Читать книгу Tomoji - Lukas Kellner - Страница 15

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Marvin wartete bereits auf ihn. Eliahs Büro war so schlicht gehalten wie irgend möglich. Niemand hätte vermutet, dass der Benutzer dieses Raumes bereits seit vielen Jahren hier arbeitete und sogar eine Führungsposition innehatte. Dafür war alles einfach zu unpersönlich, simpel und lieblos gestaltet. Es gab keine Bilder, keine Fotos, keine Pflanzen oder kleine Figürchen, die mit dem Kopf wackeln konnten, wenn man sie anstieß. Auf dem Schreibtisch türmten sich auf einer Seite Blätter bedruckten Papiers, auf der anderen Seite stand der Computer mit einer hellgrau glänzenden, alten Tastatur. Ein paar Stifte, eine halb ausgetrunkene Flasche Wasser… nichts weiter.

Es war generell ein kleiner Raum, der mit dem Schreibtisch, einem großen Schrank und zwei Stühlen quasi komplett vollgestellt war. Marvin spähte schon die ganze Zeit zum Schrank hinüber, während er auf seinen Vorgesetzten wartete. Die Verlockung war groß: Zu gern hätte er ihn geöffnet und hineingesehen. Von der Langeweile getrieben war er aufgestanden und bald nur noch eine halbe Armlänge von den Türen entfernt. Im letzten Moment erinnerte er sich dann doch an seine Kinderstube und ließ sich augenrollend zurück auf den Stuhl fallen. Er wollte gerade sein Handy hervorholen, um eine Runde Schach zu spielen, da öffnete sich die Tür.

„Du bist ja noch hier.“ Marvin steckte hastig sein Handy zurück in die Hosentasche.

„Ich muss zugeben, dass sie mir ein bisschen Angst gemacht hat.“

„Ja,“ lächelte Eliah „Ist schon etwas bissig in letzter Zeit. Aber egal, geh’ nach Hause, wir haben heute eh nur Pech.“

„Nicht unbedingt.“, entgegnete Marvin und lächelte dabei zufrieden. Eliah wurde misstrauisch.

„Ja, richtig. So ein bisschen Presse über Mord und Totschlag wird Freude unters Volk bringen.“

„Das meinte ich damit nicht.“, erklärte Marvin. „Ich hatte eine Idee. Ich habe doch damals in Köln studiert.“

„Hast du“, entgegnete Eliah

„Damals hatte ich einen Freund, der in Koblenz Psychologie studiert hat. Er hatte eine Professorin, ein über die Maßen kluger Kopf und na ja…“ Marvin räusperte sich.

„Ich war immer unglaublich neidisch, ich bin sogar einmal für eine Vorlesung zu ihm gefahren. Sie ist führende Expertin in der Verhaltensforschung und hat sich in den letzten Jahren auf Phänomene in den sozialen Netzwerken spezialisiert.“

„Man kann sich auf den Quatsch spezialisieren?“, fragte Eliah und blickte ungläubig drein.

„Ja“, sagte Marvin ohne auf die Häme seines Arbeitskollegen einzugehen.

„Sie hat auch einige sehr erfolgreiche Abhandlungen zu dem Thema verfasst.“

Eliah fläzte sich auf seinen Stuhl und seufzte. Eigentlich war er nicht der Typ, der studierte Herrschaften zu Rate zog. Man hatte ihm schon oft Psychologen an die Seite gestellt, meistens waren das aber nur sehr schräge Vögel, denen ein Besuch bei einem Therapeuten selbst ganz gutgetan hätte. Marvin war der erste ‚Uni-Futzi‘ gewesen, mit dem er halbwegs auskam. Bei den anderen ging es immer nur um Prestige, um Aufsehen oder um valide Ergebnisse. Forscher waren Idioten!

Aber trotzdem: Die Videoaufnahmen aus der Lobby würden keine Hilfe sein. Von DNA des Täters war keine Spur. Es gab keinen eindeutigen Hauptverdächtigen mit überzeugendem Motiv und sie hatten die Presse samt Öffentlichkeit am Hals, die alle genauso gut Bescheid wussten, wie Eliah selbst. Es tat weh es zuzugeben, aber er musste jede Möglichkeit nutzen, nach jedem Rettungsring greifen, der sich ihm bot, ganz egal, wie unangenehm das auch sein mochte. In solchen Momenten hasste er seinen Job.

„Hm…“ Eliah rieb sich das Gesicht. „Dann ruf die Dame an.“

Marvin, der seinen Chef die ganze Zeit über haarklein beobachtet hatte, begann zu strahlen. Er richtete sich in seinem Stuhl auf und grinste breit, so als kenne er ein Geheimnis und könne gar nicht abwarten, es endlich mit Eliah zu teilen. Triumphierend und mit geschwollener Brust nickte er ihm zu: „Hab ich schon! Und rate mal, wo sie mittlerweile doziert?“

Eliah antwortete nur sehr widerwillig: „Hier?“

„HIER!“, rief Marvin aus und war begeistert. Zumindest so lange, bis er bemerkte, dass seine Euphorie eher einseitiger Natur war. Er senkte den Blick etwas und fügte hinzu:

„Wir können sie morgen Vormittag am Lehrstuhl für Psychologie besuchen!“

Tomoji

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