Читать книгу Letztes Blind Date - Norwegen-Krimi - Magnhild Bruheim - Страница 13
Marienlyst, Freitag, 19. Oktober, 10.30 Uhr
ОглавлениеDie tote Frau vom Mesnaelva hatte einen Namen bekommen: Sofie Lyse. Er stand auf der Titelseite der Zeitung, die vor Tone auf dem Schreibtisch lag.
In einer Stunde würde die Sendung über das Singletreffen ausgestrahlt werden. Vorher musste Tone noch ihren Beitrag für die Reihe über Schlankheitskuren redigieren. Wenn sie finanziell mit einem halben Job klarkommen wollte, musste sie zumindest die freiberuflichen Aufträge erfüllen, die sie zugesagt hatte. Deshalb hatte sie am Vortag auf dem Rückweg von Oslo in dem Fitnessstudio vorbeigeschaut, das es sich zur Aufgabe gemacht hatte, ihre Figur zu formen. In Zusammenarbeit mit ein paar anderen Journalisten sollte sie verschiedene Methoden testen, die einen schlankeren Körper versprachen. Aus einem kritischen Blickwinkel heraus. Tone rechnete damit, auch nach beendeter Kur noch alle ihre Kilos drauf zu haben, aber man durfte hoffen.
Jetzt wollte sie erst einmal lesen, was die Zeitungen über den Mord schrieben. Die, die vor ihr lag, brachte drei Seiten über den Fall Sofie. Die Polizei suchte nach Bekannten der Toten, die sich am Dienstag in der Gegend um Lillehammer aufgehalten haben könnten. Der Artikel enthielt bereits bekannte Informationen, aber auch einige neue. Lyse hatte Freunden gegenüber erwähnt, dass sie am Samstagabend nach Oslo wollte, um sich dort mit einem Mann zu treffen, den sie im Internet kennen gelernt hatte. Niemand kannte den Namen des Mannes. Seitdem hatte keiner der Freunde mehr etwas von ihr gehört oder gesehen. Niemand hatte eine Erklärung dafür, warum sie später nach Lillehammer gefahren war.
Im Internet? Tone hielt im Lesen inne. Der Gedanke war plötzlich da: Sie und die tote Frau hatten zwei Dinge gemeinsam. Sie waren zur selben Zeit im Wald gewesen und sie hatten über das Internet Kontakt gesucht. Hatten sie sich auch mit demselben Mann getroffen?
Der Name Sofie Lyse sagte ihr nichts. Doch wenn sie das Bild betrachtete, hatte sie wieder das Gefühl, die Frau zu kennen. Es war etwas unscharf, offensichtlich aus einem Foto, auf dem noch andere Personen abgebildet waren, herausgeschnitten und stark vergrößert worden.
Die siebenunddreißigjährige Sofie Lyse aus Gran war geschieden und wohnte allein, las sie. Keiner der Nachbarn erinnerte sich, sie in den letzten Tagen gesehen zu haben. Sie hatte am Freitag ganz normal gearbeitet und hätte anschließend nach Hause fahren sollen. Es war bekannt, dass Lyse sich in den letzten Monaten mit mehreren Männern getroffen hatte, die sie im Internet kennen gelernt hatte. Die Polizei hatte ihren PC sichergestellt und wollte ihre E-Mails durchgehen, auf der Jagd nach Namen und anderen Informationen. Die Autopsie ergab nichts, was auf einen sexuellen Missbrauch schließen ließ.
Der Exmann von Sofie Lyse wohnte in Oslo. Er hatte der Polizei erklärt, seit ein paar Jahren keinen Kontakt mehr zu seiner ehemaligen Frau gehabt zu haben. Über einen Streit zwischen den früheren Ehepartnern war nichts bekannt.
Die Zeitung brachte auch einen größeren Beitrag über die Partnersuche im Internet und die entsprechenden Websites. Zitate von Paaren, die sich auf diese Weise gefunden hatten. Informationen über Kontaktanzeigen und Agenturen. Leute, die sich der Internetseiten und der entsprechenden Firmen bedienten, hatten nichts zu befürchten, hieß es. Anonymität sei gewährleistet, die Teilnehmer entschieden selbst, ob sie ihre Identität preisgeben wollten. Ein Interview mit dem Redakteur einer Website, der erklärte, dass die Kontaktsuche über das Internet völlig ungefährlich sei. – Wir bekommen Rückmeldungen von Leuten, die dank unserer Website das Glück gefunden haben, sagt er. – Nicht eine einzige Klage ist eingegangen, dass jemand sich bedroht gefühlt hat ...
Tone war wütend auf sich selbst, weil sie ihr eigenes Wissen über den Fall journalistisch nicht verwertet hatte. Sie wünschte, sie würde in der Nachrichtenredaktion arbeiten. Sie hatte genug exklusive Informationen für ein paar interessante Beiträge. Sollte sie den Kollegen einen Tipp geben? Vorläufig nicht, entschied sie. Sie wollte lieber darüber nachdenken, ob sie das Material nicht selbst nutzen konnte.
Ihr Verdacht bezüglich der Restaurantquittung hatte sich bestätigt. Am 3. Oktober hatte Tone das erste Interview für die neue Dokumentarreihe gemacht. Mit einer verzweifelten Mutter, die vor zwei Jahren miterleben musste, wie ihr Sohn zum Mörder wurde. Anschließend war Tone nach Hause in die Wohnung in Torshov gefahren. Im Restaurant war sie nicht gewesen.