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post aus jaffa

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Und trotzdem geht mir Palästina nicht aus dem Kopf. Auch wenn ich in Madrid viel zu tun habe, drängen sich Jasers Worte beharrlich in meine Projekte: Palästina in eine Reihe über Orte aufzunehmen, die ich in einem kleinen unabhängigen Verlag herausgebe. Bei einem Schriftsteller, der dort lebt, einen Text in Auftrag geben – ein Abwälzen der Schuld, die plötzlich auf mir lastet. Der Name eines Bekannten-in-Jaffa fällt mir ein, ich fische nach seiner Mailadresse und unterbreite ihm den Vorschlag. Postwendend bekomme ich die Antwort. Der Schriftsteller nimmt das Angebot an, er habe die Gebiete für einige Zeit auf Eis gelegt, und seitdem er nicht mehr über die Region schreibe, lese ich auf dem Bildschirm, habe sich sein Blick auf den Konflikt verändert. »Und auch meine Art, zu erzählen.« Er sei sich »der Feinheiten bewusster geworden, und diese Feinheiten halte ich heute für wesentlich.« Vielleicht ein Tagebuch über sein Leben in Jaffa, schlägt er vor, und ich male mir aus, wie er mit sich selbst Form und Ton aushandelt, die dieser neue Text bekommen soll, male mir aus, wie er sich in die Aufgabe stürzt, das lange Schweigen aufzugeben. Dann spricht er ein Problem an, zu dem ich noch gar nicht gelangt war: die Notwendigkeit, schnell ein Gegenüber für diese Buchreihe zu finden, deren Titel immer vierhändig geschrieben werden, zwei Teile von einem Erzähler, zwei von einer Erzählerin. »Ich kenne keine Frau, die auf Spanisch über diese Region schreibt«, heißt es am Ende seiner Mail. Als ich die Nachricht gelesen habe, sehe ich, dass eine weitere von ihm wartet. »Kennst Du das Land Deiner Vorfahren?«, fragt er, und Jasers Satz kommt mir in den Sinn. »Willst Du nicht die palästinensische Partnerin für das Buch sein?« Gleich darauf kommt eine dritte Nachricht, in der er mir hastig erklärt, im Glauben, ich wäre noch bei seiner vorigen Mail, es sei eine teure Reise, das wisse er, aber er könne mir Unterkunft anbieten: »Auf Dich warten ein Sofa und zwei bezaubernde kleine Wesen, die Dich garantiert um sechs Uhr morgens wecken werden. Wenn Du wirklich kommst, erfinden wir uns ein ganz außergewöhnliches Konzept für das Buch. Sag einfach, wann es Dir passt.« Fahren oder nicht fahren, so wird meine Frage lauten. Fahren und schreiben oder nicht fahren und niemals mein Palästina Schrift werden lassen.

Heimkehr ins Unbekannte

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