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Teil 3 Neueste Kritik an der TatherrschaftslehreB. Willensherrschaft als Tatherrschaftsmerkmal des mittelbaren Täters › I. Das Kriterium der Irrtumsherrschaft

I. Das Kriterium der Irrtumsherrschaft

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Im Anschluss an diese grundsätzlichen Einwände findet eine kritische Auseinandersetzung mit den einzelnen Erscheinungsformen von Willensherrschaft statt.

Im Rahmen dieser kritischen Auseinandersetzung mit dem Begriff der Irrtumsherrschaft ist Ansatzpunkt die Annahme, Roxin knüpfe Irrtumsherrschaft im Wesentlichen an zwei Voraussetzungen. Dies sei zum einen das „Mehrwissen des Hintermannes, welches ihm die Möglichkeit einer sinngebenden Überdetermination verleihe“ (zielgerichtete beziehungsweise finale Überdetermination) und zum anderen „der Irrtum des Vordermannes, durch den dessen freiem Willen keine Hemmungsmotive entgegengesetzt würden“ (fehlende Hemmungsmotive).[1] Der entscheidende Einwand, der hier gegen das Kriterium der Irrtumsherrschaft angeführt wird, besteht darin, dass das Roxinsche Verständnis von Irrtumsherrschaft in Fällen versage, in denen mehrere Personen den Kausalverlauf vorsätzlich und in Ausnutzung eines „Mehr an Wissens“ beeinflussten. In Fällen, in denen mehrere Personen den Kausalverlauf beeinflussten, ließe sich nämlich nicht ohne weiteres feststellen, welche der Personen die Möglichkeit der sinngebenden beziehungsweise finalen Überdetermination habe. Finale Überdetermination bedeute, dass der Hintermann zielgerichtet (final) in die Kausalfaktoren des Tatgeschehens eingreife und dieses dadurch beherrsche. Erst durch dieses zielstrebige Eingreifen würden die Kausalfaktoren derart verknüpft, dass sie den beabsichtigten Erfolg zwingend herbeiführen müssten. Aus diesem Grund sei dem final Handelnden die Tat als „sein Werk“ zuzurechnen.[2] Der Hintermann sei in diesen Fällen also die einzige Person, die das gesamte Geschehen überblicke, wohingegen dies auf den – sich in einem Irrtum befindenden – Vordermann gerade nicht zutreffe, weil dessen Verhalten aufgrund seines Irrtums nicht durch Hemmungsmotive beeinflusst sei. Aufgrund dieser überlegenen Stellung lenke er das Geschehen und habe daher nach Auffassung der Anhänger der Tatherrschaftslehre Tatherrschaft.[3] Ein solches Verständnis von Irrtumsherrschaft versage jedoch dort, wo nicht eine einzelne, sondern mehrere Personen die Möglichkeit hätten, den Kausalverlauf zu beeinflussen.[4] Denn sobald mehrere Personen beteiligt seien, müsse auch zwischen diesen Personen, also gleichsam auf horizontaler und nicht nur auf vertikaler Ebene, eine Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme erfolgen. Das Kriterium der Finalität sei hierfür ungeeignet, weil Täter wie Teilnehmer gleichermaßen final handelten und sich aus der bloßen ex post Feststellung, dass ein finales Handeln vorlag, deshalb keine Rückschlüsse dahingehend ziehen ließen, ob der final handelnde Täter oder Teilnehmer gewesen sei.[5] Alternative Abgrenzungskriterien halte die Tatherrschaftslehre für derartige Fallgestaltungen nicht bereit.[6] Eine Täterlehre, deren Kriterien jedoch bereits dann versagten, wenn die Strafbarkeit von mehr als einer Person bestimmt werden solle, sei insgesamt abzulehnen.[7]

Für die Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO wirft dies die Frage danach auf, inwieweit sich das Kriterium der Irrtumsherrschaft auf die Herleitung von mittelbarer Täterschaft in Fällen der Steuerhinterziehung anwenden lässt, in denen sich ein unmittelbar Handelnder in einem Irrtum befindet, der es ihm unmöglich macht, sein Verhalten durch Hemmungsmotive zu beeinflussen, wohingegen im Hintergrund eine oder mehrere Personen vorhanden sind, die die Möglichkeit haben, den gesamten Kausalverlauf zu überblicken.

Tatherrschaft im Rahmen der Steuerhinterziehung

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