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eine geschichte, verkleidet mit bäumen

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Hamza hatte sich in der ersten Seminarstunde als Jordanier vorgestellt, aber als er die Herkunft meines Nachnamens entdeckt, korrigiert er seine Geschichte: Ich bin auch Palästinenser, ein Palästinenser, der im Exil geboren wurde. Er lächelt, froh, eine Schicksalsgefährtin gefunden zu haben. Aber wie kommt es, dass Sie Palästina nicht kennen, wenn Sie doch einreisen dürften?, fragt er überrascht, sein Englisch so korrekt, dass es künstlich wirkt. Ein Englisch aus dem Buch. Ich sage, Palästina hat mir Sendboten geschickt, Lockvögel, Lockrufe und nun eine Einladung an einen Ort auf halber Strecke. Hamza sieht mich gespannt an, ohne zu begreifen, dass auch er nun ein solcher Sendbote ist und alles, was er sagt, ein Punkt in meinem Atlas. Ein Eintrag in meinem Notizbuch. Der Grund für eine Suche. Fahren Sie unbedingt nach Yalo, sagt Hamza noch; nach Yalo oder Yalu, fügt er hinzu. In der Umgebung von Ramla, der Stadt des Sandes. (Ich notiere Ramallah; später auf der Landkarte erkenne ich meinen Irrtum.) Hamza erzählt, aus Yalo sei die Familie seines Vaters im Krieg ausgewandert, der damals meinen Großvater daran gehindert hatte, nach Beit Jala zurückzukehren, 1967, als Israel die Gebiete annektiert hatte und aberhundert Palästinenser nach Jordanien geflohen waren. Die Familie seiner Mutter war schon zwanzig Jahre zuvor ins Exil gegangen, mit der ersten Fluchtwelle, und hatte niemals zurückkehren können. Hamza sagt das mit britischer Lässigkeit, auch wenn man zwischen den Silben den Dorn des Geflüchteten spürt, der diesen Status als Anspruch aufrechterhält. Hamza, Sohn und Enkel politischer Vertriebener, begeistert sich für meine Rückkehr, die seiner Familie seit ihrem Fortgang verwehrt ist; selbst Besuche waren ihnen nach der ersten Intifada Ende der Achtziger verboten. Beim ersten Aufstand war er noch nicht auf der Welt, trägt aber schon das Erbe eines Exils; er träumt, sagt er, da hilft nichts, von diesem so fremden und so eigenen Palästina. Ich will ihn fragen, welches Palästina er meint, welches Fleckchen dieses zerstückelten Landes. Was gibt es dort in Yalo oder Yalu?, frage ich stattdessen, weiß nicht, was sonst fragen. Nichts, sagt er, nur verstümmelte Biographien und geschliffene Mauern aus Stein. Wo einst sein Haus stand und das so vieler Nachbarn, befindet sich jetzt ein Nationalpark. Ein Park, sagt er, das heißt eine ökologische Schutzzone, in der die Palästinenser, selbst wenn sie zurückkehren dürften, nicht wieder bauen könnten. Ein Park, in dem die Geschichte mit Bäumen verkleidet wurde. Doch finden sich dort noch die Spuren der Räumungen, die Fundamente der fortgerissenen Häuser. Und die Olivenbäume, sagt Hamza, wachsen weiter, wo sie stehen, beladen ihre Äste mit Oliven, obwohl es niemanden gibt, der sie erntet. Dann geht der junge Fast-Palästinenser, und auch ich gehe an dem Abend nach Hause, suche auf dem Bildschirm nach diesem Stadtfriedhof, den im virtuellen Raum jemand als »Niemandsland« bezeichnet. Von wegen niemand, wird geantwortet, es sei palästinensisches Land, völkerrechtswidrig usurpiert, und ein anderer führt ins Feld, den Park habe eine wohlhabende kanadische Zionistengemeinde finanziert, in der Absicht, die Vergangenheit auszulöschen. Nach Yalo fahren und Hamzas verschwundenes Haus besuchen, denke ich und lasse im Geist Brände, Erdbeben, Überschwemmungen und andere Naturereignisse vorbeiziehen, Leitfaden der palästinensischen Verluste. Dieses Verschwinden geschah jedoch von Menschenhand. Das Zerstörungswerk geistert durch meine Fantasie, bis der Student eines Nachmittags wieder zu mir kommt. Er überbringt eine Nachricht seiner Mutter aus Jordanien. Die Empfehlung trägt einen Namen, den ich noch nie gehört habe und der auf Hamzas Lippen nach loos klingt oder vielleicht nach loss, das englische Wort für Verlust. Aber loos oder loss bezeichnet auf Arabisch eine rohe Mandel mit dicker grüner Samthaut, die man ungeschält isst, mit etwas Salz, vielleicht Olivenöl. Selbst mein Vater, ein großer Mandelesser wie zuvor schon sein Vater, kennt sie nicht, als ich ihn danach frage. Keine meiner Tanten kennt sie. Ich werde das Wort so niederschreiben, wie es im Mund des jungen Fast-Palästinensers klingt. Wochen später entdecke ich sie auf einem Markt in Bethlehem, auf einem Metallwägelchen, inmitten einer Gasse. Ich werde ein Päckchen dieser rauhen Mandeln kaufen und ihm als Geschenk mitbringen, ohne zu gestehen, dass ich sie einfach nicht hinunterschlucken konnte, diese dicke Frucht des Verlustes, von seiner Mutter empfohlen.

Heimkehr ins Unbekannte

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