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Kapitel 2
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1 In der Marsch wird der Unfug, der anderswo zu
Neujahr besteht, auch in der Pfingstnacht geübt, dürfte
aber eine Ausnahme bilden und erst später aufgekommen
sein.
Einteilung.
Wir haben es im Folgenden mit dem Aberglauben im
c h r i s t l i c h e n Volke zu tun. Nach Lehre des
Christentums ist der Endzweck der Erschaffung der
Welt die Offenbarung der Vollkommenheiten Gottes.
Die leblosen und lebenden unvernünftigen Geschöpfe
sollen diese Vollkommenheiten unbewußt verkünden,
der vernünftige Mensch bewußt und frei. Zu dem
Ende lenkt und ordnet der Schöpfer alles so, daß dieser
Zweck erreicht wird. Deshalb heißt es in einem
bekannten Liede:
Nichts geschieht von ungefähr,
Alles kommt von oben her.
Das ist die V o r s e h u n g . Der Aberglaube stellt
nun neben diese Vorsehung eine zweite, ihm genügt
die erste nicht. Er will sich damit nicht in einen Gegensatz
zu dieser stellen, er will sie vielmehr ausbauen,
ergänzen. Einmal läßt er Gesetze und Kräfte walten,
die das Christentum nicht kennt und Vernunft
und Erfahrung verwerfen (Vorbedeutung, Zauberei,
Vor-, Nachspuk), er gaukelt uns Feinde vor, die vernünftiger
Weise nicht existieren können (karrikierte
Teufel und dessen Verbündete: Hexen, Walridersken,
Wehrwölfe usw.). Ein andermal heftet er sich an die
Wirklichkeit, an Zahlen und Zeiten, an die Gestirne
des Himmels, an Feuer und Licht, an Pflanzen und
Tiere, er stellt sich ein bei den Festen des Jahres, bei
den wichtigsten Vorfällen im Leben des Menschen, er
beeinflußt die Sagen, die Volkslieder und Spiele, die
Märchen und Schwänke, welche im Volke gehen.
Daraus ergibt sich die Einteilung:
I. Die eingebildete Welt des Aberglaubens.
1. Vorbedeutungen. – 2. Zauberei. – 3. Vorspuk. –
4. Nachspuk. – 5. Teufel. – 6. Teufelsverbündete. –
7. Geister oder Wesen außer dem Teufel.
II. Die wirkliche Welt und der Aberglaube.
III. Ortssagen.
IV. Märchen und Schwänke.
Erstes Buch.
Die eingebildete, erträumte Welt des
Aberglaubens.
Erster Abschnitt. Vorbedeutungen.
(Folgen nicht abwendbar.)
1.
Der Aberglaube schließt aus bestimmten Zeichen oder
Erscheinungen oder Handlungen auf bestimmte Wirkungen
oder Folgen. Diese Wirkungen kann der
Mensch einmal verhindern oder abwenden, ein ander
Mal nicht. Hier haben wir die V o r b e d e u t u n g .
2.
Die Dinge und Vorgänge, in welchen eine Vorbedeutung
liegt, sind so mannigfaltiger Art, daß sich dafür
feste Gesetze oder Regeln nicht aufstellen lassen. Im
allgemeinen kann man sagen:
a) ungewöhnliche seltene Erscheinungen (Komet und
dgl.), ungewöhnliche Vorkommnisse bei festlichen
Gelegenheiten, als Hochzeiten, Begräbnissen, oder
auch ungewöhnliches Handeln eines Menschen
usw.;
b) auffällige, nicht ungewöhnliche Erscheinungen
(Krähen einer Henne, Heulen des Hundes);
c) alles Neue als Unterbrechung des Alltäglichen
(Hausbau, Ausbleiben der Schwalben, der Wechsel
der Jahreszeiten, erstmaliges Sehen des Storches,
erstmaliges Rufen des Kuckuks),
gelten als vorbedeutend. Und nicht einmal dies. Es
kann überhaupt alles, was man täglich und stündlich
erlebt, als vorbedeutend angesehen werden.
3.
Der Glaube an Vorbedeutung ist alt. Manche Sätze
verraten heidnischen Ursprung. Wenn es heißt, die
Katze, die sich putzt, kündige Besuch, insbesondere
einen Freier an, so ist man geneigt, an Freyja, die
Göttin der Ehe und alles dessen, was damit zusammenhängt,
der die Katze heilig war, zu denken. Ob
ein Zusammenhang jemals bestanden hat, wird sich
schwer feststellen lassen.
Groß ist das Gebiet der Vorbedeutungen und doch
schon stark eingeschränkt. Ein Pfarrer Jüchter in der
Grafschaft Oldenburg schreibt 1648 in das Kirchenbuch
über Mißgeburten von Menschen. »Es folgen
gemeiniglich auff solche erschreckliche Mißgeburten
Krieg, Pestilenz, theure Zeit, Wasserfluthen und anderes
Unglück.« (1. Heft des Rüstr. Heimatbundes S.
31). Der Rat und Chronist Winkelmann (Zeit Anton
Günthers) schreibt zu dem Tode des Lieblingspferdes
der Gräfin Marie Elisabeth, »daß die göttliche Vorsehung,
die insonderheit auf große Standespersonen
Acht habe, durch solche und dergleichen Anzeigungen,
was etwa uns künftig zu erwarten stehe, zuvor
andeuten wolle.« Die Sturmfluten des Jahres 1625
zeigen nach Winkelmann die nachfolgende Kriegsverheerung,
der Fall des Klöppels aus der großen Glocke
im Lappan in der Neujahrsnacht 1657 mehrere nachfolgende
Sterbefälle an und dgl. mehr. (Winkelmann,
Wunderhorn S. 135 ff.) Wie damals und später in unterrichteten
Kreisen über Himmelserscheinungen geurteilt
wurde, soll gleich gezeigt werden. Und auch
von dem, was noch zu Strackerjans Zeiten galt, von
ihm gesammelt und in diese Neuauflage herübergenommen
ist, um es vor dem Untergange zu bewahren,
ist vieles nicht mehr aufzutreiben. Das alte stürzt und
neues Leben blüht aus den Ruinen, das gilt auch auf
diesem Gebiete.
Wir schicken die Vorbedeutungen vorauf, deren
Folgen der Mensch nicht verhüten kann, weil die vorbedeutende
Ursache nicht abwendbar ist.1
Fußnoten
1 Bei einer nochmaligen Durchsicht fällt uns auf, daß
sich in diesen Abschnitt Vorbedeutungen eingeschlichen
haben, die in den folgenden Abschnitt (Folgen
abwendbar) gehören. Wir erinnern beispielsweise an
§ 28. Von Belang ist die Sache schließlich nicht, die
Verstöße sind mühelos zu entdecken.
4.
Vorbedeutung von H i m m e l s - u n d N a t u r e r -
s c h e i n u n g e n . – Ein jeder Mensch hat am Himmel
seinen besonderen S t e r n , der mit der Geburt
erscheint und mit dem Tode herabfällt. Daher sagt
man, wenn eine Sternschnuppe vom Himmel herabschießt:
Nun stirbt ein Mensch (Neuenkirchen).
Es flogen drei Sterne wohl über den Rhein,
Einer Witwe starben drei Töchterlein.
(Volkslied).
Wenn ein fallender Stern eine bestimmte Richtung auf
ein Haus nimmt, so deutet dies auf einen nahen Todesfall
in diesem Hause (Jever). Ein Wunsch, den
man beim Falle eines Sternes sich denkt, wird erfüllt.
Ein alter Märchenglaube kündet,
Der Himmel, er gewähre gern
Uns alle Wünsche, die wir hegen,
Wenn durch die Nacht hinschießt ein Stern.
(M. Bern).
Es heißt aber auch (Wildeshausen), wer eine Sternschnuppe
sehe, habe des Tages eine Sünde begangen.
– S o n n e n f i n s t e r n i s s e bedeuten Unglück.
Der Chronist Klinghamer auf Gut Dinklage
schreibt: »1567, Mittwoch nach Quasimodogeniti,
war der 9. Tag Aprilis, den Vormittag um 9 Schläge
bis auf 12, ist eine große schreckliche und wundersame
Finsterniß der Sunne gewesen, also, daß selbige
sich ganz und gar verwandelt und schwarz geworden,
auch die Sterne ein nach dem andern vom Himmel
herabgefallen, welches in mannigen Jahren nicht gesehen.
« Der spanisch-niederländische Krieg hatte begonnen,
der dem südlichen Oldenburg großen Jammer
bringen sollte. Ferner: »1577 ist großer Krieg, Aufruhr,
Pestilenz, Krankheit und Venien (Verbrechen)
gewesen, auch wunderlich neue Sterne und Finsterniß
der Sonne gesehen worden« (Klinghamers Chronik,
Landesbibliothek Oldenburg.) Die Angst vor Sonnenfinsternissen
in früherer Zeit beleuchtet Folgendes:
Eine Verfügung des münsterschen Fürstbischofs
Franz Arnold ordnet an, daß wegen der am 3. Mai
1715 eintretenden Sonnenfinsternis, die an diesem
Tage abzuhaltenden Prozessionen eingestellt und bis
auf den folgenden Sonntag (5. Mai) verschoben werden,
weil »vorhin offters verspüret worden, daß bei
dergleichen Finsternissen wegen alsdann herunterfallenden
fast schädlichen Himmelsthaues an Menschen
und Vieh Schaden zugefügt sei.« Die Pfarrer der
Ämter Vechta und Cloppenburg werden angewiesen,
von den Kanzeln über diese Schädlichkeit der Sonnenfinsternisse
das Volk zu unterrichten, damit am 3.
Mai Menschen und Vieh soviel als möglich im Hause
oder unter Dach bleiben und die Brunnen wohl zugedeckt
gehalten werden, auf daß der bei solcher Sonnenfinsternis
gemeiniglich herunterfallende Himmelstau
nicht schaden könne. – B l u t r e g e n deutet auf
blutige Kriege, Seuchen, Verbrechen usw. Der Chronist
Klinghamer schreibt: »1599 auf h. Weihnachten,
wie es groß Ungewitter gewesen, hat es bei der Vechte
um des Edlen Herbord von Elmendorf Haus Blut in
großer Vielheit geregnet – – – und ist Anfang des folgenden
Jahres einer zu Münster gerichtet, der mit 42
Frauen Ehebrüche begangen, über alles dieses noch
Jungfrauen geschändet.« 1542 hatte es bei Sassenberg
und Warendorf im Stift Münster Blut geregnet, und
aus 1543 meldet K. gewaltige Teuerung wegen Mißwachses,
welches eine Strafe Gottes gewesen wegen
der Menschen Sünde und Bosheit willen. Das Blutregnen
war hier also vorbedeutend. – Ein K o m e t
bedeutet ebenfalls Krieg oder ähnliche Heimsuchung:
(332). Dasselbe gilt vom N o r d l i c h t oder jeder
ungewöhnlichen Himmelserscheinung: (333). Wir
lassen folgende Aufzeichnungen Klinghamers hier
folgen: »1535: Etliche Tage vor der Eroberung der
Stadt Münster (Niederwerfung der Wiedertäufer) hat
das Kriegsvolk bei Dage am klaren Himmel Kreuz
und Schwert gesehen.« 1554: Es ist am Himmel zu
derselben Zeit eine Figur am Himmel gesehen, so
darin gestanden J.N.R.J. das ist »Jhesus von Nazareth
ein König der Juden«. Aus demselben Jahre berichtet
der Chronist von einer Pest in Transsilvanien; und im
Lande Cleve hat 1555 eine Frau 365 kleine Kindlein,
zur Hälfte Mädchen zur Hälfte Knaben, zur Welt gebracht.
»Es schreiben viele,« fügt K. hinzu, »daß es
so kleine Kinder seien gewesen, daß man keine
menschliche Natur an ihnen hat spüren können. Dies
alles ist wohl zu glauben, denn bei Gott ist kein Ding
unmöglich. Die Sache war so gekommen: Eine arme
Frau hatte 2 Kinder geboren. Dieserhalb von einer
reichen hartherzigen Frau angefahren dahin, es sei unmöglich,
zwei Kinder zumal zu erhalten, wenn man
nicht zwei Männer habe, habe die Arme gewünscht,
ihre Beleidigerin möge soviel Kinder erhalten, als
Tage im Jahre seien.« »1572 zur Zeit des Papstes
Gregor XIII ist ein wunderbarer seltsamer und ungewöhnlicher
Stern am himmlischen Firmament gesehen
worden, daß Keinmant gewußt, wo er es hindeuten
sollte. Es sein aber die alten Hebräer gänzlich der
Meinung, daß durch sothanen neuen Stern ein neuer
König bedeutet würde.« »1580 um Michaelis abends
10 Uhr sind zwei Monde am Himmel gesehen wor-
den.« »1580 im Herbste 8 Tage vor Michaelis ist der
Himmel mit großen feurigen Streifen bemalt gewesen,
ins Westen gezogen und wiederum verschwunden.«
Im Anschluß an diese Mitteilung berichtet K. von
Bränden, Verbrechen, feindlichen Einfällen, Mißwachs,
Seuchen usw. Der Oldenburger Chronist Winkelmann
erwähnt, daß im November 1618 ein erschrecklicher
Kometenstern mit einem langen brennenden
Schwanz bei klarem Himmel in ganz Deutschland
30 Tage lang gesehen sei als rechter Herold und
Vorbote der künftigen 30jährigen göttlichen Strafe.
Ebenso sieht zu der Zeit der Pastor Fabricius in Rastede
einen Kometen, der 54 Tage gesehen worden,
als Vorhersager von Krieg und Pestilenz an. Als 1858
der prachtvolle donatische Komet längere Zeit am
nächtlichen Himmel strahlte, sprach die ganze Welt
wiederum von Krieg, und viele glaubten später, er
habe den Zusammenstoß Österreichs mit Frankreich
und Italien im Jahre 1859 angekündigt. – E l m s -
f e u e r an den Mastspitzen deutet auf Todesfall unter
den Mannschaften. – R e g e n am Hochzeitstage, mit
andern Worten schlechtes Wetter, ist ein Zeichen, daß
die Frau im Ehestande viel weinen muß. Man pflegt
alsdann zu sagen, die junge Frau habe die Katze nicht
gut gefüttert, auch wohl mit dem Zusatze: »Darum
regnet es ihr in den Kranz,« nämlich auf dem Wege
zur Kirche, wo die Trauung stattfindet. Dagegen be-
deutet (Oldenburg, Varel, Münsterland) Regen am
Hochzeitstage eine fruchtbare Ehe, wenn dieser Regen
im Frühling oder Sommer als ein kurzer warmer Gewitterregen
die nach Feuchtigkeit lechzende Saat erquickt.
– Wenn der Küster den Kirchhof mäht, gibts
Regen. Außer dem Küster nennt man an verschiedenen
Orten einen Eingesessenen, der Unwetter herbeischafft,
wenn er anfängt zu mähen oder eine bestimmte
Wiese in Angriff nimmt. – R e g e n m i t S o n -
n e n s c h e i n b edeutet Mehltau für die Pflanzen. –
Wenn in den Nächten von Karfreitag auf Karsamstag
und von Karsamstag auf Ostern F r o s t sich einstellt,
so erfriert im folgenden Sommer der Buchweizen
(28). Woher am Ostermorgen der W i n d weht, dorther
weht es bis Pfingsten (53). Sind die Schweine unruhig
im Stalle, gibt es S t u r m (Münsterland).
5.
Von S ä u g e t i e r e n . »Das Pferd ist das fürnehmste
und glückbringendste, was dem Menschen auf seinen
Wegen und Stegen zuerst begegnen kann« (Saterld.).
Wie das Pferd spuksichtig ist (163), richtiger vielleicht,
weil es das ist, sind auch seine Bewegungen
vorbedeutend. Wenn Pferde bei einem Umzuge, namentlich
am Hochzeitstage, stehen bleiben oder stehen
bleiben müssen, weil am Wagen oder Geschirr
etwas nicht in Ordnung ist, so bedeutet dies Unglück
in der Ehe. Ebenfalls gibt es Unglück oder frühen Tod
in der Ehe, wenn die Pferde mit dem Hochzeitswagen
durchgehen (Friesische Wede, Münsterland). – In der
Gemeinde Löningen gingen die Pferde des Hochzeitswagens
infolge Schießens durch, das junge Paar wäre
um ein Haar verunglückt. Die Leute prophezeiten Unglück.
Die Ehe blieb kinderlos. – Wenn die Pferde
vor einem Leichenwagen unterwegs stehen bleiben
oder nicht ohne Zögern das Gehöft verlassen wollen
(Neuenk.), aber auch, wenn sie zu rasch laufen (Ammerl.),
so bedeutet dies, daß im Sterbehause bald ein
neuer Todesfall eintritt. Wenn die Pferde mit den
Ohren klappen oder wenn sie sich im Geschirr schütteln,
so kommen sie bald vor einen Leichenwagen
(Saterl., Bunnen, Dinklage). Begegnet dem Brautpaar
auf dem Wege zur Kirche ein Totenwagen, so stirbt
bald einer von beiden, wer, richtet sich nach dem Geschlechte
des Toten. – Wenn das R i n d v i e h prustet
(niest), so will es schneien (Saterl.). Wenn die Stirnhaare
der trächtigen Kuh einige Wochen vor dem Gebären
nach oben stehen, so gibts ein Bullenkalb, sonst
ein Kuhkalb (Jever). Liegt die Kuh beim Gebären auf
der rechten Seite, so gibts ein Bullenkalb, wenn auf
der linken, ein Kuhkalb (Jever).
6.
Wenn H u n d e am Tage oder abends oder nach einigen
nachts nach 11 Uhr vor einem Hause heulen, so
stirbt bald jemand in dem betreffenden Hause. Es sind
immer bestimmte Hunde, oft nur einer in einem
Dorfe, die als Totenverkünder gefürchtet sind. In
Brake war ein Hund, der bereits acht Leute in seiner
Gegend tot geheult hatte, weshalb eine Familie aus
seinem Revier fortzog. Noch gefürchteter war ein
Hund im Orte Visbek. Wo der nur auf der Straße am
Tage vor einem Hause lag, ohne daß er heulte, dort
mußte notwendig nach der Meinung der Leute ein Todesfall
kommen. Das Heulen in der Nacht kam dann
noch hinzu. Als ein Bote des Todes galt auch ein
Hund in Steinfeld. Wo ein Kranker war, hörte man
ihn heulen; man will gesehen haben, daß er durch das
Fenster ins Krankenzimmer geschaut hat. Einige
sagen, heulende Hunde sähen nicht bloß Tote, sondern
auch Hochzeit und Brand. Wenn der Hund einen
Strohhalm quer auf dem Rücken trägt, so bedeutet das
Brand (Märschendorf), vgl. 9. – Wenn ein Haus
brennt und ein Hund verbrennt darin, dann brennt das
neue Haus bald wieder ab (Budjag.), vgl. 26. Wenn
der Jäger mit seinem Hunde auf die Jagd geht, darf
der Hund sich nicht rechts vom Jäger lösen, sonst
geht die Jagd links; der Hund muß in die Tasche des
Jägers halten. – Wenn der Hund Gras frißt, will es
regnen. – Wenn zwischen zwei Freunde ein Hund hindurchgeht,
wird die Freundschaft getrennt. – Wenn
des Morgens beim Ausgange als erste Begegnung
eine K a t z e quer über den Weg läuft, so ist dies ein
schlimmes Zeichen. Ebenso, wenn Katzen in der
Nähe eines Hauses heulen (Holle). – Wenn die Hauskatze
sich putzt, kommt Besuch. Namentlich sind
Freier zu erwarten (Saterld.). – Wohin die Katze
kratzt und scharrt, daher kommt anderen Tages der
Wind (Scharrel). Wenn die Katze sich lang streckend
an Wand, Leiter, Baum usw. kratzt, so gibt es Wind
und zwar aus der Richtung, wohin die Katze sich
wendet (Osternbg.). In der Marsch sagt man: die
Katze kratzt den Wind um. – Wenn die Katze den
Hintern nach dem Feuer dreht, so will es frieren
(Scharrel). – Wenn die Katze Gras frißt, so will es
regnen. – Wenn jemand krank ist und ihm läuft eine
schwarze Katze über den Weg, so verläuft die Krankheit
schlecht (Varel).
7.
Die erste Begegnung von S c h a f e n ist glückverheißend,
namentlich wenn es mehrere sind und sie zur
Rechten gehen. – Wenn ein Schaf drei schwarze Lämmer
gebiert, so muß jemand im Hause des Eigentümers
sterben (Wangerooge). – Die erste Begegnung
eines S c h w e i n e s bringt Unglück. Ein gewisser
Jäger kehrte, wenn ihm mehrere Schweine begegneten,
stets sofort wieder um und ging auch die ganze
Woche nicht wieder auf die Jagd (Münsterld.). Ebendort
heißt es: Wenn man nach dem Amte geht und es
begegnet einem eine Herde Schweine, so weiche man
rechts aus, sonst verliert man seinen Prozeß. – Wenn
einem Brautzug ein Schwein begegnet, dauert die Ehe
nicht lange (Ammerld.).
8.
Unglück bedeutet es auch, wenn ein H a s e quer über
den Weg läuft (es wäre denn, daß ihn der Jäger sogleich
schösse). – Kommen in ein Haus ungewöhnlich
viele R a t t e n oder M ä u s e , so muß bald jemand
in dem Hause sterben. Viele Mäuse im Lande
bedeuten fremde Völker und Krieg. Dagegen sind
Ratten auf Schiffen ein gutes Zeichen, und wenn sie
das Schiff verlassen, geht dieses unter. – Wenn ein
M a u l w u r f in einem Hause Erde aufwirft, so deutet
dies auf einen Todesfall im Hause. Der Raum, in
welchem er es tut, kann auch noch nähere Anzeichen
geben: wenn z.B. in der Waschküche, so wird die
Hausfrau sterben (Lindern). Wenn ein Maulwurf quer
über den Weg wühlt, kommt bald eine Leiche des
Weges (Dinklage). In einem Hause starb ein Kind.
»Es fiel mir schon auf,« sagte darauf eine Frau, »daß
der Maulwurf hier und dort im Hause Haufen geworfen
hatte.« – Wenn F l e d e r m ä u s e ein Haus umschwärmen,
so deutet dies auf einen Todesfall
(Holle).
9.
Von V ö g e l n . Kommt ein H a h n vorn ins Haus
und kräht, so bedeutet dies entweder einen Leichenoder
einen Hochzeitsbitter (Jeverld.). – Wenn der
Hahn durch das Fenster sieht, gibt es bald Besuch. –
Wenn ein Hahn im Winter vor 9 Uhr abends kräht, so
gibts Frost. – Wenn ein H u h n kräht wie ein Hahn,
so gibts einen Todesfall im Hause oder sonst ein Unglück.
Einige sagen, um das Unglück zu verhüten,
müsse man das Huhn schleunigst töten, in der Tranktonne
ertränken. – Wenn die Hühner nachmittags
nach der Melkzeit gackern, so muß bald jemand im
Hause sterben (Blexen). – Findet man im Hause ein
ganz kleines Hühnerei von der Größe eines Taubeneies
(Spukei), so bedeutet dies Unglück. Einmal sagt
man, das Unglück wäre unabwendbar, ein ander Mal,
man müsse, um das Unglück abzuwenden, das Spukei
in fließend Wasser werfen (Jeverld.), oder in ein Tobbenloch
eines Hausständers legen und mit einem
Pflocke vorsichtig verschließen, dann werde nicht
bloß das Unglück ausbleiben, sondern das Haus sogar
(Ganderkesee) vor Blitz geschützt sein. Auch sagt
man, wer ein Spukei finde, müsse damit an einen Ort
gehen, wo zwei Wege sich kreuzen und es dort herüber
werfen, sonst gehe der Haushalt zurück. In der
Gemeinde Goldenstedt krepierten vor einigen Jahren
einem Bauer in wenigen Tagen bis zu 20 Stück Rindoder
Milchvieh. Die Tierärzte standen ratlos da. Sofort
hieß es in der Umgebung, eine Magd des Bauern
habe ein Spukei in den Ställen gefunden und dasselbe
gegen die Stallwände geworfen. Hätte sie das Spukei
genommen und ins Feuer geworfen oder vergraben, so
wäre das Unheil vermieden worden. Natürlich gab es
auch Leute, welche darauf hinaus wollten, Leute mit
bösem Blick hätten es dem Vieh angetan. – Wenn ein
Huhn ins Haus kommt mit einem Strohhalm quer
über den Rücken oder der Strohhalm fällt dem Huhn
vom Hausboden quer über den Rücken und das Tier
trägt denselben fort, so gibts bald eine Leiche im
Hause (Ammerld.), nach andern eine Leichenansage
(Langförden) eines Verwandten. Ist noch eine Ähre
am Halm, wird die Leiche eine Frau, fehlt die Ähre,
ein Mann sein (Visbek). Anderswo deutet die Ähre
den Tod eines n a h e n Verwandten an. Trägt das
Huhn vormittags den Strohhalm mit Ähre über den
Rücken, so wird der Todesfall bald eintreten. Im Ammerlande
deutet die Ähre am Strohhalm auf den Tod
eines jungen Menschen hin. Im Münsterlande gilt
durchweg der Satz: Ein Huhn mit einem Strohhalm
auf dem Rücken meldet den »Doensegger« (Leichenbitter)
an. – Wenn die Hühner des Nachts auf dem
Wiemen sitzen zu »kirren«, so bedeutet das einen To-
desfall. Wenn eine Henne am Tage kräht, gibts einen
Todesfall, kräht sie abends, wird der Todesfall bald
eintreten (Butjadg.). Wenn die Hühner sich plustern,
gibt es Regen; wenn sie abends früh ihr Nachtlager
aufsuchen, ist gutes Wetter für den folgenden Tag zu
erwarten. Wenn die Hühner beim Regen unter ein
Schutzdach laufen, hört der Regen bald wieder auf,
bleiben die Hühner beim Regen draußen, wird der
Regen durch den Tag anhalten. Schreien die Hühner,
kommt Wind und Sturm, baden sie sich beim Sonnenschein
im Sande, kommt Regen. – Schwarzes Huhn
soll man nicht schlachten, damit steht der Teufel im
Bund. – Schwarze Hühner entstehen aus einer Paarung
von Krähen und Hühnern (Münsterld.)
10.
Wo eine S c h w a l b e nistet, bleibt das Unglück
weg. Schwalbennester sichern insbesondere vor Feuersgefahr.
Fällt ein Schwalbennest herab, werden die
Hausbewohner binnen Jahresfrist das Haus verlassen
(Oldenburg.) – Je mehr S e e m ö v e n das Schiff verfolgen,
desto mehr Glück (gutes Wetter) auf der
Fahrt. – Wenn der Brustknochen der ersten gebratenen
G a n s weiß oder bläulich ist, so kommt ein
strenger Winter, wenn braun, ein gelinder. – Wer im
Frühjahr beim ersten Ruf des K i b i t z kein Geld in
der Tasche hat, wird das ganze Jahr nichts erübrigen
(Jeverld.). – Wo ein S t o r c h nistet, gibts Glück, namentlich
reichen Kindersegen. Nistet er auf dem
Hause eines kürzlich getrauten Ehepaares, so bekommt
dieses so viel Kinder, als er Junge hat. – Ein
Storchnest bedeutet Schutz vor Blitz. – Trägt der
Storch sein Nest auf einen anderen Platz, bedeutet
dies, daß das Haus zum Untergange durch Feuer bestimmt
ist. – Nistet der Storch zum ersten Male vorn
auf einem Hause, so gibts einen Toten, nistet er hinten,
so gibts eine Braut oder einen Bräutigam im
Hause. – Wer den ersten Storch fliegend sieht, hat
Glück in dem Jahre, dagegen Unglück, wer ihn zuerst
verschlagen auf dem Felde stehen sieht. Wie andere
(Friesoythe) sagen, wird der erstere das Jahr fleißig,
der zweite faul sein, oder (Oldenbg.) der erstere wird
reisen, der zweite nicht. – Wenn der erste Storch sich
laust (sich putzt), muß man in demselben Jahre sterben
(Vechta) oder wird wenigstens krank (Oldenbg.).
Wenn der Storch vorn auf dem Hause auf einem
Beine steht und ganz traurig aussieht, dann wird einer
im Hause krank, steht er so hinten auf dem Hause, so
stirbt einer. – Wenn der erste Storch klappert, wirft
man das Jahr viel entzwei. – Wenn der Storch mit beschmutztem
Gefieder auf der Wiese steht, so gibt es
Regen. – Kommt der Storch spät, so gibt es ein
schlechtes Jahr.
11.
Wenn beim Anfange einer Reise eine E l s t e r quer
über den Weg läuft, so soll man die Reise nicht fortsetzen,
denn sie fällt unglücklich aus (Münsterld.).
Wenn die Elster hoch im Baume nistet, gibt es einen
nassen Sommer (Münsterland). Wenn fremde Elstern
sich bei einem Hause, in welchem ein Kranker liegt,
einfinden und schackern, wenn sie an die Fenster fliegen,
wenn sie sich auf das Dach setzen und in die
Dach-Heide picken, wenn sie sich beim Hause auf die
Erde niederlassen, so deutet dies auf baldigen Todesfall.
– Ein Landmann erzählte, er habe eine Magd gehabt,
die krank geworden und in einem Zimmer des
Hauses verpflegt sei. Gegen abend habe sich immer
eine Elster eingestellt und vor dem Fenster des Krankenzimmers
ihr Gekrächze verübt. Man habe dann die
durch den Vogel unruhig gewordene Kranke in ein
anderes Zimmer gebracht, das auf der anderen Seite
des Hauses gelegen gewesen. Alsbald habe sich die
Elster dort vor dem Fenster eingestellt. Das Mädchen
sei bald darauf gestorben (Oythe). – Beim Krankenhause
in Löningen wurde ein Sandhügel abgefahren.
Eines Tages machten Elstern in den nahen Bäumen
einen gewaltigen Spektakel. »Mein Gott,« sagte ein
Arbeiter, »wie stellen sich doch die Vögel an, da muß
ja wohl einer sterben!« Am selben Tage wurde ein
junger Mensch von niederstürzenden Sandmassen
verschüttet und erstickte.
»Sprach der Markolf: Weh dem Kranken,
Denn er reitet zu den Toten!
Leidvoll seh ich ihn umflattern
Dich der Hel schwarzweißen Boten.«
(Weber, Dreizehnlinden, 80. Aufl. S. 157.)
Was von der Elster gilt, gilt stellenweise von den
K r ä h e n , D o h l e n , überhaupt von schwarzen
Vögeln; sie gelten dort als Totenvögel (Friesische
Wede). – Das Schreien von K a u z und E u l e verkündet
allgemein Unglück, und insbesondere Todesfall,
wenn sie neben oder hinter einem Hause schreien,
sich auf das Haus setzen oder an die Fenster fliegen.
Wenn der Uhu »huhu« schreit, kommt bald eine
Hochzeit, wenn das Käuzchen schreit: »Komm mit«,
muß bald jemand sterben. – Wenn die R o h r d o m -
m e l ruft (Saterld.), wenn wilde T a u b e n ein Haus
umfliegen (Holle), so bedeutet dies Unglück, vermutlich
Tod. Vor mehr als zweihundert Jahren erschienen
einer armen Frau auf dem Torfmoor im Eversten drei
Tauben, eine blaue, eine rote und eine weiße, und ein
kleines Männchen, das gleichfalls erschien, legte dies
dahin aus, daß die erste eine Pest, die zweite Feuer
und Krieg, die dritte eine Friedens- und Gnadenszeit
bedeute (Winckelmann, Wunderhorn S. 16). – So oft
die erste W a c h t e l schlägt, so viel Taler kostet das
Jahr der Malter Roggen (Münsterld.), so viel Kopfstücke
zu 5 Groschen der Scheffel (Wardenbg.,
Osternbg.); je öfter sie schlägt, heißt es vielerwärts in
allgemeiner Form, desto teurer wird der Roggen.
12.
Von a n d e r e n T i e r e n . Wer im Frühling den ersten
F r o s c h im Trockenen sieht, hat Glück
(Butjadgn.). Frösche im Hause bedeuten einen Todesfall
(Wangerooge). – Wenn ein H a i f i s c h tagelang
das Schiff verfolgt, bedeutet das einen Todesfall oder
Unglücksfall mit tötlichem Erfolge. Der Haifisch
weiß, daß ihm ein Opfer in Aussicht steht. – H e i m -
c h e n im Hause bedeuten Wohlergehen, auch sagt
man: In einem Hause, wo die Heimchen schreien,
gehts glücklich zu. – Wenn Kinder L ä u s e haben,
so ist das ein Zeichen von Gesundheit: »Jung, hest
Lüse, kannst noch mal 'n groot Beest wärn« (Oldenburg).
– S p i n n e n , namentlich die kleinen roten
oder schwarzen, bedeuten Glück, wenn sie sich von
oben auf Hand, Gesicht usw. niederlassen. Andere
Spinnen, besonders die großen, bedeuten am Abend
Glück, am Morgen Unglück.
Spinne am Abend erquickend und labend,
Spinne am Morgen bringt Kummer und Sorgen.
Trägt die schwarze S c h n e c k e Sand auf dem
Schwanze, so gibt es trockenes Wetter (Friesoythe).
13.
Von P f l a n z e n . Wenn ein O b s t b a u m , namentlich
ein Apfelbaum, im Herbste blüht oder auch frische
Blätter treibt, verkündet dies den Tod eines
Hausgenossen, zunächst des Hausherrn (Friesische
Wede, Dinklage). Das Blühen einer weißen Rose im
Herbste bedeutet in Butjadingen Tod im Hause, einer
roten Hochzeit, anderswo zeigt das Blühen einer Rose
im Herbst überhaupt einen Todesfall an (Stedingen).
Das Herauswachsen von Laub aus einer Rosenblüte,
oder das Herauswachsen einer zweiten Blüte aus einer
ersten verkündet für das nächste Jahr eine Braut im
Hause. – Viele B r o m b e e r e n oder viele E i -
c h e l n im Herbste versprechen für das kommende
Jahr eine gute Roggenernte (Saterld.). In Löningen
verkünden viele Brombeeren und Eicheln einen harten
Winter, in Vechta und Umgegend viele S c h l e h e n ,
anderswo wieder schließt man aus vielen H a s e l -
n ü s s e n auf einen strengen Winter. – Der Faulbeerbaum
trägt zugleich Blüten und reife und halbreife
Furcht; je mehr reife Früchte sich frühzeitig zeigen,
desto früher muß die Aussaat des Roggens erfolgen
(Saterld.).
14.
Ist zwischen grünen und weißen E r b s e n eine mit
roter Blüte, so bedeutet das Krieg (Oldenburg). Wenn
sich während der Erbsenblüte ein gelbes nicht etwa
welkes Blatt an den Erbsen findet, so muß bald jemand
im Hause sterben. Dasselbe sagt man von den
B o h n e n (Viets-, Garten-, Pferdebohnen); in Dinklage
heißt es, eine weiße Bohne innerhalb der übrigen
bringt Glück. – Ist eine Pflanze unter dem braunen
K o h l , deren Blätter in der Mitte (Herzblätter) weiß
und nur am krausen Rande grün sind, so gibts bald
einen Todesfall, sind aber die Herzblätter rosa oder
lila gefärbt, so wird das Haus bald eine Braut sehen
(Oldenburg, Friesische Wede). Wenn im Flachs eine
Kohlpflanze steht, so kommt der Flachs auf den
Brautwagen (Dinklage). Wer im Frühjahr beim Pflanzen
von G e m ü s e ein Ende einer Reihe unbepflanzt
läßt, d.h. weil er es vergessen hat, wird das nächste
Frühjahr nicht erleben (Friesische Wede).
15.
Eine Zwillingsähre am R o g g e n ist glückbedeutend.
Wenn ein Schoof Stroh von der Hille fällt (Saterland)
oder aus der Bodenluke (Balkenhol) auf die Tenne
(Lindern), muß bald jemand im Hause sterben (weil
der Tote zuerst auf Stroh gebettet wird). Wenn auf
dem Wege, den man morgens zuerst betritt, ein paar
Strohhalme in Kreuzesform liegen, so bedeutet dies
Unglück, namentlich einen Todesfall in naher Verwandtschaft.
Doch heißt es auch (Jever), Stroh auf
dem Fußboden bedeute Besuch. – In Löningen sagt
man, zwei kreuzweise übereinander liegende Strohhalme
auf einem rein gekehrten Hausflur kündigen
einen Todesfall an. – In Löningen wird auf den Dörfern
der Pfahlt (Düngerstätte vor der Einfahrtstüre)
bei Beerdigungen mit Stroh belegt, damit die Leute
die Füße trocken halten oder um den Dung den Augen
der Leidtragenden zu verbergen, bei Hochzeiten dagegen
mit weißem Sand bedeckt. Wird bei einer Hochzeit
arglos statt des Sandes Stroh gestreut, so deutet
dies Unglück in der Ehe an. – Ein vierblättriges
K l e e b l a t t , ungesucht gefunden, bedeutet Glück.
Ein fünfblättriges Unglück (Oldenbg.). – Wenn man
auf B l u m e n riecht, die auf einem Grabe gepflückt
sind, so verliert man den Geruchsinn.
16.
Von a n d e r e n M e n s c h e n . Wem beim Ausgange
am Morgen ein K i n d , sei es junges Mädchen
oder Knabe, begegnet, hat Glück für den Tag, dagegen
Unglück, wem ein altes Weib begegnet, um so
schlimmeres, je hexenmäßiger dieses aussieht. Der
Jäger, der in der Ferne eine alte Frau sich entgegenkommen
sieht, glaubt sich noch geborgen, wenn er
nur vor der eigentlichen Begegnung noch einen Seitenweg
einschlagen kann, und wer ihr wirklich begegnet,
kann sich wenigstens vor größerem Unglück bewahren,
wenn er eben nichts Wichtiges unternimmt
(Oldenbg.). Wenn aber liebenswürdige Nachbarn veranstalten,
daß jemanden beim ersten Ausgange eins
ihrer Kinder begegne, so sagen sie sich selbst, daß sie
damit wohl weniger geradezu dem Manne nützen, als
ihm eine Freude mit auf den Weg geben (Ovelgönne).
Begegnet einem am Neujahrstage zuerst eine alte
Frau, so bedeutet dies Unglück für das ganze Jahr. In
Wangerooge ist es das weibliche Geschlecht überhaupt,
das Unglück bedeutet, ohne Rücksicht auf das
Alter, nur ganz kleine Mädchen etwa bis zu drei Jahren
gelten noch für unschädlich (Ehrentraut, Fries.
Arch. II. S. 19, 20). – Wenn am Weihnachts- oder
Neujahrsmorgen oder in der Neujahrsnacht die Kinder
glückwünschend von Haus zu Hause ziehen, und zuerst
Mädchen in ein Haus kommen, so bedeutet dies
einen Sterbefall im Hause (Wangerooge). – Wenn
Kinder vor einem Hause tanzen und singen und dabei
etwas auf dem Rücken tragen, so wird jemand in dem
Hause sterben (Westerstede). – Fürchten sich kleine
Kinder vor jemand, bei dem das sonst nicht der Fall
war, so wird er nicht lange mehr leben (Friesische
Wede). – Kinder, welche gern vom lieben Gott und
den Engeln sprechen und für ihr Alter ungewöhnlich
klug sind, leben nicht lange (Stedingen). – a. Es war
ein alter Wangerooger Schiffer, der wollte Frühjahrs
seine erste Ausflucht machen mit seinem Schiffe und
hatte seinen Sack mit Sachen auf dem Rücken, um
zum Strande hinabzugehen. Da ging ein Weib vor
ihm über. Er kehrte wieder um nach Hause. Andern
Tags ging er abermals hinab, da kam wieder eins vorüber,
und wieder kehrte er um. Am dritten Tage denkt
er, er will hinter der Düne und hinter all den Gärten
herum und so hinunter aufs Watt und zu seinem
Boote, und spricht zu seiner Frau: »Mir ist bange,
mich befällt diese Reise ein schweres Unglück, zweimal
sind sie schon vor mir übergestrichen, zum dritten
Male will ich hinter der Düne herum, und vor drei
Nächten hat mir geträumt, daß die Raben mich verzehrten,
ich fiel ins Wasser, und die Raben verzehrten
mich – ich komm' wohl nicht wieder.« »Heißt 'n
schlechter Trost,« spricht die Frau, »den du mir
reichst.« Und damit geht er fort, um abzufahren. Acht
Tage darauf verlieren sie das Schiff. Sie gehen ihrer
drei in eine Jölle, ihr Leben zu bergen, die andern beiden
bergen ihr Leben, er wird aus der Jölle geschlagen
von einer Welle. (Nach Ehrentraut, fries. Arch. II,
S. 19.)
17.
Wenn s i e b e n F r a u e n auf einem Kreuzwege stehen,
so gibt es Regen (Oldenbg., Münsterld.) – Wenn
mehrere Leute auf dem Wege zur Kirche zusammengehen,
muß bald einer davon sterben (Dinklage). –
Wenn mehrere Geistliche an einem Punkte sich treffen,
zufällig oder auf Verabredung, gibts Regen
(Münsterld.). – Zwischen z w e i Geschwistern sitzen
bringt Glück (Oldenbg.). – Wenn zwei Personen zu
gleicher Zeit dasselbe sagen, beglückwünschen sie
sich: »Wir leben noch ein Jahr zusammen.« – Wenn
man von einem Abwesenden spricht und dieser unvermutet
hereintritt, so begrüßt man ihm im Saterlande:
»Du best noch nit fege« (dem Tode geweiht). Anderwärts
sagt man weniger höflich: »Wenn man van'n
Düwel spreckt, so is he dichte bi.« – Wenn jemand in
der Dunkelheit sich im eigenen Hause verirrt, oder an
Orten sich zu schaffen macht, wo es nichts zu besorgen
gibt, so ist er fege (Münsterld. und friesische
Wede). – Wenn die Hand einer Person, von welcher
man sich auf längere Zeit verabschiedet, kalt ist, so
wird man sie nicht wiedersehen (Münsterld.). – Befindet
sich ein Kranker am Sonntage besser als an den
Wochentagen, so ist er fege. – Wenn am Abende vor
Weihnachten oder Neujahr bei den Häusern geschos-
sen wird und bei einem Hause der Schuß versagt, der
Hausbewohner aber dennoch die Schießenden einläßt,
so bedeutet dies gleichfalls einen Sterbefall (Wangerooge).
– Werden zu einer Zeit viele Knaben geboren,
so steht Krieg bevor (Stedingen).
18.
Von Vorgängen bei H o c h z e i t e n . Heirat in der
Bittwoche (Christi Himmelfahrtswoche) bringt Unglück
(Löningen). – Wenn am Hochzeitstage in der
Nähe ein Unglück geschieht, jemand stirbt, ein Haus
abbrennt usw., ebenso wenn bei den Vorbereitungen
zur Hochzeit oder bei dem Feste selbst etwas nicht
recht ist, beim Brautwagen eine Unordnung vorkommt
usw., so ist dies von übler Vorbedeutung für
die Ehe (5). Verliert jemand einen Trauring (Oldenbg.)
oder läßt ihn bei der Trauung fallen (Holle),
so ist in der Ehe kein Glück. Wenn der Braut auf der
Hochzeit das Kleid eingerissen wird, so bleiben Braut
und Bräutigam nicht lange bei einander. – Wenn bei
Hauskopulationen das Licht vor dem Bräutigam flakkert,
so muß dieser bald sterben, wenn vor der Braut,
die Braut (Dötlgn.). – Brennt bei der Trauung die
Kerze der Braut gegenüber schlecht, so muß die Frau
zuerst sterben, umgekehrt der Mann zuerst. Ist am
Tage der Trauung ein Leichenbegängnis, gibts Unglück
in der Ehe. Wer von den Eheleuten, die von der
Trauung kommen, zuerst ins Haus tritt, muß zuerst
als Toter wieder hinaus. Brennen bei der Trauung
beide Altarkerzen hell, bedeutet das ein langes Leben
(Bunnen). – Kniet der Bräutigam bei der Trauung mit
einem Knie auf dem Kleide der Braut, so wird er die
Herrschaft im Hause nie verlieren, nach andern wird
er am längsten von beiden leben (Münsterld.). – Ein
junges Mädchen als Trauzeuge wird binnen Jahresfrist
Braut. (Zetel.) – Wenn einem Brautzug ein Leichenzug
begegnet, stirbt bald ein Teil. – Wenn einer
Trauer wegen die Hochzeit aufgeschoben wird, werden
Unglücksfälle die Ehe heimsuchen. – Wenn ein
Brautpaar zur Kirche fährt und muß aus irgend einem
Grunde wieder umkehren, gibts Uneinigkeit in der
Ehe (Varel). – Wer von dem jungen Ehepaare nach
der Trauung zuerst sich setzt, muß zuerst sterben
(Butjadgn.). S. auch 4 a.E., 5, 7, 26. – Wer von seiner
Hochzeit Brot aufbewahrt, dem geht das Brot nie aus.
a.
Ein Mann lebte mit seiner Frau in recht unglücklicher
Ehe, des Verdrusses und Haders war kein Ende. Als
einst von diesem häuslichen Unfrieden die Rede war,
sagt die Stiefmutter des Mannes: »Eit gifft mi kin
Wunner, use Hinnerk kunn an sinen Högedag (Hochzeitstag)
den swarten Dook gar nich üm den Hals
kriegen, he sat em ümmer verkehrt (Ammerld.).«
Im Münsterlande bestand bis jetzt an mehreren
Orten (Lastrup usw.) die Sitte, daß die jungen Eheleute
am Hochzeitstage oder gleich darauf Donnerlauch
(Sempervivum) über der Türe einer Kammer oder
über dem Fenster oder unter dem Hausboden versteckten.
Verdorrte das des Mannes zuerst, so mußte
dieser zuerst sterben, andernfalls die Frau (120).
19.
Von Vorgängen bei T o d e s f ä l l e n . Wenn eine
Leiche im Tode lächelt oder die Augen offen hat, so
stirbt bald wieder jemand aus dem Hause. – Wenn
eine Leiche schlaff bleibt, nicht steif wird, so folgt
bald eine aus dem Hause oder der Verwandtschaft
nach (Umgegend von Vechta). – Wenn eine Leiche im
Hause mit dem Gesichte nach der Haustür hin aufgebahrt
ist, so folgt bald ein zweiter Sterbefall in der betreffenden
Familie (Dinklage). – Wohin die Kerzenflammen
auf dem Sarge gleich nach dem Anzünden
flackern, in der Richtung liegt das Haus, aus welchem
die nächste Leiche kommen wird (Jade). – Zu wem
unter den im Sterbehause Versammelten nach dem
Auslöschen der Lichter der Rauch hinzieht, der muß
zuerst sterben (Holle). – Auf der Geest haben die größeren
Bauern die Bretter zum Sarge (Husholt), das
beste Eichenholz, jahraus jahrein auf dem Hausboden
stets fertig liegen. Wenn dieses Holz aus sich in Bewegung
gerät, Geräusch verursacht, z.B. bei Sturmwetter
oder infolge Eintrocknens, wird bald ein Toter
im Hause sein (Großenkneten).
20.
Wenn beim Abgange des Leichenzuges irgend etwas
nicht in Ordnung ist, Kopfbedeckungen verlegt sind,
ein Wagen nicht fertig ist usw., so muß bald wieder
jemand aus dem Hause sterben. – Wenn früher die
Krone auf einem Kindessarge nicht zur rechten Zeit
am Platze war, so glaubte man, die Seele wäre noch
nicht zur Anschauung Gottes gelangt (Neuenkirchen).
– Wer beim Leichenbegängnis zuletzt das
Haus verläßt, stirbt zuerst (Holle). – Wenn dem Leichenzuge
zuerst ein Mann begegnet, wird ein Mann,
wenn eine Frau, so wird eine Frau die nächste Leiche
abgeben. – Wer einem Leichenwagen begegnet, hat
Unglück in den nächsten acht Tagen. – Aus dem
Hause, vor welchem ein Leichenzug hält, kommt bald
eine Leiche. Darum wählt man, wenn gehalten werden
muß, Kreuzwege oder Punkte, wo keine Häuser zur
Seite stehen. – Von dem Benehmen der Pferde vor
Leichenwagen ist schon (5) die Rede gewesen.
21.
Im Münsterlande herrscht der Gebrauch, daß beim
Tode Erwachsener nicht blos während der Beerdigung
geläutet wird, sondern auch am Tage vorher um die
Mittagszeit. Jede Leiche wird demnach zweimal verläutet.
Nur kleine Kinder, welche abends bestattet
werden, erhalten kein Geläute. Auch im Jeverland ist
es Sitte, Leichen, welche am Tage beerdigt werden,
zweimal zu verläuten, wie es im Münsterlande geschieht.
Schlägt nun die Kirchenglocke während des
Sterbegeläutes, so sagt man überall, es ringe ein Sterbender
mit dem Tode. Im Jeverlande sagt man überdies,
wenn am Sonntag mittag das Geläute für eine
Beerdigung am Montag stattfinde, so werde in dieser
Woche noch eine zweite Beerdigung vor sich gehen. –
Schlägt die Turmuhr an Sonn- und Festtagen während
des Wandlungskleppens, so gibts im Kirchspiel in
derselben Woche eine Leiche (Münsterld.), oder wie
es in Wildeshausen heißt: Schlägt die Betglocke zugleich
mit der Stundenglocke, so stirbt jemand. –
Klingen die Kirchenglocken besonders hell, so stirbt
bald jemand in der Gemeinde. – Ist zwischen Weihnachten
und Neujahr (Holle: in den Zwölften, richtiger
Neunten) das Kirchhofstor wegen einer Beerdigung
geöffnet, oder steht in dieser Zeit ein Grab offen,
so wird es im nächsten Jahre viele Leichen geben. –
Wenn ein offenes Grab von selbst wieder einfällt, so
muß aus der nächsten Verwandtschaft bald wieder
einer sterben (Holle). – Derjenige, an welchen im
letzten Augenblicke ein Sterbender denkt, bekommt
sofort ein Zeichen des Todes. – In einer Familie zu
Oldenburg kündigte sich der Tod eines Verwandten
immer dadurch an, daß Saiten auf dem Klavier sprangen.
22.
Vom e i g e n e n K ö r p e r . Beißen jemanden die
A u g e n , so muß er weinen. – Wer T r ä n e n auf
etwas Totes fallen läßt, bekommt die Auszehrung. –
Wem das rechte O h r klingt, von dem wird Gutes gesprochen,
wem das linke, von dem Schlechtes. Doch
heißt es auch umgekehrt (Ammerld.):
Rechtet Ohr – schlechtet Ohr,
Linket Ohr – klinket (?) Ohr.
Wenn von einem Schlechtes gesprochen wird, so
nimmt der Mann den linken Rockzipfel, die Frau den
linken Schürzenzipfel in den Mund und beißt darauf,
dann beißt sich der Verläumder auf die Zunge
(Ammerld.). Wenn man schnell auf den Finger spuckt
und ihn hinter das Ohr hält, so muß der Verläumder
sich benässen (Ammerld.). Dasselbe tritt ein, wenn
der Verläumdete sich in den Ellenbogen beißt (versuchs
einer!). – Juckt einem die N a s e , so erfährt
man etwas neues. – Wenn jemand beim Erzählen
niest, so spricht er die Wahrheit (Oldenbg.). – Wer
am frühen Morgen niest, dem passiert am Tage etwas
Unangenehmes (Delmenh.); wie andere sagen (Oldenbg.),
bekommt man etwas geschenkt, oder: wenn
man des Morgens dreimal nüchtern niest, bekommt
man den Tag etwas Neues zu hören oder hat den Tag
über Glück. – Glaubt man Terpentin zu riechen, so
riecht man seinen eigenen Sarg (Blexen). – Wenn auf
der Tenne unter dem Bodenloch oder Balkenhol
B l u t s tropfen stehen, so wird bald einer vom Boden
stürzen. – »Wenn meine Frau Nasenbluten hat, so
kommen immer nur drei Blutstropfen hervor, und es
ist stets ein sicheres Zeichen, daß bald jemand aus der
Familie sterben muß« (Wildeshsn., Jever). Dasselbe
gilt, wenn jemanden nur e i n Blutstropfen aus der
Nase dringt (und dieser auf die Hand fällt, Oldenbg.).
– Ist jemand krank im Hause und einem Angehörigen
fallen e i n i g e Blutstropfen aus der Nase
(kein eigentliches Nasenbluten), so muß der Kranke
sterben (Langförden). – Aus Löningen wird folgende
eigentümliche Geschichte berichtet: »Vor vielen Jahren
ertranken bei Bunnen zwei Männer, indem sie auf
der zugefrorenen Hase einbrachen. Die nach langer
Zeit aufgefundenen Leichen waren nicht mehr zu erkennen.
Da brachte man sie mit der hinterbliebenen
Witwe eines der Verunglückten in Berührung. Alsbald
floß der einen Leiche warmes rotes Blut aus der
Nase und hieran erkannte man die betreffende Leiche
als die des Mannes dieser Witwe.« Der Berichterstatter
schließt: »Eigenes Blut fließt noch nach dem
Tode.« – »Spitze Naes' und spitzet K i n n , dar sitt
de lebendige Düwel in.«
23.
Juckt einem die linke H a n d , so nimmt man Geld
ein, juckt die rechte, so gibt man Geld aus. – Juckt die
innere Handfläche, so bekommt man Schätze
(Saterld.). – Weiße Flecke auf den Fingernägeln bedeuten
Glück, namentlich Geschenke, neue Kleider;
wenn die Nägel blühen, blüht auch das Glück; dunkle
Flecke bedeuten Unglück (Bösel). In gewissen Kreisen
deutet man die weißen Flecken, vom Daumen anfangend:
Beschenkt, gekränkt, geehrt, geliebt, gehaßt.
– Rotes H a a r deutet auf unzuverlässigen, falschen
oder schlechten Charakter: »Root Haar un Ellernholt
wasset up kinen gauden Grund.« »Rotbart,
schlimme Art.« »Krus Haar, krusen Sinn, doar sitt de
Düwel dremal in.« – Wenn einem die Haut schaudert,
sagt man: »De Dod loppt mi oewer dat Graff.« – Die
Person, welche am Weihnachtsabend keinen
S c h a t t e n wirft (Blexen), oder an deren Schatten
auch nur der Kopf fehlt (Münsterld.), muß im nächsten
Jahre sterben.
24.
Von T r ä u m e n . Dem hochdeutschen Sprichworte
»Träume sind Schäume« entspricht ein plattdeutsches:
»Drom is Drogg« (Traum ist Trug), dem man
wohl noch anfügt: »Is't wäsen, is't noch,« oder: »Dat
was he vor'n Joahr, dat is he noch.« Was man träumt,
wenn man zum ersten Male in einem Hause schläft,
wird wahr, daher wünscht man einem Gaste, der zum
ersten Male in einem Hause übernachtet oder einem
neueingezogenen Mieter: »Träume was Gutes.«
Träumt man abends vor 12 Uhr, so dauert es lange,
bis der Traum sich erfüllt, wenn nach 12 Uhr, ist die
Erfüllung nahe (Jever).
25.
Im Traume gesehenes Gold- oder Silbergeld bedeutet
Glück, Kupfergeld Unglück und namentlich Streit für
den träumenden Schläfer (Jeverld.). – Im Traume Eier
finden oder haben, bedeutet Streit, Fische fangen
Glück (Friesische Wede). Dagegen sagt man auch:
Träumt man von Fischen oder von Wasser, so hat
man in den nächsten Tagen viel Ärger und Verdruß
zu erwarten (Jever). – Träumt man im Winter von
schönen Gartenfrüchten, so bedeutet dies heftige
Krankheit (Jever). – Ein Traum, der sich mit lange
verstorbenen Verwandten befaßt, bedeutet Glück
(Jever). – Träumt man von Hochzeit, so gibts einen
Todesfall, träumt man vom Sterben, so bedeutet das
Hochzeit (Oldenburg). – Wenn man träumt, man sei
auf einer Hochzeit, so gibt es Streit (Jever).
Ein Mann wollte sich keinen Zahn einsetzen lassen,
»denn«, sagte er, »ich sterbe doch bald, vor einigen
Nächten hat mir geträumt, daß mir ein kleiner Finger
abgefallen sei« (Oldenburg).
Träumt einem, daß ihm ein Zahn (Backenzahn)
ausfällt, so stirbt einer aus der Familie. Träumt man
von einem Brande, der schwarz ist und voll Rauch, so
bedeutet dies einen Sterbefall, ist der Brand hell und
ohne Rauch, so bedeutet er Hochzeit in der Familie
(Marsch). – Träumt man von Läusen, so droht ein Todesfall
in naher Verwandtschaft (Jeverld.), oder man
gewinnt Geld (Oldenbg.).
Eine Frau, die im Traume einen wunderschön blühenden
Kirschenzweig gesehen, meinte, das bedeute
Unglück (Stedgn.).
Die bekannten Traumbücher sind reich an weiteren
Traumdeutungen, gehören aber nicht dem eigentlichen
Volksaberglauben an.
26.
Vom F e u e r und L i c h t (vgl. 18, 19). Sieht man
am ersten Ostertage viele Osterfeuer, bedeutet das ein
gutes Erntejahr. – Wenn bei dem Brande eines Hauses
Vieh mit verbrennt, so brennt das neue Haus in
drei Jahren wieder ab (Varel) (vgl. 6). Wenn man in
ein Herdfeuer sieht, und es sprühen viele Funken heraus,
so hat man am folgenden Tage Unglück (Oldenbg.).
Wenn heiße Torfasche auf dem Feuerherd
bläulich glüht, so kommt ein strenger Winter (Jade). –
Ein Span am Lichte (der oft wie Hobelspäne sich zurückrollende
Talg) bedeutet einen Sarg im Hause oder
in der Familie. Der Span ist eben ein Hobelspan, und
dieser vertritt den Sarg. – Ein Dieb (eine rundliche,
glühende Kohle) am Dochte einer Kerze bedeutet für
den, welchem er zugewandt ist, einen Brief. – Eine
brennende Kerze, die von selbst ausgeht, bedeutet
eine Leiche. Wenn insbesondere von den Altarlichtern
bei der Kommunion eins ausgeht, so macht einer der
Kommunikanten seinen letzten Gang zum Tische des
Herrn (Jade). – Wenn quer über vor jemanden drei
Lichter in einer Reihe brennen, muß er bald sterben;
es sind die Lichter, die nachher auf dem Sarge brennen
(Oldenbg.). Wenn in einem Zimmer drei Lichter
gleichzeitig brennen, so wird bald jemand im Hause
sterben (Wildeshsn.). – Wo drei Lichter brennen,
kann keine Hexe ankommen. – Sieht man irgendwo
plötzlich ein Licht, wird dort bald ein Sarg stehen
(Varel). – Wenn vor einem Mädchen in grader Linie
mit ihm drei Lichter brennen, so wird es bald Braut
(Jever). – Am Lichtmeßtage (2. Februar) werden in
den katholischen Kirchen die Lichter (Kerzen) geweiht.
Die Imker gehen an diesem Tage zum Hauptgottesdienst,
um auf die brennenden Kerzen acht zu
geben. Brennen diese schlecht, gibts ein schlechtes
Imkerjahr, brennen sie hell und schön, ein gutes (Löningen).
– Ein im dunkeln hell aufscheinendes Haus,
dessen Wände sich kalt anfühlen, deutet auf einen
baldigen Todesfall, dessen Wände sich warm anfühlen,
auf Brand (Vechta, Löningen) (vgl. 161).
27.
Von K l e i d e r n und K l e i d e r m a c h e n . Zieht
man morgens ein Kleidungsstück verkehrt an, so geht
den ganzen Tag alles verkehrt. – Wenn man morgens
den linken Strumpf zuerst anzieht, so hat man den
ganzen Tag Unglück. – Wenn einem Mädchen die
Schürze abfällt, gedenkt der Schatz seiner (Oldenbg.).
Wenn eine Braut bei ihrem Trauungsgange ihre
Schürze verliert, wird sie nicht lange mehr leben
(Friesische Wede). – Wenn im Gewebe des Weißzeuges
sich kleine dunkle Kreuzchen oder Rostflecke finden,
muß der Eigentümer oder ein naher Verwandter
desselben, oder wer die Kreuzchen zuerst erblickt,
bald sterben (Münsterld.). In Oldenburg heißt es,
Kreuze von roten Rostflecken bedeuten Verlobung
und Hochzeit, schwarze Kreuze einen Todesfall. Auch
wenn in einem benutzten Bettuche sich Falten in Gestalt
eines Kreuzes eingedrückt finden, muß ein naher
Verwandter des Hauses oder, wie andere sagen, derjenige,
welcher die Falten eingedrückt hat, bald sterben
(Münsterld.). – Wenn ein Mädchen beim Nähen eines
Kleides sich sticht, denkt der Schatz an es (Oldenbg.).
– So oft ein Mädchen beim Nähen eines
Kleides (eine Braut beim Nähen der Aussteuer) sich
in den Finger sticht, so oft wird es in dem Kleide ge-
küßt werden (Oldenbg., Elsfleth). – Wenn einem
Mädchen oder einer Frau beim Nähen eines Kleides
die Nadel zerbricht, wird es in demselben vom Bräutigam
oder Manne geküßt werden (Oldenbg.) (vgl.
auch 18). – Wenn man jemand, der aus dem Hause
geht, einen H o l z s c h u h nachwirft, hat er Glück
(Friesische Wede, Münsterld.).
28.
Von S p e i s e n und S p e i s e b e r e i t e n . Wenn 13
Personen am Tische sitzen, muß eine von ihnen im
nächsten Jahre sterben. Auch sagt man: Wenn u n -
p a a r Personen (3, 11, 13 werden noch besonders
genannt) an einem Tische sitzen, so muß die zuerst
sterben, welche unter dem Spiegel sitzt (Friesische
Wede). Oder es heißt: Wenn 13 Personen an einem
Tische speisen, muß diejenige zuerst sterben, welche
unter oder vor dem Spiegel oder in einer Ecke sitzt,
oder welche zuerst die Hand nach dem Munde führt,
oder welche sich zuletzt entfernt, oder welche die
Farbe wechselt oder sonst sich niedergeschlagen und
ängstlich zeigt, falls jemand auf die Zahl 13 aufmerksam
macht. Auch sagt man, daß von 13 Personen diejenige
zuerst sterben muß, die zuerst das üble Vorzeichen
bemerkt. – Wenn alle aufgetragene Speise verzehrt
wird, ist andern Tages schönes Wetter. – Wenn
jemand das Brot tief schneidet, hat er gelogen
(Varel). – Eine flott mit Essen und Trinken gefeierte
Fastnacht bedeutet eine flotte Ernte (Oythe). – Wenn
Brot warm aus dem Hause getragen wird, muß bald
jemand sterben (Wangerooge). – Wenn das Brot abgebacken
und quer über geborsten ist, bedeutet dies
Unglück (Holle). – Versalzt eine Köchin das Essen,
so ist sie verliebt. – Ist bei Frostwetter der gemahlene
Kaffee in der Lade fest, so friert es noch lange, andernfalls
nicht (Jeverld.). – Wenn man ein E i abschält
und es will nicht recht damit gehen, so sagen
die Leute, man sei nicht recht aus dem Bette gekommen.
29.
Von H a u s g e r ä t e n . Wenn der Kesselhaken von
selbst um einen Zacken herunterfällt, so kommt Besuch
(Münsterland). Wenn eine Tür von selbst aufspringt,
kommt bald unerwarteter Besuch (Dinklage).
– Wenn eine S c h e r e , ein M e s s e r , eine
G a b e l usw. zu Boden fällt und mit der Spitze im
Boden stecken bleibt, so kommt Besuch. – Findet
man unterwegs eine Nadel, deren Spitze einem zugekehrt
ist, so soll man sie nicht aufnehmen, sonst hat
man Unglück (Friesische Wede, Vechta); anderswo
wird noch hinzugefügt: Ist die Spitze einem nicht zugekehrt,
hat man Glück. – Wenn ein S p i e g e l ohne
Ursache sich bewegt oder gar zerbricht, so bedeutet
dies Todesfall oder doch sonstiges Unglück. – Wenn
ein B i l d an der Wand sich bewegt oder von selbst
herunterfällt, so geschieht dem Abgebildeten ein Unglück
(Oldenburg). Wenn T i s c h e , S t ü h l e oder
S c h r ä n k e knarren, wenn eine Uhr pickt, wo doch
keine ist, wenn es nachts im Bette pickt (de D o -
d e n v a g e l pickt), wenn es in der Wand oder am
Bette klopft, so wird bald jemand sterben. Dies streift
an Vorspuk. – Wer mit dem linken Fuß zuerst aus
dem B e t t e steigt, hat den ganzen Tag Unglück.
30.
Vom H a u s e . Wenn beim Hausbau jemand umkommt,
sterben viele Menschen in dem Hause (Oldenburg).
Im Münsterlande heißt es, daß das Häuserbauen
selbst für den Erbauer frühen Tod verkünde:
»Is dat Hus kloar, legg he sick up't Ohr.« Auch zu
Osternburg sagt man, daß aus einem neuerbauten
Hause spätestens im zweiten Jahr eine Leiche getragen
werde.
31.
Wenn eine H a r k e (d.i. ein Rechen) zufällig hingeworfen
wird und die Zinken fallen nach oben, so
kommt ein fruchtbarer Regen (Moorriem). – Wer den
ersten Pflug im Zuge sieht, hat das Jahr Glück.
P f l u g , Frosch (12) und Storch (10) werden, da alle
drei Glück bedeuten, wenn man sie zuerst in Bewegung
sieht, formelhaft zusammengefaßt: »Wär den
Plog innen Togg, den Äbär innen Flogg und den Pogg
upp'en Drögen sütt, hett Glück« (Butjadgn.). – Wenn
die Betglocke doppelt anschlägt, kommt bald eine
Leiche (Blexen).
32.
Vom W a n d e r n . Ist man unterwegs und stößt mit
dem Fuße irgendwo an, so muß man den Weg nochmals
machen (Oldenburg). – Wenn man ausgeht und
hat etwas vergessen, hat man kein Glück in seinen
Geschäften (Friesische Wede). – Wenn ein Jäger unterwegs
den ersten Schuß fehlt, geht den ganzen Tag
die Jagd schlecht. Viele nehmen es sich daher sicher
und schießen an den ersten besten Chausseestein oder
Baumstumpf. – Wenn einem unterwegs der Stock
oder Schirm wegfällt, so denkt jemand von den Hausgenossen
an ihn (Münsterld.).
Zweiter Abschnitt. Vorbedeutungen.
(Folgen abwendbar.)
33.
Der Aberglaube stellt gewisse Sätze oder Regeln auf,
wie man sich verhalten soll, um Gutes sich zuzuwenden
und Übles abzuwenden. Er beruft sich dabei auf
Überlieferung und Erfahrung.
a.
Nach dem Volksaberglauben wird jede Schuld von
Gott schon a u f E r d e n gerächt. Der eine verarmt,
der andere wird unheilbar krank, der dritte erliegt
einem jähen Tode. Unrecht Gut gedeihet nicht, und
wenn der Erwerber dasselbe zusammenhält, so zerfließt
es bei seinen Kindern oder Kindeskindern. »Unrecht
Good deihet nich, kummt nicht up den drüdden
Arwen.« »Man kann wol unrecht Good arwen, aber
nich verarwen.« »Een unrechten Groten nimmt
twintig Daler mit.« »Das wundert mich nicht,« sagte
eine Frau in Oldenburg, »daß der N.N. wieder zum
Konkurs gekommen, er hat einmal einen falschen Eid
geschworen.« Einen Meineidigen kann man daran erkennen,
daß er in einer taubenetzten Wiese keine Spuren
hinterläßt (Bösel). In Cloppenburg sagt man, der
Meineidige werde blind und verliere die Sprache. Die
Kinder eines wohlhabenden Kaufmanns kamen alle an
den Bettelstab. »Dar is kin Sägen up wäsen,« urteilten
die Leute, »de Vader was en Wucherer. He hett de
armen Lüde bedrücket.« Schlösser und Ritterburgen,
ganze Dörfer werden in Sage und Überlieferung
wegen des gottlosen Treibens ihrer Bewohner dem
Untergange geweiht. – Diese Auffassung, daß jeder
bösen Handlung eine entsprechende Strafe (nicht bloß
die richterliche) auf Erden mit Sicherheit nachfolgt,
führt dahin, daß der Aberglaube förmlich darauf ausgeht,
diese Strafen beim Menschen zu entdecken oder
Strafen zu sehen, wo keine sind. So kommt er zur
Aufstellung einer Reihe von Sätzen oder Verhaltungsregeln
zur Abwendung unheilbringender Handlungen
oder Strafen. Z.B.: Wer die Mutter schlägt, dem
wächst die Hand aus dem Grabe. Wer in die Spur
eines Ehebrechers tritt, bricht das Bein u. dgl. mehr.
b.
Eine zweite Klasse von Verhaltungsregeln enthält im
Grunde vernünftige Ratschläge oder praktische Lebensregeln,
nur in der Form, wie sie gegeben werden
und in ihrer Anwendung erweisen sie sich als abergläubisch.
Wenn es z.B. heißt: Wer die Butter zuerst
anschneidet, bekommt in 7 Jahren keine Frau, so liegt
darin, wie schon bemerkt wurde, eine Mahnung an die
jüngeren Leute einer Tischgesellschaft, älteren Leuten
den Vortritt zu lassen, d.h. ihnen zuerst den Butterteller
anzubieten, das macht sie beliebt, nicht zuletzt bei
der weiblichen Welt.
c.
Eine dritte Klasse schlägt in das Gebiet der Sympathie
hinein (geheimnisvolles Wirken eines Körpers
auf einen andern), z.B. Hufeisen auf der Türschwelle
Glück im Hause. Findet man ein Hufeisen, so soll
man es nicht aufnehmen, wenn das runde, geschlossene
Ende einem zugekehrt liegt. Es bringt dann Unglück.
Liegt dagegen die offene Seite einem zugekehrt,
so soll man das Eisen mitnehmen und es über
dem Bette aufhängen, es bringt dann Glück (Jeverland).
– Einen löcherigen Feuerstein soll man über
dem Bette aufhängen, dies schützt gegen Krankheiten
(Friesische Wede). Hier sind Hufeisen und Feuerstein
vorbedeutend und zauberkräftig. Es kommt darauf an,
worauf man den Ton legt. Will man die Vorbedeutung
betonen, dann gehören die Sätze in diesen, will
man den Ton auf Sympathie legen, in den folgenden
Abschnitt vom Zauber. Demnach findet der Leser einiges
in diesem, anderes im folgenden Abschnitt.
34.
a.
Ein gewisser von Döllen aus Wöstendöllen im Kirchspiel
Visbek soll im 30jährigen Kriege als Landsknecht
in einem Dorfe bei Gelegenheit einer Plünderung
ein kleines Kind, das in der Wiege gelegen und
ihn freundlich angelächelt hat, mit seinem Säbel aufgespießt
haben. Nachher, wenn der Mörder hat trinken
wollen, hat er immer das lächelnde Kind im Glase
oder Kruge gesehen und hat auch das Bild nicht wieder
los werden können, bis er endlich der Kirche zu
Visbek ein großes Kreuz geschenkt hat, das auf dem
Hochaltar der alten Kirche bis zu dessen Entfernung
in neuerer Zeit zu sehen war.
b.
Bei Sage im Kirchspiel Großenkneten befindet sich
das Sager Meer, ein sehr tiefes Wasser, hell und klar,
reich an Fischen, beim geringsten Winde sehr unruhig.
An der Stelle hat in Vorzeiten eine ansehnliche
Stadt gestanden. Die Bewohner waren aber ein üppiges
und ruchloses Volk, das sich den wildesten Ausschweifungen
hingab. Sie achteten weder Gott noch
seine Gebote, verspotteten Obrigkeit und Religion,
bis schließlich Gottes Langmut zu Ende ging, und die
Stadt mit Mann und Maus in die Erde versank. Das
Meer wirft noch öfters, namentlich wenn es gestürmt
hat, bearbeitetes Bauholz, wie Balken aus alten Häusern
anzusehen, ans Ufer. Auch hört man öfter Klagen
und Jammern aus der Tiefe.
c.
Vor vielen Jahren war der Hohe Weg, jetzt eine von
jeder Flut überspülte Sandbank in der Mündung der
Weser, noch festes Land und gehörte zum Kirchspiel
Langwarden. Das Land war fruchtbar, und seine Bewohner
so reich, daß sie ihre Pferde mit goldenen
Hufeisen beschlugen und mit silbernen Pflugscharen
das Land bestellten. »Vor einen Wagen mit Mist
haben sie vier Schimmel gekriegt und einen großen
Hund unter den Wagen.« »Der Sand, mit welchem sie
den Fußboden in den Zimmern bestreuten, wurde mit
Weizenmehl vermischt.« Den Siel, durch welchen sie
ihr Land entwässerten, hatten sie nicht von Stein oder
Holz, wie jetzt üblich, sondern von Kupfer gebaut
und so fest, daß der Siel sich bis auf den heutigen Tag
gehalten hat, obwohl das Land mit allen seinen Bewohnern
längst von der See verschlungen ist. Niemand
weiß freilich zu sagen, wo der Siel liegt, aber
oft hört man hinter dem Deiche bei stillem schönen
Wetter ein Brausen und Rauschen, und alte Leute behaupten,
daß sei das Wasser, welches durch den Siel
rausche, und das Brausen habe immer schlechtes unruhiges
Wetter im Gefolge. – Die Bewohner des versunkenen
Landes hatten große Macht im Kirchspiel,
und der Pastor durfte nicht eher mit dem Gottesdien-
ste beginnen, bis die »Herren vom hohen Weg,« wie
sie stets genannt werden, zur Stelle gewesen sind. Der
am westlichen Ende der Langwarder Kirche befindliche,
jetzt zum Aufbewahren von Kirchen- und Begräbnisgerät
dienende Raum wurde von den zur Kirche
reitenden Herren vom hohen Wege als Pferdestall
benutzt, wo die Pferde aus steinernen Krippen fraßen,
und heißt noch jetzt der Pferdestall. Als einst ein Prediger
es gewagt hatte, vor der Ankunft der Herren
vom hohen Weg den Gottesdienst anzufangen, mußte
er es mit dem Leben büßen, er ward auf der Kanzel
erschossen. – Überhaupt waren die Herren vom hohen
Weg übermütige, gottlose Leute, und durch ihren
Übermut sind sie auch zu Grunde gegangen. Einst
nämlich legten sie ein Schwein, mit Frauenkleidung
angetan, in ein Bett und ließen den Prediger holen,
damit er einer kranken Frau das Abendmahl gebe. Als
dieser den Frevel sah, bat er den lieben Gott, daß er
endlich solcher Gottlosigkeit Einhalt tun wolle. Und
in der nächsten Nacht gab ihm Gott durch einen
Traum kund, daß er das Land durch eine Wasserflut
vernichten wolle, und das Zeichen, wann die Zeit gekommen
sei, solle sein, daß ein frischer glatter Aal
aus dem glühenden Backofen des Pastoren kriechen
werde. Kurze Zeit darauf waren die Leute des Pastoren
beim Brotbacken. Der Knecht heizte den Ofen,
und schon war der Ofen glühend heiß und der Knecht
im Begriff, das Feuer heraus zu ziehen, um das Brot
hinein zu schieben, als zu seinem Schrecken ein frischer
glatter Aal sich vom hintern Ende des Backofens
nach der Mündung schlängelte. Rasch lief der
Knecht ins Haus und erzählte das Wunder seinem
Herrn. Dieser befahl, schnell die Pferde vor den
Wagen zu spannen und alles andere liegen zu lassen.
Kaum war der Befehl ausgeführt und der Wagen bestiegen,
da drangen auch schon von Norden her die
Meeresfluten heran, und mit Mühe und Not gelangte
der Prediger mit den Seinen, stets von den nachstürzenden
Wogen bedrängt, endlich auf einen Hügel bei
Tossens, wo sie vor dem ungestümen Wasser geborgen
waren. Dieser Hügel heißt seitdem die Burgenburg.
»Als der Pastor die Flucht begann, erhielt er
samt seinen Leuten die Weisung, daß niemand auf der
Flucht sich umsehen dürfe. Die Frau (Magd?) aber
übertrat das Verbot, blickte um sich und sah, wie das
Wasser ganz nahe hinter dem Wagen herfloß und
alles Land versank, sogleich aber erhielt sie von unsichtbarer
Hand einen Schlag auf die Backe, die sofort
schwarz wurde.« Wie die See in ihre Grenzen zurücktrat,
waren die Herren vom hohen Weg mit ihrem
gesegneten fruchtbaren Lande verschwunden; nur eine
Sandbank ist übrig geblieben, von allen Schiffen,
zumal den größeren, sorglich gemieden, da schon
manches Schiff und manches Menschenleben darauf
verloren gegangen. (Die viel erzählte Sage ist wesentlich
nach einer einzelnen Mitteilung gegeben, die aus
anderen Darstellungen entnommenen Einschaltungen
sind durch Gänsefüßchen bezeichnet. Fortsetzungen
zur Deutung von Ortsnamen s. 584 d.) – Vor längerer
Zeit kam ein Schiff auf den »Hohen Weg« und warf
den Anker aus. Als man weiterfahren wollte und der
Anker nicht loszubringen war, bewog der Kapitän
einen Schwarzen, hinabzutauchen und nach der Ursache
zu sehen. Dieser kam zurück mit der Nachricht,
der Anker habe sich festgehakt in der Türe einer am
Boden der See befindlichen Kirche, die voll von kostbaren
goldenen und silbernen Geräten sei. Er habe
den Anker nicht losmachen können, weil ein großer
schwarzer Hund die Türe bewache. Der Schwarze ließ
sich bereden, noch einmal hinabzutauchen und von
den Schätzen zu holen. Er kam nicht wieder nach
oben, eine große Blutlache auf dem Wasser meldete,
was ihm widerfahren. Das Schiff aber kappte den
Anker und segelte rasch von dem unheimlichen Orte
fort.