Читать книгу Letztes Blind Date - Norwegen-Krimi - Magnhild Bruheim - Страница 14

Marienlyst, Freitag, 11.30 Uhr

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Tone Tarud gehörte im System des norwegischen Rundfunks einer aussterbenden Rasse an. Sie machte Talkshows. Im Radio, wohlgemerkt. Das war das Besondere. Im Fernsehen war das an der Tagesordnung, doch im Radio war es altmodisch. Die Leute waren überfordert, wenn der Kommentar länger als vier bis fünf Minuten dauerte. Das war jedenfalls die Theorie. Deshalb konnte Tone nicht damit rechnen, dass der Durchschnittshörer ihre Sendungen mitbekam.

Gleich würde die Reportage über das Singletreffen im Hotel Hedemarken ausgestrahlt werden. Tone hatte die Aufnahme für die Sendung vor zweieinhalb Wochen, am letzten Septemberwochenende, gemacht. Die Annoncen, die jeden Donnerstag in den Lokalzeitungen erschienen, hatten sie auf die Idee gebracht. Sie wandten sich mit Party- und Tanzveranstaltungsangeboten an Singles. Die Sendung sollte herüberbringen, wie es sich anfühlte, Single, im besten Alter und auf der Jagd nach dem Glück zu zweit zu sein. Sollte die Hoffnung vermitteln, dieses auf einer Tanzveranstaltung mit Gleichgesinnten zu finden.

Tone war sich auf der Veranstaltung wie eine Heldin vorgekommen. Nicht weil sie mutig war, sondern weil sie sich so bloßgestellt fühlte. Sie hatte geplant, als ganz normaler Single hinzugehen und zu sehen, wie man sich als solcher fühlte, auf der Pirsch und mit diversen Erwartungen. Das beinhaltete, dass auch andere sie als Single auf Männersuche betrachteten. Sie wollte diese Insidererfahrung machen und das Ganze aus dieser Sicht darstellen. Für sie war das ein harter Auftrag. Zu hart, wie sie feststellen musste, als sie in dem Tanzlokal stand. Die Rolle eines Kontakt suchenden Singles im Internet einzunehmen war eins, doch diese Situation war etwas anderes. Sie schaffte es nicht, das durchzustehen, und klammerte sich stattdessen an das Aufnahmegerät.

Zuerst hatte sie eine der Veranstalterinnen interviewt. Linn Haldorsen war eine kleine, gedrungene Dame um die fünfzig, die Energie versprühte. Ihr ganzes Gesicht war ein einziges großes Lächeln. Als Tone sie nach der Idee hinter der Veranstaltung fragte, antwortete Linn, dass sie selbst absolut tanzbesessen sei. Aber Ehepaare und Liebespaare wollten immer nur miteinander oder mit Partnern von anderen tanzen, sagte sie. Deshalb hatte sie zusammen mit einer Freundin beschlossen, Singletreffs zu organisieren. Der Gedanke war einfach der, dass die Leute jemanden fanden, mit dem sie tanzen konnten.

Es war leicht, mit Linn Haldorsen zu reden, nur sprach sie nicht über das, was Tone am meisten interessierte. Über die Erwartungen. Über die Hoffnung, jemanden zu treffen, mit dem man mehr als ein paar Tänze teilen konnte. Eine der Annoncen, die Tone ausgeschnitten hatte, zierte eine Wurfscheibe mit einem Pfeil, der genau ins Schwarze traf. Sie sagte ihr Teil darüber aus, was die Leute erwarteten.

Die Sendung begann mit der von ihr aufgenommenen Tanzmusik. Nach fünfzehn bis zwanzig Sekunden wurde sie leiser und die Stimme von Svein-Åge Sule erklang: »Die Hoffnung ist doch die, dass ich eine Frau finde, weil ... das Leben ohne Frauen ein bisschen einsam ist. Es ist schön, jemanden zu haben, mit dem man alles teilen kann. Ohne Frau ist es einsam auf einem Hof. Ohne sie gibt es keine Kinder. Niemanden, der alles weiterführt. Die Alten sind ja eines Tages nicht mehr da. Und man steht mit allem alleine da. Das hat keine Zukunft, wissen Sie ...«

Svein-Åge war zusammen mit einem Freund aus Valdres zu der Tanzveranstaltung gekommen. An den Wochenenden besuchten sie oft solche Veranstaltungen, erzählten sie. Sule war Anfang fünfzig, schätzte sie. Ein wenig füllig, aber nicht dick. Eher kräftig. Er hatte blondes, lockiges Haar und ein rundes Gesicht. Er trug seinen Sonntagsanzug und roch stark nach Rasierwasser. Seine Schlichtheit und Aufrichtigkeit rührten Tone. Keine Spur von Prahlerei.

Danach kam die weibliche Hauptperson zu Wort: »Zu so einem Treffen kommt man schon mit einigen Erwartungen, es kann ja sein, dass sich etwas ergibt. Obwohl man mehrere Beziehungen hinter sich hat, ist man auf der Suche. Das muss ich schon zugeben.«

Als Tone die Sendung jetzt hörte, ärgerte sie sich, dass sie das unpersönliche ›man‹ nicht durch ›ich‹ ersetzt hatte. Leider war ihr das während der Aufnahme nicht aufgefallen. Anne Lomen fiel das Erzählen leicht. Tone war auf Anne und ihre Freundin gestoßen als sie, jede mit einer Zigarette in der Hand, dasaßen und lange Blicke auf die Tanzfläche warfen. Die eine war dunkel, die andere blond. Die Dunkle hatte braune Augen und war kräftig gebaut, die Blonde zierlich. Die Blonde machte ihr klar, dass sie an einem Interview nicht interessiert war, und ignorierte Tone daraufhin. Die Dunkle war entgegenkommender. Fand, dass nichts dabei war.

Ihre Freundin hatte nur gleichgültig mit den Schultern gezuckt und sich eine neue Zigarette angezündet, während die Dunkle sich bereit erklärte, auf die Fragen zu antworten. Auf der Tanzfläche war die Blonde gefragter. Svein-Åge Sule war einer derjenigen, die über die Tanzfläche kamen und sich vor ihr verbeugten.

Tone sah Sule vor sich, wie er mit der Blondine vorbeischwebte. Sein Gesicht war konzentriert und glänzte vor Schweiß. Seine Tanzpartnerin sah starr vor sich hin. Sie war attraktiv, sah aber ungesund aus und etwas verlebt.

Irgendetwas dämmerte Tone. Die Frau, die sie hier sah, hatte Ähnlichkeit mit einer anderen, die sie heute in den Zeitungen gesehen hatte. Und an dem Fluss. Die tote Frau. Deshalb war sie ihr bekannt vorgekommen. Es war die Freundin von Anne Lomen, den Namen hatte sie sich auf der Tanzveranstaltung nicht gemerkt. Nun wusste sie ihn. Sofie Lyse. Die Frau hatte mehrere Tänze mit Sule getanzt.

»Gibt es so etwas wie Romantik auf diesen Tanzveranstaltungen? Ist Amor mit seinen Pfeilen unterwegs?«, Tone hörte ihre eigene Stimme. Die Frage war an Svein-Åge gerichtet.

»Das kommt vor ...«, sagte Svein-Åge verlegen. Tone erinnerte sich, dass er zu seinen Kameraden geschielt hatte, als er das sagte.

»Erzählen Sie«, munterte sie ihn auf. »Erzählen Sie von den romantischen Erlebnissen.«

»In den letzten Jahren habe ich zwei, drei Frauen kennen gelernt, mit denen ich mich öfter getroffen habe.«

»Und die haben Sie beim Tanzen kennen gelernt?«

»Ein paar von ihnen ...«

Sie hatte wenig Konkretes erfahren, weil einer der vorwitzigen Kameraden eingegriffen und Sule aufgefordert hatte, von der letzten Berta zu erzählen. Der Kommentar hatte bei dem Rest der Gruppe für Heiterkeit gesorgt. Der Vorwitzige hatte Tone angesehen und mit den Händen etwas illustriert, was wohl die Körperformen der besagten Frau sein sollten. »Ja, wenn es nach ihr gegangen wäre, wäre der arme Svein-Åge jetzt ein verheirateter Mann«, hatte er gesagt, und Tone hatte auf den Pausenknopf gedrückt. Das war nicht für die Aufnahme geeignet.

Tone konnte sich nicht länger auf die Sendung konzentrieren. Sie nahm die Stimmen wahr, ihre eigenen Kommentare. In Gedanken war sie bei jenem Abend. War da noch mehr passiert, woran sie sich erinnern müsste?

Da war noch ein anderer Mann gewesen, der Interesse an Sofie Lyse gezeigt hatte. Als Tone am späteren Abend die Tanzenden beobachtete, hatte plötzlich ein Mann vor ihr gestanden und sie aufgefordert. Er war dunkel und kräftig gebaut. Das bemerkte sie, als sie zu tanzen begannen. Sie hatte ablehnen wollen, aber keine brauchbare Entschuldigung gefunden. Außerdem sah er nicht übel aus, ganz im Gegenteil. Sie tanzten einen Gesellschaftstanz. Er tanzte nicht besonders gut und es war anstrengend, ihm zu folgen. Im Gegensatz zu den Männern aus Valdres war er nicht frisch rasiert. Er trug auch nicht seinen Sonntagsanzug, sondern eine schwarze Samthose und eine dunkelgraue Jacke. Ein etwas lässigerer Stil, der der Situation im Grunde genommen angemessener war. Er sagte nichts, wirkte eher abwesend und desinteressiert. Machte nur die Schritte, die nötig waren, dass ein Tanz daraus wurde. Tone fragte sich, warum er sie überhaupt aufgefordert hatte.

»Sind Sie oft auf solchen Veranstaltungen?«, hatte sie ihn gefragt, nur um etwas zu sagen.

»Nicht sehr oft«, antwortete er, ohne ihrem Blick zu begegnen. Und Sie?, hätte er fragen können. Aber das tat er nicht. Sie hätte ihm gerne erzählt, dass sie hier war, um eine Radiosendung zu machen. Vielleicht könnte sie ihn interviewen? Sie beschloss zu warten und zu sehen, ob er noch einmal mit ihr tanzen würde.

»Sollen wir noch einmal?«, fragte sie deshalb, als die Musik zu Ende war.

»Gerne«, antwortete er. Aber sein Blick suchte noch immer das Lokal ab. »Sind Sie mit ihm zusammen hier?«, fragte er plötzlich und nickte in eine Richtung. Tone folgte seinem Blick. Er musste Svein-Åge meinen, der auf dem Weg zum Ausgang war.

Tone lächelte vor sich hin. Obwohl er glaubte, dass sie nicht allein hier war, hatte er die Chance ergriffen, sie aufzufordern. Sie hatte nichts dagegen, er gehörte bestimmt zu den Besseren, die man auf so einer Veranstaltung treffen konnte. Vielleicht war das doch nicht der schlechteste Ort, nach dem Glück zu suchen?

»Ich arbeite an einer Radioreportage«, sagte sie. »Den Mann, den Sie gesehen haben, habe ich interviewt. Vielleicht können wir uns auch unterhalten?«

»Worüber?«

»Warum man zu diesen Veranstaltungen geht ..., über die Erwartungen ...« Tone fühlte sich unsicher. Die Idee schien zu schrumpfen und ganz klein zu werden. Als wäre das, womit sie sich beschäftigte, idiotisch.

»Ich denke, da bin ich nicht der Richtige«, sagte er trocken. Woraufhin ihr ihr Vorhaben noch idiotischer vorkam und sie nichts mehr sagte. Als der Tanz zu Ende war, bedankte er sich höflich. Er habe eine Bekannte gesehen, mit der er reden müsse, sagte er. Kurz darauf sah sie ihn mit der Blondine auf der Tanzfläche.

Hatten die beiden lange getanzt? Tone konnte sich nicht daran erinnern. Sie hatte damals nicht weiter darauf geachtet. Sie konnte sich auch nicht erinnern, ob sie die beiden später am Abend zusammen gesehen hatte. Stattdessen tauchte eine weitere Erinnerung an Sofie Lyse auf.

Nachdem Tone mit allen Aufnahmen fertig war, war sie zum Auto gegangen, um zu überprüfen, ob alle Interviews und Hintergrundgeräusche in Ordnung waren. Es war schon nach ein Uhr nachts und sie wollte nach Hause, vorher aber noch ihren beiden Hauptpersonen Gute Nacht sagen.

Während sie auf die Eingangstür zulief, tauchte die blonde Freundin von Anne Lomen auf. Tone hatte den Eindruck, dass auch sie aus einem Auto kam. Trotz der Dunkelheit sah Tone, dass sie aufgeregt war, vielleicht sogar geweint hatte. Drinnen verschwand sie auf der Toilette. Tone ging in den Tanzsaal und wechselte ein paar Worte mit Anne. Svein-Åge konnte sie nirgends sehen. Schließlich ging sie, ohne noch einmal mit ihm gesprochen zu haben. Auf dem Weg zu ihrem Auto spähte sie in die Richtung, aus der die Frau gekommen war. In einem der Autos, an denen sie vorbeikam, sah sie die Silhouette eines Mannes hinter dem Lenkrad.

Wer war dieser Mann? Darüber machte sie sich jetzt Gedanken. Nachdem sie die blonde Frau in der Felsspalte gefunden und in das tote Gesicht gesehen hatte.

Jetzt gab es noch mehr, wovon Tone die Polizei in Kenntnis setzen musste. Jon Ruud hatte sie am Vorabend angerufen, um mit ihr zu reden. Hatte er Neuigkeiten? Sie hatte die tote Frau vorher schon einmal gesehen. Jetzt musste sie nachdenken, alle Aspekte durchgehen und herausfinden, welche Fäden in dem Durcheinander zusammenliefen. Vielleicht gar keine. Bestand zum Beispiel eine Verbindung zwischen Håkon Arfoss und der Tanzveranstaltung?

Sie spürte ein leichtes Zittern im Körper. Das mochte daher rühren, dass sie nicht richtig gefrühstückt hatte. Von einem Knäckebrot konnte man nicht stundenlang leben. Vielleicht sollte sie eine Kleinigkeit essen? Nein, erst musste sie ihre Gedanken sortieren. Sie holte Stift und Papier heraus und schrieb: Tanzveranstaltung am 29. September. Sofie Lyse hat mehrere Tänze mit Svein-Åge Sule aus Valdres getanzt. Später mit einem Dunkelhaarigen. Wahrscheinlich mit einem unbekannten Mann im Auto geredet. Am 16. Oktober tot aufgefunden. Ermordet. Håkon Arfoss in der Nähe der Fundstätte gesehen. Arfoss war nicht auf der Tanzveranstaltung gewesen. Jedenfalls hatte sie ihn dort nicht gesehen.

Tone nahm den Hörer ab und wählte die Nummer der Polizei. Ihre Hände waren klamm.

»Polizei«, sagte eine Stimme am anderen Ende. Sie bat, mit Jon Ruud verbunden zu werden. Bei ihm sei besetzt, lautete die Antwort. Also begnügte sie sich damit, eine Nachricht zu hinterlassen.

Anne Lomen musste mehr wissen, dachte sie und suchte nach ihrer Telefonnummer. Auf ihrer Arbeitsstelle erfuhr sie, dass Anne außerhalb zu tun hatte und kaum vor Geschäftsschluss zurück sein werde. Auf dem Handy antwortete ihr nur die Mailbox und Tone hinterließ ihr eine kurze Nachricht.

Anschließend versuchte sie es bei Svein-Åge Sule. Nach dem zweiten Klingelzeichen nahm er ab. Sie fragte ihn, ob er die Sendung gehört habe.

»Leider nicht. Ich war mit etwas anderem beschäftigt«, antwortete er ohne große Begeisterung. »Aber wird sie nicht wiederholt?«

Tone gab ihm die Wiederholungszeiten, lobte seinen Beitrag und sagte, dass das Ergebnis ihrer Meinung nach gut geworden war. »Aber ich bin neugierig, wie der Abend geendet hat«, tastete sie sich vor. »Sie haben vor allem mit einer Frau getanzt ...«

»Ach das ... Mehr ist da nicht draus geworden«, sagte er zögernd. »Aber im Moment bin ich beschäftigt und habe keine Zeit ...«

»Ich wollte Sie nicht stören«, unterbrach Tone ihn entschuldigend. »Ich wollte nur hören ..., ja, wie Ihnen die Sendung gefallen hat ...«

»Ich verspreche, mir die Wiederholung anzuhören«, sagte er, bevor er auflegte.

Was hatte sie erwartet? Dass er drauflosreden würde in dem unbändigen Drang, alles bis ins kleinste Detail zu erzählen? Jetzt hatte sie noch mehr Fragen: Wusste er, dass die Frau, die ihm auf der Tanzveranstaltung so gut gefallen hatte, tot war? War er deshalb so kurz angebunden und desinteressiert gewesen? Ein Gedanke führte zum anderen. Bis sie sich selbst Einhalt gebot. Es war in Ordnung, der Fantasie freien Lauf zu lassen, aber die Situation vertrug nicht noch mehr Kriminalgeschichten. Sie war bereits nervös genug. Die Uhr zeigte zwei Minuten vor drei und sie schaltete das Radio an. Die Nachrichten brachten nichts Neues über den Todesfall.

Anne Lomen rief knapp eine halbe Stunde später zurück. Sie hatte die Sendung nicht gehört, weil so viel passiert war, sagte sie.

»Ja?« fragte Tone.

»Sie erinnern sich bestimmt, dass ich mit einer Freundin auf der Tanzveranstaltung war. Mit Sofie. Wissen Sie, was passiert ist?«

»Nein«, antwortete Tone, in der Hoffnung, weitere Informationen zu bekommen.

»Sie haben doch sicher von dem Mord in Lillehammer gehört? Die Tote ist Sofie.« Die dramatische Enthüllung hing eine Weile zitternd in der Luft, bevor sie hinzufügte: »Ich habe gerade mit der Polizei gesprochen.«

»Sofie Lyse«, sagte Tone. »Ich habe den Namen an dem Abend nicht mitbekommen. Aber als ich das Bild in der Zeitung sah, hatte ich den Eindruck, sie zu kennen. Weiß die Polizei mehr? Über den Mord ..., den Mörder?«

»Soweit ich erfahren habe, nicht. Sie setzen sich mit allen in Verbindung, die sie gekannt haben. Gestern habe ich auch schon mit ihnen geredet. Es ist einfach schrecklich.« Annes Stimme zitterte.

»Das muss schlimm für Sie sein«, sagte Tone. »Haben Sie sie gut gekannt?«

»Wir waren Freundinnen. Eigentlich haben wir uns erst in den letzten Jahren häufig gesehen, obwohl wir im selben Dorf aufgewachsen sind.«

»Haben Sie nach dem Tanzabend noch einmal mit ihr gesprochen?«

»Wir arbeiten ja beide im Einkaufszentrum, auch wenn wir uns dort nicht jeden Tag sehen. Am Freitag habe ich zum letzten Mal mit ihr telefoniert.«

»Und da war alles in Ordnung?«, fragte Tone, weil ihr nichts Besseres einfiel.

»Sie wollte sich am nächsten Abend mit einem Mann treffen.«

»Wissen Sie, mit wem?« Die Frage erschien Tone selbst etwas unverfroren, deshalb fügte sie hinzu: »Die Zeitungen haben von einem Mann geschrieben, den sie über das Internet kennen gelernt hat. Aber ich muss gerade an die Männer auf der Tanzveranstaltung denken. Ich frage mich, was an dem Abend passiert ist.«

»Ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung, mit wem sie verschwunden ist. Sie wollte es mir nicht sagen. Das heißt ..., sie hat gesagt, dass sie einen alten Bekannten wiedergetroffen hat, mit dem sie nach Hause gefahren ist. Sie fühlte sich nicht gut, hat sie gesagt. Wir hatten eigentlich vor, in dem Hotel zu übernachten, aber sie ist dann doch nach Hause gefahren. Das hat mich ehrlich gesagt ein bisschen gewundert. Denn es schien ihr den ganzen Abend gut zu gehen.«

»Aber dass sie ermordet worden ist!«, sagte Tone und wartete eine Weile. »Gab es jemanden, der ihr möglicherweise den Tod wünschte? Und der zu so etwas fähig wäre? Einen Exmann ..., einen Geliebten ..., irgendwas in der Richtung?«

»In ihrem Leben hat es viele Männer gegeben. Vor allem im letzten halben Jahr, seit sie mit dem Chatten angefangen hat. Sie hat es auch auf anderem Weg versucht, mit Anzeigen, Partnervermittlungen ...«

»Wissen Sie, ob Sofie unangenehme Erfahrungen dabei gemacht hat?«, fragte Tone mit dem Gefühl, sich zu wiederholen.

»Nein«, sagte Anne gedehnt.

»Natürlich, der Täter kann ja ein völlig Fremder gewesen sein. Und ihre Freundin die Unglückliche, die zur falschen Zeit am falschen Ort war.«

In dem Moment, in dem Tone die Worte ausgesprochen hatte, begannen ihre Hände zu zittern. Plötzlich ging ihr die Tragweite ihres Erlebnisses auf. Wäre sie am Dienstag nur eine halbe Stunde früher dran gewesen, wäre vielleicht sie zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen.

Letztes Blind Date - Norwegen-Krimi

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