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Schluss mit dem Doku-Irrsinn

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Nun also soll auch die seit eh und je bestehende und geduldete Zwischendurchentspannungspause, früher Zigarettenpause genannt, genau dokumentiert und damit kontrolliert werden. Der Zeitaufwand für die Dokumentation ist jedoch derzeit noch nicht dokumentationspflichtig. Jeder kleine und mittlere Gewerbetreibende, ob Apotheker, Küchenchef, Wirt, Zahnarzt oder Gemischtwarenhändler, stöhnt und ächzt unter den hierzulande europahöchsten Lohnnebenkosten und muss jetzt immer mehr das dringendst benötigte Hilfspersonal völlig zweckentfremdet für die Erledigung der wild wuchernden amtlichen Dokumentationsvorschriften einsetzen. Dass amtlicherseits ein Fehler in der Dokumentation entdeckt wird, ist selbstverständlich, und wie viel Zeit bis zur letzten erfolgreichen Kontrolle verbraucht wird, ist überwältigend.

Gerüchteweise hört man nun, dass zusätzlich zur Entspannungszeit-Dokupflicht auch eine WC-Dokupflicht, zweigeteilt in Groß- und Kleinzeit, angedacht ist, für deren Realisation aber derzeit noch ein Gender-Problem zu lösen ist, zu dem auch je ein Vertreter des Gesundheits-, des Frauen- und des Justizministeriums sowie ein Verfassungsrechtsspezialist geladen werden sollen.

Am Anfang war das Wort und am Ende die Dokumentation. Dokumentation beziehungsweise die vom Belgier Paul Otlet am Ende des 19. Jahrhunderts ins Leben gerufene Dokumentationswissenschaft war zuallererst eine pragmatische Reaktion auf den in Naturwissenschaft und Technik hastig ansteigenden Bedarf an Informationen. Und da dieser Bedarf von herkömmlich strukturierten Bibliotheken nicht mehr bewältigt werden konnte, gründete Otlet mit Henri La Fontaine im Jahr 1898 das als Mundaneum bekannt gewordene Museum in Brüssel mit dem Ziel, das gesamte Schrifttum der Welt als Bibliografie in Zettelkästen zu erfassen. Als Otlet 1934 seine Tätigkeit am Mundaneum beendete, ergänzte er diesen Traum mit der Hoffnung, dass die technische Verknüpfung von Büchern, Fernsehapparaten, Radios und Telefonen ein gesellschaftlich-globales Wissensnetz ermöglichen würde − eine Vorwegnahme des World Wide Web in einem von nationalistischen Diktatoren beherrschten Europa.

Nach 1945 griff die die gestürzten Diktaturen beerbende Rechtsstaatlichkeit diese Dokumentationsträume erneut auf, indem sie die Sammlung, Ordnung und Auswertung von Dokumenten aller Art zur Bewältigung von Gegenwart und Vergangenheit hinzuzog. In diesem Geiste war Dokumentation viel mehr ein demokratiepolitisches Mittel zur Realisierung eines hohen gesellschaftlichen Anspruchs als eine oftmals missbrauchte lästige Pflicht.

Ich denke, es wäre an der Zeit, sich der Ursprünge rechtsstaatlicher Dokumentationskultur zu besinnen und als letzte Brüsseler Groteske eine allumfassende Verordnung gegen staatlichen Regulierungswahn zu erlassen.


Zwei verlässliche Künstlerheim-Helfer aus Niederösterreich: Frau Landeshauptmann Johanna Mikl-Leitner und ihr unvergesslicher Vorgänger Erwin Pröll

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