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Palus erster Ausflug
ОглавлениеEinen Monat später wurde Palu schon mutiger. Zwar war er immer noch reichlich wackelig auf den Beinen und krabbelte lieber am Boden der Wurfhöhle herum, aber allmählich lernte er laufen. Nur war in dem hohlen Baumstumpf nicht viel Platz. Und wenn seine Mutter auf Nahrungssuche ging, blickte er ihr unschlüssig nach.
An einem sonnigen Wintertag, als der Atemhauch gleich einer kleinen Wolke in der klaren Luft stand, wagte Palu sich zum ersten Mal hinaus in die unbekannte Welt vor der bergenden Baumhöhle. Unbeholfen tappte er hinter seiner Mutter her.
Sehr weit lief er aber nicht. Mit seinen kurzen Beinen versank er bis weit über seinen kleinen Bauch im tiefen Schnee. Und Schneekristalle hafteten auf seiner schwarzen, feuchten Nase. Das fühlte sich kalt an. Unwirsch leckte er mit der Zunge darüber. Doch der Schnee schmeckte ihm nicht.
Palu fand das alles hier draußen sehr unheimlich. Und er quiekte ängstlich.
Die Bärin blieb stehen und blickte sich nach ihm um. Sie hatte Hunger, großen Hunger. Aber allein lassen wollte sie ihr Kind nicht mitten im Schnee. Fürsorglich lief sie zu Palu zurück, um ihn zu holen.
Darauf schien Palu nur gewartet zu haben. Kaum war seine Mutter bei ihm, kletterte er ihr hastig auf den breiten Rücken. Und die Bärin ließ es geschehen. Mit der leise schnaufenden Last auf ihrem dicken Pelz stapfte sie weiter.
Palu fühlte sich hoch auf ihrem Rücken schon viel wohler. Hier oben spürte er nichts vom Schnee; außerdem war das weiche Fell seiner Mutter schön warm an seinem Bauch. Nur wenn ein tief hängender Zweig ihn streifte, rieselte es weiß und kalt auf seinen Pelz. Doch das störte ihn nicht. Und mit neugierigen Blicken betrachtete er die im Sonnenlicht hell schimmernde Landschaft.
Sehr lange aber dauerte sein Ritt nicht. Das Bambusdikkicht lag nur ein kurzes Stück entfernt vom Wurfplatz. Und seine Mutter brauchte zwischen den vom Herbst noch frischen Bambuszweigen nicht lange zu suchen. Als sie einen Zweig mit zarten Blättern geschickt zwischen ihre Vorderpfoten nahm, setzte sie sich zum Essen gemütlich auf ihr Hinterteil. Und Palu rutschte sehr plötzlich von ihrem Rücken herunter. Unverhofft lag er wieder im Schnee.
Palu quiekte verdutzt. Aber es war nur vor Schreck, er war ja weich gefallen. Von seiner schwarzweißen Fellfärbung war kaum noch etwas zu erkennen. Fast völlig mit Schnee gepudert, wirkte er so weiß wie ein junger Eisbär. Und mit seiner kleinen Pfote wischte er sich unwirsch den feuchten Schnee von Augen und Nase.
Jetzt sah er wieder etwas besser. Und was er sah, interessierte ihn. Neugierig beobachtete er seine Mutter, wie sie bequem im Schnee sitzend einen Bambuszweig nach dem anderen zu sich herunterzog, die frischen Blätter abstreifte und geruhsam kaute.
Allmählich aber wurde es Palu zu langweilig. Auf Bambus hatte er noch keinen Appetit. Und der pulvrige Schnee begann ihm Spaß zu machen. Verspielt rollte er sich darin herum, schlug einen Purzelbaum und noch einen zweiten. Und dabei landete er auf einem vom Schnee verdeckten harten Gegenstand. Eifrig wühlte er das Ding aus dem Schnee, daß es nur so staubte, bekam etwas Hölzernes zwischen die Pfoten. Es war ein abgebrochener trockener Bambusstengel vom Vorjahr. Und eine Weile spielte er damit.
Inzwischen hatte seine Mutter allen Bambus in erreichbarer Nähe ihres Sitzplatzes aufgefuttert. Gemächlich stand sie auf, leckte sich die Schnauze und die Pfoten sauber und trottete weiter. Nur lief sie nicht zurück zur Baumhöhle, sie lief in entgegengesetzter Richtung.