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Ein Stück Demut

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Mit dem Messer in der Hand beuge ich mich über den drallen, mittelgroßen Thunfisch, den wir unterwegs gefangen haben. Die Swell liegt erstmals seit Monaten an einem Dock, und es ist schön, zur Abwechslung richtig Platz zu haben, um einen Fisch auszunehmen.

Als ich gerade den ersten Schnitt setzen will, schlendert ein schlaksiger Gringo Mitte vierzig auf mich zu und lehnt sich lässig an eine Lagerkiste.

»Stattlich«, sagt er.

»Danke.« Ich blicke nicht einmal auf. Auf Zuschauer habe ich gerade keine Lust, doch er hat den Wink wohl nicht verstanden und fängt an, ausführlich von einem Angelerlebnis zu erzählen. Ich habs kapiert, amigo, denke ich mir, du bist der Größte, und jetzt lass mich in Ruhe meinen Fisch zerlegen!

Er redet und redet, ich verdrehe die Augen und will das erste Filet herausschneiden. Ich war bis drei Uhr nachts wach und hab gegen eine Strömung von drei Knoten und einen wütenden Bienenschwarm angekämpft, um hier anzukommen. Ich bin hundemüde, hungrig und nicht in der Stimmung, mit ihm zu palavern.

Mein Messer ist nicht scharf genug, und meine Ungeduld macht es nicht besser. Ich massakriere das erste Filet, hacke es regelrecht vom Skelett – und natürlich geht auch die Haut nicht vom Fleisch ab.

»Weißt du«, sagt er und unterbricht die Schilderung irgendeines Sturms.

Ich weiß genau, was gleich kommt.

»Wenn du erst das Filet rundherum zuschneidest und das Fleisch vorerst am Knochen lässt, kriegst du die Haut leichter ab.«

Trotzdem ziehe und zerre ich missmutig weiter – und er fährt fort, als wäre nichts gewesen.

»Also, meine Eltern waren ja keine Segler …«

Ich versuche – vergebens –, ihn auszublenden, drehe den Fisch um und mache mich über die andere Hälfte her. Trotz meiner schlechten Laune beschließe ich, es mit seiner Technik zu probieren. Ich schneide zuerst am Rückgrat entlang, dann vom Kopf runter zum Bauch und so weiter – einmal um das Filet herum.

»Perfekt«, sagt er, »und jetzt vom Kopf her die Haut abziehen.«

Sie geht am Stück ab.

»Läuft doch.« Er grinst und geht endlich weiter.

Schlagartig ist mein Ärger verflogen, und ich habe ein schlechtes Gewissen. Ich war ihm gegenüber abweisend und respektlos und habe ihn nicht mal richtig angesehen. Ich zerlege das zweite Filet und renne ihm nach.

»Hier.« Ich drücke ihm das frisch zugeschnittene Stück Thunfisch in die Hand. »Danke für den Tipp!«

Die Wellenreiterin

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