Читать книгу Damian - Vertrauen - Madlen Schaffhauser - Страница 9
5.
Оглавление
Obwohl erst ein paar Stunden vergangen sind, seit er mich gefragt hat, ob ich bei ihm einziehen möchte, ist sein Kleiderschrank bereits für mich freigeräumt. Er überlässt mir den halben Schrank, besser gesagt, den halben Raum, obwohl ich nicht annähernd so viele Kleider besitze, um diesen Platz zu füllen. Aber die Geste und dass er sich gleich an die Arbeit gemacht hat, nachdem ich zugesagt habe, hat mich noch immer in seinem Bann.
Ich liege auf seinem Bett, unserem Bett, bei diesem Gedanken muss ich schmunzeln und sehe zu, wie er seine vielen Anzüge an einen anderen Ort verfrachtet. Dass er alles selbst macht und nicht Angelica damit beauftragt, zeigt mir ebenso, wie wichtig es ihm ist, mich bei sich zu haben.
„Was gibt es da zu schmunzeln?“ möchte er wissen, als er gerade ein paar Hemden auf einen Sessel legt.
„Ich kann noch immer nicht ganz glauben, dass ich das hier jetzt unser nennen darf.“
„Alles was meins ist, ist auch deins.“ Er kommt zu mir und legt sich neben mich aufs Bett.
„Geht das nicht etwas zu schnell?“
„Willst du einen Rückzieher machen?“ fragt er mich. Verwirrung schwingt in seiner Stimme mit.
„Es geht hier nicht um mich, sondern um dich. Vor noch nicht einmal einer Woche wolltest du mich aus deinem...“
„Sprich es nicht aus.“ Damian legt einen Finger an meinen Mund und hindert mich am weitersprechen. „Ich möchte, dass du diesen Schwachsinn aus deinem Kopf streichst und nie mehr daran denkst. Versprich es mir.“
„Kann ich das?“ frage ich unsicher.
„Bist du glücklich?“
„Ja.“
„Wir schaffen das.“ Er beugt sich zu mir und legt seinen weichen Mund sanft auf meinen.
Keine Ahnung von wo er plötzlich diese Kraft nimmt, woher diese Zuversicht kommt. Aber eines sehe ich ganz klar. Dass es ihm ernst ist, dass er keine Spiele spielt und dass er seine Vergangenheit besiegen möchte.
„Ja.“ hauche ich an seinen Lippen und öffne meinen Mund, um seiner Zunge Einlass zu gewähren.
Wir biegen soeben auf den Parkplatz des Forestlakes. Damian möchte mich in jenes Restaurant ausführen, in dem wir unser erstes Date hatten und wo wir uns später zum ersten Mal küssten. Ich kann mich noch ganz deutlich an jenen Tag erinnern. Wer hätte gedacht, dass ich in näherer Zukunft zu Damian ziehen, geschweige denn, dass wir eine Beziehung haben würden, nicht nur eine billige Affäre. Nein, wir sind eine Stufe weiter. Es ist wirklich etwas Ernstes zwischen uns. Auch wenn ich mich noch an den Gedanken gewöhnen muss, fühlt es sich wunderbar an. Geborgen, sicher und ja... geliebt.
„Wir sind da.“ ertönt Pietros Stimme aus der Gegensprechanlage, da die Trennwand oben ist, weil wir ungestört sein wollten.
Kaum fuhren wir von dem Appartement los, kletterte ich auf Damians Schoss, knöpfte seine Hose auf und massierte seinen beachtlichen Penis. Ich machte ihn heiss und verwöhnte ihn so lange, bis er knapp vor seinem Orgasmus war. Dann schob ich mein Kleid nach oben und nahm ihn tief in mir auf. Ich ritt ihn in langsamen Rhythmus, während er an meinen entblössten Brüsten saugte. Nur ein paar Stösse später, ergoss er sich in mir.
Zwar kam ich nicht in den Genuss eines Höhepunktes, aber seinen erlösten Gesichtsausdruck zu sehen, als er seinen Samen in mir abgespritzt hatte, war total erregend. Fast so wertvoll wie ein eigener Orgamus.
Das Essen ist wie jedes Mal ausgezeichnet. Ich lasse mir das feine Chicken Curry auf der Zunge zergehen und geniesse die entspannte Atmosphäre zwischen Damian und mir. Schon fast vergesse ich, dass er nicht nur mein Freund, wie ich ihn seit den letzten beiden Stunden insgeheim nenne, sondern auch mein Chef ist. Wenn meine Gedanken in diese Richtung wandern, frage ich mich, wie es an unserem Arbeitsplatz weitergehen wird. Wird er mir aus dem Weg gehen, damit er sich nicht verrät? Wird er mich anders behandeln als sonst? Wird er mich vor seinen Arbeitnehmern als seine Freundin bezeichnen?
„Was denkst du?“
Ich habe gar nicht bemerkt, wie ich das Essen auf dem Teller umherschiebe. Wahrscheinlich machen mir meine Überlegungen mehr zu schaffen, als dass ich angenommen habe. „Ich habe mich soeben gefragt, wie es zwischen uns weitergeht, wenn wir im Meyers Empire sind.“
„Du fragst dich, ob ich zu dir stehen werde?“ möchte er wissen, während er mich aufmerksam mustert.
Schüchtern und zaghaft nicke ich mit dem Kopf, lasse ihn aber nicht aus den Augen.
„Wenn du dir erhoffst, dass ich dich vor den anderen als meine Partnerin vorstellen werde, dann muss ich dich leider enttäuschen.“
Einen schärferen Pfeil hätte er nicht in meine Brust bohren können. Ich brauche einen Moment, um seine Worte zu verdauen und versuche meine Kränkung nicht zu zeigen. Aber da habe ich natürlich die Rechnung ohne Damian gemacht.
Mitfühlend legt er die Hand auf meine, die auf der weinroten Tischdecke ruht. „Ich habe auf gar keinen Fall die Absicht dir damit wehzutun. Aber ich bin dein Chef, ihrer Chef, und dabei muss ich eine gewisse Autorität an den Tag legen, die selbst ich nicht immer willkommen heisse.“ Sein Daumen wandert federleicht und beruhigend über meinen Handrücken. „Ich hoffe, du verstehst das. Ich kann dich gegenüber den anderen Angestellten nicht bevorzugen, wenngleich ich das liebend gerne tun würde. Doch würde das nur Ärger zwischen dir und den anderen geben.“
Noch in dem Moment, in dem er sich zu erklären versucht, ist mir durchaus bewusst, dass er Recht hat. Bei der Arbeit ist er mein Chef und nichts anderes. Damit muss ich wohl zurechtkommen.
„Ausser...“
Als er nicht weiterspricht, sehe ich ihn auffordernd an. „Ausser?“
„Wenn du kündigen würdest, würde vieles anders aussehen.“ Er versucht zu Lächeln, aber es erreicht seine Augen nicht.
„Du willst, dass ich bei Meyers Enterprises aufhöre?“ Ich klinge etwas atemlos und versuche meine Hand wegzuziehen, doch er verstärkt seinen Griff nur noch mehr.
„Vielleicht wäre es besser. Aber glaub keine Sekunde, dass ich es möchte.“ Seine Miene hat einen beschwörenden Ausdruck angenommen.
„Warum machst du dann einen solchen Vorschlag?“
„Ich versuche nur eine geeignete Lösung zu finden. Denn ich weiss schon jetzt, dass es mir unheimlich schwer fallen wird, die Finger von dir zu lassen.“ Seine Mundwinkel wandern ein klein wenig nach oben, gleichzeitig betrachten mich seine Augen mit einem glutvollen Strahlen, die seine Gedanken ganz offen darlegen.
„Ich mag meinen Job.“ gebe ich ihm zur Antwort zurück.
„Gut.“ antwortet er mit einem leisen Seufzen. „Ich habe schon befürchtet, du könntest meine üble Idee befolgen.“
Ich kann nicht anders, es kriecht einfach empor und steigt schliesslich aus meiner Kehle. Ein herzhaftes Lachen verdrängt die Anspannung, die für einen kurzen Moment unsere gemütliche Ecke in Beschlag genommen hat und zu meiner grössten Verblüffung fällt Damian in mein Lachen.
Ich denke für den Augenblick haben wir dieses Thema abgehackt. Wir werden ja sehen, wie wir im Büro miteinander zurechtkommen werden.
Es ist schon über vier Monate her, seit wir diesen schmalen Waldweg das erste Mal gemeinsam nahmen. Schon so viel ist seit jenem Tag vergangen. Damals bekam ich noch Panikattacken, wenn ich nur die Waffe von Pietro sah. Jene Anfälle haben ziemlich abgegeben, seit ich Damian kenne. Wir beide sind in dieser Zeit über so viele Hürden gegangen, dass es uns auf eine ganz eigene Art und Weise zusammengeschweisst hat. Wir haben viel Leid und Trauer erfahren. Wir haben uns immer wieder voneinander zurückgezogen und dem anderen damit wehgetan. Was für den einen reiner Selbstschutz war, war für den anderen purer Egoismus. Doch jetzt sind wir einiges weiter und ebnen unseren Pfad gemeinsam.
Zwar ist es noch immer kühl, aber die Bäume, Pflanzen und die Sonne deuten auf den kommenden Frühling hin. Ich freue mich auf diese Jahreszeit. Es ist wie ein Neubeginn.
Ich hacke mich bei Damians Arm unter, während wir über den Waldboden Richtung See gehen. Es fühlt sich völlig richtig an, als hätte es nie etwas anderes gegeben, als wir beide zusammen.
Leute kommen uns entgegen und begrüssen uns mit einem freundlichen Lächeln. Für die sind wir ein ganz normales Paar und in diesem Moment fühlt es sich auch wirklich so an, was mich noch glücklicher macht. Denn diese Fremden bestärken meinen Gedanken, dass wir es schaffen können. So wie es Damian heute zu mir gesagt hat. Wir schaffen das.
Nach einigen Minuten kommt der blaue See in Sicht. Ich lege meinen Kopf in den Nacken und hebe das Gesicht der Sonne entgegen. Sie wärmt mich von aussen, gleichzeitig erhitzt meine Liebe zu Damian mein Innenleben.
Wir gehen am Ufer entlang, lassen die unberührte Landschaft auf uns wirken und geniessen die Nähe des anderen. Als wir das erste Mal hier vorbeigingen, hat er mich geküsst. Es war unser erster Kuss und es waren jene Berührungen seiner Lippen, die sich fest in meinen Erinnerungen verankert haben.
Wie immer reagiert mein Körper sofort mit einem angenehmen Kribbeln im Bauch, wenn ich an jenen Tag zurückdenke. Mir wird heiss und kalt zugleich. Wahrscheinlich habe ich mich in jenem Augenblick, als er mich an diesen Ort führte, schon in ihn verliebt. Auch wenn ich es mir noch längere Zeit nicht eingestehen wollte.
„Wenn du mich weiter so anschmachtest, kann ich für nichts mehr garantieren.“
Mir war gar nicht klar, dass ich ihn die ganze Zeit angestarrt habe und laufe rot an.
„Es braucht dir nicht peinlich zu sein. Ich mag es, nein, es macht mich richtig scharf, wenn du mich mit deinen Blicken ausziehst.“
„Hör auf.“ Ich gebe ihm einen freundschaftlichen Knuff auf den Arm. „Ich habe dich nicht ausgezogen.“
„Nein?“ fragt er mich mit hochgezogener Augenbraue.
„Nein.“ beharre ich auf meiner Aussage.
„Da sagen deine Augen aber etwas ganz anderes.“ Er sieht mich belustigt an.
„Okay. Du hast Recht.“
„An was hast du gedacht?“
„An unseren ersten Kuss.“
„Oh, ähm,...“ Er dreht sich von mir weg und sieht auf den See hinaus, der ganz still vor uns liegt.
Es kränkt mich etwas, dass er sich von mir abwendet, nachdem ich ihm offen gezeigt habe, was unser erster Kuss in mir auslöst. Aber ich versuche ihn zu verstehen. Nicht nur er hatte vor all diesen Wochen mit etlichen anderen Gefühlen zu kämpfen. Auch ich selbst war ganz verunsichert, als das mit uns geschah und jetzt, da wir beide unsere Vergangenheit voreinander ausgebreitet haben, ist es einiges einfacher dem anderen das richtige Verständnis entgegenzubringen. Also gebe ich ihm die Zeit, um das zu verdauen, was ihn gerade quält.
Sein ganzer Körper ist vollkommen angespannt, was mich etwas beunruhigt. Ist er gerade bei seiner Frau und Tochter? Bittet er sie um Verständnis, dass er eine Beziehung mit mir eingegangen ist? Bittet er sie um Erlaubnis? Ich würde gerne meine Arme um seine Taille legen und ihn an mich drücken, ihn mit meiner Zärtlichkeit stärken.
Ich möchte wissen, was ihn beschäftigt. Stattdessen entferne ich mich ein paar Schritte von ihm, um ihm den nötigen Freiraum zu geben. Ich hoffe nur, dass er mir irgendwann seine jetzigen Gedanken anvertrauen wird, weil das meine innere Unruhe etwas lockern würde.
In wenigen Metern Entfernung steht eine leere Bank. Ich setze mich darauf und versuche mich wieder auf die Umgebung zu konzentrieren. Denn wir sind viel zu selten hier.
Ich sehe kurz zu Damian, der noch immer an der gleichen Stelle steht. Dann wandern meine Augen zu Pietro, der sich in angemessener Entfernung befindet und der nun Damian ebenso mustert, wie ich vor wenigen Minuten. Er spürt meinen Blick und lächelt mir aufmunternd zu, was doch tatsächlich Wirkung zeigt. Ich löse mich aus meiner Erregung und sehe einigen Sittichen zu, wie sie über die Bäume fliegen und wie Enten fröhlich im Wasser schwimmen.
„Schöner Anblick, nicht?“ ertönt seine tiefe Stimme.
Ich schaue auf und sehe geradewegs in seine braunen Augen, in denen ein trauriger Ausdruck steht.
„Willst du darüber sprechen?“ frage ich ihn, nachdem er neben mir Platz genommen hat.
„Es ist schwer...“ Er bricht mitten im Satz ab und sieht nach vorne.
Wir bleiben in den nächsten Minuten bewegungslos und still nebeneinander sitzen. Ich halte nur tröstend seine Hand, was er zu meiner Überraschung zugelassen hat.
„Wir haben sehr oft Ausflüge an den See gemacht. Luna und Helen haben das Wasser geliebt. Irgendwie hatte es eine beruhigende Wirkung auf sie. Ich verstand sie erst viel später. Erst nachdem sie....“ Damian holt tief Atem. „schon weg waren. Ich behielt unsere Tradition bei und versuchte an solchen Orten wie diesem, näher zu ihnen zu kommen. Und dann...“ Er dreht sein Gesicht in meine Richtung. „habe ich dich mit hierher genommen. Ich habe überhaupt nicht daran gedacht, was das für mich und meine Familie bedeuten könnte. Aber als ich dich hier geküsst habe, hatte ich das Gefühl sie zu betrügen. Es war falsch gegenüber Luna und Helen und es war dir gegenüber ebenso wenig aufrichtig.“
„Und jetzt?“ Auch wenn ich noch so sehr versuche meine Ängste vor ihm zu verheimlichen, zittert meine Stimme.
„Ich muss lernen damit klarzukommen. Ich muss sie gehen lassen.“
Ich blicke zu Boden. „Meinetwegen?“
„Ja und nein.“ antwortet er sanft, legt einen Finger unter mein Kinn und zwingt mich ihn anzusehen. „Ich bin glücklich mit dir, wie ich es bereits seit zehn Jahren nicht mehr war. Zehn Jahre habe ich um meine Familie getrauert. Jetzt sollte ich vielleicht wieder einmal nach vorne schauen. Ich habe mich lange Zeit jeden Abend besoffen und mich aufs übelste geprügelt. Als dieser Abschnitt meines Lebens vorbei war, habe ich jede Frau gefickt, die mir über den Weg lief.“
„Damian.“ Ich will das mit den anderen Frauen nicht hören und versuche meinen Blick von ihm abzuwenden. Doch er lässt es nicht zu.
„Ich möchte, dass du weisst, wie ich war, bevor ich dich kennengelernt habe. Mir war alles scheissegal. Meine Freunde, meine Eltern. Einfach alles. Und die Frauen waren ganz einfach ein Mittel zum Zweck. Sie haben mir nichts bedeutet. Ich wollte nur einen schnellen Fick, um zu vergessen.“
„Damian, bitte.“ Ich flehe ihn an aufzhören, doch er fährt unbeirrt fort.
„Als du das allererste Mal in meinem Büro aufgetaucht bist, wollte ich dich. Ich wollte dich auf meinen Tisch legen und ficken. Schnell, hart und tief und dich dann wieder fortschicken.“
Ich starre ihn mit offenem Mund an. Was er hier sagt, passt überhaupt nicht zu dem Menschen, den ich in ihm sehe, den ich kenne.
„In den ersten fünf Minuten unseres Gesprächs glaubte ich noch, dass es bei dir genau gleich sein würde, wie bei den anderen. Aber da habe ich mich restlos getäuscht. Du hast mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt. Von Anfang an.“