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Kapitel 6 - Ohne Zusätze

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Der Gerichtsmediziner würde ihnen erst gegen Abend Näheres sagen können, also konzentrierten sie sich zunächst darauf, sich durch Katharina Bolgurs Termine und die Videoaufnahmen der Sicherheitskameras zu arbeiten. Direkt nach dem Frühstück waren sie nochmal zurück zum Tatort gefahren. Das gestaltete sich schwerer als erwartet, da mittlerweile die Presse von der Sache erfahren hatte. Dutzende Reporter tummelten sich vor dem Eingang und gingen jedem auf die Nerven, der das Gebäude betreten wollte. Nachdem sie sich durch eine Meute kreischend fragender Zecken gekämpft und Eliah beinahe die Beherrschung verloren hatte, weil einer der Journalisten ihn ungestüm mit dem Blitz seiner Spiegelreflexkamera blendete, standen sie endlich wieder in der Lobby des Bürogebäudes.

„Da soll die Palfrader einfach nur ihren Job machen und nicht einmal das kriegt sie hin!“, schnaubte Eliah, obwohl er ganz genau wusste, dass die Kripo-Chefin dieses Getümmel hätte unmöglich verhindern können. Doch sie war im Moment die erstbeste Person, an der er seine schlechte Laune auslassen konnte, zumal sie ihm in letzter Zeit vermehrt auf die Nerven ging. Dass es eigentlich sein freier Tag war, machte die Situation nicht gerade besser. Da kam ihm seine Vorgesetzte gerade recht, auf die er seinen Groll konzentrieren konnte. Zu allem Überfluss war der Mann, der die Videoaufnahmen verwaltete, genauso unmotiviert wie Eliah selbst.

„Ja, wir benötigen sie jetzt sofort!“, erhob Marvin seine Stimme, als der Mann nachfragte, ob das denn jetzt wirklich so dringend sei. Er trug ein kurzärmeliges Hemd mit Namensschild und reckte sein Haupt stets ein wenig zu weit in die Höhe, wenn er mit jemanden redete. Eliah konnte sich ein leises Glucksen dabei nicht verkneifen. Er liebte und hasste diesen Menschenschlag. Arbeiter, die nicht nach links und nicht nach rechts schauten, nur nach unten auf ihren kleinen, schmalen Weg. Was außerhalb ihres Horizonts passierte, war nicht wichtig und kam immer im höchsten Maße ungelegen.

„Ich weiß sowieso nicht, wie euch das helfen soll. Wir haben nur die eine Kamera im Eingangsbereich. Und es sind insgesamt zwei Firmen und drei Kanzleien im Haus.“, nörgelte der Mann.

„Können Sie das bitte uns überlassen?“

Marvin schäumte vor Wut. Eliah grinste, weil er den Ärger seines jüngeren Kollegen so gut nachvollziehen konnte. Früher hätte es ihn aus der Haut fahren lassen, vor allem an einem Tag wie diesem. Sogar jetzt spürte er noch das dringende Verlangen, den Kerl am Kragen zu packen, ihn aus seinem Stuhl zu reißen und ihm anschließend jeden Zahn einzeln auszuschlagen. Aber das war nur ein Impuls und er hatte eine gesunde Distanz zu dieser Art Gefühlen aufgebaut. Sinnvoller war es da, dem Trottel ein offenes Ohr zu schenken, denn er hatte leider recht: Dadurch, dass nur der Eingangsbereich zu sehen war, würde es ein unglaublicher Aufwand werden, überhaupt irgendeine nützliche Information aus den Videotapes zu bekommen.

Während sich Marvin die Dateien auf eine Festplatte ziehen ließ, hatte Eliah immer noch ein Lächeln auf den Lippen, das jedoch mit dem unangenehmen Klingelton aus seiner Jackentasche verschwand.

Er zog sein tönendes Handy hervor und nahm den Anruf von Palfrader entgegen. Sie war gewohnt laut und kurz angebunden. Eliah sagte kein Wort, hörte nur zu. Ihr Befehl war eindeutig und er hatte auch keine Lust darauf, sich am Telefon mit ihr herumzustreiten. Ihre Differenzen regelte er am liebsten von Angesicht zu Angesicht.

Mit einem: „Verstanden, wir sind auf dem Weg.“, legte er auf und tippte Marvin auf die Schulter.

„Fertig?“

„Einen kurzen Moment noch. Gleich ist alles übertragen.“

„Gut, wir müssen zu Palfrader ins Büro. Sie will wissen, was sie den Medien sagen soll.“

„Können wir uns nochmal den Tatort ansehen?“, fragte Marvin, während er die Festplatte vom Rechner trennte.

„Nein. Sie will uns sofort sehen“, seufzte Eliah, rollte genervt mit den Augen und kramte dabei in der Tasche nach seinen Zigaretten. Marvin schüttelte den Kopf, wusste aber, dass es keinen Zweck hatte, zu argumentieren. In circa einer halben Stunde und bei Palfrader im Büro, könnte das Gespräch hitzig genug werden, so viel war sicher.

Tomoji

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