte seine Sicht. Schlurfend kam er näher, zog einen langen Schatten in der einsamen Gasse hinter sich her. Der Nebel um ihn herum ließ das Ganze wie aus einem schlechten Horrorfilm wirken. Er gurgelte und sabberte, streckte die verfaulten Hände nach vorn.

»Oh, bitte!« Enttäuscht ließ Sarah die Schultern hängen. »Ich hatte mich auf eine richtige Jagd gefreut.«

Als der Zombie ihre Stimme hörte, verschluckte er sich aus lauter Vorfreude an seiner eigenen Spucke – oder wie auch immer man die Substanz nennen wollte, die diese Fast-Toten produzierten. Das Gurgeln in seiner Kehle hörte sich an wie ein überlaufender Whirlpool. Grausamer als das Geräusch war der Anblick. Blutige Speichelbläschen bildeten sich an den Lippen des Untoten, platzten bedrohlich in Sarahs Richtung.

»Igitt … besser, wir verkürzen das.«

Sie holte Schwung aus einer Drehung heraus und trat der Kreatur kräftig in den Solar Plexus. Den Spinning Back Kick hatte sie sowieso mal wieder üben wollen. Es knackte und das hirnlose Ding klatschte vornüber auf den Beton. Natürlich war es nicht tot. Es hatte zwar kaum noch ein Gesicht, doch das hielt es nicht davon ab, die Hände in den Boden zu krallen und sich röchelnd vorwärtszuziehen.

Sie nahm die Axt von ihrem Gürtel, ließ sie in ihrer Hand kreisen und mit einer geübten Bewegung auf den Zombienacken niedersausen.

Im Bruchteil einer Sekunde war der Kopf vom Rumpf getrennt und das Monster unschädlich gemacht. Zumindest weitestgehend.

Sarah befestigte die Waffe wieder, um die Hände frei zu haben. Der Körper zuckte ein paarmal, blieb schließlich reglos liegen. Der Kopf hingegen lebte ohne Körper weiter. Widerwärtig und vor allem gefährlich. Zudem gab es vollpubertäre Idioten, die diesen Dingern als Mutprobe die Hand zum Knabbern hinhielten – nicht selten mit fatalen Folgen. Deshalb war es besser, die Überreste zu vergraben, in Säure einzulegen oder Ähnliches. Vergraben bot sich zumeist an, denn wann schleppte man jemals einen Eimer Säure durch die Gegend?

Sie sah sich um. In dieser Sackgasse würde sie nichts finden.

»Wir drehen wohl noch ne Runde zusammen, bevor du den Holzpyjama anziehst«, sagte Sarah, holte aus und kickte den Kopf wie einen Fußball vor sich her. Schmatzende Geräusche mischten sich mit dem Knacken von Knochen und hallten von den Häuserwänden wider.

An einem Ende der California Street war tatsächlich ein kleines Stück Grünfläche. Die Köpfe zu verstauen, war das Nervigste bei der Jagd. Wenn die Zeit drängte, sammelte sie diese zum Schluss ein, doch im Moment herrschte beinahe gähnende Langeweile. Bedauerlich wegen der Kopfprämien, auf die Sarah es – wie jeder Jäger und jede Jägerin – abgesehen hatte.

Immerhin dauerte es nicht lange, bis sie ihren Klappspaten wegstecken und den letzten Rest Erde festtrampeln konnte. »Viel Spaß beim Dreckfressen. Ich komme dann später wieder und hole dich ab. Lauf mir bloß nicht davon.«

Sie befand sich in den Nebenstraßen einer angesagten Gegend, doch nachts war es überall ruhig, was die Menschen anging. Außer Jägern oder Suizidgefährdeten war selten jemand so dämlich, seine Behausung nach Sonnenuntergang zu verlassen, sofern es nicht gerade um Leben und Tod ging. Denn genau der lauerte, vor allem nachts, in Form von Zombies überall auf potentielle Opfer. Wissenschaftler forschten seit Langem, woran genau es lag, dass die Verseuchten nachtaktiv waren und ob UV-Strahlung wirklich eine schädigende Wirkung auf Betroffene hatte.

In letzter Zeit schienen es immer mehr Verseuchte zu werden. Außerdem hatte sie Gerüchte über riesige Ausbrüche in Los Angeles gehört, die sie zusätzlich beunruhigten.

Sie klopfte sich ein wenig Schmutz von der schwarzen Lederhose und zog das weiße Shirt glatt. Mist. Völlig versaut. Warum sie ausgerechnet diese Farbe für ihr Jagdoutfit wählte, wusste sie selbst nicht, aber sie mochte es so am liebsten. Vielleicht wegen des Kontrasts zu den schwarzen Kleidungsstücken. Schließlich überprüfte sie den Ledergürtel mit den Waffen. Er saß stramm, genau wie er sollte. Neben ihrer Lieblingswaffe, ihrer Mädchen-Axt, wie ihr Kollege Daniel regelmäßig höhnte, hingen ein Dolch und ihre Schaufel für unterwegs daran.

»Hnghnghng«, tönte es dumpf aus der Erde.

Gerade wollte sie sich darüber amüsieren, dass das Ding, wie schon so viele zuvor, offenbar versuchte, sich durch das Erdreich zu nagen, da krachte etwas gegen ihren Rücken und warf sie nieder. Mehr, als den Arm nach vorn zu reißen, schaffte sie nicht, bevor sie auf den Boden knallte und Schmerz in ihrem Handgelenk explodierte. Sie ignorierte ihn, drehte sich blitzschnell auf den Rücken und sprang auf die Füße. Ihr Herz raste, doch sie schaffte es, sich auf ihren Verstand zu konzentrieren. Wie hatte sie das überhören können? Drei Zombies, oder wie die Regierung sie nannte: Verseuchte, hatten sie umkreist. Drei!

Einer näherte sich von rechts, einer von links und der in der Mitte hatte sie höchstwahrscheinlich angegriffen. Das wenige Licht der Straßenlaterne zeichnete unheilvolle Schatten auf ihre Gesichter.

Der rechte war ihre beste Chance. Er humpelte ein wenig und eines seiner Augen fehlte, sein Gesicht entblößte lediglich eine mit Maden gefüllte Höhle. Seine Kleidung hing in dreckigen Fetzen an ihm herab.

Die anderen beiden waren vermutlich vor nicht allzu langer Zeit angesteckt worden, was sie aufgrund ihrer halbwegs intakten Körper um einiges gefährlicher machte. Ein Mädchen und ein Junge, um die achtzehn, also wenige Jahre jünger als Sarah. Beide in Jeans und Shirts, er mit Basecap, sie in Heels – gut, mit einem zumindest. Daher lief sie auch so komisch.

Alle drei starrten sie ausdruckslos an und gaben knurrende Geräusche von sich. Langsam, aber stetig, wie wilde Tiere, näherten sie sich ihrer Beute. Der in der Mitte war der Gefährlichste, das sah sie sofort. Er würde erneut angreifen. Seine rotunterlaufenden Augen blitzten vor Hunger.

Denk nach, Sarah, befahl sie sich.

Rechts erstreckte sich die 32th Avenue, links von ihr die verlassene Schule, die jetzt, während der Dämmerung, sicher von Zombies überrannt war. Ein Stück weiter vorn ging es in eine Straße mit Restaurants und Cafés, in der sich tagsüber das pure Leben tummelte. Dort hätte sie womöglich eine Chance, sich zu verstecken oder einen anderen Jäger zu treffen. Aber – nein, sie beschloss, umzudrehen, und sich hinter den Treppen im angrenzenden Park zu verstecken, damit sie die Monster einzeln erledigen konnte. Die meisten von ihnen waren zu dämlich, einen Baum hochzuklettern, also konnte sie genau das tun und dort in aller Ruhe abwarten.

Sarah hechtete los. Den Bruchteil einer Sekunde später geschah es erneut: Etwas krachte in ihren Rücken und riss sie zu Boden.

»Fuck!«, fluchte sie. Diese Drecksverseuchten waren noch schneller gewesen als gedacht! Wieder rollte Sarah herum, löste die Axt aus dem Gürtel und wollte sie hochreißen, da drückte jemand ihre Hand brutal zu Boden. Es war der Junge. Das Zombiemädchen setzte sich auf ihre Brust, presste Sarahs andere Hand nach unten und stieß etwas aus, das einem verrückten Lachen glich. Ätzender Speichel tropfte aus ihrem Mund.

Sarah wand sich, wollte sich befreien, doch der Zombiejunge war bereits zur Stelle. Mit seinen dreckverkrusteten Fingern strich er über ihre Stirn und seine Augen weiteten sich gierig.

»Hnghnghng!«, machte es wieder neben ihr, so als wollte der Schrumpfkopf unter der Erde seine Kumpel anfeuern. Fast hätte sie aufgelacht, doch die Zombie-Teens rissen bereits ihre Mäuler auf, um sich an Sarahs Hirn zu nähren.

Das Mädchen drückte ihr die Luft ab. Der Junge holte aus und schlug gegen ihren Schädel. Die Gehirn-Kokosnuss musste ja erst freigelegt werden … Zu ihrem Glück war ihr Kopf härter als seine fauligen Finger. Mit einem Ekel erregenden Geräusch brachen sie ab und der Zombiejunge betrachtete verwirrt seine verstümmelte Hand.

Vor Sarahs Gesicht schwirrten kleine Pünktchen herum. Sie keuchte schmerzerfüllt auf, zappelte und versuchte, den Moment zu nutzen und sich mit aller Macht hochzustemmen.

Da knackte und knirschte etwas. Dann ein Scheppern – und sie konnte wieder atmen.

Sarah sprang auf, taumelte. Ungläubig sah sie zwei der hirnlosen Wesen davonhumpeln. Einer lag neben ihr – kopflos. Sie rang nach Luft. Bevor sie den Blick hob, hielt sie die Axt schützend vor sich. Erst in diesem Moment entdeckte sie den jungen Mann, der vor ihr stand und sie mit seinen smaragdgrünen Augen förmlich durchbohrte. Die feinen Härchen an ihren Armen stellten sich auf.

War er einer von ihnen? Sie hatte noch nie erlebt, dass ein Verseuchter vor einem anderen weggerannt wäre. Eher hingen sie gemeinsam über ihrer Beute und schlürften sie aus.

Ihr Herz klopfte schneller. »Bist du einer von ihnen?«

Er riss die Augen auf. »Bist du bescheuert?«

Okay, wenn er antworten konnte, war er ein Mensch. Langsam ließ sie die Waffe sinken. Er hingegen ließ den Kopf des Untoten fallen, der unablässig mit den Zähnen klapperte.

Angeekelt betrachtete sie das Ding, bevor er es wegkickte.

Der Kerl hatte ihr das Leben gerettet. Sie wandte den Blick wieder zu ihm. Eine Strähne seines dunklen, kurz geschnittenen Haares hing ihm in die Stirn. Seine Gesichtszüge waren kantig und irgendwie gleichzeitig filigran.

»Schätze, ich muss mich bei dir bedanken«, brummte sie. »Das war echt knapp eben.« Gekonnt ließ sie die Axt vor sich kreisen. Eine dumme Angewohnheit, die sich verstärkte, wenn sie Unsicherheit verspürte.

»Hast du sie noch alle, nach Sonnenuntergang hier herumzuspazieren, Babygirl?«

»Oh, ein richtiger Charmeur.« Was war denn das für ein Freak? »Wer bist du, dass du glaubst, mir was vorschreiben zu können?«

»Ich bin der, der dir gerade deinen süßen Knackarsch gerettet hat, Mädel. Verzieh dich und lass dich hier nicht mehr blicken! Für kleine Blondchen ist jetzt Schlafenszeit. Also steck den Zahnstocher ein und verpiss dich.«

Wow, was für ein Riesenarschloch. Sarah war derart perplex, dass sie das Beil tatsächlich an den Gürtel klemmte. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und machte keine Anstalten zu gehen. Wehmütig musterte sie ihn und seufzte. Entweder waren sie schwul, vergeben, Zombies oder – wie in seinem Fall – Idioten.

Er schnaubte. »Von mir aus bleib beleidigt hier stehen und lass dich fressen, mir scheißegal. Noch mal helfe ich dir nicht.«

Mit diesen Worten wandte er sich ab und ließ sie stehen.

Sie zog anerkennend eine Augenbraue hoch. Das mit dem Knackarsch konnte sie nur zurückgeben. Half nur leider nichts, wenn der Typ, der daran hing, ein kompletter Vollidiot war.

Sarah drehte sich um.

Shit.

Diesmal waren es fünf. Fünf! Und sie rannten verdammt schnell auf sie zu. Kampf oder Flucht?

Blitzartig zog sie ihre Axt – ehe sie am Arm gepackt und herumgeschleudert wurde. Im Reflex wollte sie zuschlagen, doch sie blickte in ein menschliches Gesicht und hielt sich gerade noch zurück.

»Glotz nicht, lauf lieber, oder willst du als Futter enden!? Das sind zu viele!«, keuchte der Kerl von eben.

Den Bruchteil einer Sekunde überlegte sie, dann rannte sie ihm hinterher. Er hatte recht. Selbst zu zweit war es zu riskant, sich den Verseuchten entgegenzustellen, und auch eine fünffache Kopfprämie war es nicht wert, sein Leben aufs Spiel zu setzen. Sie spürte die Horde Hirnloser wie einen dunklen, stetig folgenden Schatten hinter sich, als sie gemeinsam in ein leerstehendes Haus sprinteten.

»Hier rein!«, rief der Typ und deutete auf eine offen stehende Tür in einen Raum hinein.

Etwas streifte Sarahs Rücken. In letzter Sekunde sprang sie. Einer der Verseuchten hatte bereits siegessicher seinen Arm hinter ihr ins Zimmer gestreckt, doch der Kerl knallte die Tür zu und trennte ihn kurzerhand ab.

Ein wütendes Brüllen folgte, während ihr Retter das Schloss an der Tür herumdrehte und aufatmete.

Mehre Male rumpelte es gegen das alte Holz und knackte bedrohlich. Vermutlich die restlichen Verseuchten, die nach und nach gegen die Tür donnerten, weil sie nicht rechtzeitig abgebremst hatten.

Dunkles Grollen füllte den durch eine Trennwand mit Durchgang zweigeteilten Raum. Der Tafel nach zu urteilen, musste es sich um ein Klassenzimmer oder etwas Ähnliches handeln.

Sarah rappelte sich auf und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. Sie musterte den jungen Mann.

Er sah sie finster an und zog etwas aus dem Hosenbund. Eine Klinge blitzte auf.

Wollte er sich den Verseuchten einzig damit entgegenstellen? Oder war es ein Trick gewesen? Hatte er sie hierherlocken wollen, um ihr etwas anzutun?

Er balancierte das Messer zwischen den Fingern. »Sieht aus, als würden wir doch noch etwas Zeit miteinander verbringen.«

»Ist das eine Drohung?« Sarah runzelte die Stirn. Automatisch fuhr ihre Hand zu der Axt.

Der Kerl bemerkte es und steckte das Messer weg, woraufhin sich Sarah entspannte.

»Keine Angst. Außer von denen da draußen hast du nichts zu befürchten«, entgegnete er.

»Ich habe keine Angst«, schnaubte Sarah, verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich gegen eine antike Kommode, die mit einem Knarzen reagierte.

Zur Antwort zog Mister Arrogant lediglich eine Augenbraue hoch. »Was machst du so spät hier draußen? Weißt du nicht, dass die Verseuchten nachtaktiv sind?«

»Für wie dumm hältst du mich eigentlich, du Affe? Jeder weiß das.«

»Na, offensichtlich nicht. Warum starrst du an die Decke, wenn du mit mir redest?«

»Du bist so aufgeblasen, dass du eigentlich da oben schweben müsstest. Ich baue nur vor.«

»Haha.«

»Dumme Frage, dumme Antwort.« Sarah grinste. »Ich jage. Was sollte ich sonst um die Zeit draußen machen?«

Er zog die Augenbraue noch ein Stück höher. »Du bist eine Jägerin?«

»Sagte ich doch. Kanns auch wiederholen, wenn das deinem Verständnis hilft.« Sie zwinkerte, um die Worte etwas abzumildern. Er verhielt sich wie ein arroganter Arsch – doch immerhin hatte er ihr auch geholfen. »Und was treibt dich in die Nacht?«

Er zögerte. »Geschäfte. Nichts, was dich interessieren dürfte.«

»Oha. Ein Mann der Elite also?«

Diesmal sparte er sich eine Antwort, während es vor der Tür weiter rumpelte und frustriertes Grollen ertönte. Doch jetzt, wo sie ihn genauer betrachtete, war es ohnehin offensichtlich. Er trug einen gut sitzenden Anzug und der Hinweis »Geschäfte« konnte bloß bedeuten, dass er tatsächlich der Elite angehörte. Den Reichen, die nie um ihr Leben bangen mussten, immer genug zu Essen hatten und in eingezäunten Villengegenden lebten. Wieso half er ihr überhaupt?

Das Grollen schwoll an. Und kam aus einer anderen Richtung. Es kam näher … Moment. Wie konnte das –

»Verdammt, wo kommen die jetzt her? Vorsicht!«, rief ihr Begleiter und warf sich vor sie. Irgendwie waren ihre Verfolger eingedrungen und er kämpfte bereits gegen zwei von ihnen. Sie schienen ihm immer wieder auszuweichen und zu Sarah zu wollen. Seltsam.

Eilig sprang Sarah auf die Beine und zog die Axt. Im selben Schwung schleuderte sie sie auf einen Untoten zu, dessen Kopf Millisekunden später fein säuberlich abgetrennt zu Boden fiel, während ihr Begleiter einen anderen am Haarschopf nach hinten riss und ihm ebenfalls den Kopf abtrennte. Dunkles Blut spritzte auf seinen Anzug und in Sarahs Gesicht. Angewidert spuckte sie aus und widmete sich dem nächsten Eindringling.

Geschickt schlüpfte sie dazu unter dem Arm ihres Begleiters durch, der im gleichen Moment den nächsten Verseuchten enthauptete, als wäre das seine leichteste Übung. Gut, der Untote war ohnehin halb verfault gewesen und fiel mehr oder minder auseinander. Dennoch – was zur Hölle war das für ein Messer? Und warum zur doppelten Hölle schienen die Verseuchten ihn nicht beißen zu wollen, sondern nur sie?

Kämpf lieber, befahl sich Sarah.

Zwei noch.

Beide stürzten sich auf Sarah, ehe sie es tun konnte. Fast, als hätten sie sich abgesprochen. Sarah knallte durch den Schwung der Zombies auf den Boden. Einer landete auf ihr und sein fauliger Atem schnürte ihr die Kehle zu, der andere schmiss sich obendrauf. Sarah keuchte.

Der, der sich zuerst auf sie geworfen hatte, klapperte mit den Zähnen, als hätte er bereits ihr Fleisch im Maul.

Ihr Begleiter riss den oberen weg, sodass sie wieder ansatzweise Luft bekam. Ihre Rechte hatte die Axt nicht losgelassen. Sie holte aus und rammte sie dem Untoten ins Bein. Er jaulte auf und sie nutzte den Moment, um sich seitlich wegzurollen und wieder auf die Beine zu kommen. Erneut holte sie aus und trennte dem Monster den Schädel ab. Routiniert kickte sie den Kopf in die Zimmerecke und wirbelte zu dem Kerl herum, der noch immer kämpfte. Sein Gegner drückte ihm mit seinen beinahe fleischlosen Fingern die Kehle zu. Nur Millimeter trennten ihre Gesichter. In seinen Augen lag etwas, das sie nie zuvor bei einem von denen gesehen hatte: Angst. Oder?

Reflexartig packte Sarah den Angreifer am Haarschopf – und hielt diesen daraufhin in der Hand. Angewidert warf sie ihn davon, er klatschte gegen die Wand.

Ihr Begleiter nutzte den Moment, trat zu. Der Verseuchte taumelte einen Schritt rückwärts. Weit genug. Sarah holte mit der Axt aus und köpfte auch ihn. Wie in einem skurrilen Film rollte der Kopf davon und machte: »gnagnagnaaargna!«

Erschöpft lehnte sie die Hände auf die Knie und schnaufte durch.

»Nicht schlecht für ein Mädchen«, keuchte ihr Begleiter.

»Sexismus ist kein Kompliment«, knurrte Sarah.

Er schüttelte den Kopf. »Typisch Frauen, euch kann mans eh nie recht machen.«

Sarah riss die Augen auf. »Sag mal, bist du –«

»Hey, komm mal runter«, unterbrach er sie. »Das war ein Scherz. Hast echt nicht schlecht gekämpft.«

Sie verstummte einen Moment, unsicher, ob er sie verarschte. »Wieso bist du überhaupt zurückgekommen? Ich dachte, noch mal hilfst du nicht?«

Er klopfte sich etwas Staub von der Kleidung, straffte sich und brummte: »Offensichtlich habe ich einen guten Tag. Der endet jetzt, ich muss los.«

»Na, wenn so deine guten Tage aussehen … Wie sind die überhaupt hier reingekommen? Und warum wollten sie anscheinend nicht dich, sondern bloß mich?«

Der Typ deutete auf einen zweiten Eingang, der erst hinter der Zweiteilung des Raumes zum Vorschein kam. »Durch die Tür.« Die zweite Antwort blieb er ihr schuldig.

»Oh.«

Dann marschierte er los. Schweigend folgte Sarah ihm durch den maroden Flur aus dem Gebäude, bis sie wieder am Ausgangspunkt angelangten – an der Wiese, auf dem die toten Körper der vorigen Angreifer ihr fauliges Nichtmehrdasein fristeten.

»Sei in Zukunft vorsichtiger«, mahnte er und musterte sie noch einmal, ehe er schnellen Schrittes zur Straße lief, sich auf ein Motorrad schwang und losfuhr. Sarah sah ihm hinterher. Arroganter Fuzzi. Irgendwie. Und doch … Immerhin hatte er ihr geholfen. Das war ihr tatsächlich noch nie passiert. Schon gar nicht von irgendwelchen Bonzen.

Er hielt bereits an der nächsten Ecke, noch in ihrer Sichtweite. Dort stieg er ab und verschwand im Restaurant ›Franklin’s‹. Sie unterdrückte dieses fehlgeleitete Kribbeln in ihrem Bauch mühevoll, ehe sie sich abwandte und wieder mit der Dunkelheit verschmolz, um die Köpfe für die Prämien einzusammeln.

Herz oder Hirn

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