Читать книгу Vom Wind geküsst - Lin Rina - Страница 16

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Ich erwachte, als der Wagen holpernd vom Weg auf eine kleine Waldlichtung fuhr. Der Schreck fuhr mir in die Glieder und ich brauchte einen Moment, um zu begreifen, wo ich war und wieso ich mich nicht bewegen konnte.

Mein Kopf ruhte auf Justus’ Schoß und er hielt mich mit einem Arm fest an sich gedrückt. Mit der anderen Hand zog er an den Zügeln, um das widerwillig muhende Kappa zu verlangsamen.

Bei allen Winden, ich war auf Justus eingeschlafen!

Schnell wollte ich mich aufrichten, der unangenehmen Situation entfliehen, doch Justus verstärkte seinen Griff um mich, verhinderte, dass ich durch den Ruck vom Kutschbock geschleudert wurde, der den Wagen zum Stehen brachte.

Unüberhörbar klopfte mir das Herz in der Brust und ich richtete mich eilig auf, als Justus mich losließ. Mein Gesicht war heißer als je zuvor.

»Was sollte das denn?«, wollte ich ihn anfahren und gab vor, entrüstet zu sein. Doch mein Ton verunglückte in einer viel zu hohen Stimmlage.

»Entschuldigung«, erwiderte Justus außer Atem und hängte die Zügel an den Knauf des Kutschbocks. »Es kam alles auf einmal. Das Kappa wollte ausbrechen, und du hast dich plötzlich bewegt, und …« Er blickte in mein feuerrotes Gesicht und es war mir, als verfärbten auch seine Ohren sich langsam. War ihm die Situation etwa genauso peinlich wie mir? Das hatte es ja noch nie gegeben.

»Ach, vergiss es«, murmelte er schnell, wandte sich hastig ab und stieg nach unten, um das Tier zu beruhigen, das immer noch aufgeregt muhte.

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, wusste nicht mal, was ich denken sollte. Nur Tausende kleine Schmetterlinge kribbelten in meinem Bauch, als ich Justus hinterherblickte.

Der Wind kam zu mir, blies mir beschwingt eine Böe ins Gesicht und pustete dabei meine Röcke durcheinander.

Das nächste Dorf hat einen wunderschönen Brunnen und der Dorf­älteste Ranu hat eine so große Nase, dass alle ihn heimlich Ranu Rübennase nennen, flüsterte er vergnügt. Über seinen Übermut konnte ich nur den Kopf schütteln, aber wenigstens lenkte es mich von Justus ab.

Hinter mir erwachte Marc mit einem Schnarcher und setzte sich auf. Verschlafen rieb er sich die Augen und streckte seine Arme über den Kopf, sodass sein Hemd die Muskeln an seinem Bauch freigab.

Dante schlief an ihn gelehnt und sabberte auf seinen Hemdkragen.

Was für ein fürchterlich träger Abend, dachte ich und wünschte mir, er wäre es wirklich. Denn in dem Moment fiel mir die Fürstentochter wieder ein.

Fin tauchte neben uns auf und klatschte laut in die Hände, worauf Marc zusammenzuckte und Dante aus dem Schlaf schrak. »Los, Jungs, Holz sammeln!«, rief sie beschwingt.

Holz sammeln? Mit großen Augen sah ich sie an und sie lächelte mir flüchtig zu.

Das Feuervolk benötigte nicht viel Holz, um ein Feuer in Gang zu halten. Normalerweise schichteten wir ein paar dickere, angekokelte Holzklötze übereinander und einer der Feuerleute entzündete sie.

Durch die Anwesenheit des Feuervolkes brannte es weiter, ohne das Holz zu verschlingen. Daher benutzten wir schon seit Wochen die gleichen vier Scheite, um den Eindruck eines normalen Feuers zu erwecken.

Dante sah verwirrt aus und Marc war gerade im Begriff, sich lautstark zu beschweren, als die Tochter des Landesfürsten sich neben Fin stellte und uns interessiert beäugte.

Den Dörflern, die abends dem Spektakel beiwohnten, fiel ein seltsames Feuer nicht auf. Doch jemandem, der den ganzen Tag mit uns zusammen war, dem musste irgendwann etwas komisch vorkommen.

Marc klappte den Mund wieder zu, ohne etwas gesagt zu haben. Mit grimmiger Miene packte er den verschlafenen Dante am Arm und zog ihn mit sich in Richtung Wald.

Auch ein paar der anderen waren bereits dabei, Holz zu suchen. Es war leicht, den Unmut in ihren Gesichtern zu lesen.

Es würde sich so einiges ändern, solange Elyssabed bei uns war.

Auch Fin ging davon und ließ mich mit der Fürstentochter allein zurück. Justus war mit dem Kappa irgendwohin verschwunden.

Sie musterte mich mit ihren hellblauen Augen abschätzig von Kopf bis Fuß und ich hatte das Gefühl, unter ihrem kritischen Blick zu schrumpfen. Musste ich etwas sagen? Sollte ich vielleicht einfach weggehen wie die anderen auch? Erwartet sie irgendeine bestimmte Reaktion von mir?

»Wie war dein Name? Cathrin?«, fragte sie mich schließlich, fasste mit der zierlichen Hand um den Knauf am Kutschbock und schwang sich graziös herauf. Sie setzte sich, platzierte ihren Zopf über ihrer Schulter und kontrollierte den Fall ihres Rockes.

Sie war wahrhaftig die Tochter eines Fürsten.

»Cate«, korrigierte ich sie mit leiser Stimme und ärgerte mich, weil ich es lauter hatte sagen wollen. Warum wurde ich nur immer so schnell nervös? Meine Hände schwitzten bereits, obwohl noch nichts weiter passiert war. Warum konnte ich Dinge nie so aussprechen, wie ich es gern wollte?

Elyssabed zuckte mit den Schultern und strich sich über den Zopf.

Ich wusste diese Frau nicht richtig einzuschätzen. In ihrem Gesicht bewegte sich ständig etwas. Einen Augenaufschlag hier, ein angedeutetes Lächeln da. Machte sie das mit Absicht oder passierte das alles von allein?

»Und wessen Liebste bis du?« Leicht spitzte sie die Lippen.

»Wie bitte?« Ich war so irritiert von ihrem Mienenspiel gewesen, dass ich die Frage überhört hatte.

»Welcher der Männer ist dein Liebster?«, wiederholte sie, und diesmal konnte ich eindeutig sehen, dass es ihr missfiel, sich wiederholen zu müssen.

Die Frage schockierte mich und Schamesröte stieg mir ins Gesicht. So wie immer. Fast schämte ich mich dafür, dass ich mich immer schämte.

»K-keiner«, stotterte ich erhitzt und drehte meine Finger ineinander.

»Ach.« Elyssabed sah überrascht aus. »Ich dachte nur …«, sie zuckte mit den Schultern, »… weil du die Einzige bist, die anders ist als die anderen.«

»Ja.« Mehr konnte ich nicht sagen, da mir der Hals eng wurde.

Überraschenderweise schien es ihr nicht entgangen zu sein, dass dies bei mir ein wunder Punkt war, denn sie hob sogleich abwehrend die Hände. »Ich meine das keinesfalls böse. Im Gegenteil«, bemühte sie sich einzulenken und lächelte. »Ich bin sogar ziemlich froh, dass du anders bist. Da fühl ich mich gleich wohler«, gestand sie und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. »Stell dir vor, wie seltsam es für die Leute sein muss, mich allein bei all diesen finsteren Gestalten zu sehen. Die würden doch glauben, ich wäre entführt worden.« Sie lachte und es erreichte zum ersten Mal auch ihre Augen. »Außerdem habe ich zu Hause eine Freundin, die dir sehr ähnlich sieht.«

Verblüfft blickte ich sie an. Nachdem sie uns erpresst hatte, damit wir sie mitnahmen, war ich davon ausgegangen, dass sie unfreundlich und hochnäsig sein musste.

Doch jetzt wirkte sie erstaunlich nett. Vielleicht hatte sie mit ihrem Gehabe ja auch nur ihre Angst überspielt. Schließlich wäre sie fast vom Feind entführt worden, ehe finstere Gestalten, wie sie sie nannte, sie gerettet und in ihr Lager verschleppt hatten. Das konnte nicht spurlos an ihr vorbeigegangen sein.

»Sie sind nicht wirklich finster«, versuchte ich ihre Vorstellung von den Feuerleuten ein wenig zu erhellen. »Sie sind nur lieber unter sich.« Und sie werden nicht gern erpresst, fügte ich in Gedanken hinzu.

Sie nickte und legte die Handflächen aneinander. Ihre Finger waren lang und filigran, ihre Nägel perfekt oval und blank poliert. »Bist du nur auf der Durchreise oder gehörst du dazu?« Sie sah in den Wald hinter mich und dann wieder zu mir.

Ich zwang mich, mich nicht umzudrehen, um zu sehen, was ihre Aufmerksamkeit erregt hatte. »Ich gehöre dazu«, wiederholte ich ihre Worte und es war mir plötzlich egal, was Bree vorhin gesagt hatte. Denn es stimmte nicht. Nicht ganz zumindest.

Ich war zwar nicht Teil des Feuervolkes, aber irgendwie gehörte ich doch zu den Wagenleuten.

Vielleicht sollte ich aufhören, das ständig zu vergessen, und ein bisschen weniger in Selbstmitleid schwelgen.

»In gewisser Weise«, schwächte ich dennoch ab, damit es der Wahrheit näher kam. Mein Mund lächelte von ganz allein und mein Herz wärmte sich an dem winzigen Funken der Zugehörigkeit.

Auch Elyssabed lächelte. »Wie lange bist du schon bei ihnen?«, erkundigte sie sich und ich fühlte mich geschmeichelt, dass es sie zu interessieren schien.

»Seit zwölf Jahren.«

Ihre Augen verwandelten sich in große blaue Teiche. Ich war selbst überrascht, wie schnell die Zeit vergangen war.

»Und was ist mit deiner Familie?«

Das Lächeln gefror mir auf den Lippen. Es war, als würde eine Faust meine Brust zusammenpressen, während ich versuchte, die Erinnerungen nicht zuzulassen.

»Sie ist tot«, brachte ich sehr leise heraus und bemühte mich um Haltung, damit Elyssabed sich deswegen nicht schlecht fühlte. Sie hatte es ja nicht wissen können.

»Das … das tut mir leid! Ich wollte nicht … Ich hätte nicht fragen sollen«, stammelte die Fürstentochter und senkte beschämt den Blick.

»Schon gut«, flüsterte ich und der Wind streichelte liebevoll meine Hände. Mit den Augen suchte ich nach Justus, der hinter mir im Wald auf einem Baumstumpf saß, eine Axt in der Hand, und herüber­sah. Er hatte mich damals gerettet. Wegen ihm war ich nicht allein auf einem Schlachtfeld zurückgeblieben.

Als sich unsere Blicke kreuzten, blickte er sofort weg und rief Marc etwas zu, der mit Dante zusammen einen umgestürzten Baumstamm über den Waldboden zog.

Zwar verstand ich nicht, was er gesagt hatte, aber es war mir auch egal. Was zählte, war, dass er mich angesehen hatte.

Auch ich wandte mich wieder um und blickte in das wunderschöne Gesicht der Fürstentochter. Wie schnell man doch vergessen konnte, dass man gerade noch mitten in einem Gespräch gewesen war.

»Wie ist sein Name?«, fragte sie und ich blinzelte verwirrt.

»Wessen?«

»Von dem Mann mit der Axt. Er starrt schon die ganze Zeit mit düsterer Miene zu uns herüber.« Ihr Blick ging an mir vorbei zu Justus.

Die Art, wie sie ihn ansah, war mehrfach zu deuten. Einerseits lag verhaltene Wut darin, was nicht weiter verwunderlich war, schließlich hatte er ihr gedroht, ihre Leiche in einem Straßengraben zu ver­scharren, aber auch Faszination.

Ein Stich leiser Eifersucht traf mein Herz.

Bitte nicht er, bitte nicht Justus!, flehte ich still und schloss für einen Moment die Augen. Denn da war noch mehr in Elyssabeds Blick, der sich stetig veränderte und andere Facetten zum Vorschein brachte, die ich nicht mehr so einfach erraten konnte. Und die mir Angst machten.

Es war, als zöge ein kalter Nordwind durch meinen Kopf.

»Das ist Justus«, beantworte ich ihre Frage widerwillig und fühlte mich gar nicht gut dabei. »Er ist mein bester Freund«, fügte ich eilig hinzu und schalt mich im selben Augenblick für diesen Leichtsinn. Ich versuchte, ihn für mich zu haben, Ansprüche an ihm geltend zu machen. Dabei konnte ich ihn gar nicht haben.

Doch sie kann es auch nicht!, spottete meine innere Stimme und ich erhob mich ohne Vorwarnung vom Kutschbock.

Elyssabed blinzelte überrascht.

»Entschuldige mich«, sagte ich knapp, sprang hinunter ins Gras und hielt auf Tanja zu, die mit Hanna und Garan vor ihrem lila­farbenen Wagen saß und Brotteig knetete. Tai entfachte gerade mühsam ein kleines Feuer aus Holzspänen und Rinde. Die großen Steine, die wir zum Backen verwendeten, lagen bereit.

Als ich mich auf die Holzbank zu ihnen setzte, hob Tanja erstaunt den Kopf und spähte an mir vorbei in die Richtung, aus der ich gekommen war. Ich sah nicht hin, denn ich wusste auch so, dass ihr Elyssabed auffallen musste.

Sie seufzte wie zur Bestätigung, nickte mit wissender Miene und kippte mir wortlos einen Löffel voll Mehl über die Hände. Dann legte sie einen großen Klumpen Teig vor mir auf den niedrigen Tisch.

»Kräftig durchkneten«, wies sie mich an.

Ich begann zu kneten. Und wie ich knetete! All meine Wut, Eifersucht und enttäuschten Hoffnungen schlug ich mit den Fäusten in den Teig.


»Und wo werde ich schlafen?«, fragte Elyssabed beim Essen, als Bree ihr sagte, dass am heutigen Abend sonst nichts weiter mehr passieren würde. Wir wollten alle früh zu Bett gehen, um uns von dem Reisetag zu erholen und für morgen bereit zu sein.

»Ähm. Ich weiß es nicht«, gab sie zu und sah sich Hilfe suchend um. Ayo, die neben ihr saß, wusste es ebenso wenig und Dante zuckte nur mit den Schultern, da sein Mund voller Kartoffelpüree war. Justus und Marc schwiegen.

Justus hatte sich offensichtlich immer noch nicht mit dem Gedanken angefreundet, Elyssabed bis zur Hauptstadt mitzunehmen.

Marc dagegen versuchte krampfhaft wegzusehen, was ihm bisher weniger gut gelungen war. Sein Blick huschte ständig zu Elyssabed und er verschlang sie mit Haut und Haaren. In seinem Kopf lockte er sie sicher schon in seinen Wagen.

Doch ich hatte gehört, wie sein Vater ihm in dieser Sache gleich einen Riegel vorgeschoben hatte. »Denk nicht mal dran«, hatte er ihn gewarnt und Marc hatte sich beleidigt auf die Lippe gebissen.

»Du kannst mein Bett haben«, bot ich an, als niemand antworten konnte, und versuchte unverfänglich zu lächeln. Warum auch nicht, ich schlief ja eh im Freien.

Sichtlich erleichtert atmete Elyssabed auf. »Welcher Wagen ist denn deiner?«, wollte sie wissen und drehte sich nach hinten um.

»Der grüne«, ereiferte sich Ayo aufgeregt und grinste breit. Wahrscheinlich hoffte sie auf nächtliche Unterhaltungen.

»Aber ist das nicht der Wagen, in dem du schläfst?«, erkundigte sich Elyssabed verwirrt und sah sich nach Ayo um.

»Ja, mit Hanna und Mei«, bestätigte diese und Brees Gesicht wurde immer verkniffener. Es ärgerte sie jetzt wohl mehr denn je, dass sie kein Teil davon war.

Elyssabed biss vorsichtig in den Brotfladen, den ich vorhin auf einem Stein ausgebacken hatte. Er war an einer Ecke ein wenig verbrannt, da ich nicht besonders geschickt im Kochen war.

Es von Tanja oder Garan zu lernen konnte jedoch sehr mühsam sein, da ihnen ihre Feuerfähigkeiten zugutekamen.

»Und wo werdet ihr solange schlafen?«, fragte Elyssabed ganz unbedarft in die Runde.

»Auch in dem Wagen. Es gibt vier Betten darin«, sagte Ayo etwas unsicher.

Diese lachte jedoch glockenhell, als erlaubte man sich einen Scherz mit ihr. »Das ist unmöglich!«, rief sie aus und schüttelte königlich den Kopf. »Niemand kann von mir verlangen, in einem Raum mit anderen Menschen zu schlafen. Was wären denn das für Zustände?«

Es war nicht zu glauben. Ich starrte sie entgeistert an. Alle taten das. Diesmal sogar Justus.

Elyssabeds Lächeln wurde schwächer, als sie die Blicke bemerkte, die man ihr zuwarf. Sie räusperte sich verhalten. »Ihr meint wirklich, dass ich …« Sie stockte kurz und holte tief Luft. »… dass ich mit euch zusammen in einem Wagen schlafen muss?« Das Lächeln verschwand und Panik stieg in ihre Augen. So hatte sie sich ihren Plan, sich von uns durchs Land kutschieren zu lassen, wohl nicht vorgestellt.

Keiner sagte ein Wort, obwohl Justus nur zu gern etwas geäußert hätte. Ich konnte es spüren und legte ihm sofort eine Hand auf den Arm, damit er ruhig blieb. Denn er stand kurz vor dem Platzen. Die Arme angespannt, eine tiefe Furche zwischen den Augenbrauen und ein gefährliches Glühen in den Augen. Er wollte am liebsten lautstark in die Luft gehen und ihr, wenn sie auch nur noch einen Piep von sich geben sollte, den Hals umdrehen.

Fest grub ich meine Nägel in seinen Unterarm und war entschlossen, den Griff auch nicht zu lockern.

Es kam mir vor, als würde sogar seine Haut vor Anspannung heißer werden.

Dann machte Marc den Mund auf und ich sah ihm an der Nasenspitze an, was er sich dabei dachte. »Du könntest unseren Wagen haben«, meinte er leichthin und lächelte ein strahlendes Wolfslächeln. Entweder er spürte die Spannungen seines Bruders nicht oder er ignorierte sie. Ich tippte aber auf Ersteres.

»Wirklich?«, kam Elyssabed ihm sofort entgegen und strahlte erleichtert.

Ich ärgerte mich über Marc. Auch wenn es gehässig war, hätte ich mir gewünscht, die Fürstentochter hätte sich mit der Situation arrangieren müssen. Das wäre nur gerecht gewesen.

Marc sonnte sich geradezu in ihrem Lächeln und straffte die Schultern. »Natürlich«, bestätigte er und machte eine gönnerhafte Geste mit der Hand. »Dante übernachtet einfach bei seinem Bruder und Justus schläft sowieso ständig draußen.«

Ständig war natürlich übertrieben, aber der Wahrheitsgehalt von Marcs Aussagen sank meist antiproportional zur Schönheit, mit der er es zu tun hatte.

»Das ist wunderbar«, seufzte die Fürstentochter und legte mit einem zufriedenen Ausdruck die Handflächen aneinander. »Dann ist es abgemacht«, stellte sie sichtlich zufrieden fest, erhob sich und schwebte davon, um sich aus dem Wasserfass zu bedienen.

Justus’ Anspannung wich langsam und ich lockerte den Griff. Auf seinem Arm sah ich die tiefen halbmondförmigen Einkerbungen meiner Fingernägel. Es musste ziemlich wehgetan haben, doch er sah nicht einmal hin. Er drehte sich nur zu Marc, der sich mit stolzgeschwellter Brust und siegessicherem Lächeln Kartoffelbrei in den Mund schaufelte.

Justus seufzte laut und schüttelte den Kopf.

»Was?«, fragte Marc ihn und schaffte es nicht, sein Grinsen zu verbergen.

»Und wo schläfst du?«, wollte Justus von ihm wissen und wandte sich seinem Essen zu, das er so ruhig aß, als wäre alles bestens.

Marc verharrte kurz. Es war beinahe hörbar, wie es in seinem Kopf ratterte. Dann sackten seine Schultern nach unten und er starrte seinen Bruder an.

Darüber hatte er sich wohl bisher keine Gedanken gemacht.

Der Abend ging zu Ende und Marc verbrachte die Nacht, vor sich hin fluchend, auf einer harten Kappamatte neben Justus im Wald unter meiner Hängematte.

Vom Wind geküsst

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