Читать книгу Alte Männer - böser Traum - Linda Große - Страница 10
Kapitel 7
Оглавление„Wieso sind die Getränke nicht da?“, fuhr Nehberg Marlies ungehalten an. „Es ist schon halb sieben!“
„Sie kommen in einer Viertelstunde. Bei der Hitze schwimmen uns doch die Eiswürfel weg!“
„Na, dann ist gut, dann ist gut.“
Nervös drehte sich der Galerist von Marlies weg und fing an, die Bilder zu inspizieren. Er überhörte das Klopfen an der noch abgeschlossenen Eingangstür.
Vor jeder Vernissage die gleiche Anspannung, dachte Marlies, kein bisschen cool, der Mann!
Sie ließ die junge Malerin, die sich in Begleitung ihres Galeristen und Entdeckers befand, ein. Die beiden waren gut gelaunt und wirkten auf Marlies Wittke wie ein frisch verliebtes Pärchen. Der ist doch bestimmt an die dreißig Jahre älter, dachte sie amüsiert. Kein Wunder, dass Nehberg sie ausstellte. Bei der Protektion. Sie fand die Arbeiten jedenfalls nicht besonders aufregend. Und dann gleich eine Einzelausstellung. Nette Bildchen, keines größer als 6ox90 cm. Mittelmäßiges Talent, ohne eigene Handschrift und Marlies bezweifelte, dass die sich noch entwickeln würde.
Nach sechzehn Jahren bei Nehberg hatte sie ein gutes Gespür für Kunst bekommen. Allerdings pflegte er sie niemals nach ihrer Meinung zu fragen. Ungeachtet dessen, dass sie sich in den Jahren bei ihm von der Reinemachefrau zum unentbehrlichen Mädchen für alles entwickelt hatte. Es schepperte am Hintereingang. Das Personal vom Hotel nebenan lieferte die Sektkübel und Getränke. Alles dampfte vor Kälte. Marlies hoffte, sie würde nach der Einführung, die erfahrungsgemäß nie, wie in der Einladung angegeben, um 19 Uhr beginnen würde, noch gut gekühlten Sekt anbieten können. Sie wies die Mädchen an, Mineralwasser und Orangensaft um den Sekt herum aufzubauen.
„Ganz dicht heran an die Sektkühler“, sagte sie. „Wenn das Zeug wärmer wird, macht nichts. Aber der Sekt soll so lange wie möglich kalt bleiben.“
„Wir haben ihn bis jetzt im Tiefkühler gelassen“, erklärte Olga, die junge Weißrussin. „In einigen Flaschen sind schon kleine Eisstückchen.“
„Na fein, dann wird’s schon klappen“, bedankte sich Marlies. Nachdem die Mädchen abgezogen waren, kontrollierte Marlies nochmals die Gläser und stellte nach einem Blick auf die Uhr fest, dass es fast Sieben war. Normalerweise wären um diese Zeit schon die ersten Besucher in der Galerie. Sie fing Nehbergs nervösen Blick auf und lächelte ihm beruhigend zu. Sie würden schon kommen. Einige Treue tauchten immer auf. Die Künstlerin und ihr Begleiter waren nicht zu sehen, so stellte Marlies sich zu ihrem Arbeitgeber.
„Das mit der Dreizimmerwohnung scheint zu klappen“, teilte sie ihm mit. Sein Gesicht hellte sich auf. „Das freut mich.“
„Aber der Hausbesitzer will ihn trotzdem vorher noch kennen lernen. Er hatte noch nie einen Maler in seinem Haus. Scheinbar hat er ein wenig Angst um seine Parkettböden!“
„Na, dann muss Nikolas eben in Anzug und Krawatte bei ihm vorstellig werden. Ich denke, das ist kein Problem.“
Die Einführung von Dr. König begann um 19 Uhr 35. Es waren nicht mehr als zwanzig Personen anwesend. Während der Ansprache kamen zum Glück noch einige Nachzügler. Dr. König war trotz Anwesenheit seiner Gattin offensichtlich auch sofort dem Charme und guten Aussehen der Malerin verfallen. Seine begeisterte Ansprache dauerte fast zehn Minuten länger als gewöhnlich. Sogar die hartgesottensten Vernissagebesucher schoben sich erwartungsvoll immer näher an die Getränke heran. Als Marlies endlich den ersten Sektkorken knallen lassen konnte, ging eine Woge der Erleichterung durch die ganze Runde. Selbst Nehberg griff nach seinem Glas wie ein Verdurstender, statt sich zuerst den potentiellen Käufern zu widmen.
Der Sekt war noch angenehm kühl. Mineralwasser und Orangensaft hatten größtenteils Zimmertemperatur erreicht, bis auf die wenigen Flaschen, die direkt um die Sektkübel gruppiert waren. Das Eis war fast vollständig zerschmolzen. Nachdem alle mit Getränken versorgt waren, flüchtete Marlies auf die Damentoilette. Mit einigen Papiertaschentüchern trocknete sie Gesicht und Nacken. Der Schweiß lief ihr in Strömen über Rücken und Bauch. Sie wünschte sich, der Abend wäre endlich vorbei. Ihr Mann saß jetzt gemütlich im Garten und ließ wahrscheinlich die Beine in den Swimmingpool baumeln. Nun war sie ihm doch dankbar, dass er sich mit dem Schwimmbecken durchgesetzt hatte. Obwohl es die halbe Rasenfläche in ihrem Schrebergarten platt machte. Aber bei der Hitze war das Ding wirklich unbezahlbar. Sie war richtig froh, dass dies die letzte Vernissage vor der Sommerpause war.