Читать книгу Dass im Herzen die Sonne wieder scheint - Malie Griebe - Страница 6
ОглавлениеVorwort
Der Tag, an dem ich meine Mutter tot erblickte, war der Tag, an dem ich begann, die Welt mit anderen Augen zu sehen.
»Was wird aus dir, wenn am Horizont das Licht untergeht?«
»Wenn deine Mutter stirbt, wie findest du zum Glück zurück?«
»Woher schöpfst du bloß die Kraft?«
Fragen, die mich im Laufe dieser Zeit begleiteten. Ich weiß, es ist schier unmöglich, eine solche Situation verallgemeinert in Worte zu fassen. Und doch sollten wir das Thema Trauer nicht totschweigen. Warum als Tabuthema abstempeln, wenn wir offen darüber reden können? Trauer wird von so vielen empfunden. Eines Tages wird jeder von uns in seinem Leben liebe Menschen verlieren und schließlich gar selbst vom Leben Abschied nehmen müssen. Es ist daher wichtig, für das einhergehende seelische Leid mehr Bewusstsein und Akzeptanz zu schaffen.
Die Trauerphase nach dem Tod einer geliebten Person erlebt jeder anders. Bei jedem zerrinnt die intensivste Phase unterschiedlich. Jeder besitzt seinen eigenen Weg, wie er mit der Trauer umgeht, weil wir eben alle unterschiedlich sind und demzufolge anders reagieren. Der eine nimmt den Tod gefasst auf und hat diesen Verlust nach wenigen Monaten verarbeitet und wiederum der andere hat Schwierigkeiten, weiterhin zuversichtlich nach vorne zu blicken. Aber das ist okay. Es ist wichtig, sich die Zeit zum Trauern zu nehmen, die man für sich selbst braucht.
Ob du lieber trauerst, indem du dich nicht mehr aus deinem Haus wagst, du am nächsten Tag in den Urlaub fährst, Aufgaben als Ablenkung voller Emsigkeit erledigst, du den Stift in die Hand nimmst und deinen Schmerz mit Worten verarbeitest oder sonst etwas machst, hängt ganz von dir allein ab. Deine Trauerphase ist vollkommen individuell.
Wahrscheinlich wirst du auf diesem Weg jedoch erfahren müssen, dass sich nicht jeder in deine eigene Situation hineinversetzen kann. Nicht viele wissen, was du wirklich durchlebst. So ist das. Du solltest dich daher nicht als schwach bezeichnen lassen, wenn du es dir erlaubst, Tränen zu zeigen. Auch Monate und Jahre nach dem Tod ist dies noch nachvollziehbar, denn keiner von denen, die meinen über dich urteilen zu müssen, kennt eure innige Bindung, eure gemeinsamen Erlebnisse, eure Zuneigung.
Lass alle deine Tränen zu. Wenn sie kommen wollen, zeig sie. Stau sie nicht unnötig in dir. Denn sonst werden sie sich irgendwann ungewollt entleeren. Sie werden sich mit ihrer gesamten Intensität präsentieren, wenn du das Maß der inneren Standhaftigkeit überschritten hast. Nichts Geringeres habe ich lernen müssen.
Es gibt wohl kaum etwas, das das Vermissen sofort tilgen, geschweige denn die Erschütterung und Leere, die wir alle fühlen, verhindern könnte. Vor allem ist es schwer vorstellbar und nicht immer leicht daran zu glauben, dass bessere Zeiten kommen werden. Zumal es äußerst schwerfällt zu akzeptieren, diese Person nie wieder an seiner Seite haben zu können.
Doch so untröstlich es auch klingen mag: Das Leben dreht sich weiter, auch ohne diesen lieben Menschen. Ob wir es wahrhaben wollen oder nicht. All das, ist das Leben. Mit all seinen Höhen und Tiefen. Bestehend aus Glücksmomenten sowie aber auch Augenblicken voller Trauer.
Auch du wirst, ganz egal wie lange es dauern mag, das Licht am Horizont wieder erblicken, obwohl das Vermissen wohl noch lange Zeit bleiben wird. Und tatsächlich voraussichtlich nie vollkommen verschwindet. Schöne Erinnerungen werden dich immer begleiten und die geliebte Person im Herzen tragen.
Liebe/r Leser/in,
es tut gut, so offen darüber zu schreiben. Das Schreiben hat mich in so vielen Momenten begleitet und mir Halt gegeben.
Ich möchte meine Erfahrungen gerne mit dir teilen, um dich entweder gedanklich in mein damaliges Leben zu entführen oder, falls du etwas Ähnliches durchmachen solltest, in irgendeiner Weise zu helfen und du hiermit weißt, dass du dich mit deiner Trauer nie allein fühlen musst. So viele – auch ich – haben eine ähnlich tragische Zeit erlebt …
Sei tapfer!