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who are you

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Das Datum der Londonreise rückt näher, und immer öfter befällt mich Schwindel beim Gedanken an den freien Fall ins Ungewisse. Meine Tante-die-Ältere lässt mir über meinen Vater ausrichten, ich solle die entfernten Tanten besuchen und ihnen Geschenke mitbringen. Solle Wolljacken kaufen oder ein Seidentaschentuch oder ein Portemonnaie, das meinen geschrumpften Koffer nicht belaste. Sie werde es mir später zurückzahlen. Heb die Rechnung auf, betont die überkorrekte Immigrantentochter, meine Tante-die-Erstgeborene. Und ich solle sie so bald wie möglich anrufen, lässt sie ebenfalls ausrichten. Mein Vater diktiert mir eine Telefonnummer und verlangt, peinlich genau, dass ich sie wiederhole. Langsam sage ich die Ziffern auf, und ein Gedanke kommt mir in die Quere: In welcher Sprache wir uns verständigen werden. Natürlich auf Spanisch, sagt mein Vater, Maryam hat ein paar Jahre in Südchile gelebt. Das ist lange her, erklärt er, aber ein wenig spricht sie noch. Ich lasse die Nummer zwei, drei Tage auf dem Tisch liegen. Die Frist läuft ab und lässt mir schließlich keine Wahl. Ich zwinge mich dazu, sie zu wählen und nach ihr zu fragen. Hallo, sage ich, Maryam? Maryam, höre ich am anderen Ende wie ein Echo, und dann einen langen Satz auf Arabisch, der eine Frage oder ein Totengesang sein könnte. Hallo, wiederhole ich, hello, noch einmal, English?, und ich versuche, marhaba zu sagen, aber meine Zunge verheddert sich. Ich wiederhole: Maryam. Am Apparat ist wohl die andere Schwester, die niemals Beit Jala verlassen hat, die nur Arabisch spricht, mir aber ein paar Brocken steifes Englisch hinwirft und mir zu verstehen gibt, zumindest entnehme ich das ihrem Phrasieren, Maryam sei zu Besuch bei einem kranken Verwandten und werde um die und die Uhrzeit oder am nächsten Tag zurück sein. Eine Pause, dann ein gedehntes who are you, und ich versuche zu erklären, wer ich zu sein glaube. Da entsteht Erregung in der Leitung, das Beben einer Zunge, die zu übersetzen versucht, was ich ihr da sage, und die unter dem Druck der Antwort etwas herausschreit, das einzige Wort, was sie zur Hand hat. Aaaaah!, family!, sagt sie, in heftigster Bewegung, family!, family!, und ich, die ich nichts weiter zu sagen weiß, entgegne yes, yes, und fange zu lachen an, denn dieses Wort tönt so laut und verwirrend, und zugleich liegt eine gewaltige Leere von Jahren und Meer darin, von möglicher Armut, doch bei jedem family, das sie ruft, muss ich mehr lachen, sage yes, family, yes, als hätte ich alle anderen Wörter vergessen. Und ich weiß nicht mehr, ob ich ihr in diesem telefonischen Pingpong gesagt habe oder ob sie verstanden hat, dass ich reisen werde oder zurückkehren, dass ich sie besuchen möchte.

Heimkehr ins Unbekannte

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