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Grunzen im Bambuswald

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Vom Wald her wehte ein lauer Wind. Aufmerksam schob die Bärin ihre Nase ins Freie und schnupperte. Es roch nach Tauwetter. Von den noch froststarren Zweigen begann es zu tropfen. Und mitunter knackte es in den Ästen, wenn sich eine Schneelast löste und zu Boden platschte.

Hinter ihr in der Baumhöhle verlangte Palu energisch nach Milch, stupste sie hungrig von der Seite. Und auch er spürte, daß etwas anders war heute. Als er getrunken hatte, drängte er noch vor seiner Mutter hinaus.

Palu war nun mehr als fünf Monate alt, war größer und kräftiger geworden. Und trotz seines watschelnden Ganges war er recht schnell auf den Beinen. Er kannte das pulverige Weiß der langen Frosttage, hatte sich daran gewöhnt. Heute aber war auch der Schnee anders.

Das merkte er schon nach wenigen Schritten. Der Schnee stäubte nicht mehr, haftete vielmehr in dicken Klumpen an seinem Bauchfell. Und tief sanken seine kleinen Tatzen in den wäßrigen Pappschnee. Nur mühsam kam er vorwärts. Und seine Pfoten wurden naß.

Nach Tagen mit grau verhangenem Himmel brach mitunter Sonne durch treibende Wolkenfetzen, schimmerte es dazwischen in mattem Hellblau. Und wo ein Sonnenstrahl auf den verschneiten Berghang fiel, glitzerten die schmelzenden Eiskristalle im grellen Licht.

Neugierig tappte Palu auf einen Sonnenfleck im Schnee zu, steckte seine kleine Nase hinein. Aber das war auch nur naß und kalt. Nur auf seinem Rückenpelz spürte er die Wärme. Und die Helligkeit machte ihn munter.

Seit der Begegnung mit dem Schneeleoparden war Palu vorsichtiger geworden. Jetzt achtete er darauf, daß der Abstand zu seiner Mutter nie zu groß wurde. Zwar waren die meisten Tiere im Pandarevier harmlos, aber eben nicht alle. Und hier in den tieferen Regionen des mächtigen Bergmassivs, in die sich im Winter viele Tiere zurückzogen, gab es neben Schneeleoparden auch Schakale und Wölfe. Und im Frühling beendeten auch die Braunbären ihren Winterschlaf und gingen ausgehungert auf Futtersuche. Das alles mußte Palu erst lernen.

Aber seine Mutter achtete sorgsam auf verdächtige Geräusche. Sie kannte die Stimmen, kannte die Gerüche, die Markierungen gefährlicher Tiere. Und sie wußte auch die Warnsignale anderer Tiere zu deuten.

Im Augenblick drohte keine Gefahr. Nur ein paar Meisen flatterten aus dem Geäst eines Ahornbaumes, als sich ein Eichhörnchen mit flinken Sprüngen näherte. Irgendwo im Mischwald am Hang jenseits des Bergbaches hämmerte ein Specht auf morsches Holz. Und das Rauschen des Wasserfalls dröhnte heute lauter als sonst, angeschwollen vom Tauwasser.

Doch die Bärin lief erst in Richtung Bambuswald, Palu dicht hinter ihr. Mit einem Mal zögerte sie, schnupperte an zertretenen Spuren im matschigen Schnee und hob lauschend ihren Kopf. Aus dem Bambuswald drang ein Grunzen herüber, ein dumpfes Grunzen, vermischt mit hellstimmigem Quieken. Und irgend etwas trampelte lautstark zwischen dem Bambus herum.

Auch Palu war erschrocken stehengeblieben, beruhigte sich aber gleich wieder. Seine Mutter schienen die seltsamen Geräusche nicht zu stören. Gemächlich stapfte sie weiter, drang unbeeindruckt in das Bambusdickicht.

Plötzlich raschelte es zwischen Blattwerk und verholzten Stämmen. Eine massige Gestalt mit graubraun-borstigem Fell hob ihre langgestreckte Schnauze und blickte die beiden Pandas aus dunklen Augen prüfend an. Und hinter ihr hoben zwei etwa einjährige Jungtiere ihre kleinen Rüssel vom Boden und schnüffelten. Es waren Wildschweine, eine Mutterbache mit ihren vorjährigen Frischlingen, die als Allesfresser im tauenden Schnee ihren Hunger mit Bambus stillten. Palu stutzte. Die beiden Kleinen mit ihren neugierig zu ihm herüberschnüffelnden Rüsseln interessierten ihn. Und ihr Quieken klang ihm vertraut. Doch näher wagte er sich nicht. Im Gegensatz zu den geselligen Wildschweinen sind Pandas ausgesprochene Einzelgänger. Seine natürliche Scheu hielt Palu davon ab.

Einige Sekunden lang kreuzten sich die Blicke der beiden Muttertiere, dann hatten sie sich verständigt. Beide Mütter wollten nur ihre Jungen vor Gefahren bewahren. Aber hier gab es keine Gefahr. Pandabären sind friedliche Wesen; das wußten die Wildschweine. Und Wildschweine zählten nicht zu den Gegnern der Pandas. Der Bambus hier reichte für alle.

Leise grunzend senkte die Mutterbache ihren Rüssel und begann im Wurzelwerk zu wühlen, suchte nach Würmern und Käfern.

Auch die Kleinen futterten weiter, kümmerten sich im Schutz ihrer Mutter nicht mehr weiter um die beiden Pandas.

Palus Mutter stapfte gemächlich tiefer ins Dickicht. Erst ein ganzes Stück entfernt setzte sie sich außer Sichtweite bequem auf ihr Hinterteil, griff sich ein paar Stengel und mampfte Unmengen von Bambusblättern. Und Palu trottete folgsam hinter ihr her.

Nur für Palu waren die älteren Blätter und Stengel vom Vorjahr noch viel zu hart. Aber er sah aufmerksam zu, wie seine Mutter mit ihren beweglichen Vordertatzen die Bambusstengel geschickt wie mit einer Zange faßte.

Spielerisch versuchte er das auch, lernte wie alle Tiere im Spiel. Doch so ganz gelang ihm das noch nicht. Dazu war er noch zu tolpatschig. Und außerdem mochte er noch immer lieber Milch.

Palu, der Panda

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