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Dieses Buch beginnt mit…

Kapitel 2 - Lächle!

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Gemeinsam wäre das alles viel einfacher gewesen. Nicht allein, sondern im Team. Und eigentlich hätte er sich durchaus als sozialen Menschen beschrieben. Zumindest wenn die anderen ihm die Chance dazu gaben. Dann konnte er sich stundenlang mit ihnen unterhalten, lachen, trinken, albern sein. Ja, er würde sich stets als witzige Person bezeichnen, jemand mit dem man doch gerne ab und an die Zeit totschlägt. Er war vielleicht nicht der Interessanteste oder Intelligenteste oder Schönste, dennoch unterhaltsamer und vielversprechender als das schnöde Samstagabend-Programm in der Glotze. Trotzdem, ab einem gewissen Punkt gingen sie ihm eigentlich immer auf die Nerven, raubten ihm fast den Verstand und ließen ihn tobend vor Wut zurück. Weil sie so dumm waren, weil sie sich stark, erhaben und groß fühlten, obwohl es ihnen unmöglich war über den Dingen zu stehen, das zu sehen und zu verstehen, was er schon lange erkannt hatte. Jetzt gerade konnte er die Beherrschung bewahren, Atmung und Puls unter Kontrolle behalten, doch das gelang ihm nicht immer. Er lehnte sich in dem schwarzen Ledersessel zurück und ließ seinen Blick schweifen.

Es war Nacht. Das Mondlicht schien von draußen durch die heruntergezogenen Jalousien und warf dabei lange, silbrige Linien über den ganzen Raum. Links von ihm stand ein gläserner Schreibtisch. Er war blank poliert. Nicht das kleinste Staubkrümelchen zierte seine glatte Oberfläche. Da lagen nur verschiedene Akten, zwei eingerahmte Bilder, ein Füllfederhalter und ein Notebook. Fast hätte man denken können, dass hier ein mächtiger Geschäftsführer oder die angesehene Führungskraft eines Großkonzerns arbeitete.

Das Einzige, was an diesem Bild störte, war der leere Raum dahinter. Da war keine Schrankwand mit erlesenen Whiskys und kubanischen Zigarren, sondern mehrere, fast mannshohe Exemplare weithin bekannter Motivationswandbilder. Ein Bild von Oprah Winfrey, die dröhnte: „The biggest Adventure you can take is to live the life of your Dreams.“ , von Michelle Obama: „There is no Limit to what we as women can acomplish“. Schließlich Beyoncé, die da schnatterte: „The most alluring thing a women can have is confidence.“ Er vergrub seine Finger im kalten Leder des Sessels. Er wünschte sich eine andere Welt, eine andere Realität, in der er das alles nicht tun musste, in der sie ihn nicht dazu zwangen, aber es gab sie nicht. Sie waren selbst Schuld, wenn sie ihm keine Ruhe ließen, keine Sekunde, niemals.

Wenn er sein Handy anmachte, waren sie da, die ganze Zeit, permanent und unausweichlich. Sie waren alle so laut und selbstbewusst und heuchlerisch – und anstrengend. Er erinnerte sich an die Zeit, als er noch Schuldgefühle deswegen empfand, sich schämte, weil er froh war, dass mit dem Tod der Mutter sein Vater endlich aufblühen konnte, frei von all dem Druck, all den Vorwürfen. Ja, sogar von der körperlichen Gewalt. Es hatte lange gedauert und einige schmerzhafte Erfahrungen gebraucht, bis er es endlich verstanden und damit Frieden geschlossen hatte. Es war nicht einfach, sein Wissen jemand anderem zu erklären. Einem Mann hätte er es wohl mit einem Vergleich näher gebracht. Er strich sich über das Kinn und überlegte, welche Worte er wählen würde.

Stell dir vor, du bist mit einer Frau zusammen, ihr seid ein Paar. Ein richtiges Gerät! Aber sie lässt dich einfach nicht ran, niemals, und du gibst dir alle Mühe, du lädst sie zum Essen ein, du schreibst ihr liebevolle Sachen, denkst an sie, hörst ihr zu, du machst den ganzen Bullshit. Aber sie will einfach nicht. Und die ganze Welt sagt, dass es nur ihren Willen gibt, dass du nichts zählst, gar nichts. So geht das sehr lange. Tage, Monate, Jahre. Und irgendwann... Nimmst du dir einfach, was dir zusteht, so wie es dir gefällt. Zum ersten Mal!

Er grinste während er auf den nackten Körper vor sich auf der schwarzen Couch blickte. „Sag mir... hättest du da Schuldgefühle?“, flüsterte er ins Dunkel hinein, wohlwissend, dass sie ihn gar nicht hören konnte. Er musste über seine eigenen Gedanken lachen. Ein richtiges Gerät, so würde er niemals reden oder denken. Das war nur die Art und Weise, wie er mit anderen Männern kommunizierte. Für ihn war es, wie eine fremde Sprache zu erlernen: Man konnte sie zwar sprechen, aber es wird nie die eigene sein, nie die Muttersprache. Es war einfacher von ihnen akzeptiert zu werden, wenn man so redete wie sie, konnte man das nicht, war man zu anders. Und ,anders’ war nunmal schlecht.

Er hätte seine Probleme damit gehabt, es einer Frau zu erklären. Er hatte kein Problem, mit ihnen zu kommunizieren, im Gegenteil, meist empfand er es als weniger anstrengend als mit Vertretern seines eigenen Geschlechts, aber er verstand sie nicht; ihre Motive, ihr Handeln, ihr Wesen. Vor allem der dominierende Mythos, der sich um sie herum gebildet hatte, war ihm ein unlösbares Rätsel und gleichermaßen Quelle für die überschwemmende Wut in ihm, die sein ganzes Leben bestimmte und die er nie offen zeigen durfte.

Nein, ihm fiel kein passender Vergleich ein, wie er es hätte diesen Dingern erklären sollen. Aber das musste er ja auch nicht. Die Zeit der Rechtfertigung war für ihn schon lange passé! Er hatte sich daran gewöhnt, dass alles und jeder um ihn herum zu schwach, zu beeinflusst von Trieb und Lust war, um ihn zu verstehen.

„Na dann…“, seufzte er und erhob sich aus dem Sessel.

„Lass es uns tun!“

Er musste dafür sorgen, dass sie wach war. Es war viel besser, wenn sie wach waren! Er schlug ihr auf die Wange. Keine Reaktion. Er schlug erneut zu und erneut und erneut. Das Klatschen hallte durch den Raum. Sie riss die Augen auf, begann jämmerlich zu schreien, zu weinen, zu flehen. Sie wollte weg, ganz woanders sein, entkommen, doch sie hatte keine Chance. Es waren die letzten Momente in ihrem Leben. Ein Leben, das er jetzt vor sich sah.

‚Ja, reiß deine Augen auf‘, schoss es ihm durch den Kopf, während der Rausch sein Inneres vernebelte und seine Finger in ihren Schädel eindrangen. Man konnte im Dunkeln keinen Tropfen Blut sehen. Nur die silbernen Streifen des Mondlichts. Und seine freudestrahlenden Augen.

Tomoji

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