Читать книгу Tomoji - Lukas Kellner - Страница 10

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„Also…“ Sie tippte mit dem Zeigefinger unentwegt auf die schwarze Lederunterlage auf ihrem Schreibtisch. Eliah und Marvin saßen vor ihr auf zwei schwarzen Stühlen inmitten ihres üppigen Büros. Drei Fenster, die bodentief eingelassen waren, führten hinaus auf eine kleine Dachterrasse. Mit glänzendem, honigfarbenem Holz verkleidete Wände führten bis zu einem riesigen, wandhohen Regal, vollgestopft mit Akten in grünen und ockerfarbenen Umschlägen. Davor saß sie.

Dr. Irene Palfrader, Chefin der Kriminalpolizei der Stadt. Das dunkelblonde Haar trug sie stets offen, so wie die Mähne eines Löwen. Alles an ihr war perfekt, die Bluse warf keine einzige Falte, der schwarze Blaser war fleckenfrei, das Make-Up – dezent und unverschmiert – umrahmte ihre hellblauen Augen, die hinter einer Brille mit runden Gläsern und silbernem Metallrahmen hervor blitzten. Ihre Züge waren kantig, die Wangenknochen stachen leicht hervor und die Augenbrauen waren auf einen feinen, exakt gezogenen Strich reduziert.

„Wir wissen noch nichts Genaueres und konnten uns auch nichts mehr ansehen, weil wir jetzt ja hier sind.“ Die kleine Spitze konnte sich Eliah nicht verkneifen. „Aber der Kleine hat ´ne Theorie und wir wissen beide, dass der studiert hat!“, warf er hinterher. Weder Marvin noch Palfrader reagierten auf seinen Sarkasmus, also bemühte er sich um etwas Professionalität und fügte hinzu: „Aber ich glaube, er hat recht! Nur, dass ihnen das nicht gefallen wird.“

„Und das heißt was?“ Palfrader gab sich unbeeindruckt und tippte weiter in strengem Takt auf ihrer schwarzen Schreibtischunterlage herum. Eliah machte dieser kleine Tick von ihr verrückt. Doch kam ihm just in diesem Moment eine Idee, wie er dem nervigen Tippen entgehen und gleichzeitig dem dringenden Bedürfnis nachgeben konnte, das sich in ihm unaufhaltsam und kitzelnd ausbreitete, seitdem sie Palfraders Büro betreten hatten.

„Das machen wir jetzt ganz einfach. Marvin, erzähl ihr bitte alles, was du mir erzählt hast. Ich geh derweil schon einmal vor und fange mit den Terminen von Frau Bolgur, unserem Opfer, an.“

„Sie können jetzt nicht einfach gehen. Sie sind der Leiter der Ermittlungen!“, fauchte Palfrader.

„Genau. Und ich weiß, dass das, was Marvin ihnen gleich erzählen wird, alles ist, was wir wissen. Mehr als er kann ich ihnen im Moment auch nicht sagen und als Leiter der Ermittlungen…“ er erhob sich und rückte seine braun verwaschene Lederjacke zurecht „…gehe ich zurück an meine Arbeit. Es gibt viel zu tun.“

Nach einer kurzen Pause nickte ihm Palfrader zu, nicht, ohne sich dabei auf die Zähne zu beißen und so grimmig drein zu blicken, wie sie nur konnte. Eliah nickte zurück, klopfte Marvin auf die Schulter und verließ den Raum. Beim Hinausgehen konnte er noch den Beginn von seinen hektischen Erklärungen mithören, denen er schon vorhin im Eck gelauscht hatte. Daran könnte er sich gewöhnen, dem Kleinen die unangenehmen Sachen zu überlassen, für die er in der Regel überhaupt keinen Nerv übrig hatte. Das Beste daran war, dass er nicht mal ein schlechtes Gewissen haben musste. Marvin freute sich über Gelegenheiten wie diese und Eliah konnte es sehr gut nachvollziehen. Er erinnerte sich an die Zeit, als er selbst gerade begonnen hatte, bei der Kripo zu arbeiten. Anders als Marvin hatte er nicht studiert, hatte keinen glorreichen Abschluss oder einen elendshohen IQ vorzuweisen. In der Beziehung unterschieden sie sich grundlegend voneinander, in ihrem Bestreben dazuzugehören, ihre Arbeit machen zu können, und Anerkennung zu erhalten waren sie aber gleich. Oder besser: Der junge Eliah und Marvin wären es gewesen. Es hatte sich so vieles verändert für ihn in den vielen Jahren, und noch mehr seit ihrem Tod.

Eliah kam an der dunkelgrünen Tür seines Büros an, warf ihr einen flüchtigen Blick zu und ging daran vorbei. Dann weiter, die Feuertreppe nach unten und durch den Notausgang hinaus. Dort wartete ein Aschenbecher auf ihn und eine neue Schachtel Lucky Strikes ohne Zusätze.

Tomoji

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