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Begegnung in Yellowknife

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Zwei Wochen später. Es war bereits Anfang Oktober, die Temperaturen waren für die Jahreszeit zu warm, fast zehn Grad zeigte das Thermometer an. Der Winter hatte seine eisigen Vorboten noch nicht ausgesandt.

Die Glenconan AG residierte im elften Stock des 'Scotia Centers' in Yellowknife. Die Fassade glitzerte im Sonnenlicht silbern, hinter der Fassade dagegen waren dunkle Wolken aufgezogen.

Tom Baxter, Vorstand der Glenconan AG, war persönlich angereist, um die Führung in diesem Teil der Welt zu regeln. Frederic Fowler hatte in seinen Augen nicht nur versagt, sondern auch Ermittlungen der Behörden gegen die Glenconan AG heraufbeschworen.

In einem Nebenraum unterhielten sich Tom Baxter und sein mitgereister Vertrauter, sein Londoner Stellvertreter über Lösungen.

„Für mich gibt es nur eine Lösung: Fowler muss weg. Schmeißen Sie ihn raus, am besten gleich heute.“

Tom Baxter nickte bedächtig: „Wie ist der Stand der polizeilichen Ermittlungen?“

„Sie können uns bis jetzt nichts nachweisen. Aber auch wir haben keine Informationen, warum der Hubschrauber mit unseren Leuten am 'The Gate' abgestürzt ist. Sie haben Teile der Kabine gefunden, er muss am Hang zerschellt sein. Die Trümmer liegen in einem Umkreis von fast einem Kilometer zerstreut. Den ersten Toten haben sie auch geborgen, ist mir aber vollkommen unbekannt, Fowler übrigens auch. Das ist das Merkwürdige daran. Niemand weiß, wer dieser Mann war. Fowler hat hier nichts mehr im Griff!“

„Und Sie finden das ausreichend, ihn zu entlassen?“

„Sicher, er bekommt einen Ausgleich und wird im Gegenzug zum Schweigen verpflichtet. Ich glaube nicht, dass er auf eine solche Abfindung verzichten wird.“

Da bin ich mir nicht sicher, ich brauche eine andere, eine bessere Lösung. Tom Baxter wurde aus seinen Gedanken gerissen, als aufgeregt Frédéric Fowlers Sekretärin in der Tür stand, die sie ohne anzuklopfen, weit aufgerissen hatte.

„Mr. Baxter, kommen Sie, schnell. Auf der Straße tut sich was. Nichts Gutes!“

Tom Baxter beeilte sich keineswegs, ging gemächlich in das Büro der Sekretärin und blickte gelangweilt aus dem Fenster. Das änderte sich schlagartig.

„Verd…“

Auf der Straße, direkt vor dem Scotia Center hatten sie ein Podest aufgebaut, daneben standen zahlreiche Pressevertreter und Polizei. Mit einem leistungsstarken Megaphon hielt der Chief der 'Dene' eine Ansprache, immer wieder unterbrochen von heftigem Beifall seiner Landsleute. Auch fanden sich mehr und mehr Bürger von Yellowknife ein. Dann reichte er das Megaphon an Ahmik weiter, trat in die zweite Reihe zurück, Marc und Shonessi stellten sich neben ihn.

„Volk der Dene, Bürger von Yellowknife. Wir sind angetreten um der Glenconan AG Einhalt zu gebieten. Warum, wird euch jetzt ein guter Freund von mir erzählen. Er kann das viel besser sagen, er ist ein Augenzeuge.“

Mit diesen Worten reichte er das Megaphon an Marc weiter.

„Mein Name ist Marc Mezger, das bedeutet im Englischen übrigens 'Butcher'. Viel wichtiger ist etwas anderes: meine Freunde nennen mich 'Lakota'. Jeder von euch weiß, was dieser Name bedeutet. Das ist für mich Programm: Freund, der zu mir steht.“

Es war still geworden, alle hörten zu, die Journalisten schrieben eifrig in ihre Blöcke. Marc wurde lauter, man spürte in seiner Stimme, dass er es ernst meinte.

„Freund steht für uns, für uns alle, die hier stehen. Dieser Konzern, die Glenconan AG zerstört vorsätzlich nicht nur die Wälder und entzieht den vielen Tieren, insbesondere den Karibus die Lebensgrundlagen … Nein, er bedroht uns, die Menschen. Nicht nur wir, die hier leben. Der Wald ist unsere grüne Lunge. Er bringt uns die Luft zum Atmen. Und für was wird dieser Wald zerstört?“

Seine Stimme wurde eindringlicher, heftiger.

„Mr. Tom Baxter, wie viele Milliarden Dollar muss ein einzelner besitzen, damit er zufrieden ist? Sie zerstören den Wald für Geld! Für Ihre persönliche Bereicherung. Niemand sonst hat einen Nutzen davon. Leute wie Sie reden von Sozialschmarotzern, die zu faul zum Arbeiten sind. Der größte Schmarotzer sind Sie …“

In diesem Augenblick öffneten sich die Türen des Centers und heraus traten Tom Baxter, sein Stellvertreter, weitere Mitarbeiter der Glenconan AG und Frédéric Fowler. Marc stutzte, als er beide, Baxter und Fowler sah. Wut übermannte ihn.

„Da sind ja die beiden Herren aus dem Jumbo von Frankfurt nach Vancouver.“

Er wurde leise, Schärfe kam in seine Stimme.

„Tom Baxter und Frédéric Fowler höchstpersönlich, damit habe ich nicht gerechnet. Ein Auftragsmörder und ein Mörder.“

Marc machte eine Pause, der Lautstärkepegel schwoll mächtig an, die Stifte der Journalisten flogen über die Blöcke. Marc war noch nicht fertig, griff beide Männer jetzt direkt an.

„Im Flugzeug hat Mr. Baxter den Mordauftrag erteilt, zweimal ist Mr. Fowler gescheitert. Der Auftrag galt nicht mir … Nein, er galt dieser jungen Frau hier an meiner Seite. Denn sie ist die Tochter von ‚Littlefoot‘, jeder von euch kennt ihn. Früh hat er erkannt, wer ihr seid und euch Widerstand entgegengesetzt. Das wolltet ihr verhindern. Mein bester Freund ist schwer verletzt worden, drei Menschen sind tot. Nur die sind bis auf den Parkaufseher von euch …“

Shonessi konnte sich nicht mehr zurückhalten, nahm Marc das Megaphon aus der Hand.

„Das kann ich alles bezeugen. Wenn Lakota nicht gewesen wäre, dann würde ich heute mit Sicherheit nicht mehr unter euch sein. Er hat mir dreimal das Leben gerettet. Und jetzt kämpft er für uns, die First Nation der Dene. Und glaub ja nicht, Tom Baxter, dass wir dich davonkommen lassen. Tausende werden uns unterstützen.“

Ein ohrenbetäubendes Geheul entstand. Einige wollten sich auf den leichenblassen Tom Baxter stürzen, Frédéric Fowler und einige andere hatten sich längst in das Gebäude geflüchtet. Ahmik rief alle zum Maßhalten auf. Tom Baxter lief auf die Polizisten zu.

„Ich zeige diese hier an wegen Verleumdung. Alles erstunken und erlogen. Ich mache euch fertig.“

Er ging dabei auf Marc zu.

„Und dich 'Butcher' werde ich frühstücken! Keine ruhige Minute wirst du mehr mit deiner Squaw haben.“ Er sprach das Wort Squaw dermaßen respektlos und abfällig aus, dass Marc im Begriff war, sich auf ihn zu stürzen. Ahmik konnte ihn soeben zurückhalten. „Lass es, er will dich provozieren. Bleib ruhig.“

Shonessi sagte ruhig, dabei in einer Schärfe, die ihn verstummen und noch blasser werden ließ. „Ich bin stolz, eine Squaw der First Nations zu sein. Tom Baxter, ich sehe es Ihnen an: für Sie ist nur ein toter Indianer ein guter Indianer.“

Diese bekannte Phrase aus dem 19. Jahrhundert traf ihn heftig, zumal die Journalisten eifrig ihre Notizen schrieben. Tom Baxter wandte sich ohne ein weiteres Wort zu verlieren ab und verschwand ebenfalls im Center. Einige Journalisten versuchten, ihn aufzuhalten, konnten aber nichts erreichen. Mit den Worten „Kein Kommentar“ verschwand er im Gebäude, rief seinem Stellvertreter zu: „Krisensitzung!“

Jeder wusste um diese Bedeutung. Tom Baxter verschwand mit seinem Vertrauten zu einem Vieraugengespräch. Nach einer Stunde kam er lächelnd heraus und gab entsprechende Anweisungen. Frédéric Fowler wurde einbestellt zum nächsten Gespräch. Er zitterte am ganzen Körper, als er den Raum betrat, denn der ganze aufgestaute Frust des Vorstandes würde jetzt ihn treffen.

„Sie haben versagt, Sie werden trotzdem nicht gefeuert. Sie bleiben hier als kommissarischer Leiter unserer Firma für den Bereich Kanada, vorläufig. Sie fällen keine selbständigen Entscheidungen, sprechen alles mit mir persönlich ab. Ihr Gehalt wird um die Hälfte gekürzt. Und ich bin noch viel zu großzügig. Sie können gehen, gehen Sie mir aus den Augen, sie Versager.“

Fowler wollte noch eine Antwort geben, wagte nicht zu widersprechen und ging schweigend in sein Büro. Er sollte als Sündenbock herhalten, in ihm reifte ein Entschluss. Wenn Tom Baxter ihn fertigmacht, wird er aussagen, das wäre das Ende von dem großen Tom Baxter. Bei diesem Gedanken musste Frederic Fowler lächeln.

Als Tom Baxter Yellowknife verlassen wollte, wurde er von der Polizei am Flughafen abgeholt und unter Hausarrest gestellt. Es wurde gegen ihn ermittelt. Er konnte Yellowknife nicht mehr verlassen. In den darauffolgenden Tagen erreichte eine Gruppe von sechs Anwälten Yellowknife. Tom Baxter wollte weg, nichts war ihm zu teuer oder zu aufwendig.

Weiße Wölfe am Salmon River

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