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Ein unheimliches Geräusch

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Als die Sonne sich dem fernen Horizont zuneigte, strömten die Wasser langsam seewärts. Zwischen den kräuselnden Wellen erhoben sich vereinzelt schmale Sandstreifen.

Robbis Mutter war die erste ihres Rudels, die sich auf dem naß schimmernden Sand niederließ und seitwärts rollte. Neben ihr lag Robbi. Ungestüm stieß er sie mit seiner weichen Schnauze vor den Bauch. Und er trank, bis sein Bäuchlein sich rundete und ein Bart aus Milchschaum auf seinen Lippen klebte. Dann fiel er erschöpft in einen tiefen Schlaf.

Auch seine Mutter spürte die Müdigkeit. Noch hatte sie die Anstrengung der Geburt nicht ganz überwunden. Sie genoß die letzten wärmenden Strahlen der Abendsonne, und sie sehnte sich nach der Ruhe der Nacht, in der nichts Fremdes die Stille des Watts störte.

Plötzlich horchte sie auf. In der Ferne erklang ein eigenartiges Geräusch: das langsam sich nähernde Dröhnen eines Motors. Dieses Geräusch kannte sie. Ein verspätetes Sportboot kehrte zurück, suchte seinen Weg durch die Priele. Es bedeutete Gefahr, Gefahr auch für ihr Junges, das arglos neben ihr schlief und noch nichts von der Bedrohung ahnte. Aufmerksam sicherte sie nach allen Seiten. Falls das Boot noch näher kam, blieb nur die Flucht in den rettenden Priel. Und es mußte sehr schnell gehen.

Ringsum hoben die Seehunde wachsam ihre runden Köpfe. Einige robbten schon dichter an den Prallhang, um sofort abtauchen zu können. Unruhe erfaßte das Rudel. Aber noch verharrte es in vorsichtiger Gespanntheit. Dann ließ Harrso, ein altes erfahrenes Männchen, den Kopf sinken. Das Motorengeräusch entfernte sich. Die Gefahr war vorüber.

Aufatmend legte Robbis Mutter sich nieder. Das Junge durfte weiterschlafen, mußte nicht gewaltsam geweckt werden, seine noch schwachen Kräfte durch die Flucht verbrauchen. Es brauchte die Ruhe auf der nur für wenige Stunden trockengefallenen Sandbank. Und es brauchte den Schlaf.

Endlich versank die Sonne hinter dem Horizont. Dämmerung fiel über das Watt, wich allmählich dem Dunkel der Nacht. Robbi schlief noch immer. Und er schlief, bis der Mond das Watt in seinen blassen Schein tauchte.

Es war der Hunger, der Robbi weckte. Neugierig blickte er sich um. Alles sah anders aus. Am nachtschwarzen Himmel funkelte das kalte Licht der Sterne, und die mageren Strahlen des bleichen Mondes wärmten nicht. Robbi suchte die schützende Nähe seiner Mutter. Und er trank, bis er vor Müdigkeit einschlief.

Doch lange blieb ihm nicht mehr für seinen Verdauungsschlaf. Die Flut kehrte zurück, trat unaufhaltsam über die Ränder der Priele und glitt die Sandbänke hinauf. Das steigende Wasser näßte Robbis Bauch; sein hell schimmerndes Haar färbte sich dunkel. Er spürte die Kühle der Wellen. Und er blickte auf seine Mutter, die ihn aufmerksam beobachtete.

Sie wartete, bis er seine winzigen Flossen bewegte und zu schwimmen begann. Und sie folgte ihm und überwachte jede seiner Bewegungen. Robbi schwamm hinaus in das weite nächtliche Meer. Er hatte schnell gelernt. Die umsorgende Nähe seiner Mutter machte ihn sicher. Und die See war friedlich, hob und senkte sich nur in einer schwachen Dünung.

Allmählich verblaßten die Sterne. Der Horizont bekam ein orangenes Fell. Morgenröte überflutete das Meer, tauchte die flachen, langrollenden Wogen in ein unwirkliches Licht.

Robbis zweiter Tag begann.

Robbi, der Heuler vom Wattenmeer

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