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4.2 Mitteleuropa im Erdmittelalter – von der Mitte des Superkontinents zu Randmeeren

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Ab der nun folgenden Trias verbreiterte und vertiefte sich das Germ38anische Becken als Teil epikontinentaler Sedimentbecken zwischen Nordamerikanischem Schild und Baltischem Schild (der Atlantik existierte noch nicht) und nahm terrestrische und flachmarine Sedimente auf. Eine Verbindung zum inzwischen entstandenen Tethys-Ozean bestand im Mesozoikum zeitweilig, aber nicht durchgängig. Mitteleuropa lag im östlichen Teil des Superkontinents Pangäa zwischen dem Panthalassa-Ozean im Westen und dem Tethys-Ozean im Osten. Erst ab dem Jura begann Pangäa zu zerbrechen (Abb. 4.2).


Abb. 4.2 Rekonstruktion der Kontinente vom Mesozoikum bis zum oberen Alttertiär. Ar=Arabien, BS = Barentsee-Schelf, Gd = Grönland, HB = Hudson Bay, Ib = Iberia, KB = Kanda-Becken, Ka = Karibik, KM = Kaspisches Meer, KR = Karibik-Rift, NR = Nansen-Rift, PtO = Panthalassa-Ozean, Sa = Südamerika, SM = Schwarzes Meer, Ur = Ural, ZmB = Zentralmediterraner Block (aus Park 2015).

Die Untere Trias (Buntsandstein) besteht überwiegend aus festländischen, mehr oder weniger rötlich gefärbten Sedimentgesteinen. Gegen Ende des Oberen Buntsandsteins (Röt) finden vom südlichen Nordseebecken her flachmarine Ingressionen nach Süden statt mit Bildung von Röt-Salzen im Untergrund des heutigen Norddeutschen Tieflandes. Das London-Brabanter Massiv existierte weiter als Abtragungsgebiet und verband sich mit einem Hochgebiet im Bereich des heutigen Pariser Beckens. Ebenso wurde das Abtragungsgebiet der Vindelizischen Schwelle (südlich der heutigen Donau im Bereich des heutigen Alpenvorlandes) an das der Böhmischen Masse angeschlossen. Die Rheinische Masse hingegen verlor ihren Kontakt zum London-Brabanter Massiv durch den Sedimentationsraum der Eifeler-Nord-Süd-Zone und wurde zur „Rheinischen Insel“. Schwarzwald und Vogesen existierten nicht als Hochgebiet, sondern gehörten ebenso wie Lothringen und die Gebiete nördlich des vindelizisch-böhmischen Festlandes zum Germanischen Becken. Östlich dieses Festlandes stellte die „Schlesische Pforte“, die nach Osten durch die Insel des Heiligkreuzgebirges (Góry Świętokrzyskie) begrenzt wurde, eine Verbindung zum Sedimentationsraum des europäischen Schelfes am Rand des Tethys-Ozeans her, durch die ab dem Röt das Tethys-Meer über den Ostteil der Nordwesteuropäischen Senke transgredieren konnte. Die nordöstliche Begrenzung des Germanischen Beckens bildete der Baltische (Fennoskandische) Schild, während östlich der Weichsel die Trias auch über die Tornquist-Teysseire-Linie auf Teile der Russischen Tafel übergreifen konnte.

In der Mittleren Trias (Muschelkalk) wurden weite Teile des Germanischen Beckens von einem Flachmeer überflutet. Die für die Buntsandsteinzeit genannten Schwellengebiete blieben als Inseln erhalten, an deren Rändern Sande abgelagert wurden, während im Inneren des Beckens mergelige und vor allem im Oberen Muschelkalk kalkige, später teilweise dolomitisierte Sedimente enstanden. Gips- und Anhydritbänke treten ebenfalls auf, vor allem im Mittleren Muschelkalk. Über die Schlesische und die Burgundische Pforte bestand vermutlich eine Verbindung zum Tethys-Randmeer.

In der Oberen Trias (Keuper) zog sich das Meer weitgehend zurück und das Becken verlandete. Gelegentliche flache Ingressionen führten zur Ablagerung von Mergeltonen sowie Kalk- und Dolomitbänken. In Süddeutschland überwogen aber festländische Ablagerungen aus Sanden und Tonen in einer Landschaft mit Lagunen und Schwemmfächern. Deltaschüttungen erfolgten vor allem aus Nordosten, aber auch vom Vindelizischen Rücken und der Böhmischen Masse aus Süden und Osten. Die hohe Verdunstung unter trocken-heißem Klima begünstigte auch die Absetzung von Gips und Anhydrit sowie Salzen wie auch die Bildung von Dolomitlagen und Kieselkrusten. Im nordbayerischen Raum sind im Mittleren bis Oberen Keuper zahlreiche Kieselhölzer bekannt (in der „Paläobotanischen Sammlung Stiftung Rossmann“ an der Universität Bayreuth sind bis zu 8 Meter lange verkieselte Baumstämme ausgestellt). Im Norden des Germanischen Beckens macht sich ein west-ost-ausgerichtetes Dehnungsmuster bemerkbar (Walter 2014), womit sich durchgreifende Änderungen ab dem Jura ankündigen. In Süddeutschland wird gegenüber der Muschelkalkzeit der Beckenrand im Keuper noch weiter gegen die Vindelizische Schwelle verschoben (GeoBavaria 2004).

Mit Beginn des Juras vor 201 Millionen Jahren kündigte heftiger Vulkanismus im Newark-Becken (Ostküste der USA) und in Nordwestmarokko Rifting in diesem Teil Pangäas an (Stampfli et al. 2002), was später, im Oberen Jura, zur Öffnung des Zentralatlantiks und in der Kreidezeit auch des Nordatlantiks führen sollte (Abb. 4.3). In Mitteleuropa transgredierte ein Flachmeer, aus dem das London-Brabanter Massiv, die Rheinische Masse und die Böhmische Masse weiterhin als Inseln herausragten. Das Anglo-Gallische Land hingegen, welches zuvor mit dem London-Brabanter Massiv in Verbindung stand, sank jetzt ein zum Anglo-Gallischen Becken (Pariser Becken). Die Vindelizische Schwelle wurde von Nordwesten her weiter eingeengt. Im Unteren Jura (Lias) wurden überwiegend Tone und Mergel abgela gert, im Raum Bayreuth hingegen schüttete ein großer vom vindelizisch-böhmischen Land kommender Fluss zunächst sandige Deltaablagerungen (Gümbelscher Sandstein) in das Fachmeer.


Abb. 4.3 Paläogeographie von Europa im Oberen Jura (unten: Ausschnitt Mittel- und Westeuropa). Abkürzungen soweit sie Mitteleuropa betreffen: BM = Böhmisches Massiv, LBM = London-Brabanter Massiv, MNH = Mittel-Nordsee-Hoch, RFH = Ringkøping-Fyn-Hoch, RM = Rheinisches Massiv, Zg = Zentralgraben (aus Park 2015).


Abb. 4.4 Paläogeographie von Europa in der Oberen Kreide (unten: Ausschnitt Mittel- und Westeuropa). Abkürzungen soweit sie Mitteleuropa betreffen: BM = Böhmisches Massiv, OaD = Ostalpine Decken, PD = Penninische Decken, RM = Rheinisches Massiv, Zg = Zentralgraben, ZKM = Zentral-Karpaten-Massiv (aus Park 2015).

Im Mittleren Jura (Dogger) änderte sich das paläogeographische Bild im heute festländischen Mitteleuropa kaum. Allerdings verstärkte sich im Mittelund Oberjura (Malm) im Bereich des Nordatlantiks die Krustendehnung. Der Zentralatlantik entstand und der Golf von Biskaya begann sich zu öffnen. Im Bereich der heutigen Nordsee bildete sich der magmatische Mittelnordsee-Dom, wodurch unterjurassische und ältere Sedimente abgetragen und nach Süden geschüttet wurden. Der Polnische Trog im Vorfeld der Thornqusits-Teysseire-Linie sank kräftig ein und wurde mit mächtigen vorwiegend tonigen Sedimenten verfüllt, ebenso wie weitere nordwest-südost-streichende Tröge und Becken. Lokal bildeten sich Eisenooide (z.B. Lothringische Minette-Formation) oder feinkörnige Eisensandsteine (Braunjura-ß, stratigraphische Einteilung mit griechischen Buchstaben von unten nach oben) in der Schwäbischen und der Fränkischen Alb, deren Eisenflöze lange zur Eisenverhüttung abgebaut wurden. Über die Schlesische Pforte wurde im Dogger wieder eine Meeresverbindung zum Tethys-Meer geschaffen.

Im Oberen Jura (Malm, Weißer Jura) wurde die Vindelizische Schwelle vom Süddeutschen Meer überflutet, welches sich damit zu einem Randmeer des Tethys-Ozeans entwickelte (Helvetischer Schelf und Fränkische Plattform). Im Bereich der heutigen Nord- und Westalpen lag der Penninische Trog. In diesem Schelfmeer entstanden unter feucht-heißem, tropischem Klima Kalk-, Mergel und Dolomitgesteine. Ab dem Weißjura-ß tritt im Bereich der Schwäbischen und der Fränkischen Alb eine zunehmende Verschwammung mit Riffbildung ein. Diese Riffdolomite und Massenkalke prägen heute aufgrund ihrer größeren morphologischen Härte weiträumig das Landschaftsbild der Alb-Hochflächen. Die Böhmische Masse verband sich mit der Rheinischen Masse und dem London-Brabanter Massiv zu einer in Westnordwest-Ostsüdost-Richtung langgestreckten Landmasse. Eine weitere große Insel stellte die Pompecki-Schwelle im heutigen Untergrund Norddeutschlands und Teilen der Nordsee dar, ebenso wie eine südost-nordwest-gerichtete Landmasse von den Sudeten bis nördlich der mittleren Elbe (Lausitz-Hoch). Gegen Ende des Malms (Malm-ζ) verflachte das Meer und zog sich zurück, einerseits nach Süden zur Tethys, andererseits nach Norden in die Mitteleuropäische Senke (Niederländisch-Norddeutsches Becken).

In der frühen Unterkreide (Valanginium) kam eine Verbindung zwischen dem Zentralatlantik und der Alpinen Tethys (Westliches Mittelmeerbecken) zustande, der in der späteren Unterkreide (Aptium/Albium) infolge der weiteren Öffnung der Bucht von Biskaya eine weitere Meeresverbindung in Form eines schmalen ozeanischen Beckens (Pyrenäischer Ozean) entlang der heutigen Pyrenäen folgte (Stampfli et al. 2002, Walter 2014). Während der Unterkreide trennte infolge eines neuen starken Riftimpulses im Nordatlantischen Riftsystem (Walter 2014) die ausgedehnte Ardennisch-Rheinisch-Böhmische Masse (mit Landverbindung nach Großbritannien) das Schelfmeer am Rande der Tethys im Süden vom Niederländisch-Norddeutschen Becken im Norden und dem Dänisch-Polnischen Trog im Nordosten. Unter tropischem Klima fand auf diesem Festland intensive kaolinitische Verwitterung statt. In Gebieten mit Kalksteinen und Dolomiten an der Oberfläche lief starke Verkarstung mit Bildung eines tropischen Kegelkarstes ab, zum Beispiel auf der Fränkischen Alb.

Gegen Ende der Unterkreide setzte ein sehr starker Meeresspiegelanstieg ein, der sein erstes Maximum an der Wende Unter-/Oberkreide und sein zweites im Cenoman erreichte. Vail et al. (1977) geben für den globalen eustatischen Meeresspiegelanstieg Werte bis 400 Meter über dem heutigen Meeresspiegel an, die von späteren Autoren auf mittlere Werte zwischen etwa 170 Metern und etwa 280 Metern reduziert wurden (Seton et al. 2009). Die Ursachen sind noch in der Diskussion, Seton et al. (2009) nehmen eine Kombination aus verringerten Meeresbodenspreizungsraten und alternder (damit schwerer werdender) ozeanischer Kruste an. Diese kretazischen Meeresspiegelhochstände und der folgende känozoische Meeresspiegelabfall müssen Folgen für die Oberflächenformung in Mitteleuropa gehabt habe.

In der Oberkreide wurden weite Teile Mitteleuropas wieder von einem flachen Schelfmeer geflutet und zwar sowohl von der Tethys her als auch vom sich verbreiternden Nordatlantik her, der sich nun öffnete. Die Rheinische Masse und die Böhmische Masse bildeten die größte zusammenhängende Insel. Die in der Abbildung 4.4 noch dargestellte Sudeten-Insel wird neuerdings allerdings angezweifelt. Am Südwestrand der Böhmischen Masse griff die Regensburger Bucht weit nach Nordwesten bis über Bayreuth hinaus vor, wobei im nordwestlichsten Teil (etwa nördlich Amberg) vermutlich nur fluviatil-limnische Sedimente angeliefert wurden. Eine Verbindung der Regensburger Bucht zum Böhmischen Kreidebecken ist fraglich.

Die Physische Geographie Deutschlands

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