Читать книгу Damian - Madlen Schaffhauser - Страница 17

13.

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Mein Körper fühlt sich an, als hätte ich stundenlang Sport getrieben, was nicht mal weit von der Wahrheit entfernt ist. Unanständige Bilder fliegen vor meinem geistigen Auge vorbei und spüre sofort wieder das Verlangen nach ihm. Auch wenn mir Damian in den letzten zwei Tagen mehrere Orgasmen geschenkt hat, werde ich nie genug von ihm bekommen. Er weiss, wie er mich verwöhnen muss, dass ich in seinen Händen zu Wachs werde und genau das hat er mir an dem vergangenen Wochenende mehr als einmal deutlich gemacht.

Ich bin zu Fuss auf dem Weg zur Arbeit. Zwar ist es kalt und grau, was aber meine gute Stimmung in keinster Weise trüben kann. Das Meyer Empire ist bereits in meiner Sicht, obwohl ich noch einige Minuten zu gehen habe. Der gigantische Wolkenkratzer überragt mit seiner markanten Bauart die anderen Gebäude um sich herum. Er zieht einen magisch an. Genauso wie der Eigentümer des Towers, der mit seiner Ausstrahlung die anderen Menschen in seinen Zauber zieht.

Mein Herz klopft schneller, während ich mich der Drehtür nähere. Ich habe Damian seit gestern Abend nicht mehr gesehen, umso nervöser bin ich jetzt, ihm zu begegnen. Wie wird er auf mich reagieren? Wird er mich anlächeln oder ganz den Boss raushängen?

Der Lift hält auf dem fünfundvierzigsten Stock und die Türen gleiten zur Seite. Ich gehe in mein Büro, das ich heute ganz alleine für mich habe, da Mira erst gegen Abend von ihrem Kurztrip zurückkehrt.

Wie immer lege ich meine Sachen ab, starte den PC und gehe in die kleine Kantine, um mir einen Kaffee zu holen. Auf dem Weg dorthin, muss mir ausgerechnet Aila, Bakers Assistentin, begegnen. Ich begrüsse sie aus Höflichkeit mit einem kurzen Hallo und gehe an ihr vorbei.

„Angenehme Tage gehabt?“ fragt sie mich mit einem Lächeln auf dem Gesicht, das so falsch wirkt, wie ihre manikürten Fingernägel.

„Sehr erholsam und in jeder Hinsicht perfekt.“ Ich schreite weiter den Flur entlang. Zu meinem Bedauern folgt sie mir in die Kantine.

„Ihre verzückte Laune wird sich bald ändern.“

Fast wäre mir die Kanne mit dem heissen Kaffee aus der Hand gerutscht, als ich ihre feindselige Worte hinter mir höre. Sie ist eine falsche Schlange, was ich schon bei unserer ersten Begegnung vermutet und was mir alle anderen Mitarbeiter bestätigt haben, trotzdem spüre ich, dass sie etwas weiss, was nicht zu meinem Guten ist.

Ich schenke das dampfende Getränk in eine Tasse und umklammere sie mit beiden Händen, damit Aila nicht bemerkt, wie meine Finger zittern und wie sehr ich mich um meine Selbstbeherrschung bemühe. „Haben Sie sich schon mal Gedanken darüber gemacht, warum Sie hier alle meiden?“

Ihr künstliches Lächeln bekommt noch immer keine Risse, als sie mir antwortet: „Mich interessiert nur, was Mr. Baker von mir hält. Alles andere ist unwichtig.“

„Sie sollten sich vielleicht mal überlegen, was Mr. Meyer über Sie denkt.“

„Ich habe es nicht nötig, vor ihm auf die Knie zu gehen. So wie Sie.“

Mir läuft es eiskalt den Rücken hinunter. Hat sie bemerkt, wie ich Damian anhimmle? Nein, das kann nicht sein. Sie will mich nur unnötig provozieren, was ihr auch beinahe gelingt.

„Ich schätze unseren Chef. Sowie ich alle hier schätze.“ Ich lege eine kunstvolle Pause ein und ziehe meine Mundwinkel nach oben. „Ausser Sie.“ Damit lasse ich Aila stehen und gehe zurück in mein Büro, um mich zu beruhigen und um endlich mit meiner Arbeit zu beginnen.

Ich habe um zehn eine kurze Pause gemacht und habe diese mit Rose verbracht. Sie hat für uns einen frischen Tee zubereitet und dazu feine, selbstgemachte Brownies offeriert, bei denen ich nicht nein sagen konnte. Ich sagte ihr, dass ich endlich ein Fitnessstudio aufsuchen muss, um die Kalorien wieder abzubauen, die ich bei unserer täglichen Teepause zu mir nehme. Sie winkte nur ab und meinte, dass ich noch viel Platz für ihre Gebäcke habe. Ich fühlte mich wohl in ihrer Gesellschaft, wie jedes Mal. Wir lachten und unterhielten uns in ausgelassener Stimmung.

Während unserer aufgeweckten Unterhaltung schielte ich dauernd auf Damians Bürotür. So sehr ich mir auch gewünscht habe Damian zu sehen, er liess sich kein einziges Mal blicken.

Ob Rose meine heimlichen Blicke bemerkt hat, hat sie sich nicht anmerken lassen, denn sie hat nichts erwähnt oder mich darüber ausgefragt.

Jetzt ist es beinahe Mittagszeit und mit jeder Minute die verstreicht, vermisse ich Damian mehr. Ich habe noch nichts von ihm gehört. Weder eine E-Mail noch eine Nachricht auf meinem Smartphone habe ich erhalten. Ich würde gerne zu ihm gehen, nur leider habe ich keinen Vorwand, in seinem Büro aufzutauchen und Rose würde garantiert gleich herausfinden, was meine Absichten sind.

Aber die Sehnsucht nach ihm ist nicht der einzige Grund, warum ich mich immer mehr verspanne. Ailas Bemerkung von heute Morgen geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Irgendwas geht hier vor sich und ich habe keine Ahnung, was es sein könnte.

Doch als das Telefon auf meinem Schreibtisch klingelt und Bakers Name auf dem Display angezeigt wird, brauche ich diesbezüglich nicht länger nachzudenken.

„Miss Weber.“ nehme ich den Hörer ab.

„Kommen Sie in mein Büro.“ Damit ist der Anruf beendet.

Auf meinen hochhackigen Schuhen schwanke ich mehr, als dass ich gehe, auf das Büro meines Vorgesetzten zu. Davor sitzt Aila, die ihren Kopf hebt, sobald sie meine Schritte hört. Am liebsten würde ich ihr selbstgefälliges Grinsen aus dem Gesicht schlagen. Ich halte mich an diesem hervorragenden Gedanken fest und gehe an ihr vorbei, ohne mich bei ihr anzumelden.

Die Hand zur Faust geballt, klopfe ich an Bakers Tür. „Herein!“ ertönt seine bittere Stimme und ich gehe durch. „Nehmen Sie Platz, Miss Weber.“ Er deutet auf einen Sessel vor seinem schwarzen Tisch, der beinahe so mächtig und imposant ist, wie der von Damian.

„Gibt es irgendein Problem, Mr. Baker?“ frage ich ihn, als ich mich gesetzt habe.

„Ein Problem?“ Er klingt beherrscht. Seine Ellbogen hat er auf der Tischplatte abgestützt, seine Fingerspitzen berühren sich, sein Blick ist starr auf mich gerichtet. „Wissen Sie, für welchen Bereich Sie hier eingestellt wurden?“

„Ja.“ Ich ziehe meine Stirn in Falten, weil ich nicht verstehen kann, worauf er hinaus will.

„Und warum haben Sie diese Buchungen nicht vorgenommen?“ Er wirft einen Stapel Papier vor mich hin.

Ich nehme die Unterlagen in die Hände und überfliege sie kurz, obwohl ich schon längstens weiss, um welche Zahlungen es sich handelt. Nur die Antwort, die ich auf seine Frage geben sollte, habe ich mir nicht überlegt. Ich beschliesse mich für die Wahrheit. „Es tut mir leid, aber ich konnte sie nirgends zuordnen.“

„Sie nicht zuordnen? Sie haben die Aufgabe, die Dokumente, die Sie mit meiner Unterschrift erhalten, ins System einzugeben. Sie sind nicht in der gleichen Funktion, wie Sie sie an Ihrem letzten Arbeitsplatz hatten. Sie sind hier, um die Zahlungen zu verbuchen. Sonst nichts. Wenn Ihnen das zu wenig ist, können Sie gehen.“

„Nein, die Arbeit gefällt mir.“

„Dann wissen Sie ja, was Sie zu tun haben.“

„Natürlich.“

„Nehmen Sie den Stapel mit und machen Sie sich an die Arbeit.“

„Ich werde es gleich erledigen.“

Zum zweiten Mal an diesem Tag verwünsche ich meine hohen Absätze, als ich mit weichen Beinen an meinen Arbeitsplatz zurückkehre. Eigentlich war dieses Gespräch unvermeidlich. Ich wusste, dass Baker irgendwann bemerken würde, dass ich gewisse Dokumente nicht verarbeitet habe, die ich nicht mit gutem Gewissen verbuchen konnte, doch war ich auf seinen gehässigen Ton und seine feindselige Miene nicht vorbereitet.

Zurück in meinem Büro, stelle ich mich kurz an das raumhohe Fenster, atme mehrmals tief ein und aus, um meine aufgewühlten Nerven zu beruhigen. Baker setzt mir ziemlich zu und ich weiss nicht, wie ich das umgehen kann. Denn ich möchte meine Arbeit nicht nur gut, sondern auch korrekt machen. Nur habe ich in diesem Moment nicht das Gefühl, als würde ich das tun, wenn ich die Papiere verbuche, die mir Baker zurückgegeben hat. Ich werde den Eindruck einfach nicht los, dass mit diesen Zahlungen etwas nicht stimmt, aber ich kann es nicht beweisen. Und wenn ich weiterstöbere, wird Baker misstrauisch. Er hat mir angedroht, dass er mich rauswirft, was er auch ohne zu zögern machen wird, wenn ich ihm nur einen kleinen Grund dafür liefere. Das darf ich nicht riskieren. Zum einen liebe ich diesen Job und zum anderen kam ich dadurch weg von der Schweiz. Weg von Michael.

Wenn sich Baker dazu entschlossen hat, mich zu feuern, wird mir auch die Verbindung zu Damian nicht helfen. Er hält viel von Baker und vertraut auf sein Urteilsvermögen. Warum, weiss ich nicht.

Also entsperre ich meinen PC und lege los. Während ich die einzelnen Buchungen durchführe, vibriert mein Smartphone auf dem Tisch. Es ist Rose, die irgendwo im Wolkenkratzer herumtigert und die mich zum Mittagessen einladen möchte. Ich lehne ab, da ich den Stapel vor mir schnellstens abbauen möchte. Stattdessen bitte ich Sie mir ein Sandwich mitzubringen.

Kurz vor fünf werde ich fertig. Ich atme auf, als alles eingegeben, abgestempelt und sortiert ist. Trotzdem befürchte ich, etwas nicht richtig gemacht zu haben.

Als ich gerade Feierabend machen möchte, kündigt mein Telefon eine SMS an. Den ganzen Tag über habe ich nichts von Damian gehört. Umso mehr bin ich jetzt überrascht, seinen Namen, den ich mittlerweile in meiner Kontakliste gespeichert habe, auf dem Display zu lesen.

Du hast in einer halben Stunde einen Termin bei Dr. Glasgow. Pietro wird dich hinbringen. Er wartet bereits unten.

Ich lese die Nachricht ein weiteres Mal. Keine nette Begrüssung. Kein wie geht es dir oder ich vermisse dich. Nur Worte, die geschäftlich klingen und nichts privates enthalten. Und wer ist Dr. Glasgow? Ich zermartere mir das Gehirn darüber, wer dieser Doktor ist, während ich mit dem Fahrstuhl nach unten in die Lobby fahre. Noch bevor ich aus dem Aufzug gestiegen bin und auf die Drehtüren zugehe, fällt es mir wieder ein. Damian hat mich gebeten, dass ich mir die Pille verschreiben lasse. Er hat einen Namen eines Arztes genannt, als er tief in mir war und mich fickte, als gäbe es keinen Morgen mehr.

In jenem Moment hätte ich ihm alles versprochen, aber jetzt ärgere ich mich und bin wütend, dass er so über mein Leben bestimmt. Dass er für mich einen Termin bei einem Gynäkologen vereinbart hat, lässt mich aus der Haut fahren. Was mich aber noch mehr trifft, ist seine unpersönliche SMS. Ich fühle mich wie eine Nummer, eine Aufgabe, die er noch zu erledigen hatte und die er nun abhacken kann. Zu alledem mischt sich eine gewisse Spur von Angst und Übelkeit dazu, was alleine durch den Gedanken an einen Gynäkologen verursacht wird.

Pietro steht stramm vor dem schwarzen Rolls Royce und erwartet mich bereits. Kaum hat er mich bemerkt, öffnet er die hintere Wagentür. „Miss Weber, schön Sie wiederzusehen.“ begrüsst er mich in seinem herzlichen, italienischen Akzent.

„Hallo Pietro.“ Ich schlüpfe in den Fond des Phantoms und lasse mich in die weichen Polster sinken. Pietro setzt sich hinter das Steuer und lenkt den Wagen fliessend in den Verkehr ein. Dabei erinnere ich mich an unsere letzte Begegnung, als er seinen freien Abend für mich opfern musste, um mich mitten in der Nacht nach Hause zu bringen, weswegen ich ein schlechtes Gewissen bekomme. „Ich hoffe, Sie hatten noch eine angenehme Nacht, nachdem Sie mich abgeladen haben.“

„Machen Sie sich nur keine Gedanken darüber. Es gehört zu meinem Job. Ausserdem habe ich es gerne gemacht.“ Er lächelt mir durch den Rückspiegel zu.

Pietro wird mir mit jedem Mal sympathischer, auch wenn er unter seinem Jackett eine Waffe trägt. „Wie lange arbeiten Sie schon für Mr. Meyer?“

„Seit über zwölf Jahren.“

Ich rechne kurz nach. „Dann haben Sie schon in der Schweiz in seinem Dienst gestanden?“ frage ich ihn verwundert.

„Oh ja. Er hat uns sozusagen importiert.“ Er lächelt wieder, aber es wirkt etwas traurig.

„Uns?“

„Meine Frau Angelica und mich.“

„War es für Sie keine Belastung, ihm in ein anderes Land zu folgen?“

„Nein. Wir haben es nie bereut. Er ist ein guter Mann. Und schliesslich konnten wir ihn nicht im Stich lassen.“

„Das verstehe ich jetzt nicht.“

„Das können Sie auch nicht.“ Auf der weiteren Fahrt gibt er vor, sich auf den Verkehr, konzentrieren zu müssen. Auch bei den roten Ampeln wirft er keinen Blick mehr in den Rückspiegel. Damit gibt er mir zu verstehen, dass er nicht mehr über seinen Chef reden möchte, was ich natürlich akzeptiere.

Irgendetwas ist in der Vergangenheit vorgefallen. Irgendwas Schreckliches. Das kann ich immer deutlicher spüren. So wie sich Damian bei gewissen Themen verschliesst, ist das ganz offensichtlich. Aber niemand möchte darüber sprechen. Weder Rose, Pietro, am allerwenigsten Damian.

Keine zwanzig Minuten später hält Pietro vor einem zierlichen Londoner Stadthaus aus rotem Backstein. Die weisse Tür ist nicht zu übersehen, an der ein kleines Schild angebracht ist. Damians Fahrer braucht mir nicht zu sagen, wo wir sind, denn ich kann spüren, dass da drin, hinter den weisseingekleideten Fenstern, ein Unheil auf mich wartet.

Es ist noch kein Jahr vergangen, seit ich das letzte Mal bei meiner Frauenärztin war, aber der Grund war ein ganz anderer, als diesen hier. Ich darf nicht zurück sehen, nicht daran denken, denn sonst stürze ich wieder in schlimme Depressionen.

Pietro steigt aus. Gleich darauf öffnet er mir die Tür. Ich hole tief Luft, packe mit feuchten und zittrigen Händen meine Handtasche und rutsche über den Fond, um auszusteigen.

Er muss mein Unbehagen bemerkt haben, denn er sieht mich mit einem sorgenvollen Blick an. „Geht es Ihnen nicht gut, Miss Weber?“

„Es wird schon.“ Dabei ziehe ich meine Mundwinkel nach oben. Manchmal frage ich mich selbst, wie ich ein Lächeln zustande bringe, wenn ich mich so durcheinander fühle, wie jetzt und Panik mein Inneres packt. Zum Glück gelingt es mir fast jedes Mal, wodurch meine Fassade aufrecht bestehen bleibt.

„Ich werde hier draussen auf Sie warten.“

„Danke.“ Meine Beine sind schwer, als ich den kurzen Weg, der zum Eingang führt, zurücklege. Trotzdem bringe ich die Strecke in sicheren Schritten hinter mich.

Damian

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