Читать книгу Rosenmord - Lisa Scott - Страница 10
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Оглавление»Shake and Bake sitzt im Gefängnis?« Artie ist erschüttert. »Zeigen Sie mir wo, Grace.«
»Sie können nicht zu ihm.«
»Was soll das heißen, ich kann nicht zu ihm?«
Erschöpft sieht Eletha zu uns herüber. Sie lehnt restlos fertig am Bücherregal im Referendarsbüro. »Dieser Irre sollte wirklich das letzte sein, was Ihnen heute Kopfzerbrechen macht.«
»Grace«, ruft Sarah von ihrem Schreibtisch, »was haben Sie eigentlich im Sicherheitsbüro gemacht?«
»Ich wollte die Kameras sehen.«
»Welche Kameras?«
»Sie wissen schon, die auf den Fluren. Ich wollte mal sehen, wer auf der anderen Seite sitzt.«
»Warum?«
»Ich war einfach neugierig. Ich wollte wissen, ob sie irgendwas Außergewöhnliches aufgenommen haben.«
»Sie meinen wegen des Geräuschs?« fragt Sarah.
Ben hebt den Blick von den Zeitungsberichten, die sich mit Armens Tod beschäftigen. »Welches Geräusch?«
»Ich hörte gestern nacht ein Geräusch, deshalb wollte ich die Bänder sehen, nur …«
»Bänder? Sie meinen die Aufzeichnungen der Kameras?« Sarah errötet leicht, und mir kommt da so eine Ahnung.
»Ja. Aus Sicherheitsgründen zeichnen sie alles auf. Wie im Supermarkt.«
»Ehrlich?«
»Selbstverständlich.« Ich sehe Eletha an. »Stimmt's, El? Die Kameras machen Aufzeichnungen.«
»Wenn du das sagst.« Eletha spielt mit. »Bewahren sie die Bänder auf?«
Danke, El. »Ja, in einer Stahlkammer. Sie wollen sie mir morgen zeigen.«
Ben drückt eine Taste auf seinem Computer. Das Modem singt ein Computerlied, während er Lexis aufruft, die Recherchedatenbank. »Es überrascht mich, daß die Regierung das Geld dafür hat.«
»Meister, was, zum Teufel, treibst du da?« fragt Artie. »Arbeitest du? Heute?«
»Ich rufe Lexis auf, erlaubst du das?«
»Was ist Lexis?« erkundigt sich Eletha. Sarah veranstaltet plötzlich eine Teezeremonie mit allen Schikanen, und das wunderbarerweise mit einem simplen Teebeutel. Sie muß es sein, die ich gestern nacht gehört habe. Sie sollte besser nie Poker spielen.
»Gibt mir irgend jemand eine Antwort? Was ist Lexis?«
Eletha läßt sich auf einen Stuhl plumpsen wie eine schwergewichtige Frau und stützt das Kinn in die Hand. »Vergeßt es. Ist doch scheißegal.«
»Lexis ist eine Datenbank für Zeitungen«, antworte ich rasch. »Für Zeitschriften, Zeitungen, Nachrichtenagenturen. Darin sind alle vertreten.«
»Wie gefällt euch das?« Versunken in seiner eigenen Welt, starrt Ben auf den Monitor. »Wir stehen unter HOTTOP. Der Fall Hightower und der Vorsitzende.«
»Du lieber Himmel, Meister!« Artie ist beeindruckt.
»Das muß mir einer übersetzen«, sagt Eletha.
»HOTTOP steht für brandheiße Schlagzeilen.« Die Worte hinterlassen einen bitteren Geschmack in meinem Mund. Ohne es mir zweimal zu überlegen, gehe ich zu Bens Computer und drücke den AUS-Knopf. Die leistungsstarke Anlage knistert protestierend, bevor sie erlischt. »Ein bißchen Respekt, Ben. Ein Mann ist tot.« Ich spüre einen schmerzhaften Stich in der Brust und kehre Bens überraschtem Gesicht den Rücken zu.
»Bravo, Grace!« Artie bricht in Applaus aus.
»Sie hat recht«, bekräftigt Eletha. Sie steht auf und streicht ihren Rock glatt. »Ich weiß nicht einmal, was wir hier noch machen. Wir sollten alle nach Hause gehen. Die Packerei kann warten.«
»Ich kann nicht glauben, daß er tot ist«, sagt Sarah, die an der Kaffeemaschine steht. Als einziges Geräusch ist das Blubbern des heißen Wassers zu hören, das in die Glaskanne tropft. Sarah nimmt die Kanne ein bißchen zu früh weg, und die letzten Tropfen vollführen einen zischenden Veitstanz auf der heißen Platte.
»Wir wollen doch bitte nicht gefühlsduselig werden«, sagt Ben.
Artie sieht aus, als würde er gleich ausrasten, aber plötzlich scheint ihm etwas einzufallen. Seine Miene verändert sich, beunruhigt runzelt er die Stirn. »Einen Augenblick. Grace, weiß Shake and Bake das von Armen?«
»Keine Ahnung.«
»O Scheiße. Ich muß zu ihm. Weiß der Himmel, was er tut, wenn er es erfährt. Wo ist das Gefängnis?«
»Im ersten Stock, aber man wird Sie nicht reinlassen.«
»Verdammt, sie werden. Er hat das Recht auf einen Anwalt, oder nicht? Ich bin Anwalt.« Artie hastet zum Garderobenständer und reißt Bens Sakko von einem hölzernen Kleiderbügel, der anschließend leer hin- und herschwingt.
»Das ist mein bestes Jackett, Weiss«, begehrt Ben auf.
»Ich weiß, Fatzke. Danke.« Er rafft das Sakko vor der Brust zusammen. »Sar, leih mir deine Aktentasche.«
»Willst du das wirklich tun?« Sarah reicht ihm eine geblümte Segeltuchtasche, aber Artie schiebt sie ihr wieder zu.
»Gib mir lieber einen Block. Wo, haben Sie gesagt, bringt man ihn hin, Grace?«
»In den Gerichtssaal 14 A, zu Katzmann. Sie versuchen, ihn dranzukriegen, weil er widerrechtlich Regierungsbesitz betreten hat.«
Artie schüttelt den Kopf. »Diese Kinder heutzutage, ständig in Schwierigkeiten. Was hab ich falsch gemacht, Mom?«
»Frag mich nicht, Kumpel.«
»Alles habe ich für ihn getan. Die Sommer in Montauk, die Winter in Miami Beach.« Heftig zerrt er an dem Sakko herum, und Ben zuckt zusammen.
»Bleib wenigstens ruhig, ja?« bittet Ben.
Eletha hält sich die Augen zu. »Ich habe nichts gesehen. Das alles passiert nicht.«
»Wie seh ich aus, Mom?« Artie wendet sich an mich. Er streckt die Arme seitlich aus, und die Ärmel rutschen ihm bis zu den Ellenbogen hinauf. »Geil?«
»Oberaffengeil.«
»Hervorragend.« Er klemmt sich einen Block unter den Arm und läuft aus dem Büro. Ich höre seine schweren Schritte, als er auf die Tür zum Flur zueilt. Mein Blick trifft Sarahs, aber sie wendet rasch die Augen ab und starrt in ihre dampfende Teetasse.
»Alles in Ordnung mit Ihnen, Sar?« frage ich. Bluff sie, spiel sie aus. Gehen nicht genau so Kriminalbeamte vor?
»Klar.« Ohne mich anzusehen, trinkt sie hastig einen Schluck Tee. »Wem wurde der Fall Hightower zugeteilt, Ben?« fragt sie.
»Wie kommst du darauf, daß ich das weiß?«
»Du kennst doch Galanters Referendare. Das ganze überkandidelte Pack.«
Das Telefon auf Elethas Schreibtisch läutet. »Scheiße«, stöhnt sie.
»Da kann passieren, was will, es läutet.« Bevor ich anbieten kann, für sie abzunehmen, schleudert sie ihre Pumps von den Füßen und trottet zu ihrem Schreibtisch.
Ben schaltet den Computer wieder ein. »Grace, hassen Sie mich, wenn Sie nicht anders können, aber ich logge mich wieder ein.«
»Sag uns, wer den Hightower-Fall gekriegt hat, Meister«, wiederholt Sarah, aber ich halte meine Hand hoch.
»Sarah, denken Sie mal eine Minute nach. Wer ist noch konservativer als Galanter?«
»Adolf Hitler.«
»Hier am Gericht, meine ich.«
»Richter Foudy.«
»Stimmt. Und jetzt, wo Armen tot ist, sucht Galanter bestimmt einen aus, der in seinem Sinn abstimmt. Er will die Karten neu mischen, auf Nummer Sicher gehen. Das Ergebnis umdrehen.«
Sie blinzelt. »Kann er das denn?«
»Sicher. Er ist der Vorsitzende. Und wenn Not am Mann ist, wählt er die verantwortlichen Richter sehr sorgfältig aus.«
Ben tippt in die Tasten. »Ich kann das weder bestätigen noch bestreiten.«
Das braucht er auch nicht. Ich weiß es. Galanter hat die Mehrheit zu seinen Gunsten manipuliert, der Fall Hightower ist gelaufen. Egal, wie Robbins sich entscheidet, es endet hundertprozentig mit zwei Stimmen gegen eine für die Todesstrafe. Bedauernswerter Armen; letztendlich konnte er Hightower nicht das Leben retten. Ich stehe auf. Plötzlich verspüre ich den starken Wunsch, allein zu sein.
»Seht euch das an.« Bens Stimme trieft vor Sarkasmus. »Welch nette Geste von Senator Susan, und wie typisch für einen Demokraten.«
»Was ist denn?« fragt Sarah. Ich bleibe in der Tür stehen.
»Stammt von der Washington Post. In dem Artikel steht, Susan habe versucht, Bernice einer Gruppe zu stiften, die Hunde für Behinderte sucht. Ich kann fast hören, wie die Rollstühle ineinanderrasseln, ihr nicht?« Er lacht so sehr, daß er hustet: kack-kack-kack.
»Sehr lustig«, bemerkt Sarah.
»Bernice ist weg?« Es überrascht mich, daß es mir innerlich weh tut.
»Weg, aber nicht vergessen«, sagt Ben, der sich inzwischen soweit erholt hat, daß er wieder Tasten drücken kann. »Offensichtlich wollten sie sie nicht haben. Sie nehmen nur junge Hunde.«
»Und wo ist sie jetzt?« frage ich von der Tür her, obwohl ich mir nicht sicher bin, ob ich es wirklich wissen möchte.
Ben drückt wieder eine Taste. »Das steht da nicht.«
»Ich weiß es«, antwortet Eletha, die eben ins Zimmer zurückkommt. Ein gelber Nachrichtenzettel klebt an ihrem Finger. »Von dort hat man gerade angerufen.«
»Von wo?«
Sie hält mir den Zettel unter die Nase. Die Telefonnummer, die darauf steht, ist mir unbekannt. »Ich habe bei der Wahl für Susan gestimmt, das verzeihe ich mir nie.«