Читать книгу Damian - Vertrauen - Madlen Schaffhauser - Страница 13

9.

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Eigentlich glaubte ich, dass ich an diesem Morgen im Glück schweben würde, mit einem riesigen Smile auf dem Gesicht, weil ich Rose und Mira von meinem Umzug erzählen wollte. Aber bis jetzt kam alles ganz anders. Nachdem ich von Miras eventuellen Schwangerschaft erfahren habe, rief mich Aila an. Ich bemerkte durch den Hörer hindurch, wie sie es genoss mich in Bakers Büro zu zitieren.

Seit den letzten fünf Minuten versuche ich herauszufinden, warum ich zu Baker beordert wurde. Gerne würde ich denken, dass er mich wenigstens einmal wegen meiner Arbeit rühmen oder mir eine neue Aufgabe zuteilen würde, doch ich weiss es besser. Er hatte noch nie ein gutes Wort für mich übrig. Er liebt es geradezu mich zu schikanieren. Also wird es auch dieses Mal sicher nicht anders. Aber was könnte ich angestellt haben? Ich erledige doch alles genau so, wie er es mir aufgetragen hat?

„Du kannst gleich weiter. Er wartet bereits. Wird bestimmt amüsant.“ erklärt Aila schadenfroh.

Liebend gern würde ich ihr, ihr selbstgefälliges Grinsen aus dem Gesicht wischen, stattdessen gehe ich wie die Ruhe in Person an ihr vorbei, obwohl meine Beine bei jedem Schritt immer schwächer werden.

Aber ganz so klein gebe ich dann doch nicht nach. „Ganz bestimmt. Vor allem dann, wenn ich Baker verrate, dass er nicht der Einzige ist, den du hier vögelst.“

„Fick dich.“ antwortet sie. Wir haben schon seit langem aufgehört, falsche Freundlichkeit auszutauschen.

Ich klopfe an und trete ein, nachdem mich mein Vorgesetzter dazu aufgefordert hat.

„Nehmen Sie Platz.“

Ich setze mich vor seinen riesigen Schreibtisch aus Mahagoni und warte geduldig ab, was er mir zu sagen hat.

„Manchmal frage ich mich, ob Sie mich absichtlich zum Narren halten möchten.“ Er klingt ziemlich wütend, worauf ich mich kerzengerade aufrichte und auf seinen Rüffel warte. „Ich würde gerne wissen, wie Sie zu Ihrem letzten Job als Teamleiterin kamen. Wahrscheinlich haben Sie Ihrem Chef eins ge....“

„Wagen Sie es ja nicht, so mit mir zu reden.“ stoppe ich ihn, bevor mir bewusst wird, vor wem ich sitze. Aber die Worte sind schon raus. Ausserdem habe ich jedes Recht, mich zu verteidigen. Egal wer er ist. Ich brauche mir so etwas nicht anzuhören. Nicht von meinen Freunden und schon gar nicht von meinem Vorgesetzten. „Wenn Sie nur mit falschen Anschuldigungen kommen wollen, dann werde ich jetzt aufstehen und gehen.“

Er sieht mich mit zusammengekniffenen Augen an, sein rechter Mundwinkel ist zu einem linkischen Grinsen hochgezogen. „Dieser ganze Haufen“ Baker legt eine Hand auf einen Berg Akten vor sich. „haben Sie falsch verbucht. Wir haben etliche Mahnungen erhalten, weil die Firmen ihre Zahlungen nicht bekommen haben.“

Mit offenem Mund starre ich ihn an und versuche seinen Worten zu folgen, sie zu begreifen. Aber es gelingt mir nicht, weil es nicht stimmen kann, was er mir an den Kopf wirft.

„Das kann nicht sein. Ich gehe immer alles zweimal durch.“

„Dann müssen Sie noch unfähiger sein, als ich dachte. Die Mahnschreiben und meine Nachprüfungen haben gezeigt, dass Sie falsche Zahlen oder Namen eingegeben haben. Etliche Überweisungen mussten eruiert werden, was viel Zeit in Anspruch nahm und ausserdem überflüssig war. Und alles nur, weil Sie Ihre Aufgabe nicht richtig machen können!“ Er sieht mich an, wobei er mit seinem Zeigefinger auf meine Brust deutet. Und obwohl Bakers Finger noch über einen Meter von mir entfernt ist, habe ich das Gefühl, als bohre er sich unaufhaltsam in mein Fleisch. Sein wütender Blick und seine grimmigen Gesichtszüge lassen mich nervös und meine Hände feucht werden. Liebend gern würde ich jetzt aufstehen und dieses Büro verlassen, das mir jedes Mal kälter erscheint. Denn zu sehr graut es mich vor dem, was er als nächstes sagen wird. „Mir bleibt nichts anderes übrig, als Mr. Meyer über ihre Inkompetenz zu informieren. Ich glaube nicht, dass wir eine solche Mitarbeiterin länger dulden können.“

„Aber...“ Ich sollte mich verteidigen, denn das was er mir unterstellt, ist einfach nicht möglich. Auch wenn er es mir schriftlich belegen kann. Doch mir fällt nichts mehr ein. Denn ich komme nicht gegen meinen Vorgesetzten an. Ich kann nur hoffen, dass sich Damian auf meine Seite stellt und mir eine Chance gibt mich zu beweisen.

Als ich nichts weiter sage, holt mich Baker aus meinen trüben Gedanken. „Wollten Sie noch etwas sagen?“ fragt er mich mit einem sarkastischen Ton, gut darauf bedacht, dass er mir nicht verborgen bleibt.

„Wenn das jetzt alles ist, würde ich gerne gehen.“ bringe ich mit so fester Stimme hervor, wie es mir in diesem Moment nur möglich ist.

„Gehen Sie zurück an Ihre Arbeit und sehen Sie zu, dass Sie keine Fehler mehr machen. Ich werde Ihnen bald mitteilen, wie es weitergeht.“

„Gut.“ Ich erhebe mich aus dem Stuhl und recke das Kinn in die Höhe, um mir ja nicht meine Niederlage anmerken zu lassen.

Nachdem ich das Büro von Baker verlassen und seine Assistentin hinter mir gelassen habe, kann ich die Tränen kaum noch zurückhalten, die in meinen Augen brennen. Tausend Fragen gehen mir durch den Kopf, aber auf keine habe ich eine Antwort.

Seit ich hier angefangen habe, versucht mir Baker die Arbeit schwer zu machen. Ich habe keine Ahnung warum er mir immer wieder Steine in den Weg legt und mich absichtlich kränkt. Schliesslich habe ich nichts getan, um ihn gegen mich aufzubringen.

Doch mit jedem Schritt, mit dem ich mich auf mein Büro zubewege, verstärkt sich immer mehr ein erdrückender Gedanke. Baker möchte mich loswerden, auf jeden Fall. Davon bin ich zunehmend überzeugt. Aber warum? Und kann es sein, dass er die Buchungen manipuliert hat?

Ich bin sicher über eine halbe Stunde vor dem bodentiefen Fenster gestanden und habe auf die Londoner Metropole gestarrt ohne wirklich etwas wahrzunehmen. Immer wieder versuchte ich eine Erklärung für Bakers Antipathie gegenüber mir zu finden. Jedoch ohne Erfolg. Schliesslich empfinde ich gegenüber ihm nicht anders. Er hat irgendwas an sich, was mir unheimlich ist. Leider kann ich mir nicht erklären, woher dieses Gefühl kommt, aber es ist da und wird immer stärker. Manchmal würde ich gerne verstehen, was Damian in Baker sieht. Vielleicht würde ich dann besser mit meinem Vorgesetzten auskommen.

Nachdem ich mich endlich wieder aus meiner Starre befreien konnte, ging ich zu den Fahrstühlen und drückte auf den obersten Knopf. Ich war mehr als erleichtert, dass ich in einem leeren Aufzug nach oben fahren konnte. So hatte ich noch einen kurzen Augenblick, um meine Gedanken zu ordnen. Ich musste mit Damian sprechen und überlegte mir fieberhaft, ob Baker schon bei ihm war. Ich hoffte es nicht.

Die Türen glitten lautlos zur Seite, ich trat hinaus und ging mit energischem Schritt auf Rose' Empfang zu. Doch in dem Moment als sich unsere Blicke trafen, geriet ich ins Wanken und konnte nur noch mit Mühe auf sie zugehen. Ich brauchte sie nicht zu fragen, was passiert ist. Ich konnte alles in ihrem Gesicht lesen. Sie sprang auf, half mir um die Theke und zog einen Stuhl in ihrer Kaffeeecke hervor.

Dort sitze ich nun und mustere das dunkle Getränk, das mir Rose vor einer gefühlten Ewigkeit zubereitet hat. Meine Hände umklammern mit festem Griff die warme Tasse, als würde mir diese den Halt geben, den ich jetzt unbedingt brauche.

Baker war hier. Er muss gleich zu Damian gegangen sein, nachdem ich sein Büro verlassen hatte. Das hat mir Rose erzählt, sowie ich auf dem Stuhl Platz nahm. Dass die beiden Männer sich ernsthaft über mich unterhalten haben, brauchte sie nicht laut auszusprechen. Das war für uns beide eindeutig.

Ich wäre am liebsten in Damians Büro gestürmt, um mich zu verteidigen. Aber leider sind gerade potenzielle Kunden bei ihm, wie mir Rose mitteilte, nachdem sie mich am Arm zurückgehalten hatte, als ich unangemeldet zu ihm wollte.

„Wenn ich nur wüsste, was er gegen mich hat.“ seufze ich vor mich hin und stütze meinen Kopf in die Hände.

Rose sitzt neben mir und sieht mich mit beunruhigtem Blick an. Zwar versucht sie sich nichts anmerken zu lassen, doch kann ich förmlich spüren, dass auch sie sich Gedanken macht, was meine Anstellung in dieser Firma betrifft.

„Es wird sicher alles gut.“ Sie fährt mir tröstend über den Arm.

„Woher willst du das wissen?“

„Ich kenne Damian. Er verurteilt niemanden vorschnell.“

Ich reisse mich aus meiner kümmerlichen Haltung und sehe sie wütend an. „Ich habe nichts Falsches getan!“ gebe ich ihr aufgebracht zur Antwort. „Es wird mir doch noch gelingen einfache Buchungen richtig einzugeben. Ausserdem überprüfe ich alles zweimal.“

„Beruhige dich, meine Kleine.“ Rose greift nach meiner Hand. „Jetzt sag mir mal, was Baker gegen dich in der Hand hat.“

Ich erzähle ihr von dem Gespräch, das heute Morgen zwischen mir und Baker stattgefunden hat und was er mir vorwirft. Dabei vergesse ich nicht seinen herablassenden Ton zu erwähnen.

Als ich mit meiner Schilderung ende, betrachtet mich Rose fassungslos und kopfschüttelnd. „Der kann wahrhaftig ein widerliches Scheusal sein. Es tut mir wirklich leid, dass er so auf dir herumtrampelt.“

„Weisst du was ich glaube?“

„Nein. Was denn?“

„Ich werde das Gefühl nicht los, dass er die Buchungen sabotiert hat.“

„Warum sollte er das tun? Dafür hat er doch überhaupt keinen Grund.“ Ich sehe Rose an, dass sie mir bei dieser Sache nicht ganz folgen kann oder nicht will.

„Das wüsste ich auch gern und leider kann ich nichts beweisen.“

Unsere Unterhaltung wird schlagartig unterbrochen, als eine Tür geöffnet wird und zwei Männer und eine Frau aus Damians Büro kommen.

„Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Aufenthalt in London. Mrs Morgan wird einen Termin mit Ihnen ausmachen.“ Damian schüttelt jedem einzelnen die Hand und beschenkt sie mit einem offenen Lächeln, aber als er in meine Richtung blickt, verschwindet sogleich der muntere Ausdruck auf seinem Gesicht.

Er wartet höflich ab, bis seine Besucher vor Rose' Empfangstheke sind, um mit ihr einen neuen Termin zu vereinbaren, dann ruft er mich in sein Büro. „Miss Weber, kommen Sie bitte.“

Ich folge ihm mit zittrigen Beinen und schliesse vorsichtig die Tür hinter mir.

„Nimm Platz.“ Damian deutet auf den Stuhl vor seinem Tisch.

Noch vor wenigen Stunden planten wir meinen Umzug und haben uns glücklich vor dem Meyers Empire voneinander verabschiedet. Und nun sitze ich vor ihm, um kühl und distanziert von ihm angesehen zu werden.

„Ich weiss, dass du einiges mit dir herumschleppst und dass du vieles verarbeiten musst, aber bei der Arbeit solltest du deinen Kopf bei der Sache haben.“

Mir klappt der Kiefer nach unten und traue meinen Ohren nicht. „Was?“

„Wir alle haben mit irgendwelchen Problemen zu kämpfen. Die einen mit weniger, die anderen mit mehr. Wir beide wissen, wovon ich spreche. Trotzdem können wir in unserem Beruf keine Fehler leisten.“ Er sieht mich unbewegt an.

„Ist das dein Ernst?“ Ich hatte mir gewünscht, dass wenigstens Damian an meine Kompetenz glauben würde, doch in diesem Moment werde ich eines Besseren belehrt und stelle erschreckt und traurig fest, dass er nicht hinter mir steht.

„Jedem kann mal ein Fehler passieren, aber es sollte sich nicht wiederholen.“

Ruckartig erhebe ich mich aus dem Stuhl und balle meine Hände an den Seiten zu Fäusten. „Glaubst du wirklich, dass ich wegen meiner Vergangenheit meine Aufgaben nicht richtig erledigen kann?“ Ich muss mich extrem zusammenreissen, dass ich nicht laut anfange um mich zu brüllen. Bloss mit grosser Mühe gelingt es mir meine Wut und meine Enttäuschung im Zaum zu halten. Damian hält zu Baker, was mich unsäglich verletzt. Manchmal glaube ich, es ist ein schlechter Film, nur leider spiele ich darin die Hauptrolle. „Jess...“ Er steht ebenfalls auf und kommt um den Tisch auf mich zu, doch ich weiche vor ihm zurück.

„Du kennst meine Geschichte und dass es nicht immer einfach für mich ist, sie in der hintersten Ecke meines Gedächtnisses zu verschliessen. Aber du weisst, dass ich stark genug bin, um sie wenigstens während meiner Arbeit zu vergessen. Ich...“

„Ich weiss, dass du dein Bestes gibst.“ Damian macht einen weiteren Schritt auf mich zu, wobei ich die Arme vor meiner Brust verschränke. „Nur leider habe ich Unterlagen, die darauf deuten, dass du Rechnungen falsch verbucht hast.“

„Zeig sie mir!“ bringe ich wütend hervor. Er soll mir diese blöden Akten zeigen, damit ich endlich sehen kann, was ich verkehrt gemacht habe.

Ich glaube so etwas wie Erstaunen in seinem Blick zu lesen. „Hast du das noch nicht?“

„Nein! Baker wollte sie mich nicht sehen lassen.“

Damian dreht sich und streckt seine Hände nach den Mappen aus, die auf seinem Tisch liegen. Als er die erste öffnet, stelle ich mich neben ihn und sehe mir die Buchungen durch. Es sind alles mir vertraute Firmen und jedes einzelne Blatt ist mit meinem Namen unterzeichnet. Allem Anschein nach habe ich sie verbucht. Aber es kann nicht sein, dass ich so viele Falschbuchungen gemacht habe, oder doch? Es fehlt nicht mehr viel und ich zweifle selbst an mir.

Ich gehe die Unterlagen ein zweites und ein drittes Mal durch und schüttle benommen den Kopf. „Das kann nicht sein. So neben den Schuhen kann ich gar nicht sein.“

„Vielleicht hattest du einen schlechten Tag.“ Das Mitleid in seinen Augen ist nicht zu übersehen und kaum zu ertragen.

Ich dachte, ich könnte nicht mehr wütender werden, aber in diesem Moment werde ich weit mehr als das. „Und ich dachte, du hältst zu mir!“

Als er seine Hand auf meinen Arm legt, schüttle ich ihn heftig ab. Er fährt sich entnervt durch die Haare, dann sieht er mir eindringlich in die Augen. „Ich halte zu dir. Das ist überhaupt keine Frage. Nur...“

„Im Moment macht es überhaupt nicht der Anschein, dass du es tust!“

„Lass mich ausreden.“ Seine Stimme klingt gefährlich leise und fest. „Du musst wissen, dass ich Privates nicht mit Beruflichem vermische. Du bist mir verdammt wichtig, aber ich habe ein Imperium zu führen. Da kann ich es mir nicht leisten dich in Schutz zu nehmen, nur weil wir ein Paar sind. Baker ist mehr als ein guter Mitarbeiter. Und ich vertraue ihm, was die Arbeit angeht. Er hat Fehler entdeckt noch bevor es zu grösseren Schäden kommen konnte und dafür bin ich ihm dankbar.“

„Schmeisst du mich jetzt raus?“

Meine Frage hat ihn offenbar etwas aus der Bahn geworfen, denn er starrt mich mit zusammengezogenen Augenbrauen an. „Wie?“

„Du hast mich richtig verstanden.“

„Nein.“ Er legt seine Hände auf meine Arme und dieses Mal weiche ich nicht vor ihm zurück. „Ich werde dich nicht entlassen. Das hatte ich keine einzige Sekunde vor.“

„Gut. Aber ich werde mir für den Rest des Tages frei nehmen. Ich kann mich nicht mehr konzentrieren und wir wollen doch nicht, dass ich weitere Fehler mache, oder?“ Vielleicht bin ich nicht ganz fair zu ihm. Er hat recht, wenn er sagt, dass man Privates und Berufliches nicht miteinander verbinden sollte. Aber im Augenblick kann ich nicht anders, denn ich spüre immer deutlicher, dass mit diesen Akten irgendwas nicht in Ordnung ist, nur dass ich es nicht beweisen kann.

„Hör auf mit deinen sarkastischen Bemerkungen.“ Wir sehen uns einen Moment schweigend tief in die Augen. „Alles gut zwischen uns?“

Ich nicke stumm mit dem Kopf.

„Bis heute Abend?“ Er scheint anscheinend wirklich gut sein Privatleben von seinem Berufsleben trennen zu können. Und wie steht es bei mir?

Damian - Vertrauen

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