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Paul Alsberg: Das Menschheitsrätsel
ОглавлениеPaul Alsberg fragt als Kantianer, wenn er fragt, „Wie sind synthetische Urtheile a priori möglich?“1. Allein mit dieser Frage bestimmt er den Horizont seiner Arbeit. Denn wie soll es möglich sein, dass ein Naturwesen Mensch „außerhalb und unabhängig von sinnlicher Erfahrung zu allgemeingültigen Urteilen über die Natur gelangen kann?“2 Und die Frage findet ihre Zuspitzung, bedenkt man gar, dass im Sinne Linnés „also das Tier den höheren Gattungsbegriff bezeichne, welcher den niederen Begriff des Menschen unter sich hält.“3 Kann sich der Mensch aus dieser Systematik heraus zu seinem heutigen Stand graduell entwickelt haben? Wäre etwa der Haeckelsche Pithekanthropus alalus4 ein möglicher Kandidat für den missing link einer natürlichen Schöpfungsgeschichte, und wie könnte diese aussehen? Alsberg stellt fest, dass kein naturwissenschaftlicher Forscher bis dato dem „genealogischen und dem biologischen Prinzip beim Menschen gerecht zu werden“5 vermochte und unterscheidet dabei die zooistischen von den anthropistischen Theorien. Also jene Ansichten, welche den Menschen allein aus dem zoon heraus entstehen lassen wollen von denjenigen, welche einen grundsätzlichen Unterschied zwischen Mensch und Tier postulieren. Fehlen jene darin, dass sie keine Antwort auf die Existenz eines spezifisch- oder prinzipiell-Menschlichen6 finden, stellt sich diesen die Frage ernstlich überhaupt nicht, und sie müssen, streng genommen, jeder genealogischen Ableitung entbehren. Damit jedoch löst sich die Frage nicht auf. Eine weitere Schwierigkeit der Lösung des Menschheitsrätsels erkennt Alsberg in dem Sachverhalt, dass die Tierpsychologie „mit Ausnahme des Begriffsvermögens alle anderen geistigen Formelemente auch beim Tiere nachgewiesen“7 habe, wodurch die Grenzlinie zwischen Mensch und Tier noch feiner zu bestimmen sei. Er schließt sich jedoch auch nicht H. Spencers Lösung an, die ein „überorganisches Gesellschaftsprinzip“8 für die Entwicklung des Menschen verantwortlich machen möchte. Denn dieses Prinzip führt eine neue Entität in die Debatte ein und bedarf weiterer Erklärungen hinsichtlich des Verhältnisses von Gruppe und Individuum.