Читать книгу Mission SOL 2020 Paket (1 bis 12) - Madeleine Puljic - Страница 19
12.
ОглавлениеTrurull hatte den Inspektor aus der Heimat in seine Residenz geführt, in ein Gesprächszimmer mit nur einem Ausgang. Dieser befand sich hinter Trurull, der Inspektor vor ihm. Sollte sein Gast auch nur eine verdächtigte Bewegung machen, würde sich sofort eine bei Berührung tödliche Energiemauer zwischen ihnen aufbauen.
Noch aber wiegte Trurull das merkwürdige, achtäugige Wesen in Sicherheit. Sollte dieses ruhig glauben, Trurull sei auf seine Illusion hereingefallen. Wenn es Fragen stellte, würde es damit preisgeben, welche Themen es interessierten – und Trurull Rückschlüsse auf seine Absichten ermöglichen. Erst wenn die Lage gefährlich wurde oder wenn es auf diesem Weg nichts mehr zu erfahren gab, wollte Trurull den Besprechungsraum in eine Zelle verwandeln.
Der Inspektor schien gar nicht auf die Idee zu kommen, dass seine absonderliche Kraft vielleicht nicht wirken konnte. Er plauderte munter drauflos, erzählte vom großen Interesse des Torruval an Trurulls Arbeit, und wie er sich freue, Details davon nach Hause berichten zu können.
»Wie ist Diulus Eroberung denn genau vonstattengegangen?«, fragte er.
»Schnell und unerbittlich, selbstverständlich«, antwortete Trurull gönnerhaft. »Wie es sich gehört, wenn die Armeen des Torruval unserem Volk neuen Raum verschaffen.«
»Musstet ihr heftigen Widerstand überwinden?«
Reflexartig fasste Trurull nach dem Narbengewebe, das sein halbes Gesicht entstellte. »Glaubst du, das hier stammt von einem kleinen Klaps?«
»Verzeih«, sagte der Fremde, »ich wollte dich nicht beleidigen. Es liegt mir fern, deinen Einsatz infrage zu stellen. Wie lief der Einsatz gegen die Eltail denn genau ab?«
»Gnadenlos.« Die Fragen reizten Trurull aus unerfindlichem Grund.
»Der Torruval wird sich einen genaueren Bericht wünschen«, behauptete der Achtäugige. »Kannst du mir etwas Detaillierteres für ihn mitgeben?«
»Wir kamen über sie mit aller Macht«, schnappte Trurull. »Wir jagten sie, trieben sie zusammen, hetzten sie, töteten sie! Das Blut floss in Bächen die Stufen hinunter, und die Berge ihrer Körper ...«
»Oh bitte«, unterbrach das Wesen. »All das ist schön und gut, aber es lässt sich über jede unserer Eroberungen auf anderen Welten genauso sagen. Was war hier besonders? Wie ist das Raumgefecht verlaufen? Gab es eins? Wie viele Eltail haben gekämpft? Wie viele Tote gab es auf ihrer Seite, wie viele auf unserer? Was ist mit den Leichen geschehen? Gab es Sicherheitsvorkehrungen in den Gebäuden, Minen in den Straßen? Wie waren ihre Armeen bewaffnet?« Unvermittelt wechselte sein Ton von ungeduldig-fordernd ins Freundliche. »Solche Dinge interessieren den Torruval.«
Solche Dinge hätte Trurull aber nicht mal dann liefern können, wenn der echte Torruval einen wirklichen Inspektor geschickt hätte. Die Erinnerung an die Schlacht war höchstens schemenhaft, seit sein halber Schädel ersetzt worden und er im Hospital erwacht war.
»Du hast die Standbilder gesehen«, brachte er knapp hervor. »Du siehst dort alles, was ...«
»Ich würde es gern von dir hören«, unterbrach der andere, und wieder spürte Trurull die immateriellen Finger nach seinen Gedanken greifen.
Mit einem Satz sprang er auf und aktivierte den Energieschirm. »Wer bist du?«, schrie er den Fremden an. »Woher kommst du, und was willst du hier?«
Sein Gegenüber blieb völlig gelassen. Der falsche Inspektor zeigte keinerlei Reaktion auf die veränderte Lage. »Mein Name ist Kalphatt Udimor«, sagte er, »und ich habe dich offensichtlich unterschätzt. Das tut mir leid. Ich hatte nicht vor, dich zu beleidigen.« Die Augen an allen acht Tentakeln fixierten Trurull. »Das möchte ich auch jetzt nicht, bitte schätze meine folgenden Sätze daher als das ein, was sie sind: ein Hilfsangebot. Ich habe gespürt, dass du deine Geschichte für die volle Wahrheit hältst. Sie stimmt nicht, sie kann nicht stimmen. Sie ist zu vage, und es gibt keinerlei Hinweise dort draußen für eine Jagd, wie du sie beschreibst.«
»Wie kannst du es wagen? Jeder Truvaud auf diesem Planeten ...«
»... wird deine Geschichte bestätigen«, unterbrach Udimor. »Kunststück, schließlich lässt du jeden Zweifler hinrichten. Ja, auch das habe ich aus deinen Gedanken lesen können. Aber ein Zweifler lebt noch, oder? Du selbst weißt auch nicht, was geschehen ist. Woher deine Verletzung stammt. Willst du es nicht wissen?«
Erneut befühlte Trurull seine Narben.
»Ich kann dir helfen«, redete Udimor weiter. »Gemeinsam können wir die Wahrheit herausfinden.«
»Ich werde dich foltern«, verkündete Trurull sachlich. »Ich werde dich quälen, bis ich alles über dich weiß. Woher du kommst, wer dich geschickt hat, was du hier willst. Und danach werde ich dich für deinen Frevel langsam und schmerzvoll töten.«
»Die Fragen kann ich dir alle auch so beantworten. Ich stamme von Tiapa, einer Welt, die ich vom Abgrund der Vernichtung zurückgeholt habe und die seitdem leider in einer Art kollektivem religiösen Wahn der Verblödung entgegendämmert. Aber immerhin, mein Volk lebt noch. Wer mich geschickt hat: A-Kuatond, BARILS dritte Ritterin. Was ich hier will: die Truvaud vor dem sicheren Ende retten, falls das noch möglich ist. Dafür allerdings wäre es wichtig, dass du kooperierst.«
Trurull hörte ein Tonsignal.
Der Fremde richtete ein Auge kurz auf ein Kommunikationsgerät an seinem Handgelenk. »Unerfreulich«, murmelte er.
»Was soll das heißen: das Ende der Truvaud?«, schrie Trurull ihn an. »Wer oder was ist BARIL?«
»Legitime, wichtige Fragen«, sagte Udimor. »Aber wir haben keine Zeit dafür. Es ist wirklich, wirklich wichtig, dass du mich in deine Gedanken blicken lässt. In deinem eigenen Interesse.«
»Willst du mir drohen?«
»Siehst du die Wahrheit denn als Drohung? Bist du ihr nicht gewachsen?«
»Vielleicht«, sinnierte Trurull, »töte ich dich einfach so. Ohne Antworten zu bekommen. Rein aus Vergnügen.«
»Davon rate ich aus verschiedenen Gründen ab«, sagte Udimor süffisant. »Zudem hast du gerade keine Zeit dafür. Du wirst wahrscheinlich an anderer Stelle gebraucht.«
Noch während der Fremde sprach, ging eine Dringlichkeits-Textbotschaft von seinem Stellvertreter bei Trurull ein. Er hatte seine Lektion vom Morgen gelernt und las sie diesmal sofort.
»Wir werden angegriffen!«, schleuderte er Kalphatt Udimor entgegen.
»Ach wirklich«, sagte dieser.
»Deine Freunde werden die Macht der Truvaud zu spüren bekommen!«, schrie Trurull. »Und danach komme ich wieder zu dir, und ich werde dein Leid verzehnfachen!«
»Ich warte hier«, versprach der Gefangene völlig gelassen. »Denk daran, ich kann vielleicht helfen. Du musst mich nur lassen. Komm, wenn du bereit bist.«
Mit einem Brüllen verließ Trurull das Gefängnis und hetzte auf allen vieren zu seinem Kommandoraum.