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Eins, zwei, drei im Sauseschritt …

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Ob wir wollen oder nicht, wir sind unlösbar an die Zeit gefesselt, und so kommt es, dass das, was gestern nicht einmal gedacht werden durfte, heute als Hoffnungsschimmer im Dunkel der aus den Fugen geratenen Welt erscheint. Man redet miteinander! Da sitzen plötzlich zwei alte Herren bei freundlichem Gespräch beisammen: der Papst mit dem alten Castro. Da schütteln die Herren Obama und Putin einander, wenn auch mit steinerner Miene, wieder die Hände. Und aus Wien verkündet namens der EU die Außenbeauftragte Mogherini, dass es nach 13 Jahren gelungen sei, im Atomstreit zwischen dem Iran und dem Westen einen Konsens zu erreichen. Drei Beispiele, von denen zwar niemand sagen kann, ob sie halten, was sie versprechen, die aber ein sicheres Zeichen dafür sind, dass sich in der großen Welt nicht nur das Klima ändert.

An unserem schönen Winzigerdteil aber scheint der Zug der Zeit vorbeigefahren zu sein. Unsere Repräsentanten in Parlament und Regierung beharren unbeirrbar auf Uraltprinzipien. Sie halten an einst erfolgreichen Traditionen fest und verwechseln Charakterstärke mit Altersstarrsinn. Die Bevölkerung aber hat angesichts des Flüchtlingsdesasters ganz unerwartet bewiesen, wie effizient sie imstande ist, beim Lösen von Problemen mitzuhelfen. Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar. Das hat schon die Ingeborg Bachmann immer gewusst.

Dialoge und Monologe haben eines gemeinsam: das Wort. Im ersten Fall sucht es das Gegenüber, im zweiten genügt es sich prinzipiell selbst. Monologe sind Selbstgespräche, in denen Rede und Gegenrede zugunsten einer einseitigen Anrede aufgegeben werden.

Damit Worte auch Gedanken in Bewegung setzen können, bedarf es einer Gesprächskultur. Ohne eine solche können Wörter kaskadenhaft aus einem purzeln, ohne dass dabei etwas herauskommt. Allerdings hege ich den Verdacht, dass genau das, nicht nur bei Politikern, der Zweck der rhetorischen Pflichtübung ist. Reden als Ablenkungsmanöver gewährt, dass das zu Besprechende nicht angesprochen wird. Wer eine Sache zerredet, erspart sich, über sie sprechen zu müssen. Das zu Verschweigende wird mithilfe der Worte verschwiegen.

Und deshalb plädiere ich für einen regen, gepflegten Gedankenaustausch auf Basis gegenseitiger Wertschätzung. Kein Zuhörender möchte plakativ angelogen oder gar hintergangen werden.

Das Sich-Entledigen von ichbezogener Information ergibt eine Müllhalde an egozentrischen Mitteilungen, aber noch kein Gespräch. Gespräch ist und bleibt ein Austausch gleichberechtigter Kommunizierender, die nicht nur etwas zu sagen haben, sondern vom Gesprächspartner auch etwas hören wollen. Wer immer nur selbst zu Wort kommen möchte, muss den anderen entweder mundtot machen oder Selbstgespräche führen. Doch gerade Selbstgespräche setzen einen klugen Partner voraus. Ob aber wirklich kluge Menschen Selbstgespräche führen?

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