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DAMAS Y CABALLEROS

ODER: SEÑORA, SEÑORITA ODER DOÑA?

Als Lena die Tür zur Sprachenschule öffnet, ist sie dankbar für die angenehme Klimatisierung der Räume. Die Schule belegt ein ganzes Stockwerk in einem sechsstöckigen Gebäude in der Innenstadt, unweit der Kathedrale. Am Empfang sitzt eine etwa 50-jährige Dame, Celia Rodríguez steht auf dem Schildchen, das vor ihr auf dem Tresen steht.

»Hola, señora Rodríguez«, grüßt Lena liebenswürdig. »Soy Lena Roth.« »Celia«, verbessert die Damen sie und bietet auch sofort das Du an.

Also, diese Spanier, denkt Lena, für das Du gibt es anscheinend keine Altersgrenze. Die Dame könnte ihre Mutter sein. Wenn zu Hause in Frankfurt die Patienten der Arztpraxis, in der ihre Mutter arbeitet, sie duzen würden, dann wäre sie aber ziemlich überrascht. Und zwar unangenehm. Aber Lena ist offen und anpassungsfähig. Kein Problem für sie, die Dame Celia zu nennen und sie zu duzen.

Celia schickt Lena zur Anmeldung in das Zimmer nebenan. Dort erwartet sie eine noch etwas ältere, elegant gekleidete Dame. An der Tür steht ihr Name: Amelia López de Almodóvar. Lena fasst sich ein Herz und spricht die freundlich lächelnde Dame als Amelia an und geht auch gleich zum Du über. Die Dame sieht sie über den Rand ihrer schicken Designerbrille prüfend an. »¿Alemana?« (Deutsche?), fragt sie. Lena nickt. Amelia klärt sie über das Kursangebot auf und stellt ihr auch die Freizeitkurse vor, die die Schule anbietet: Flamenco, Tapas kochen, spanischer Film. Am Ende ist die Dame noch mit dem berühmten Regisseur Pedro Almodóvar verwandt, schießt es Lena durch den Kopf, und sie entscheidet sich spontan für den Filmkurs. »Bist du mit Pedro Almodóvar verwandt, Amelia?« »¿Eeeeeeh?«, fragt Amelia und wirkt sehr irritiert. »Nein«, sagt sie knapp und dann ist das Gespräch beendet. Sie begleitet Lena zur Tür, gibt ihr zum Abschied sogar die Hand und ruft ihrer Kollegin Celia zu, dass »señorita Roth« nun Schülerin an ihrer Sprachenschule sei. Rumms, fällt die Tür hinter Lena ins Schloss. Nanu, was hat sie denn? Sie ist der zweite Mensch in Spanien, nach Xavi im Flugzeug, der nicht ausgesprochen liebenswürdig zu ihr ist. Was ist denn da schon wieder passiert?

Was ist da schiefgelaufen?

Lena ahnt, dass sie selbst etwas mit der Unfreundlichkeit von Amelia zu tun hat. Aber was?

Wir haben über das Duzen gesagt, dass es in Spanien sehr verbreitet ist. Unter jungen Leuten, unter Gleichaltrigen, unter »Gleichrangigen« ist es die übliche Anrede. Bei señora López de Almodóvar ist das nun aber etwas anderes. Lena konnte es nicht wissen, aber Frau Almodóvar ist die Chefin und Inhaberin der Sprachenschule. Und wahrscheinlich hätte selbst Frau Rodríguez, Celia, die Angestellte, ihre Chefin weder geduzt oder mit ihrem Vornamen angesprochen noch hätte sie sie señora López genannt, sondern doña Amelia. Die Bezeichnung doña, männlich don, vor dem Vornamen ist eine Art Ehrenbezeichnung und man verwendet sie entweder bei älteren, angesehenen und/oder in der geschäftlichen Hierarchie über einem stehenden Personen. Es ist die richtige Anrede für Chefs und Chefinnen. Achtung: Diese Bezeichnung steht immer mit dem Vornamen, nicht mit dem Nachnamen. Also doña Amelia, don Alberto. Das wäre die absolut richtige Anrede gewesen und Lenas Duzen war in dem Fall komplett fehl am Platz. Natürlich hat die Dame Lena nicht zurechtgewiesen und diesen Mangel an Respekt sicher ihrem Unwissen zugeordnet. Dass sie sie Celia gegenüber als señorita Roth bezeichnet hat, war gar nicht herabwürdigend oder verniedlichend gemeint, sondern neutral. Eine junge, unverheiratete Frau mit señorita anzusprechen, hat in Spanien keinen negativen Touch. (Was allerdings einen negativen Beigeschmack hat, ist die Bezeichnung señorito. Sie wird verwendet für Söhne reicher Leute oder Adeliger, die von Berufs wegen vorwiegend Söhne sind und nicht selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen müssen.)

In der formellen Briefanrede (»Sehr geehrte Damen und Herren«) verwendet man in Spanien meist Estimados Señores – bei den señores sind die Frauen mit eingeschlossen – oder man differenziert: Estimados señoras y señores. Wenn man den Namen des Angesprochenen kennt, schreibt man: Estimado señor Cano bzw. Estimada María Carmen. Auf die Anrede folgt übrigens ein Doppelpunkt, kein Komma, und der Brieftext beginnt danach mit einem Großbuchstaben.

Noch ein Wort zu Damas y Caballeros. So lauten die Bezeichnungen für die Damen- respektive Herrentoiletten, abgekürzt »D« und »C«. Oder auch Señoras (S) y Caballeros. Und wo wir schon einmal dabei sind: Die Toiletten selbst heißen servicios [serwithios] oder lavabos [lawabos], manchmal auch aseos [aseos].

DOÑA UND DON

Die respektvolle Anrede mit don/doña kommt vom Lateinischen dominus (Herr, Hausherr)/domina (Herrin, Hausherrin). Das Königspaar wird in Spanien so angesprochen: Su Real Alteza – Ihre Königliche Hoheit) Don Felipe und seine Gemahlin Doña Letizia.

Sie kennen den don bestimmt von den bekanntesten dons der Weltgeschichte, auch wenn sie »nur« literarische Figuren sind: Der erste ist Don Quijote de la Mancha (geschrieben 1605 von Miguel de Cervantes). Der zweite Don Juan (italienisch Don Giovanni), der Archetypus des Frauenhelden (geschrieben 1630 von Tirso de Molina).

Was können Sie besser machen?

Warten Sie zunächst ab und überlassen Sie es Ihrem Gegenüber, Ihnen das Du anzubieten. Bleiben Sie so lange beim usted (Sie), bis Sie ein klares und deutliches Du hören. Die Anrede usted, abgekürzt ud., Ud. oder Vd., ist übrigens die Kurzform der alten Anrede Vuestra merced (Euer Gnaden).

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