Читать книгу Robbi, der Heuler vom Wattenmeer - Lothar Streblow - Страница 9
Wasserspiele
ОглавлениеEs war ein schöner, klarer Sommertag. Strahlend stand die Sonne hoch am Himmel. Robbi lag dösend auf der Sandbank. Eine leichte Brise wehte von See her gegen die Strände und verfing sich spielerisch in seinem trockenen Pelz. Das mochte er, dieses sanfte Streicheln. Wohlig wälzte Robbi sich auf den Rücken und kratzte sich mit seiner kleinen Vorderflosse den Sand vom Bauch. Er fühlte sich schläfrig. Und er schlief ein.
Als Robbi erwachte, schien ihm die Sonne direkt ins Gesicht. Und eine Strandfliege krabbelte ihm kitzelnd auf der Nase. Noch etwas dösig rollte er sich auf die Seite und blickte sich um – und erschrak. Seine Mutter lag nicht mehr neben ihm. Er war allein.
Verwirrt suchte er die Sandbank ab. Aber da lagen nur die anderen Seehunde des Rudels, ziemlich weit entfernt. Einige schwammen in dem nahen, tiefen Priel, der auch bei Ebbe Wasser führte. Es war ihnen wohl zu heiß geworden, und sie suchten Abkühlung. Und dann entdeckte er auch seine Mutter unter ihnen. Sie hatte die Zeit, in der er schlief, genutzt, um sich eine kleine Zwischenmahlzeit zu erjagen.
Robbi beruhigte sich wieder. Sicher würde sie gleich zurückkommen. Ab und zu sah er ihren runden Kopf auftauchen, doch sie kam nicht. Nach einiger Zeit wurde es Robbi zu langweilig. Die Wasserspiele der anderen Seehunde reizten ihn. Das mußte er auch mal probieren.
Vorsichtig robbte er auf den Prallhang zu, zögerte einen Moment und ließ sich dann kopfüber ins Wasser plumpsen. Er blieb einige Sekunden unter Wasser. Es war ganz hell hier unten am Grund des sonnendurchfluteten Priels. Alles hob sich ganz deutlich vom Boden ab. Neugierig stupste er mit der Nase gegen die Schale einer leeren Miesmuschel. Die Muschelschale trieb ein Stückchen weiter und scheuchte eine kleine Garnele auf, die fluchtartig davonflitzte. Verspielt jagte Robbi hinter ihr her. Das machte ihm Spaß. Dann entdeckte er einen Seestern, der gemächlich über den sandigen Grund zog. Doch den stupste Robbi nicht. Dieses fünfarmige Ding war ihm zu groß.
Zwischendurch tauchte er auf, um Luft zu holen. Dabei reckte er seinen Oberkörper weit aus dem Wasser. Er wollte sehen, wo seine Mutter steckte. Und er sah, wie ihr runder dunkler Kopf die Fluten teilend auf ihn zusteuerte. Sie hatte ihn entdeckt. Bald würde sie bei ihm sein.
Robbi schwamm ihr entgegen: unter Wasser. Das war viel interessanter. Seine Mutter würde ihn auch hier unten sehen, sogar viel besser. Und auch er sah mehr. Ganz dicht schwamm er über eine wie leblos daliegende Strandkrabbe hinweg. Sie blieb liegen, rührte sich nicht vom Fleck, war wohl schon tot angetrieben worden. Doch das konnte Robbi nicht wissen.
Plötzlich hob sich ein großes flaches Tier aus dem Sand, wedelte heftig mit den Flossen und stob davon. Zurück blieb eine aufgewirbelte Sandwolke.
Robbi stutzte verblüfft. Er hatte keine Ahnung, daß er mit seinen am Grund langstreifenden Barthaaren einen im Sand vergrabenen Plattfisch aufgescheucht hatte. Er fand das nur alles ziemlich aufregend. Mit einemmal sah er dicht vor sich im Wasser seine Mutter, die den zappelnden Plattfisch zwischen den Zähnen trug. Unbewußt hatte Robbi ihr eine fette Beute zugetrieben.
Die Mutter gab Robbi einen kurzen Nasenstüber und tauchte auf, um den großen Fisch an der Oberfläche hinunterzuschlucken. Unmißverständlich scheuchte sie Robbi zurück auf die Sandbank. Solche selbständigen Ausflüge schienen ihr wohl noch nicht angebracht; dazu war Robbi noch zu klein. Außerdem brauchte er die Sonne. Und Robbi war brav und fügte sich, denn er war froh, seine Mutter endlich wieder bei sich zu haben.